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Rechtsprechung Luzern


Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:4. Abteilung
Rechtsgebiet:Abwasserabgaben
Entscheiddatum:08.03.2016
Fallnummer:7H 15 51
LGVE:
Gesetzesartikel:§ 39 WNVG; § 17 EGGSchG; § 2 GebG, § 5 GebG und § 23 GebG.
Leitsatz:Wasser- und Kanalisationsanschlussgebühren sind Entgelte für den Anschluss an öffentliche Versorgungs- und Gewässerschutzanlagen.

Mangels abweichender Regelung verjährt das Recht zur Erhebung von Anschlussgebühren innert fünf Jahren nach dem Anschluss des Grundstücks an das Versorgungs- bzw. Entsorgungsnetz.

Die frühere Rechtsprechung, wonach für einmalige Gebühren eine Verjährungsfrist von zehn Jahren gelten sollte, ist seit dem Inkrafttreten des Gebührengesetzes überholt.

Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Entscheid:

A stellte im Jahr 2003 ein Baugesuch für den Neubau eines Einfamilienhauses mit Schwimmbad, welches die Gemeinde Z am 2. Juli 2003 bewilligte. Am 21. Mai 2004 legte die Gemeinde Z die provisorischen Anschlussgebühren auf Fr. 16'384.-- für die Wasserversorgung und Fr. 17'216.-- für die Siedlungsentwässerung fest. A bezahlte diese Gebühren. In der Folge änderte A das Bauprojekt, und die Gemeinde bewilligte diese Änderungen mit Entscheid vom 10. November 2004. Die Schlussabnahme der Baute fand am 31. März 2006 statt. Die Gebäudeversicherung schätzte den Neuwert der Baute am 26. Mai 2006 auf Fr. 2'029'000.--, was sie der Gemeinde Z mit Gemeindepolice vom 5. Juli 2006 mitteilte.

Am 23. Januar 2013 stellte die Gemeinde Z A eine "Schlussabrechnung" zu und verfügte gestützt auf die Schatzung der Gebäudeversicherung (Fr. 2'029'000.--) zusätzliche Gebühren von Fr. 25'194.50 für den Anschluss an die Wasserversorgung und Fr. 26'546.40 für den Anschluss an die Siedlungsentwässerung, total somit Fr. 51'740.90.

A erhob gegen diese Verfügung erfolglos Einsprache. Das Kantonsgericht hiess die gegen den Einspracheentscheid erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut, soweit es darauf eintrat, und hob den Einspracheentscheid auf.

Aus den Erwägungen:

2.

2.1.

2.1.1.

Abgaben im Bereich des Gewässerschutzes und der Wasserversorgung stellen regelmässig Kausalabgaben dar. Im Gegensatz zu den Steuern sind sie nicht voraussetzungslos geschuldet, sondern erst, wenn dem Zahlungspflichtigen aus einer öffentlichen Einrichtung ein wirtschaftlicher Vorteil erwachsen ist (LGVE 1989 II Nr. 4 E. 1a). Bei den Kausalabgaben handelt es sich somit um Geldleistungen, die der Private kraft öffentlichen Rechts als Entgelt für bestimmte staatliche Gegenleistungen oder besondere Vorteile zu entrichten hat (Hungerbühler, Grundsätze des Kausalabgaberechts, in: ZBl 2003, S. 507). Sie setzen demnach eine individuell zurechenbare besondere Leistung des Gemeinwesens voraus und beruhen auf einer spezifischen Beziehung zum Gemeinwesen. In dieser Beziehung findet die Abgabepflicht ihren Grund und – im Prinzip – zugleich ihre Begrenzung (Hungerbühler, a.a.O., S. 507). Die Kausalabgaben werden unterteilt in Gebühren (Verwaltungs-, Benutzungs- und Konzessionsgebühren), Vorzugslasten (Beiträge) und Ersatzabgaben (Tschannen/Zimmerli/Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2014, § 57 N 4).

2.1.2.

Für die öffentlichen Versorgungs- und Entsorgungseinrichtungen wird vom Grundeigentümer neben periodischen Benützungsgebühren vielfach eine einmalige Anschlussgebühr oder ein einmaliger Anschlussbeitrag (als Vorzugslast) erhoben. Üblicherweise sind die einmaligen Leistungen zur Deckung der Investitionskosten (inkl. Amortisation und Reserven) bestimmt, während die periodischen Gebühren, welche häufig in eine Grundgebühr und einen verbrauchsabhängigen Teil aufgegliedert sind, primär die Betriebs- und Unterhaltskosten decken sollen (Hungerbühler, a.a.O., S. 523 f.).

Die Anschlussgebühr ist eine öffentlich-rechtliche Gegenleistung für die Gewährung des Anschlusses an das betreffende öffentliche Leitungsnetz (BGer-Urteil 2P.45/2003 vom 28.8.2003 E. 5.1; LGVE 2015 IV Nr. 16 E. 4.1.1.) und dient der Deckung der Erstellungskosten der Wasserversorgungsanlagen. Die Abgabepflicht wird jedoch nicht bereits auf Grund des durch den Bau bewirkten Mehrwerts, sondern erst aufgrund des Anschlusses an das Wasserversorgungsnetz ausgelöst (vgl. Urteil des Kantonsgerichts Luzern 7H 15 15 vom 28.10.2015 E. 3.3 mit Hinweisen). Die Anschlussgebühr ist demnach erst geschuldet, wenn der Anschluss an das Werk erfolgt ist; massgebend ist somit der Zeitpunkt der Leistung des Gemeinwesens (LGVE 2015 IV Nr. 16 E. 4.1.1 und 4.1.2 mit Hinweisen).

2.2.

2.2.1.

Hinsichtlich der Wasserversorgung sind folgende Regelungen zu beachten: Der Bund überlässt die Regelung der Nutzung der Wasservorkommen den Kantonen und stellt nur Grundsätze über die Erschliessung derselben sowie über die Nutzung der Gewässer auf (Art. 76 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft [BV; SR 101]). Dementsprechend regelt das kantonale Wassernutzungs- und Wasserversorgungsgesetz (WNVG; SRL Nr. 770) die Wassernutzung und -versorgung für den Kanton Luzern unter Berücksichtigung dieser Grundsätze. Gemäss § 31 Abs. 1 WNVG umfasst die Versorgungspflicht die Abgabe von Wasser für Trink-, Brauch- und Löschzwecke. Das Gesetz ermöglicht es den Gemeinden die Wasserversorgung entweder selber zu betreiben (§ 39 WNVG) oder aber Dritte damit zu beauftragen (§ 40 WNVG). Betreibt die Gemeinde die Wasserversorgung selbst, hat sie ein Reglement zu erlassen (§ 39 Abs. 1 WNVG). Dieses Reglement enthält gemäss § 39 Abs. 2 WNVG mindestens Bestimmungen über die Versorgungsaufgabe gemäss §§ 32 - 34 WNVG (lit. a), die Erstellung und den Unterhalt von Wasserversorgungsanlagen sowie die Rechtsverhältnisse daran (lit. b), die Ausgestaltung des Wasserbezugsverhältnisses, einschliesslich des Verfahrens zur Erteilung von Anschlussbewilligungen (lit. c) sowie die Spezialfinanzierung durch Gebühren und Beiträge (lit. d). Die Gemeinde kann im Rahmen des Gesetzes weitere Bestimmungen aufnehmen (§ 39 Abs. 3 WNVG).

Gestützt auf diese Bestimmung hat die Gemeinde Z das Wasserversorgungs-Reglement vom […] 1997 (WVR) erlassen […].

2.2.2.

Zu den gesetzlichen Grundlagen betreffend die Siedlungsentwässerung ist Folgendes festzuhalten: Gemäss Art. 60a Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Schutz der Gewässer (GSchG; SR 814.20) sind die Kosten für Bau, Betrieb, Unterhalt, Sanierung und Ersatz der Abwasseranlagen, die öffentlichen Zwecken dienen, mit Gebühren oder anderen Abgaben den Verursachern zu überbinden. Im Rahmen dieser bundesrechtlichen Vorgabe obliegt die Ausgestaltung der Abgaberegelung den Kantonen. Im Kanton Luzern sind gemäss § 17 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer (EGGSchG; SRL Nr. 702) die Gemeinden zuständig und verpflichtet, ein Reglement über die Siedlungsentwässerung zu erstellen, das die vom Regierungsrat in der kantonalen Gewässerschutzverordnung (Vollzugsverordnung zum Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer [KGSchV; SRL Nr. 703]) bezeichneten Bereiche regelt. Das Reglement bedarf der Genehmigung durch die zuständige kantonale Behörde (§ 17 Abs. 2 EGGSchG). Gemäss § 30 Abs. 2 KGSchV enthält dieses Reglement mindestens Angaben über die Rechtsverhältnisse an den Abwasseranlagen (lit. a), die Regelung des Baus, des Betriebs und des Unterhalts der Abwasseranlagen und der Abwasserreinigungsanlagen (lit. b), das Verfahren zur Erteilung von Anschlussbewilligungen (lit. c), eine Liste der Stoffe, die nicht in die Kanalisation eingeleitet werden dürfen (lit. d) sowie die Regelung der Finanzierung der Siedlungsentwässerung nach dem Verursacherprinzip durch Erhebung von Gebühren und Beiträgen (lit. e).

Rechtsgrundlage der hier streitigen Anschlussgebühr bildet das gestützt auf § 17 EGGSchG erlassene Siedlungsentwässerungs-Reglement der Gemeinde Z (SER), das von der (dafür zuständigen) Gemeindeversammlung […] 1997 erlassen und vom Regierungsrat des Kantons Luzern genehmigt worden war. […]

2.3.

2.3.1.

Die Finanzierung der Wasserversorgungsanlagen der Beschwerdegegnerin ist in den Art. 42 ff. WVR geregelt. Zu den Finanzierungsmitteln gehören namentlich auch die Anschlussgebühren der Grundeigentümer (Art. 42 WVR), welche in Art. 45 WVR näher geregelt werden. Grundsätzlich berechnet sich die Anschlussgebühr bei Grundstücken mit Gebäuden anhand der Gebäudeversicherungssumme der angeschlossenen Bauten (Art. 45 Abs. 2 lit. a WVR). Der Gemeinderat wird sodann in Art. 45 Abs. 5 WVR ermächtigt, aufgrund der in der Baueingabe enthaltenen Baukostensumme eine provisorische Anschlussgebühr festzulegen, die bei der Erteilung der Anschlussbewilligung in Rechnung gestellt wird. Die definitive Rechnungsstellung erfolgt, sobald die Gebäudeversicherungsschatzung vorliegt; dabei sind die Verhältnisse im Zeitpunkt des Anschlusses massgebend.

2.3.2.

Art. 37 ff. SER regeln die Finanzierung der öffentlichen Abwasseranlagen. Zu den Finanzierungsmitteln gehören unter anderem auch die Anschlussgebühren, welche von den Grundeigentümern erhoben werden (Art. 39 Abs. 1 SER). Auch diese werden für Grundstücke mit Gebäuden von der Gebäudeversicherungssumme der angeschlossenen Bauten berechnet (Art. 40 Abs. 2 lit. a SER). Sodann sieht auch das SER in Art. 40 Abs. 5 vor, dass der Gemeinderat aufgrund der in der Baueingabe enthaltenen Baukostensumme eine provisorische Anschlussgebühr festlegt, die bei der Erteilung der Anschlussbewilligung in Rechnung gestellt wird. Ausserdem gilt auch für diese Anschlussgebühr, dass die definitive Rechnungsstellung erfolgt, sobald die Gebäudeversicherungsschatzung vorliegt, wobei hier ebenfalls die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Anschlusses massgebend sind.

2.3.3.

Entsprechend diesen Vorschriften erhob die Bauverwaltung Z gestützt auf die in der Baubewilligung enthaltene Bausumme von Fr. 800'000.-- mit Rechnung vom 21. Mai 2004 vorab eine provisorische Wasser-Anschlussgebühr von Fr. 16'384.-- (= 2 % der Bausumme, zuzüglich Mehrwertsteuer [MWSt] von 2,4 % [= Fr. 384.--]) sowie eine provisorische Anschlussgebühr für die Siedlungsentwässerung von Fr. 17'216.-- (= 2 % der Bausumme, zuzüglich MWSt von 7,6 % [= Fr. 1'216.--]).

Die definitive Rechnungsstellung erfolgte am 23. Januar 2013. Gemäss Schatzung vom 5. Juli 2006 betrug die Gebäudeversicherungssumme Fr. 2'029'000.--. Gestützt darauf setzte die Baukommission Z in der Schlussabrechnung die definitive Wasseranschlussgebühr auf Fr. 40'580.-- fest (= 2 % der Gebäudeversicherungssumme); abzüglich der bereits bezahlten provisorischen Gebühr (Fr. 16'000.-- ohne MWSt) und unter der Berücksichtigung der MWSt von 2,5 % ergab dies einen Betrag von Fr. 25'194.50 (Fr. 24'580.-- + 2,5 %). Auch die definitive Anschlussgebühr Siedlungsentwässerung betrug 2 % der Gebäudeversicherungssumme, mithin Fr. 40'580.--. Hier wurde ebenfalls die bereits bezahlte Gebühr (Fr. 16'000.-- ohne MWSt) abgezogen, was unter Berücksichtigung der MWSt von 8 % eine Restanz von Fr. 26'546.40 (Fr. 24'580.-- + 8 %) ergab.

Die Beschwerdeführerin stellt weder ihre grundsätzliche Gebührenpflicht noch die Berechnung der Gebühren in Frage. Vielmehr macht sie geltend, die Forderung sei verjährt, weil die Beschwerdegegnerin die definitive Gebühr erst im Jahr 2013, und damit rund sieben Jahre nach Abschluss der Bauarbeiten in Rechnung stellte.

3.

3.1.

Der Eintritt der Verjährung führt im öffentlichen Recht im Allgemeinen, und im Steuerrecht insbesondere, zum umfassenden Untergang der Forderung – dies im Unterschied zum Zivilrecht, in welchem der Eintritt der Verjährung lediglich die Klagbarkeit bzw. Erzwingbarkeit der Forderung verhindert. Im öffentlichen Recht ist die Wirkung der Verjährung m.a.W. extinktiv. Mithin darf eine verjährte (Steuer-)Forderung durch das Gemeinwesen anders als durch den zivilrechtlichen Gläubiger überhaupt nicht mehr, auch nicht verrechnungsweise geltend gemacht werden. Ebenso wenig kann eine verjährte Forderung freiwillig erfüllt werden, und auch ein Verzicht auf die Geltendmachung der Verjährung ist nicht denkbar. Das Recht ist daher verwirkt, und nach Eintritt der Verjährung besteht nicht einmal mehr eine Naturalobligation (zum Ganzen: Beusch, Der Untergang der Steuerforderung, Habil. Zürich 2012, S. 276 m.H.).

3.2.

Sowohl das WVR als auch das SER enthalten Bestimmungen zur Fälligkeit der Gebührenforderung: So sehen die gleichlautenden Art. 52 Abs. 1 WVR und Art. 46 Abs. 1 SER vor, dass die Pflicht zur Zahlung der jeweiligen Anschlussgebühr mit dem Anschluss des Grundstücks entsteht. Alle Gebühren sind gemäss Art. 52 Abs. 5 WVR bzw. Art. 46 Abs. 5 SER innert 30 Tagen seit der Rechnungsstellung fällig. Art. 52 Abs. 6 WVR bzw. Art. 46 Abs. 6 SER sehen schliesslich vor, dass bei allen Rechnungen und Zahlungen die nachträgliche Richtigstellung von Fehlern innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfristen vorbehalten bleibt. Damit wird zwar angezeigt, dass die Gebührenforderungen der Verjährung unterliegen, doch sagen diese Bestimmungen nichts über die Verjährungsfrist aus.

Auch die übergeordneten Erlasse (WNVG, Wassernutzungs- und Wasserversorgungsverordnung [WNVV; SRL Nr. 771], GSchG, EGGSchG und KGSchV), auf welche sich die kommunalen Reglemente abstützen, enthalten keine Vorschriften zur Verjährung der Gebührenforderung.

3.3.

Soweit die einschlägigen Erlasse keine ausdrückliche Regelungen zu den Modalitäten der Gebührenforderungen, namentlich zu deren Verjährung enthalten, kann auf das kantonale Gebührengesetz [GebG; SRL Nr. 680] zurückgegriffen werden. Dieses regelt die Erhebung von Gebühren und den Ersatz von Auslagen für Amtshandlungen oder für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen des Kantons und der Gemeinden, soweit es sich nicht um Verwaltungssachen handelt, die durch Entscheid gemäss dem Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege (VRG; SRL Nr. 40) zu erledigen sind (§ 1 Abs. 1 GebG). In seinen Anwendungsbereich fallen unter anderem Gebühren, die für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen geschuldet werden, wenn sie den Gemeingebrauch übersteigt. Dazu gehören namentlich Gebühren für die Sondernutzung von Strassen und Gewässern, die Benützung von Gebäuden und Einrichtungen, Schulgelder, Spitaltaxen, Gebühren für Wasser, Gas, Abfallentsorgung und dergleichen (vgl. § 5 GebG; Urteil des Kantonsgerichts Luzern 7H 15 15 vom 28.10.2015 E. 2.2; vgl. auch Botschaft zum GebG vom 29.1.1993 [Separatdruck], S. 15 und S. 22).

Anschlussgebühren stellen (wie gesagt) ein Entgelt für den Anschluss an öffentliche Versorgungs- und Gewässerschutzanlagen dar. Sie sind eine einmalige Gegenleistung des Grundeigentümers dafür, dass er das Recht erhält, die Kanalisation für die Ableitung des Abwassers und das Verteilernetz für die Zuteilung des Wassers zu benutzen (s. vorne E. 2.1.2; vgl. Hänni, Planungs-, Bau- und besonderes Umweltschutzrecht, 5. Aufl. 2008, S. 283). Mithin werden die hier diskutierten Anschlussgebühren von § 5 GebG ebenfalls erfasst, so dass die weiteren Bestimmungen dieses Gesetzes darauf anwendbar sind, soweit die Spezialgesetze keine oder keine abweichenden Regelungen enthalten.

§ 2 GebG hält zudem ausdrücklich fest, dass das Gesetz subsidiäre Geltung hat und soweit angewendet wird, als nicht besondere eidgenössische, interkantonale oder kantonale Vorschriften bestehen. Das GebG bildet somit lediglich ein Rahmengesetz, das immerhin dann ergänzend zur Anwendung kommt, wenn die jeweiligen Spezialgesetze keine Regelungen enthalten und insbesondere über die Gebührenbemessung und -erhebung (beispielsweise über den Verzug oder die Stundung) den Rechtsschutz oder die Strafbarkeit nichts Näheres aussagen (Botschaft, a.a.O., S. 22).

3.4.

3.4.1.

§ 23 GebG regelt die Verjährung. Gemäss Abs. 1 dieser Bestimmung verjährt das Recht, Gebühren und Auslagen zu erheben, fünf Jahre nach Beendigung der Amtshandlung oder der Benützung der öffentlichen Einrichtung, bei Stillstand oder Unterbrechung der Verjährung spätestens nach zehn Jahren. Dieser Tatbestand entspricht sinngemäss der Veranlagungsverjährung in steuerrechtlichen Erlassen (Botschaft, a.a.O., S. 26; vgl. insbes. § 142 des Steuergesetzes [StG; SRL Nr. 620]). Stillstand und Unterbrechung der Verjährung sind in Abs. 3 und 4 geregelt: Demnach beginnt die Verjährung gemäss Abs. 3 nicht oder sie steht still, wenn ein beschwerdefähiger Entscheid verlangt wird (lit. a.), während eines Einsprache- oder Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahrens (lit. b) oder solange eine Gebührenforderung gestundet ist (lit. c.). Sie beginnt gemäss Abs. 4 neu mit jeder auf Feststellung der Gebührenforderung gerichteten Amtshandlung, die der gebührenpflichtigen Person zur Kenntnis gebracht wird (lit. a.), jeder Anerkennung der Gebührenforderung durch die gebührenpflichtige Person (lit. b), der Einreichung eines Erlassgesuchs (lit. c) oder der Einleitung eines Verfahrens wegen Gebührenhinterziehung (lit. d).

Da die Fünfjahresfrist stillstehen oder unterbrochen werden kann, handelt es sich um eine relative Verjährungsfrist; demgegenüber ist ein Unterbruch oder ein Stillstand bei der Zehnjahresfrist ausgeschlossen, weshalb es sich um eine absolute Verjährungsfrist als Verwirkungsfrist handelt (vgl. anstelle vieler: Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkomm. zum DBG, 2. Aufl. 2009, Art. 120 DBG N 4; Beusch, a.a.O., S. 276).

3.4.2.

Nach dem Gesagten ist für die Frage der Verjährung der streitbetroffenen Gebühren Art. 23 GebG massgebend. Die frühere Rechtsprechung des ehemaligen Luzerner Verwaltungsgerichts, auf die sich die Beschwerdegegnerin beruft und wonach für einmalige Gebühren eine Verjährungsfrist von zehn Jahren gelten sollte (vgl. z.B. LGVE 1986 II Nr. 2, 1982 II Nr. 2), erging noch vor dem Inkrafttreten des GebG (1.1.1994) und nimmt darauf nicht Bezug. Daraus kann die Beschwerdegegnerin in Anbetracht der hier anwendbaren Rechtslage nichts zu ihren Gunsten ableiten.

Auch deckt sich die fünfjährige, relative Verjährungsfrist von § 23 Abs. 1 GebG mit den übrigen, in sachlich nahestehenden Rechtsgebieten gesetzlich vorgesehenen relativen Verjährungsfristen (vgl. § 142 Abs. 1 und § 143 Abs. 1 StG; § 13 Abs. 1 des Gesetzes über die Handänderungssteuer [HStG; SRL Nr. 645] oder § 33 Abs. 1 des Gesetzes über die Grundstückgewinnsteuer [GGStG; SRL Nr. 647]). Angesichts dieser Regelungen und der bundesgerichtlichen Praxis, wonach bei Fehlen gesetzlicher Bestimmungen über Verjährungsfristen primär auf öffentlich-rechtliche Regelungen für verwandte (namentlich steuerrechtliche) Sachverhalte abzustellen ist (vgl. z.B. BGE 140 II 384 E. 4.2, 112 Ia 260; vgl. auch Beusch, a.a.O., S. 279; Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2010, N 790; Tschannen/Zimmerli/Müller, a.a.O., § 16 N 11), hätte die frühere Luzerner Rechtsprechung unabhängig von der Einführung des GebG zumindest überprüft werden müssen.

4.

4.1.

Gemäss Art. 52 Abs. 1 WVR bzw. Art. 46 Abs. 1 SER entsteht die Pflicht zur Leistung der einmaligen Anschlussgebühr, wie gesagt, mit dem Anschluss des Grundstücks an das jeweilige Versorgungs- bzw. Entsorgungsnetz (vgl. vorne E. 3.2). Erst mit dem Anschluss wird ein anstaltsrechtliches Verhältnis begründet und entsteht auch der Anspruch des Gemeinwesens auf Festsetzung ("Veranlagung") der Anschlussgebühr. Dieser Anspruch unterliegt der Verjährung. Mithin beginnt auch die Verjährungsfrist zu laufen, sobald die Gemeinde befugt ist, die Gebühr festzusetzen und dem Grundeigentümer Rechnung zu stellen, d.h. im Zeitpunkt des Kanalisationsanschlusses.

Der Zeitpunkt des "Anschlusses" bestimmt sich nach der behördlichen Abnahme der Anschlussleitung (vgl. Art 19 WVR und Art. 31 SER). Ist eine derartige Abnahme nicht vorgesehen (z.B. ist die Abnahme des Wasserversorgungsanschlusses nicht zwingend erforderlich, vgl. Art. 19 WVR), fällt für die Entstehung der Anschlussgebührenpflicht vorab der Zeitpunkt der tatsächlichen Benutzungsmöglichkeit in Betracht. Dies entspricht regelmässig dem Zeitpunkt der Bauvollendung (auch bei Umbauten; zum Ganzen: Urteil des Verwaltungsgerichts Zürich VB.2004.00162 vom 26.8.2004 E. 2.3; vgl. auch Hänni, a.a.O., S. 284).

4.2.

4.2.1.

Vorliegend ergibt sich aus den Akten, dass am 14. Februar 2005 eine Abnahme der Kanalisation stattfand. Im Protokoll wurde zwar ein "Spez. Anschluss nach Absprache Hr. B - noch offen" vermerkt, im Übrigen wurde die Kanalisation aber ohne Beanstandungen ("i.O.") übernommen. Auch der Rohbau wurde am 2. September 2005 ohne Beanstandungen ("i.O.") abgenommen, wobei auch hier im Protokoll angegeben wurde, dass die "Kanalisation noch offen" sei. Schliesslich fand am 31. März 2006 die Schlussabnahme des neu gebauten Einfamilienhauses statt. Als Datum der Fertigstellung wird "März 06" angeführt. Auch hier wird zur Kanalisation eine Bemerkung "Ausführung folgt" angebracht. Die Schätzung der Gebäudeversicherung erfolgte sodann am 26. Mai 2006.

4.2.2.

Weder aus den Bemerkungen in den Abnahmeprotokollen noch aus den Ausführungen der Beschwerdegegnerin im angefochtenen Entscheid und in der Beschwerdeantwort geht hervor, welcher "spezielle Kanalisationsanschluss" gemeint sein könnte und welche Arbeiten allenfalls auch nach der Schlussabnahme noch erfolgen mussten. Weitere Abklärungen erübrigen sich allerdings, weil es sich dabei bloss um untergeordnete Arbeiten gehandelt haben kann, denn andernfalls wäre die Kanalisation wohl nicht schon am 14. Februar 2005 grundsätzlich abgenommen worden und hätte die Baute als Ganzes auch nicht am 31. März 2006 abgenommen werden können. Zudem betrachtete wohl auch die Gebäudeversicherung die Baute als fertiggestellt und bewohnbar, als sie diese am 26. Mai 2006 schätzte.

4.2.3.

Da die Abnahme des Kanalisationsanschlusses bereits am 14. Februar 2005 und damit etwa ein Jahr vor der Vollendung des Baus erfolgte, stellt sich die Frage, ob die Gebührenpflicht schon in diesem Moment entstand (wie dies in Art. 31 SER grundsätzlich vorgesehen ist) und daher für den Beginn der Verjährungsfrist bereits von diesem Datum auszugehen ist oder ob, im Sinn einer Gesamtbetrachtung, das Datum der Schlussabnahme, d.h. der 31. März 2006, massgebend sein soll. Dies kann aber mit Blick auf den Ausgang des Verfahrens offen gelassen werden.

Des Weiteren ist zwar nicht restlos geklärt, wann genau der Anschluss an die Wasserversorgung erfolgte, zumal dieser weder separat abgenommen werden musste noch ausdrücklich abgenommen wurde (vgl. Art. 19 WVR). Hier darf aber ohne weiteres vom Zeitpunkt der Bauvollendung, und damit vom Datum der Schlussabnahme ausgegangen werden, mithin vom 31. März 2006, wurde der Anschluss doch spätestens jetzt in Betrieb genommen.

4.3.

Geht man, im Sinn einer gesamtheitlichen Betrachtung, vom (spätest möglichen) Zeitpunkt der Schlussabnahme am 31. März 2006 aus, so endete die fünfjährige Verjährungsfrist grundsätzlich am 31. März 2011. Dass die Verjährung unterbrochen worden wäre oder stillgestanden hätte, wird von der Beschwerdegegnerin weder behauptet noch lässt sich dies den Akten entnehmen. Folglich bleibt es dabei, dass das Recht der Beschwerdegegnerin, die Anschlussgebühr zu veranlagen, am 31. März 2011 verjährte. Daher erfolgte auch die Schlussrechnung vom 23. Januar 2013 verspätet und konnte – entgegen der Darstellung der Beschwerdegegnerin – keine unterbrechende Wirkung mehr haben. Auch erfolgte die Rechnungsstellung zu Unrecht, weil die ihr zugrunde gelegte öffentlich-rechtliche Forderung im Umfang der zusätzlich eingeforderten Gebühren bereits zufolge Verjährung erloschen war (vgl. Imboden/Rhinow, a.a.O., Bd. I, Nr. 34 B V; Beusch, a.a.O., S. 276).

5.

Im Ergebnis ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde somit gutzuheissen, soweit darauf eingetreten werden kann, und der angefochtene Einspracheentscheid aufzuheben.