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Rechtsprechung Luzern


Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:4. Abteilung
Rechtsgebiet:Kausalabgaben
Entscheiddatum:24.08.2017
Fallnummer:7H 17 125
LGVE:
Gesetzesartikel:Art. 5 Abs. 1 BGG; Art. 127 Abs. 1 BV, Art. 164 Abs. 1 lit. d BV; Art. 12 GebG, Art. 26 GebG.
Leitsatz:Fehlende gesetzliche Grundlage für Musikschulgebühren. Rechnungen sind keine Verfügungen. Wenn die Merkmale einer Verfügung vorliegen, können sie aber ausnahmsweise als Verfügung qualifiziert werden (E. 2.3). Öffentliche Abgaben, wie Schulgebühren, bedürfen einer Grundlage im formellen Gesetz (E. 3.2 und E. 3.5). Ist die Abgabenlast für den Betroffenen aufgrund des massgeblichen Erlasses nicht voraussehbar, fehlt es an einer genügenden gesetzlichen Grundlage für die Erhebung von Gebühren (E. 3.6).
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Entscheid:

A und B meldeten ihre Tochter C für das Schuljahr 2015/2016 für den Gitarren- sowie den Stimmbildungs-Einzelunterricht bei der Musikschule Region Z an. Die Wahrnehmung der zugeteilten Unterrichtsstunden gestaltete sich allerdings schwierig, sodass C dem Gitarrenunterricht mehrheitlich fernblieb. Mit Schreiben vom 13. November 2015 meldete B ihre Tochter schriftlich vom Gitarrenunterricht ab. Nach mehreren Schriftenwechseln stellte die Musikschule Region Z am 23. November 2016 den gesamten Elternbeitrag (Gitarren- sowie Stimmbildungs-Einzelunterricht) für das Schuljahr 2015/2016 in der Höhe von Fr. 2'760.-- A und B in Rechnung. Gegen den Einspracheentscheid erhoben A und B Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Aus den Erwägungen:

2.

2.1.

Gestützt auf das Schreiben vom 23. November 2016 wurde den Beschwerdeführern von der Musikschule der Region Z ein Elternbeitrag in der Höhe von Fr. 2'760.-- für den Gitarren- und Stimmbildungs-Einzelunterricht ihrer Tochter für das Schuljahr 2015/2016 in Rechnung gestellt. Es stellt sich vorab die Frage, ob es sich diesbezüglich um eine anfechtbare Verfügung handelt.

2.2.

Nach § 4 VRG liegt ein Entscheid (Verfügung, Rechtsmittelentscheid, verwaltungsgerichtliches Urteil) vor, wenn eine dem VRG unterstellte Behörde mit hoheitlicher Wirkung für den Einzelfall Rechte und Pflichten bestimmter Personen begründet, ändert oder aufhebt (lit. a), die rechtlichen Verhältnisse bestimmter Personen feststellt (lit. b) oder Begehren im Sinn von lit. a und b abweist, nicht darauf eintritt oder sie als erledigt erklärt (lit. c). Als Entscheide gelten auch Teilentscheide, Zwischenentscheide, Ergänzungen und Erläuterungen sowie Vollstreckungsverfügungen (§ 4 Abs. 2 VRG). Die Verfügung ist ein individueller, an den Einzelnen gerichteter Hoheitsakt, durch den eine konkrete verwaltungsrechtliche Rechtsbeziehung rechtsgestaltend oder feststellend in verbindlicher und erzwingbarer Weise geregelt wird (BGE 139 V 72 E. 2.2.1 m.H.). Diese Umschreibung unterscheidet sich im Grundsätzlichen nicht von dem für das Bundesverwaltungsrecht geltenden Begriff der Verfügung, wie er in Art. 5 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021) verankert ist (LGVE 2004 II Nr. 47 E. 2a).

Um die Rechtsnatur eines Entscheids zu erfüllen, hat eine Rechnung den gesetzlichen Formvorschriften nach § 110 VRG zu genügen (LGVE 1982 II Nr. 2 E. 1). Demnach hat die Ausfertigung des Entscheids folgende Angaben zu enthalten: Die entscheidende Behörde, die Parteien und allenfalls deren Vertreter, eine Begründung, den Rechtsspruch mit Verlegung der Kosten, eine Rechtsmittelbelehrung, das Datum des Entscheids und des Versands sowie die Unterschrift, wobei bei Massenverfügungen darauf verzichtet werden kann (§ 110 Abs. 1 VRG). In Briefform ausgefertigte Entscheide sind als solche zu bezeichnen, wobei Abs. 1 sinngemäss anwendbar bleibt (§ 110 Abs. 3 VRG; Urteile des Kantonsgerichts Luzern 7H 15 72 vom 7.7.2016 E. 1.3.1, 7H 14 269 vom 15.12.2014 E. 2.3.1).

2.3.

Demgegenüber gelten alle Verwaltungsmassnahmen, die unmittelbar nur einen Taterfolg herbeiführen sollen, als Realakte (Tschannen/Zimmerli/Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2014, § 38 N 1). Unter anderem ist darunter auch das schlichte Verwaltungshandeln zu verstehen, mit dem die Verwaltung die ihr zugewiesenen Verwaltungsaufgaben erfüllt, wie etwa das Ausfertigen von Rechnungen (Tschannen/Zimmerli/Müller, a.a.O., § 38 N 8). Realakte sind dadurch definiert, dass sie formlos zustande kommen und erst nachträglich dem Verwaltungsverfahren zugeführt werden, indem die betroffene Person ein Gesuch um Erlass einer Verfügung stellt (Kiener/Rütsche/Kuhn, Öffentliches Verfahrensrecht, 2. Aufl. 2015, N 328). Für Realakte des Bundes statuiert Art. 25a VwVG die Möglichkeit, eine anfechtbare Verfügung über Realakte zu verlangen. Im kantonalen Recht enthält § 44a VRG eine identische Bestimmung. Diese sieht vor, dass derjenige, der ein schutzwürdiges Interesse hat, von der Behörde, die für Handlungen zuständig ist, welche sich auf öffentliches Recht stützen und Rechte oder Pflichten berühren, verlangen kann, dass sie widerrechtliche Handlungen unterlässt, einstellt oder widerruft; die Folgen widerrechtlicher Handlungen beseitigt oder die Widerrechtlichkeit von Handlungen feststellt. Die Behörde entscheidet durch Verfügung (§ 44a Abs. 2 VRG). Die funktionelle Zuständigkeit bei Beschwerden gegen die nach § 44a VRG ergehenden Verfügungen richtet sich nach dem ordentlichen Rechtsweg gemäss Sachgesetz und §§ 142 ff. und 148 ff. VRG (Wirthlin, Luzerner Verwaltungsrechtspflege, Bern 2011, N 9.12).

Rechnungen gelten im Normalfall nicht als Verfügungen, da diese Erscheinungsformen des tatsächlichen Verwaltungshandelns darstellen und nicht auf das Erzielen von Rechtswirkungen gerichtet sind (BVGer-Urteil A-4523/2009 vom 7.1.2010 E. 1.1; vgl. § 26 des Gebührengesetzes [GebG; SRL Nr. 680]). Eine Rechnungsstellung ist zunächst immer ein blosser Realakt (Bickel, Auslegung von Verwaltungsrechtsakten, in: Publikationen des Instituts für Föderalismus Freiburg Schweiz, Bd. 5, Bern 2014, § 13 N 13 ff.). Rechnungen können jedoch ausnahmsweise als Verfügung qualifiziert werden, wenn im Einzelfall die Strukturmerkmale einer Verfügung vorliegen (Bickel, a.a.O., § 13 N 14; vgl. BGer-Urteil 2C_444/2015 vom 4.11.2015 E. 3.2.3 f.). Massgebend für die Frage, ob einer Rechnung Verfügungscharakter zukommt, ist vor allem das Vorhandensein von formellen Gültigkeitserfordernissen, wie die Bezeichnung als Verfügung sowie insbesondere einer Rechtsmittelbelehrung. Fehlen sämtliche oder einzelne dieser Elemente, ist der Verfügungscharakter einer Rechnung zwar nicht ausgeschlossen, es bedarf hierzu aber besonderer Umstände (Urteile des Kantonsgerichts Luzern 7H 15 72 vom 7.7.2016 E. 1.3.2, 7H 14 269 vom 15.12.2014 E. 2.3.2; vgl. Bickel, a.a.O., § 13 N 17).

2.4.

Die Rechnung vom 23. November 2016 wird nicht als Verfügung, Gebührenveranlagung oder ähnliches bezeichnet; ebenso wenig ist ein Verweis auf die anwendbaren Rechtsgrundlagen ersichtlich. Hingegen enthält sie eine kurze Begründung, indem auf die von den Beschwerdeführern zu leistenden Elternbeiträge in der Höhe von Fr. 2'760.-- (Fr. 920.-- für den Gitarren-Einzelunterricht und Fr. 1'840.-- für den Stimmbildungs-Einzelunterricht) für das Schuljahr 2015/2016 hingewiesen wird. Darüber hinaus ist sie mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen, wonach Einsprachen innert 20 Tagen schriftlich mit Begründung an den Gemeinderat Z zu richten seien. Mit dem Vorhandensein einer Rechtsmittelbelehrung bringt die Musikschulkommission ihren Willen, eine verbindliche Entscheidung zu erlassen, zum Ausdruck (Bickel, a.a.O., § 13 N 17; Urteil des Obergerichts Schaffhausen vom 23.2.1979 E. 4, in: ZBl 80/1978 S. 574). Demnach lassen gewisse Elemente im Sinn von § 110 VRG auf einen Verfügungscharakter der Rechnung schliessen, während das Fehlen weiterer charakteristischer Elemente gegen eine solche Annahme sprechen. Die integralen Voraussetzungen (insbesondere das Streitobjekt und die Rechtsmittelbelehrung), anhand welcher sich der Adressat ein Bild über Sachverhalt und Rechtslage des Entscheids machen kann, liegen jedoch vor. Entsprechend ist der Entscheidcharakter der Rechnung gegeben.

3.

3.1.

Mit Beschluss vom 17. Dezember 2015 entschied die Musikschulkommission der Region Z, dass A und B "den gesamten Elternbeitrag für den Gitarrenunterricht gemäss Musikschulordnung zu bezahlen" hätten. Die dagegen erhobene Einsprache wies der Gemeinderat Z, ebenfalls gestützt auf die Musikschulordnung, ab.

3.2.

Abgaben im Bereich von Schulgebühren stellen rechtlich Kausalabgaben dar, d.h., sie sind im Gegensatz zu Steuern nicht voraussetzungslos geschuldet, sondern erst, wenn dem Zahlungspflichtigen aus einer öffentlichen Einrichtung ein wirtschaftlicher Vorteil erwachsen ist (LGVE 1989 II Nr. 4 E. 1a). Kausalabgaben sind Geldleistungen, welche der Private kraft öffentlichen Rechts als Entgelt für bestimmte staatliche Gegenleistungen oder besondere Vorteile zu entrichten hat. Sie setzen eine individuell zurechenbare besondere Leistung des Gemeinwesens voraus (Tschannen/Zimmerli/Müller, a.a.O., § 57 N 18). Die Kausalabgaben werden herkömmlicherweise in drei Hauptgruppen unterteilt; in Gebühren, Vorzugslasten (Beiträge) und Ersatzabgaben (Tschannen/Zimmerli/Müller, a.a.O., § 57 N 4; Wyss, Kausalabgaben, Diss. Basel 2009, S. 11). Bei den Gebühren wird weiter zwischen Verwaltungsgebühren, Benützungsgebühren und Konzessionsgebühren unterschieden (Hungerbühler, Grundsätze des Kausalabgaberechts, in: ZBI 104/2003, S. 508 m.H.). Schulgelder stellen i.d.R. als Entgelt für die Benützung einer öffentlichen Einrichtung eine Benützungsgebühr dar. Diese werden im Grundsatz nach Massgabe der tatsächlichen Benützung erhoben (Hungerbühler, a.a.O., S. 509; vgl. § 5 und 9 Abs. 1 GebG).


Das Abgaberecht von Bund (Art. 164 Abs. 1 lit. d der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft [BV; SR 101]) und Kantonen bzw. Gemeinden (Art. 5 Abs. 1 und Art. 127 Abs. 1 BV) unterliegt einem strengen Legalitätsprinzip (BGE 139 II 460 E. 2.1). Öffentliche Abgaben, so auch Benützungsgebühren, bedürfen demnach einer Grundlage im formellen Gesetz. Als formelles Gesetz gelten Erlasse, die einem fakultativen oder obligatorischen Referendum unterliegen (Hungerbühler, a.a.O., S. 514). Die Voraussetzungen für die Erhebung der Abgabe müssen in den einschlägigen Rechtssätzen so umschrieben sein, dass der rechtsanwendenden Behörde kein übermässiger Spielraum verbleibt und die möglichen Abgabepflichten für den Bürger voraussehbar sind. Die Anforderungen hängen von der Natur der jeweiligen Materie ab (BGE 123 I 248 E. 2 m.H.). Das Gesetz kann die Kompetenz zur Festlegung einer Abgabe aber auch an eine nachgeordnete Behörde delegieren. In diesem Fall muss das Gesetz jedoch mindestens den Kreis der Abgabepflichtigen, den Gegenstand der Abgabe, die absolute Höhe, wenigstens aber die Bemessungsgrundlagen, sowie, wenn solche bestehen, die Ausnahmen von der Abgabepflicht umschreiben (Tschannen/Zimmerli/Müller, a.a.O., § 59 N 2 f.; vgl. zum Ganzen auch LGVE 2015 IV Nr. 1). Diese Anforderungen sind jedoch für gewisse Arten von Kausalabgaben gelockert, soweit das Mass der Abgabe durch überprüfbare verfassungsrechtliche Prinzipien (Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip) begrenzt wird und nicht allein der Gesetzesvorbehalt diese Schutzfunktion erfüllt.


Entsprechend der massgebenden Lehre und Rechtsprechung hält § 12 GebG fest, dass Gebühren, die den Rahmen der Kostendeckung übersteigen, eine Rechtsgrundlage in einem formellen Gesetz erfordern, das die gebührenpflichtigen Personen, die Tatbestände, welche die Gebührenpflicht auslösen, und die Bemessungsgrundzüge festlegt (Abs. 1). Gebühren, die sich im Rahmen der Kostendeckung halten, können hingegen in einer Verordnung geregelt werden, die die gebührenpflichtigen Personen, die Tatbestände, welche die Gebührenpflicht auslösen, und die Höhe der Gebühren festlegt (Abs. 2).

Ein kommunaler Erlass kann einem formellen Gesetz gleichgestellt werden, wenn er von der nach dem kantonalen Recht ermächtigten Gemeindelegislative (Gemeindeversammlung oder

-parlament) beschlossen wurde oder dem obligatorischen oder fakultativen Referendum unterstand (Häfelin/Müller/Uhlmann, a.a.O., Nr. 2696).

3.3.

Der Unterricht an den öffentlichen Volksschulen sowie die Lehrmittel und das allgemeine Schulmaterial, die zum Erreichen der Lernziele gemäss den Lehrplänen notwendig sind, sind unentgeltlich (§ 60 Abs. 1 des Gesetzes über die Volksschulbildung [VBG; SRL Nr. 400a]). § 60 Abs. 3 VBG jedoch besagt, dass der Kanton und die Gemeinden u.a. für die weiteren fakultativen Schulangebote die Kostenbeteiligung der Erziehungsberechtigten festlegen. Der Regierungsrat und die Gemeinderäte erlassen die Gebührentarife in ihren Zuständigkeitsbereichen (§ 60 Abs. 4 VBG).

Mit der Marginalie "Musikschule" ist § 56 VBG gesetzessystematisch in das Kapitel 12 ("Zusatzangebote der Volksschule") eingegliedert und stellt folglich ein solches (fakultatives) Zusatzangebot zur Volksschule dar. Gemäss § 56 VBG bieten die Gemeinden den Lernenden während der obligatorischen Schulzeit Zugang zu einer Musikschule (Abs. 1). Die Gemeinden führen die Musikschulen selber oder zusammen mit anderen Gemeinden. Ferner können die Gemeinden das Angebot von Musikschulen öffentlich-rechtlichen Dritten oder privatrechtlichen Leistungsbringern übertragen (Abs. 2). Hier verweist das VBG implizit auf die § 46 f. des Gemeindegesetzes (GG; SRL Nr. 150), wonach die Gemeinde mit andern Gemeinwesen oder mit Privaten privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Verträge abschliessen sowie durch öffentlich-rechtliche Verträge insbesondere einfache Gesellschaften des öffentlichen Rechts gründen und ihnen gemeinsam zu erfüllende öffentliche Aufgaben übertragen kann (§ 47 Abs. 2 GG).


Gemäss § 2 der Verordnung über die kommunalen Musikschulen (SRL Nr. 415) werden Musikschulen, welche die Vorgaben gemäss den §§ 1, 3 und 4 erfüllen und eine sinnvolle Grösse aufweisen, von der Dienststelle Volksschulbildung anerkannt. Vorliegend von Interesse ist insbesondere § 1 der Verordnung, welcher besagt, dass die zuständige kommunale Behörde ein verantwortliches Gremium für die Belange der Musikschule bezeichnet, eine Verordnung oder ein Reglement für die Musikschule erlässt und den Leistungsauftrag festlegt.

3.4.

Die Gemeinden W, X, Z und Y schlossen im Sinn der zitierten Gesetzeslage einen Gemeindevertrag über die Musikschule Region Z ab. Der Vertrag wurde von den Stimmbürgern der Gemeinde Z im Rahmen der Gemeindeversammlung vom 15. Dezember 2014 genehmigt. Die Musikschule Region Z ist eine anerkannte Musikschule (…). Die Art. 1 und 2 des Vertrags halten im Wesentlichen fest, dass sich die Vertragsgemeinden mit dem Vertrag i.S.v. § 47 Abs. 2 GG zu einer regionalen Musikschule zusammenschliessen und damit das Musikschulangebot gemeinsam organisieren. Die Musikschulkommission gilt als Organ (Art. 3 lit. b). Ihre Aufgabe sind die Finanzgeschäfte zu Handen der Vertragsgemeinden, wozu namentlich die Festsetzung der Elternbeiträge gehört (Art. 7 Abs. 1 lit. b); ferner hat sie die Befugnis, die Musikschulordnung zu beschliessen (Art. 7 Abs. 2 lit. b).

Die gestützt auf den Gemeindevertrag erlassene Musikschulordnung der Region Z wurde durch die Musikschulkommission am 7. Februar 2015 erlassen und trat am 1. August 2015 in Kraft (Ziff. 1). Ziff. 7 der Musikschulordnung hält mit Betreff "Schulgeld" fest, dass die Höhe des Schulgelds (und allfällige Familienrabatte) von der Musikschulkommission festgesetzt werden. Bei Rückzug einer Anmeldung ab zwei Wochen nach Anmeldeschluss werde eine Annullationsgebühr von Fr. 100.-- erhoben. Bei vorzeitigem Austritt oder Ausschluss nach Beginn des neuen Schuljahrs bestehe kein Recht auf Rückerstattung des Schulgelds, ausser bei längerer Krankheit oder Unfall. Bei Neuzuzügern oder bei Wegzug werden eine administrative Aufwandgebühr von Fr. 50.-- plus die effektiv geleisteten Lektionen in Rechnung gestellt.

Auf diese Ziff. 7 der Musikschulordnung der Musikschule Region Z beruft sich die Beschwerdegegnerin.

3.5.

Nach dem Gesagten bedürfen öffentliche Abgaben einer Grundlage im formellen Gesetz. Ein Erlass auf kommunaler Ebene wird einem formellen Gesetz gleichgestellt, wenn er namentlich von der Gemeindelegislative beschlossen wurde – was vorliegend mit dem Gemeindevertrag gegeben ist.

Die Voraussetzungen für die Erhebung der Abgabe müssen zudem auf Gesetzesstufe so umschrieben sein, dass der rechtsanwendenden Behörde kein übermässiger Spielraum verbleibt und die möglichen Abgabepflichten für den Betroffenen voraussehbar sind. Das Gesetz kann die Kompetenz zur Festlegung einer Abgabe aber auch an eine nachgeordnete Behörde delegieren. Nach dem Dargelegten müssen bei einer Delegation solcher Kompetenzen im formellen Gesetz mindestens der Kreis der Abgabepflichtigen, der Gegenstand der Abgabe, die absolute Höhe, wenigstens aber die Bemessungsgrundlagen, sowie, wenn solche bestehen, die Ausnahmen von der Abgabepflicht umschrieben sein. Zu bemerken ist immerhin, dass die Rechtsprechung den Gesetzmässigkeitsgrundsatz für die Abgabenbemessung bei gewissen Arten von Kausalabgaben gelockert hat, wo das Mass der Abgabe durch überprüfbare verfassungsrechtliche Prinzipien begrenzt wird und nicht allein der Gesetzesvorbehalt diese Schutzfunktion erfüllt (Wiederkehr/Richli, Praxis des allgemeinen Verwaltungsrechts, Bd. II, Bern 2014, N 1136). Der Umfang des Gesetzmässigkeitsprinzips ist demnach je nach der Art der Abgabe zu differenzieren (BGE 132 II 371 E. 2.1, 123 I 254 E. 2a).

3.6.

Der demokratisch legitimierte Gemeindevertrag über die Musikschule der Region Z äussert sich nicht weiter zu den Elternbeiträgen an den Musikschulunterricht, stattdessen sieht er vor, dass die Musikschulkommission für die Festsetzung der Elternbeiträge zuständig ist. Hierbei handelt es sich um eine Delegationsnorm, welche nach dem Gesagten zumindest die minimalen Bemessungsgrundlagen einer Gebühr im übergeordneten, formellen Gesetz erforderlich macht. Der Gemeindevertrag sieht zwar sinngemäss den Kreis der Abgabepflichtigen ("Elternbeiträge") vor, jedoch mangelt es bereits an einer näheren Umschreibung des Gegenstands der Abgabe, wobei sich dieser aber immerhin aus dem Sinn des Vertrags selbst ergibt (Gebühren für den Besuch von Musikschulunterricht). Gänzlich fehlt es an der Festsetzung einer absoluten Höhe der Elternbeiträge oder anderen, griffigen Bemessungsgrundlagen: So sieht der Vertrag weder vor, anhand welcher Kriterien die Höhe der Abgabe bemessen wird bzw. aus welchen Kosten sich die durch die Eltern zu leistende Abgabe zusammensetzt, noch wird deren Höhe zumindest in Grundzügen festgelegt. Dem Betroffenen ist es folglich anhand der formell-gesetzlichen Grundlage nicht möglich, sich auch nur ein ansatzweises Bild über die auf ihn zukommenden Kosten zu machen; m.a.W. sind die Kosten für ihn nicht voraussehbar, was für das Verhalten und dessen Folgen jedoch von Bedeutung wäre (vgl. Urteil des Kantonsgerichts Luzern 7H 15 40 vom 1.3.2016 E. 5.2). Damit kann der Gemeindevertrag über die Musikschule Region Z keine genügende gesetzliche Grundlage für die Erhebung von Gebühren für den Musikschulunterricht bilden.

Auch die nachgeordnete Musikschulordnung der Musikschule Region Z enthält keine Angaben zu den Grundzügen der durch die Eltern zu leistende Abgabe. Ihr ist lediglich zu entnehmen, dass die Höhe des Schulgelds von der Musikschulkommission festgesetzt wird, was einer erneuten Delegation entspricht. In welchem Rahmen diese Festsetzung erfolgt, geschweige denn welche Kriterien dafür ausschlaggebend sind, bleibt letztlich ungewiss.

Eine Grundlage über die Kosten für die Musikschule bzw. deren Überwälzung auf die Eltern findet sich auch in weiteren potentiellen Erlassen, namentlich der Organisationsverordnung der Gemeinde Z oder einem der im Anhang 4 aufgezählten Reglemente, Verordnungen oder Richtlinien der Gemeinde Z nicht.

3.7.

Damit sind weder in einem formellen Gesetz noch auch auf Verordnungsstufe zumindest in Grundzügen Bemessungsgrundlagen für die Erhebung von Elternbeiträgen an den Musikschulunterricht festgehalten. Es fehlt folglich an einer genügenden gesetzlichen Grundlage für die Erhebung der angefochtenen Gebühr.