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Rechtsprechung Luzern


Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:1. Abteilung
Rechtsgebiet:Zivilrecht
Entscheiddatum:24.09.2015
Fallnummer:1H 15 2
LGVE:2015 I Nr. 15
Gesetzesartikel: Art. 9 ZGB, Art. 30 Abs. 1 ZGB.
Leitsatz:Zur Bewilligung einer Namensänderung bedarf es nicht mehr wichtiger, sondern bloss noch achtenswerter Gründe. Mit dieser Voraussetzung sollten die Hürden zur Namensänderung gesenkt werden, allerdings ohne die Möglichkeit zu geben, dass jeder seinen Namen nach eigenem Wunsch ändern kann. Die behauptete vom Schweizer Zivilstandsregister abweichende familiäre Abstammung als Grund für die ersuchte Namensänderung ist vom Gesuchsteller zu beweisen.
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Entscheid:

Aus den Erwägungen:

4.1.

Grundsätzlich ist der bürgerliche Name einer Person unveränderlich. Ob im einzelnen Fall ein Grund für eine Namensänderung vorliegt, ist eine Ermessensfrage, die von der zuständigen Behörde nach Recht und Billigkeit zu beantworten ist (Art. 4 des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs [ZGB; SR 210]; BGE 140 III 577 E. 3.2).

Wurde vor der Revision des Familiennamensrechts für die Namensänderung das Vorliegen von wichtigen Gründen vorausgesetzt, vermögen nach Art. 30 Abs. 1 ZGB des heutigen Rechts achtenswerte Gründe zu genügen (Aebi-Müller in: Handkommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Personen- und Familienrecht inkl. Kindes- und Erwachsenenschutzrecht, 2. Aufl. 2012, Art. 30-30a ZGB N 4). Lag der früheren Prüfung der wichtigen Gründe eine Abwägung zwischen den Interessen des Namensträgers in moralischer, geistiger, seelischer, wirtschaftlicher oder administrativer Hinsicht und dem öffentlichen Interesse an der Konstanz des gesetzlichen Namens zu Grunde, werden heute rein subjektive Gründe von einer gewissen Schwere als "achtenswerte" Gründe anerkannt (BGE 120 II 276 E. 1, 140 III 577 E. 3.3-3.3.4; Hausherr/Aebi-Müller, Das Personenrecht des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, 3. Aufl. 2012, N 16.37 ff.; Aebi-Müller a.a.O., Art. 30-30a ZGB N 4). Mit den "achtenswerten Gründen" als Voraussetzung sollten die Hürden zur Namensänderung gesenkt werden, allerdings ohne die Möglichkeit zu geben, dass jeder seinen Namen nach eigenem Wunsch ändern kann (Voten Bundesrätin Sommaruga und Ständerat Bürgi, Amtl.Bull. SR 2011 S. 479; Votum Nationalrat Sommaruga, Amtl.Bull. NR 2011 S. 1757). Für die Namensänderung kann nicht mehr vorausgesetzt werden, dass der Name zu konkreten und ernsthaften sozialen Nachteilen führt (BGE 140 III 577 E. 3.3.4). Für eine Namensänderung nach Art. 30 Abs. 1 ZGB müssen aber auch weiterhin mit dem Führen des zu ändernden Namens Nachteile für den Namensträger verbunden sein. Allerdings sind auch blosse Unannehmlichkeiten objektiver oder subjektiver Art achtenswerte Änderungsgründe. Von vornherein fallen Gründe ausser Betracht, die rechtswidrig, missbräuchlich oder sittenwidrig sind (Bühler, Basler Komm., 5. Aufl. 2014, Art. 30 ZGB N 5).

(…)

4.2.2.

Die Vorinstanz wies das Namensänderungsgesuch ab, da der Gesuchsteller den notwendigen Nachweis nicht erbracht habe, dass er von A B abstamme oder den Namen B mal getragen habe. Der Gesuchsteller habe geltend gemacht, den Namen B nie getragen zu haben, und es sei ihm nicht möglich, durch Dokumente zu belegen, dass A B sein leiblicher Vater sei. In seiner Geburtsurkunde sei C D als Vater eingetragen. Gestützt auf das Schweizer Namensrecht könne ein Familienname nicht einfach frei gewählt werden. Im Geburtsschein sowie im Schweizer Zivilstandsregister sei C D als Vater eingetragen. Letzteres bringe als öffentliches Register nach Art. 9 ZGB den vollen Beweis, solange nicht die Unrichtigkeit seines Inhalts nachgewiesen sei. Der Gesuchsteller könne nicht mit Dokumenten beweisen, dass A B sein leiblicher Vater sei. Eine Namensänderung könne sich aber nur auf Tatsachen stützen, von deren Vorhandensein sich die Behörde überzeugt habe, wobei der Gesuchsteller die Beweislast für das Vorhandensein der Voraussetzungen trage. Die eidesstattliche Erklärung der Mutter genüge nicht, um den Nachweis einer Vaterschaft zu erbringen.

(…)

4.4.1.

Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, weist der Gesuchsteller nicht nach, dass A B sein leiblicher Vater ist. Ebenfalls nicht belegt ist, dass er je dessen Namen getragen hätte. Gegenteils findet sich nicht nur in allen aufgelegten Urkunden C D als Vater des Gesuchstellers, sondern wird auch in dem als "certified true copy" bezeichneten offiziellen Dokument und dem gestützt darauf ausgestellten Geburtsschein C D als Vater des Gesuchstellers genannt und der Familienname des Gesuchstellers wird mit D bezeichnet. Einzig die Erklärung der Mutter des Gesuchstellers vom 19. Dezember 2013 enthält die Aussage, der Gesuchsteller sei der biologische Sohn von A B und sein Name sei mit ihrer Zustimmung nach ihrer Wiederverheiratung von C D in E D geändert worden. Diese Aussage der Mutter steht im Widerspruch zu allen offiziellen Dokumenten, insbesondere dem zeitnah erstellten Geburtsschein. Es fehlt auch eine nähere Bezeichnung von A B, so zum Beispiel dessen Geburtsdatum, um eine allfällige Verifizierung zu ermöglichen. Zudem besteht eine grosse Nähe von ihr zum Gesuchsteller. Bei dieser Sachlage gelingt es dem beweisbelasteten Gesuchsteller nicht, zu beweisen, dass A B – entgegen den sich bei den Vorakten befindlichen offiziellen Dokumenten – sein leiblicher Vater ist. Dies wäre indes, wie ihm bereits von der Vorinstanz verschiedentlich dargetan worden ist, Voraussetzung, um den Namen entsprechend zu ändern, sollte doch auch mit der Änderung des Gesetzes nicht die Möglichkeit gegeben werden, dass jeder seinen Namen nach eigenem Wunsch ändern kann.

4.4.2.

Der Gesuchsteller hat zudem nicht geltend gemacht oder gar dargetan, dass er irgendwelche Bemühungen unternommen hat, um den leiblichen Vater ausfindig zu machen oder Papiere erhältlich zu machen, die dessen Vaterschaft oder das frühere Tragen des Namens B belegen würden. Er hat sich gegenüber dem Amt für Gemeinden lediglich auf den Standpunkt gestellt, es sei kein dokumentarischer Nachweis erforderlich. Ferner sei angesichts der Sachlage ohne Weiteres plausibel, dass keine Dokumente vorgelegt werden könnten. Er werde sich dennoch bemühen, den geforderten Dokumentenbeweis zu erbringen. Er habe seine Mutter gebeten, den Sachverhalt vor einer Urkundsperson in Sierra Leone zu Protokoll zu geben. Zum einen handelt es sich bei dieser Erklärung nicht um einen Urkundenbeweis, sondern eine schriftlich abgefasste Aussage, deren Beweiswert, wie ausgeführt, nur beschränkt ist. Nachdem seine Mutter in der Erklärung vom 19. Dezember 2013 festhält, der Name des Gesuchstellers sei (erst) mit ihrer Wiederverheiratung in D geändert worden, müssten zudem Unterlagen mit dem davor getragenen Namen vorhanden sein und erhältlich gemacht werden können. Gegenteiliges ist mindestens nicht mit gescheiterten Bemühungen dargetan.

(…)

4.5.

Gestützt auf obige Erwägungen ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde abzuweisen.