Instanz: | Kantonsgericht |
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Abteilung: | 4. Abteilung |
Rechtsgebiet: | Administrativmassnahmen |
Entscheiddatum: | 14.11.2017 |
Fallnummer: | 7H 17 198 |
LGVE: | |
Gesetzesartikel: | Art. 22 SVG; Art. 11b VZV, Art. 42 VZV, Art. 44 VZV, Art. 45 VZV. |
Leitsatz: | Bestimmung des Lebensmittelpunkts im Zeitpunkt des Führerausweiserwerbs. Keine Umgehung der schweizerischen Zuständigkeit durch die Absolvierung der Fahrprüfung in Lettland. |
Rechtskraft: | Dieser Entscheid ist rechtskräftig. |
Entscheid: | A wurde in Lettland geboren und ist dort aufgewachsen. Am 16. Juli 2015 heiratete sie einen Schweizer Staatsbürger in Luzern und erhielt per 28. Juli 2015 eine Aufenthaltsbewilligung ("Familiennachzug mit Erwerbstätigkeit") in der Schweiz. Am 15. Dezember 2015 erwarb sie den Führerausweis in Lettland. Ihren Angaben gemäss zog sie Anfangs Januar 2016 zu ihrem Ehemann in die Schweiz. A reichte am 19. April 2017 (Posteingang) beim Strassenverkehrsamt des Kantons Luzern (nachfolgend Strassenverkehrsamt) ein Gesuch um Umtausch eines ausländischen Führerausweises ein.
2.1. Wer ein Motorfahrzeug führt, bedarf des Führerausweises (Art. 10 Abs. 2 des Strassenverkehrsgesetzes [SVG; SR 741.01]). Dieser wird von den kantonalen Verwaltungsbehörden am Wohnsitz des Fahrzeugführers erteilt und entzogen (Art. 22 Abs. 1 SVG). Die Bestimmung von Art. 11b Abs. 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr (VZV; SR 741.51) hält fest, dass die kantonale Behörde prüft, ob die Voraussetzungen für den Erwerb eines Lernfahr- oder Führerausweises erfüllt sind.
Motorfahrzeugführer aus dem Ausland dürfen in der Schweiz nur Motorfahrzeuge führen, wenn sie einen gültigen nationalen oder internationalen Führerausweis besitzen (Art. 42 Abs. 1 VZV).
Ausländische Führerausweise können in der Schweiz nach den gleichen Bestimmungen aberkannt werden, die für den Entzug des schweizerischen Führerausweises gelten (Art. 45 Abs. 1 Satz 1 VZV); sie können aber nicht entzogen werden, weil darin ein unzulässiger Eingriff in ausländische Hoheitsrechte läge (vgl. BGE 129 II 175 E. 2.3, 121 II 447 E. 3a m.H.). Gemäss Art. 45 Abs. 4 VZV sind aberkannte ausländische Führerausweise bei der zuständigen Strassenverkehrsbehörde zu hinterlegen. Sie sind dem Berechtigten auf Verlangen beim Verlassen der Schweiz, wenn er hier keinen Wohnsitz hat, auszuhändigen, wobei bei unbefristeter Aberkennung die Ungültigkeit in der Schweiz vermerkt werden kann, wenn die Gefahr von Missbräuchen besteht (Art. 45 Abs. 4 lit. b VZV). Zudem sind Ausweise gemäss Art. 45 Abs. 1 VZV auf unbestimmte Zeit abzuerkennen, wenn sie in Umgehung der schweizerischen oder ausländischen Zuständigkeitsbestimmungen im Ausland erworben worden sind. Die Zuständigkeitsbestimmungen umgeht mithin, wer einen Führerausweis im Ausland erwirbt, obwohl er ihn in der Schweiz hätte erwerben müssen, und aufgrund der objektiven Umstände diesen in der Schweiz widerrechtlich benützen könnte (Weissenberger, a.a.O., Art. 22 SVG N 12; BGE 129 II 175 E. 2.5).
Der Führerausweis wird von der Verwaltungsbehörde am Wohnsitz des Fahrzeugführers erteilt und entzogen (Art. 22 Abs. 1 SVG), wobei sich der Wohnsitz im Sinn des Strassenverkehrsrechts nach den Vorschriften des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs (ZGB; SR 210) bestimmt (Weissenberger, a.a.O., Art. 22 SVG N 6). Daher gilt es zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt des Erwerbs ihres lettischen Führerausweises am 15. Dezember 2015 zivilrechtlichen Wohnsitz in der Schweiz begründet hat.
Gemäss Art. 23 Abs. 1 ZGB befindet sich der Wohnsitz einer Person an dem Ort, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält und den sie sich zum Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen gemacht hat. Für die Begründung des Wohnsitzes müssen somit zwei Merkmale erfüllt sein: ein objektives äusseres, der Aufenthalt, sowie ein subjektives inneres, die Absicht dauernden Verbleibens, wobei es diesbezüglich nicht auf den inneren Willen, sondern darauf ankommt, auf welche Absicht die erkennbaren Umstände objektiv schliessen lassen (BGE 127 V 237 E. 1). Nicht erforderlich ist die Absicht, für immer oder für eine unbestimmte Zeitspanne an einem Ort zu bleiben; die Absicht eines vorübergehenden Aufenthalts kann für eine Wohnsitzbegründung genügen, wenn der Aufenthalt auf eine gewisse Dauer angelegt ist und der Lebensmittelpunkt an den Aufenthaltsort verlegt wird. Um den Wohnsitz einer Person festzustellen, ist die Gesamtheit ihrer Lebensumstände in Betracht zu ziehen: Der Mittelpunkt der Lebensinteressen befindet sich an demjenigen Ort bzw. in demjenigen Staat, wo sich die meisten Aspekte des persönlichen, sozialen und beruflichen Lebens der betroffenen Person konzentrieren, sodass deren Beziehungen zu diesem Zentrum enger sind als jene zu einem anderen Ort bzw. Staat (zum Ganzen: EVG-Urteil H 267/03 vom 21.1.2004 E. 3.1 mit Hinweisen, u.a. auf BGE 125 III 100; ZAK 1990 S. 247 E. 3a).
Niemand kann an mehreren Orten zugleich Wohnsitz haben (Art. 23 Abs. 2 ZGB). Hält sich eine Person abwechslungsweise an verschiedenen Orten auf, so gilt als Wohnsitz jener Ort, zu dem die engsten Beziehungen bestehen. Bei einer verheirateten Person mit Beziehungen zu mehreren Orten, die im Erwerbsleben steht, werden namentlich in der Rechtsprechung zur Bestimmung des Steuerdomizils natürlicher Personen die persönlichen und familiären Kontakte zum Familienort grundsätzlich höher gewichtet als jene zum Arbeitsort. Dies trifft jedenfalls zu, soweit die betreffende Person unselbständig erwerbstätig ist, keine leitende Stellung einnimmt und täglich ("Pendler") oder regelmässig an den Wochenenden ("Wochenaufenthalter") an den Familienort zurückkehrt (BGE 132 I 29 E. 4.2 und 4.3; BGer-Urteile 2C_92/2012 vom 17.8.2012 E. 4.2, 2C_918/2011 vom 12.4.2012 E. 3.2).
Weil das subjektive Erfordernis, der Wille einer Person zum dauernden Verbleib, nicht messbar ist, gelten objektiv durch Dritte feststellbare Umstände als Hinweis für das Vorliegen eines bestimmten Willens. Es ist daher auf die für Dritte erkennbaren Tatsachen abzustellen, wobei sich die betroffene Person bei dem von ihr geschaffenen Rechtsschein behaften lassen muss. Der Wille einer Person ist damit nur soweit bestimmend, als er festgestellt und erkannt werden kann (EVG-Urteil H 177/02 vom 8.3.2003 E. 5.1 mit Hinweisen).
4.1. Gemäss § 53 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (VRG; SRL Nr. 40) hat das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen festzustellen und wendet das Recht von Amts wegen an (§ 37 VRG). Diese Verfahrensgrundsätze gelten allerdings nicht uneingeschränkt; sie werden ergänzt durch die verschiedenen Mitwirkungspflichten der Parteien (§ 55 VRG), wie namentlich deren Begründungspflicht (§ 133 Abs. 1 VRG). Die beschwerdeführende Partei muss sich mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheides auseinandersetzen. Zu beachten ist ferner das Rügeprinzip, wonach die Beschwerdeinstanz nur die vorgebrachten Beanstandungen untersucht und nicht prüft, ob sich der angefochtene Entscheid unter schlechthin allen in Frage kommenden Aspekten als korrekt erweist (vgl. zum Ganzen: LGVE 1998 II Nr. 57 mit Hinweisen).
Betreffend die Beweisführungslast herrscht in Konkretisierung des allgemeinen Grundsatzes von Art. 8 ZGB, der auch im öffentlichen Recht gilt, auch im Administrativverfahren des Strassenverkehrsrechts die Normentheorie (vgl. BGer-Urteil 2C_95/2013 vom 21.8.2013 E. 2.2). Demnach hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. Im vorliegenden Fall hat somit die Beschwerdeführerin zu beweisen, dass sich ihr Wohnsitz im Zeitpunkt des Erwerbs ihres lettischen Führerausweises nicht in der Schweiz befand. Dementsprechend hat sie auch die Folgen einer allfälligen Beweislosigkeit zu tragen.
Aufgrund des aufenthaltsrechtlichen Bewilligungsverfahrens begründet die Vorinstanz den angefochtenen Entscheid damit, dass die Beschwerdeführerin am 28. Juli 2015 in die Schweiz eingereist sei und über eine Aufenthaltsbewilligung B verfüge, welche am gleichen Tag ausgestellt worden sei. Gemäss Art. 42 ff. des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG; SR 142.20) sei das Zusammenwohnen mit dem Ehepartner eine unabdingbare Voraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung im Falle eines Familiennachzugs, weshalb sich die Vermutung ergebe, dass die Beschwerdeführerin seit dem 28. Juli 2015 in der Schweiz Wohnsitz habe. Somit könne keine mindestens einjährige Auslandsaufenthaltsdauer nach Art. 45 VZV nachgewiesen werden, womit vorliegend eine Umgehung der schweizerischen Zuständigkeit vorliege
Dem hält die Beschwerdeführerin zusammenfassend entgegen, es treffe zwar zu, dass ihr am 28. Juli 2015 eine Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz ausgestellt worden sei. Sie habe jedoch nach der Heirat am 16. Juli 2015 in Luzern weiterhin in Lettland studiert und ihr Studium dort abgeschlossen. Ferner sei sie während dieser Zeit auch beruflich als internationales Model in Lettland tätig gewesen. Aufgrund dessen habe sie – nachdem sie zuvor die Theorieprüfung sowie während längerer Zeit in Lettland Fahrstunden absolviert habe – dort am 15. Dezember 2015 erfolgreich die Fahrprüfung abgelegt und den lettischen Führerausweis erhalten. Das mit 12. Februar 2016 datierte Diplom ihres Universitätsabschlusses habe sie der Vorinstanz mit Schreiben vom 9. März 2017 zu den Akten gereicht, womit feststehe, dass die Beschwerdeführerin aus beruflichen Gründen sowie zu Ausbildungszwecken bis Januar 2016 von ihrem Ehemann getrennt in Lettland gelebt habe. Nach Abschluss ihres Studiums habe sie ihren Wohnort in die Schweiz verlegt und lebe seit Anfangs Januar 2016 zusammen mit ihrem Ehemann in X, womit die Ehegemeinschaft weiter fortbestehe.
5.1. Die vorliegende Aktenlage präsentiert sich wie folgt: Die Beschwerdeführerin besitzt die russische Staatsangehörigkeit. Sie wurde jedoch in Lettland geboren und verfügt über eine gültige Aufenthaltsbewilligung in Lettland. Am 16. Juli 2015 heiratete die Beschwerdeführerin einen Schweizer Staatsangehörigen in Luzern. Am 29. Juli 2015 meldete sie sich bei der Einwohnerkontrolle in X an, wobei sie angab, am 28. Juli 2015 in den Kanton Luzern gezogen zu sein. Daraufhin stellte ihr das Amt für Migration eine Aufenthaltsbewilligung "Familiennachzug mit Erwerbstätigkeit" aus. Die Kreditkarte 0000 0000 0000 0000, ltd. auf A, wurde in den Monaten September, Oktober, November, Dezember 2015 und bis zum 10. Januar 2016 an folgenden Orten eingesetzt:
3.9.15 Gemeinde X 5.9.15 Milano/Serravalle 6.9.15 Milano 8.9.15 Zürich 9.9.15 Arth-Goldau 9.9.15 Milano 13.9.15 San Jose (Spanien) 21.9.15 Zürich 22.9.15 Zürich 29.9.15 Gemeinde X 30.9.15 Zürich 1.10.15 Paris 2.10.15 Paris 2.10.15 Rom 3.10.15 Paris 12.10.15 Schiphol (NL) 13.10.15 Zürich 15.10.15 Riga 16.10.15 Riga 18.10.15 Riga 19.10.15 Riga 20.10.15 Riga 26.10.15 London 28.10.15 Zürich 28.10.15 Hagendorn 29.10.15 Zürich 4.11.15 Zürich 7.11.15 Zweibrücken (D) 10.11.15 Luzern 12.11.15 Zürich 17.11.15 Zürich 17.11.15 Riga 18.11.15 Riga 20.11.15 Riga 21.11.15 Tallin Estland 23.11.15 Riga 24.11.15 Riga 25.11.15 Riga 26.11.15 Riga 27.11.15 Riga 28.11.15 Riga 30.11.15 Riga 2.12.15 Zürich 3.12.15 Riga 4.12.15 Riga 5.12.15 Riga 8.12.15 Zürich 9.12.15 Riga 10.12.15 Riga 12.12.15 Riga 13.12.15 Riga 14.12.15 Riga 15.12.15 Riga 16.12.15 Riga 17.12.15 Riga 18.12.15 Riga 19.12.15 Riga 23.12.15 Zürich 24.12.15 Zürich 29.12.15 Zürich 30.12.15 Zürich 4.1.16 Luzern 4.1.16 Küssnacht am Rigi 4.1.16 Gemeinde X 5.1.16 Luzern 6.1.16 Luzern 7.1.16 Zürich 8.1.16 Küssnacht am Rigi 9.1.16 Küssnacht am Rigi 10.1.16 Zürich 10.1.16 Riga 10.1.16 Zürich
In Würdigung dieser Aktenlage ist zunächst festzuhalten, dass sich die Beschwerdeführerin im letzten Semester ihres Studiums befand, als sie ihren jetzigen Ehemann heiratete. Dieses Studium absolvierte sie in Lettland, weshalb sie sich – trotz Anmeldung bei der Einwohnerkontrolle der Gemeinde X am 29. Juli 2015 und unter der Annahme, dass es sich nicht um ein Fernstudium handelte – nach der allgemeinen Lebenserfahrung zu Studien- und zu Prüfungszwecken in Lettland aufhalten musste. Dies spiegelt sich denn auch darin, dass ihr am 12. Februar 2016 das Universitätsdiplom verliehen wurde. Die Annahme, dass sich die Beschwerdeführerin, wie behauptet, in der Zeit von Anfang September 2015 bis Anfang Januar 2016 tatsächlich in Lettland aufhielt, wird durch die Kreditkartenbelastungen, wenn unterstellt wird, dass diese von der Beschwerdeführerin veranlasst wurden, gestützt. Wie von ihr behauptet, weisen die Kreditkartenbelastungen darauf hin, dass die Beschwerdeführerin zwischen September und Dezember 2015 vorwiegend im Ausland und insbesondere mehrfach und jeweils für längere Zeitspannen, v.a. im Oktober, November und Dezember 2015, in Lettland verweilte. Die Kartenbelastungen in Paris, Rom und London, aber auch in Zürich, von September und teilweise von Dezember 2015 sind mit der beruflichen Tätigkeit als international tätiges Model ohne weiteres vereinbar. Ebenso harmonieren die wenigen Belastungen in Luzern, Küssnacht am Rigi und in der Gemeinde X mit ihrer Darstellung, dass sie lediglich für Kurzaufenthalte, um ihren Ehemann zu besuchen, in der Schweiz bzw. in der Zentralschweiz verweilt habe. Erheblich für die Lokalisation des Lebensmittelpunkts ausserhalb der Schweiz, nämlich in ihrem Geburtsland und am Ort der elterlichen Familie spricht sodann bei der damals lediglich 24-jährigen Beschwerdeführerin, dass im Zeitraum von ungefähr 13 Wochen achtmal der Friseur in Riga bezahlt werden musste. Anders gesagt, wäre bei einer tatsächlichen Verlegung des Lebensmittelpunkts in die Schweiz anzunehmen gewesen, dass Coiffeur ebenso wie z.B. Zahnpflege oder Hausarzt dort frequentiert werden, wo auch die andere Bedürfnisse des täglichen Bedarfs befriedigt werden. Hiergegen mag eingewendet werden, dass die guten wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin ihr erlaubt hätten, sich für solche Zwecke von der Gemeinde X aus ins Ausland zu begeben. Im Fall der Beschwerdeführerin ist das in der überblickbaren Zeitspanne indessen nicht dokumentiert, sind die doch mit den Kartenbelastungen umfassten Aufenthalte jeweils von einer Dauer, welche diejenigen, die mit Aufenthalten in der Schweiz (Gemeinde X) vereinbar sind, erheblich übersteigen. Hierin gehört, dass nach den Kartenbelastungen die Beschwerdeführerin nach ihren mutmasslichen Einsätzen als Model jeweils für länger an den Ort der elterlichen Familie zurückkehrte und nicht den ehelichen Wohnort in der Gemeinde X aufsuchte.
Wenn auch mit der Heirat in der Schweiz und der hier bekundeten Absicht, mit dem Ehemann in der Gemeinde X leben zu wollen, gewiss eine für die Lokalisation des Lebensmittelpunkts richtungsweisende Wende im Leben der Beschwerdeführerin eingetreten war, kam die damit verbundene Kristallisationswirkung für die wesentlichen Beziehungen zu der Gemeinde X in der Zeit bis Anfang 2016 effektiv (noch) nicht zum Tragen: Vielmehr überwog die Verweildauer im Ausland diejenige in der Schweiz erheblich. Dass dabei der Abschluss des Studiums die Verlagerung des Lebensmittelpunkts in die Schweiz verzögerte, vermag sich mangels vorgängiger effektiver Wohnsitznahme in der Gemeinde X nicht als bloss zeitweise Verlagerung darzustellen; vielmehr erscheint bei der noch sehr jungen Beschwerdeführerin die Studienzeit als eigentliche Fortsetzung der nach wie vor starken persönlichen und familiären Kontakte zum Familienort der Eltern. Das Gewicht der Beziehung zum auch den Migrationsbehörden gegenüber in Aussicht genommenen, gemeinsamen Ort der Eheleute in der Gemeinde X vermag das bis zum Studienabschluss bestehende Schwergewicht der Beziehungen im Ausland nicht zu übertreffen.
Was dieses Beweisergebnis betrifft, vermögen die Vorbringen des Strassenverkehrsamts daran nichts zu ändern. Insbesondere ist die Frage, ob die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz bereits Anfangs Januar 2016 oder erst nach Ausstellung ihres Universitätsdiploms am 12. Februar 2016 in die Schweiz verlegte, für das Gesuch nicht ausschlaggebend, geht es doch vorliegend um die Bestimmung des zivilrechtlichen Wohnsitzes zum Zeitpunkt des Erwerbs ihres lettischen Führerausweises am 15. Dezember 2015. Überdies stützt sich die Vorinstanz bei ihrer Begründung hauptsächlich auf die Darstellung der Beschwerdeführerin im Verfahren der Migrationsbehörden und schliesst daran wiederum ausländerrechtliche Überlegungen. Dabei scheint die Vorinstanz zu verkennen, dass vorliegend allein das Gesuch der Beschwerdeführerin um Umtausch des lettischen Führerausweises in einen schweizerischen zu beurteilen ist. Ihre Vorbringen im Verfahren der Migrationsbehörden sind hierfür lediglich in tatsächlicher Hinsicht von Bedeutung, nicht aber mit Bezug auf die Rechtsfolge. Anders gewendet geht es vorliegend einzig um die Bestimmung des Lebensmittelpunkts der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt des Erwerbs ihres ausländischen Führerausweises. Dass ihre Angaben im ausländerrechtlichen Verfahren im Widerspruch zu ihren aktuellen Behauptungen sind, ist im Rahmen der Würdigung von Depositionen und Aktenlage zu beachten. Zwar trifft zu, dass sich aus einer Aufenthaltsbewilligung, die infolge Familiennachzug erworben wird, zumindest ein gewichtiger Hinweis auf das Vorliegen eines Wohnsitzes in der Schweiz ableiten lässt. Gleichwohl ist ein anderes Ergebnis in Bezug auf den Wohnsitz im administrativrechtlichen Verfahren nicht von vornherein ausgeschlossen, wenn die Gesuchstellerin den erforderlichen Beweis zu erbringen vermag (vgl. vorne E. 4.2). Hinweise für die Qualifikation des zivilrechtlichen Wohnsitzes vermöchte auch eine Bewilligung nach Art. 49 AuG zu geben. Deren Voraussetzungen wurden hier im ausländerrechtlichen Bewilligungsverfahren aber nicht geprüft. Ob dies nachzuholen ist, hat das hierfür zuständige Amt für Migration zu entscheiden. Für das administrativrechtliche Verfahren ist die Frage des zivilrechtlichen Wohnsitzes unter Einbezug aller bekannten Umstände (also auch unter Berücksichtigung der Vorbringen der Beschwerdeführerin im ausländerrechtlichen Bewilligungsverfahren) und nach Massgabe der Verhältnisse im Zeitpunkt des Urteils des Kantonsgericht gemäss den dargelegten Grundsätzen zu beantworten. Damit kann mangels Massgeblichkeit für das Administrativverfahren offen bleiben, ob der Abschluss des Universitätsstudiums bzw. die beruflichen Verpflichtungen eine Ausnahme für ein Zusammenwohnen nach Art. 49 AuG bilden. Insoweit sich die Vorinstanz für die Bestimmung des zivilrechtlichen Wohnsitzes auf das Anmeldedatum des ausländerrechtlichen Verfahrens stützt, kann ihr somit nicht gefolgt werden.
Aufgrund dieser Feststellungen und Erwägungen ist nicht von einer Umgehung der schweizerischen Zuständigkeit auszugehen, weshalb die Verweigerung der Umschreibung sowie die Aberkennung des ausländischen Führerausweises zu Unrecht erfolgten. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist gutzuheissen. Ihr lettischer Führerausweis ist in der Schweiz anzuerkennen. Da die Inhaber eines lettischen Führerausweises von der Kontrollfahrt gemäss Art. 44 Abs. 1 VZV befreit sind (vgl. Länderliste betreffend Ausnahme von der Kontrollfahrt, Anhang 2 zum Kreisschreiben ASTRA vom 1.10.2013), ist sie zum Erwerb eines schweizerischen Ausweises ohne neue Prüfung berechtigt. Der Entscheid des Strassenverkehrsamts vom 24. Mai 2017 ist aufzuheben und dem Gesuch um Erteilung eines schweizerischen Führerausweises der entsprechenden Kategorie stattzugeben. Es wird Aufgabe des Strassenverkehrsamts sein, nach Eintritt der Rechtskraft diese entsprechend zu verfügen. |