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Rechtsprechung Luzern


Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:2. Abteilung
Rechtsgebiet:Zivilprozessrecht
Entscheiddatum:06.02.2017
Fallnummer:3F 16 5
LGVE:2017 II Nr. 1
Gesetzesartikel:Art. 26 Abs. 2 HKÜ; Art. 14 BG-KKE; § 98 Abs. 1 JusG.
Leitsatz:In den Verfahren nach HKÜ wird den Rechtsanwälten analog § 98 Abs. 1 JusG 85 % des Honorars ausbezahlt.
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Das Bundesgericht hat diese Praxisänderung mit Entscheid vom 19. April 2017 geschützt (5A_149/2017).
Entscheid:

Aus den Erwägungen:

Gemäss Art. 26 Abs. 2 des Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (Haager Kindesentführungsübereinkommen, HKÜ; SR 0.211.230.02; vgl. Art. 14 des Bundesgesetzes über internationale Kindesentführung und die Haager Übereinkommen zum Schutz von Kindern und Erwachsenen [BG-KKE; SR 211.222.32]) erheben die Gerichte der Vertragsstaaten für die nach diesem Übereinkommen gestellten Anträge keine Gebühren; insbesondere dürfen sie vom Antragsteller weder die Bezahlung von Verfahrenskosten noch der Kosten verlangen, die gegebenenfalls durch die Beiordnung eines Rechtsanwalts entstehen. Dabei ist die Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht im Sinn einer staatlichen Anordnung einer Verbeiständung zu verstehen, sondern im Sinn jeder (staatlichen oder privaten) Beauftragung eines Rechtsanwalts. Der Grundsatz der Kostenlosigkeit umfasst mit anderen Worten auch die Kosten für die Verbeiständung durch eine Anwältin oder einen Anwalt (Raselli/Hausammann/Möckli/Urwyler, Ausländische Kinder sowie andere Angehörige, in: Uebersax/Rudin/Hugi Yar/Geiser [Hrsg.], Ausländerrecht, Eine umfassende Darstellung der Rechtsstellung von Ausländerinnen und Ausländern in der Schweiz von A(syl) bis Z(ivilrecht), 2. Aufl. 2009, N 16.193). Ein Vorbehalt im Sinn von Art. 26 Abs. 3 HKÜ besteht weder in der Schweiz noch in Spanien, so dass auch von daher keine Ausnahme betreffend die Tragung der Anwaltskosten durch den Staat gegeben ist (vgl. http://www.hcch.net/index_de.php?act=conventions.status&cid=24 [Webseite der Haager Konferenz]). Eine Auferlegung der Kosten ist einzig für die unterliegende gesuchsgegnerische Partei vorgesehen (Art. 26 Abs. 4 HKÜ), was jedoch vorliegend in Anbetracht des Ergebnisses und im Übrigen auch bei den wirtschaftlichen Verhältnissen der Gesuchsgegnerin nicht zum Tragen kommt.

Somit werden von den Parteien keine Gerichtskosten erhoben bzw. diese abgeschrieben, und es gehen die Kosten beider Parteianwälte zu Lasten des Staates.

(Ausführungen zur konkreten Höhe der Gerichtsgebühr und der Parteikosten). Dementsprechend werden die geltend gemachten Entschädigungen (…) grundsätzlich zugesprochen, wobei für die Rechtsanwälte wie bei Parteivertretungen mit unentgeltlicher Rechtspflege und bei amtlichen Verteidigungen von einem Stundenansatz von Fr. 230.-- und für die Rechtspraktikantin praxisgemäss von einem solchen von Fr. 150.-- ausgegangen wird. Bei diesen Ansätzen wird analog § 98 Abs. 1 des Gesetzes über die Organisation der Gerichte und Behörden in Zivil-, Straf- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren (JusG; SRL Nr. 260) 85 % des Honorars ausbezahlt. Beim vorliegenden Verfahren nach Art. 26 Abs. 2 HKÜ handelt es sich, wie eingangs erwähnt, um ein von Gesetzes wegen grundsätzlich kostenloses Verfahren. Da der Staat für die Kosten aufzukommen hat, rechtfertigt es sich, in Änderung der bisherigen Praxis die genannte Regelung analog darauf anzuwenden. Dies gilt für die Partei- und den Kindesvertreter. Damit bleibt die angemessene Entschädigung der betroffenen Vertreter gewahrt (vgl. BGer-Urteil 5D_213/2015 vom 8.3.2016 E. 7).