Instanz: | Kantonsgericht |
---|---|
Abteilung: | 1. Abteilung |
Rechtsgebiet: | Zivilprozessrecht |
Entscheiddatum: | 28.02.2017 |
Fallnummer: | 1C 16 53 |
LGVE: | 2017 I Nr. 6 |
Gesetzesartikel: | Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO. |
Leitsatz: | Grundvoraussetzung der Säumnisfolgen ist die ordnungsgemäss, d.h. nach Massgabe von Art. 136 ff. ZPO vorgenommene Vorladung der Parteien. Ein Zurückbehaltungsauftrag des Empfängers vermag den Zeitpunkt der Zustellfiktion nach Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO grundsätzlich nicht hinauszuschieben. Die Zustellungsfiktion kommt indes nur zur Anwendung, wenn der Empfänger mit der Zustellung eines behördlichen Aktes rechnen musste. Dies gilt nicht für die Vorladung der Beklagten zur Schlichtungsverhandlung, soweit sie nicht anderweitig Kenntnis von der Einleitung des Schlichtungsverfahrens haben konnte. Im Schlichtungsverfahren ist deshalb nur die effektive Zustellung der Vorladung zur Schlichtungsverhandlung rechtsgenüglich. |
Rechtskraft: | Dieser Entscheid ist rechtskräftig. |
Entscheid: | Aus den Erwägungen: 4.2. Eine Partei hat die Säumnisfolgen indes nur dann zu tragen, wenn die Säumnisvoraussetzungen gegeben sind. Grundvoraussetzung, damit Säumnisfolgen ausgesprochen werden können, ist die ordnungsgemäss, d.h. nach Massgabe von Art. 136 ff. ZPO vorgenommene Vorladung der Parteien. Die Hauptverantwortung für die ordnungsgemässe Zustellung obliegt der Schlichtungsbehörde. Erscheint eine Partei aufgrund einer falschen oder verspäteten Zustellung der Vorladung, die die Schlichtungsbehörde zu verantworten hat, nicht zur Schlichtungsverhandlung, so können keine Säumnisfolgen ausgelöst werden (Infanger, Basler Komm., 2. Aufl. 2013, Art. 206 ZPO N 4 f.). Die Beklagte macht geltend, sie habe nicht an der Schlichtungsverhandlung vom 21. November 2016 teilnehmen können. 4.3. Begehren für das Zurückbehalten von Postsendungen ändern grundsätzlich nichts daran, dass eine solche Anweisung den Zeitpunkt der Zustellfiktion nicht hinauszuschieben vermag, denn ein Zurückbehaltungsauftrag befreit nicht von der Pflicht, dafür zu sorgen, dass Gerichtsurkunden zugestellt werden können. Andernfalls könnte mit einem solchen Auftrag ein Verfahren leichthin um Wochen oder gar Monate verzögert werden, was dem Beschleunigungsgebot zuwiderliefe. Deshalb gilt auch bei Vorliegen eines Zurückbehaltungsauftrags, dass die eingeschriebene Sendung grundsätzlich am letzten Tag einer Frist von sieben Tagen ab Eingang bei der Poststelle am Ort des Empfängers als zugestellt gilt (Gschwend/Bornatico, a.a.O., Art. 138 ZPO N 22; BGer-Urteil 2C_832/2014 vom 20.2.2015 E. 4.3.2 mit Hinweisen). 4.4. Vorliegend handelte es sich um die Vorladung zu einer Schlichtungsverhandlung und damit um die erste Zustellung an die Beklagte im Rahmen eines Schlichtungsverfahrens. Aus den Akten ergibt sich nicht, dass die Beklagte seitens der Klägerin vorgängig von der erfolgten Einleitung des Schlichtungsverfahrens in Kenntnis gesetzt worden wäre oder dass ihr die Einleitung eines solchen konkret angekündigt worden wäre. Die Beklagte hatte somit keine Kenntnis vom Schlichtungsverfahren und musste deshalb nicht mit einer gerichtlichen Zustellung rechnen. Daran ändert auch die offenbar vorgängig erfolgte Betreibung nichts. Im Schlichtungsverfahren ist nur die effektive Zustellung der Vorladung zur Schlichtungsverhandlung rechtsgenüglich (so schon LGVE 1998 I Nr. 21 zur damaligen kantonalen ZPO). 4.5. |