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Rechtsprechung Luzern


Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:4. Abteilung
Rechtsgebiet:Grundstückgewinnsteuer
Entscheiddatum:29.11.2017
Fallnummer:7W 13 7
LGVE:2018 IV Nr. 2
Gesetzesartikel:§ 25 Abs. 2 StG, § 25 Abs. 4 StG; § 1 GGStG.
Leitsatz:Besteuerung des Gewinns beim Verkauf landwirtschaftlicher Grundstücke in der Bauzone. Keine Anwendung des Rückwirkungsverbot bei Praxisänderungen (E. 3). Eine Praxis kann ausnahmsweise eine Vertrauensgrundlage bilden, begründet den Vertrauensschutz aber nur bei Vertrauensbetätigung (E. 4.2).

Formulare und Akonto-Rechnungen nach freiwilligen Zahlungen des Steuerpflichtigen sind keine vertrauensbegründenden Auskünfte oder gar Zusicherungen (E. 4.4). Keine Verletzung des Willkür- und des Rechtsgleichheitsgebots durch konsequente Besteuerung nach der Praxisänderung (E. 4.5).

Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Entscheid:

Die Gemeinde Z (Beschwerdegegnerin 1) veranlagte gegenüber dem Beschwerdegegner 2 eine Grundstückgewinnsteuer, nachdem letzterer in den Jahren 2009 bis 2011 mehrere landwirtschaftliche Grundstücke veräussert hatte. Hiergegen erhob der Regierungsstatthalter (dessen Aufgaben nach der Aufhebung der Institution heute die Dienststelle Steuern wahrnimmt) Einsprache, mit der Begründung, dass die Veräusserungsgewinne aufgrund des Bundesgerichtsentscheids vom 2. Dezember 2011 (BGE 138 II 32) als Einkommen zu besteuern seien. Gegen den abschlägigen Einspracheentscheid der Gemeinde A erhob die Aufsichtsbehörde beim Kantonsgericht Luzern Verwaltungsgerichtsbeschwerde.


Aus den Erwägungen:


1.

Das Luzerner Steuerrecht folgt im Grundsatz dem dualistischen System der Grundstückgewinnbesteuerung: Der Grundstückgewinnsteuer unterliegen Gewinne aus Veräusserung von Grundstücken oder von Anteilen an solchen; ausgenommen sind Gewinne aus Veräusserung von Geschäftsvermögen, die der Einkommens- oder Gewinnsteuer unterliegen. Der Grundstückgewinnsteuer unterliegen ferner Gewinne aus der Veräusserung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke durch natürliche Personen (§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 Ziff. 1 des Gesetzes über die Grundstückgewinnsteuer [GGStG; SRL Nr. 647]).


1.1.

Gemäss § 25 Abs. 2 und 4 des Steuergesetzes (StG; SRL Nr. 620) zählen zu den Einkünften aus selbständiger Erwerbstätigkeit auch alle Kapitalgewinne aus Veräusserung, Verwertung oder buchmässiger Aufwertung von Geschäftsvermögen. Entfallen solche Kapitalgewinne auf land- und forstwirtschaftliche Grundstücke, sind sie im Umfang der Differenz zwischen dem massgeblichen Einkommenssteuerwert und den Anlagekosten steuerbar. M.a.W. unterliegen die Kapitalgewinne, soweit sie die Anlagekosten übersteigen, der Grundstückgewinnsteuer. Diese Bestimmungen fügen sich ohne Weiteres in den bundesrechtlichen Rahmen von Art. 8 Abs. 1 bzw. Art. 12 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG; SR 642.14) ein und haben ihre Entsprechung in Art. 18 Abs. 2 und 4 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11).


1.2.

§ 25 Abs. 4 StG ist wie Art. 18 Abs. 4 DBG keine Besteuerungsgrundlage, sondern hat nur eine Begrenzungsfunktion. Kapitalgewinne auf land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken sind deshalb nicht nach Abs. 4, sondern nach Abs. 2 der genannten Bestimmungen der Einkommenssteuer unterworfen.


1.3.

Was unter dem Begriff "land- und forstwirtschaftliche Grundstücke" zu verstehen ist, wurde nach langjähriger Praxis grundsätzlich danach beurteilt, ob das Grundstück vor dem Verkauf land- oder forstwirtschaftlich bewirtschaftet wurde. Der Verkauf von sog. Baulandreserven, welche vorgängig land- oder forstwirtschaftlicher Bewirtschaftung unterlagen, wurde somit von der steuerlichen Privilegierung erfasst (vgl. Ziff. 1.2 in der Botschaft zum Bundesgesetz über die Besteuerung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke vom 11.3.2016, in: BBl 2016 S. 1826).


Mit BGer-Urteil 2C_539/2010 vom 15. Dezember 2010 und BGer-Urteil 2C_11/2011 vom 2. Dezember 2011 (publiziert als BGE 138 II 32) präzisierte das Bundesgericht den steuerrechtlichen Begriff des "land- und forstwirtschaftlichen Grundstückes". Von einem steuerrechtlich privilegierten Grundstück kann demnach gesprochen werden, wenn die für die Anwendung des Bundesgesetzes über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB; SR 211.412.11) gültigen Voraussetzungen erfüllt sind. Das ist namentlich dann der Fall, wenn es sich um ein einzelnes oder zu einem landwirtschaftlichen Gewerbe gehörendes Grundstück handelt, das ausserhalb der Bauzone liegt und für welches die landwirtschaftliche Nutzung zulässig ist. Darüber hinaus gelten nach Massgabe des bäuerlichen Bodenrechts vier weitere Fälle als steuerrechtlich privilegierte Grundstücke: Namentlich sind dies Grundstücke mit landwirtschaftlichen Gebäuden und Anlagen, einschliesslich angemessenem Umschwung, die in der Bauzone liegen und zu einem landwirtschaftlichen Gewerbe gehören, Waldgrundstücke, die zu einem landwirtschaftlichen Gewerbe gehören, Grundstücke, die teilweise innerhalb einer Bauzone liegen, solange sie nicht entsprechend den Nutzungszonen aufgeteilt sind und schliesslich Grundstücke mit gemischter Nutzung, die nicht in einen landwirtschaftlichen und einen nichtlandwirtschaftlichen Teil aufgeteilt sind. Für ein unüberbautes und vollumfänglich in der Bauzone gelegenes Grundstück, welches nicht zu einem angemessenem Umschwung eines Grundstücks mit landwirtschaftlichen Gebäuden und Anlagen gehört, kommt gemäss Bundesgericht die privilegierte Ausnahmeregelung nicht zur Anwendung. Die fehlende Überbauung schliesst diesfalls die steuerrechtliche Privilegierung von vornherein aus, ohne dass überhaupt noch zu prüfen wäre, ob das Grundstück landwirtschaftlich genutzt wird und zu einem landwirtschaftlichen Gewerbe gehört. Der Veräusserung gleichgestellt ist die Überführung vom Geschäfts- in das Privatvermögen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Definition eines nichtlandwirtschaftlichen Grundstücks sehr eng ist und v.a. innerhalb der Bauzone gelegene unüberbaute Grundstücke, die nicht zum angemessenen Umschwung eines landwirtschaftlichen Gewerbes gehören, betrifft. Letzterenfalls muss der Veräusserungsgewinn für dieses Grundstück vollumfänglich abgerechnet werden (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkomm. zum DBG, 3. Aufl. 2016, Art. 18 DBG N 163).


1.4.

Im vorliegenden Fall sind sich der beschwerdeführende Kanton Luzern und die Beschwerdegegnerin 1 einig, dass die Wertzuwachsgewinne aus den streitbetroffenen Grundstücksveräusserungen grundsätzlich nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit der Einkommenssteuer erfasst werden müssen. Dementsprechend hiess der Gemeinderat die Einsprache des Regierungsstatthalters gegen die Veranlagung 2012/08 betreffend die Grundstückgewinnsteuer (Veräusserung vom 27.12.2011) gut. Diese Rechtsauffassung wird offenbar auch vom Beschwerdegegner 2 geteilt, der den Einspracheentscheid betreffend die Veranlagung 2012/08 nicht selbständig anfechten liess, und die Anwendbarkeit der aktuellen bundesgerichtlichen Praxis auf den vorliegenden Sachverhalt im Grundsatz nicht bestreitet. Allerdings binden diese Rechtsauffassungen der Parteien das Gericht nicht; vielmehr hat es das Recht von Amts wegen anzuwenden (vgl. § 37 Abs. 2 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege [VRG; SRL Nr. 40]).


1.5.

Der Beschwerdegegner 2 veräusserte die Grundstücke Nrn. a–o, GB Z, an verschiedene Käufer, die unbebaute Grundstücke in der Bauzone erwarben. Vor der Mutation, aufgrund derer die im vorliegenden Verfahren betroffenen Grundstücke parzelliert worden waren, gehörte die gesamte Fläche zum landwirtschaftlichen Betrieb Y im Geschäftsvermögen des Beschwerdegegners 2. Nach der Veranlagungspraxis, wie sie vor dem Bundesgerichtsurteil vom 2. Dezember 2011 galt, unterlagen die Gewinne aus der Veräusserung dieser Grundstücke, welche vorher landwirtschaftlich genutzt worden waren, mit Ausnahme der wiedereingebrachten Abschreibungen, der Grundstückgewinnsteuer (vgl. E. 1.2, dritter Absatz). Da es sich um unüberbaute Grundstücke innerhalb der Bauzone handelt, welche nicht zum angemessenen Umschwung eines Grundstücks mit landwirtschaftlichen Gebäuden oder Anlagen gehören, und auch keine anderen Anwendungsfälle, welche den Schutzbereich des bäuerlichen Bodenrechts konturieren (Art. 2 Abs. 2 BGBB), gegeben sind, fallen sie nicht in dessen Anwendungsbereich, sodass der Gewinn aus dem Verkauf der Grundstücke zufolge der Präzisierung, wie sie mit dem Bundesgerichtsurteil vom 2. Dezember 2011 erfolgte, als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit steuerbar ist (vgl. BGE 138 II 32 E. 2.3.2; ferner die Ausführungen in E. 1.2). Damit geht einher, dass sowohl Staats- und Gemeindesteuern sowie die direkte Bundessteuer anfallen und AHV-Beiträge zu entrichten sind, sodass die Belastung mit öffentlich-rechtlichen Abgaben erheblich höher ausfällt.


Zusammenfassend ist festzuhalten, dass für die vorliegenden Grundstückveräusserungen unter dem Regime der früheren Veranlagungspraxis in der Regel eine erheblich günstigere Besteuerung resultiert, als dies nach der aktuellen, aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichts angepassten Veranlagungspraxis der Fall wäre.


2.

Die Beschwerdegegner verfechten im Wesentlichen, dass die streitbetroffenen Wertzuwachsgewinne nach Massgabe der bisherigen Veranlagungspraxis im Sinn von § 1 GGStG der Grundstückgewinnsteuer zu unterwerfen seien, weil der Beschwerdegegner 2 sich auf den Vertrauensgrundsatz betreffend behördliche Auskünfte, auf das Rückwirkungsverbot, das Willkürverbot und das Rechtsgleichheitsgebot berufen könne, sodass das Interesse an der Anwendung des geltenden Rechts im vorliegenden Fall zurücktreten müsse.


2.1.

Die Beschwerdegegnerin 1 vertritt die Ansicht, dass die Anwendung der sich auf BGE 138 II 32 stützenden aktuellen Veranlagungspraxis das Gebot von Treu und Glauben verletzen würde. Es sei davon auszugehen, dass der Eigentümer gestützt auf die frühere Praxis Dispositionen getroffen habe. Es wäre ihm in Kenntnis der Praxisänderung möglich gewesen, legale Steueroptimierung zu betreiben. Konkret sei davon auszugehen, dass der Beschwerdegegner 2 im Bereich der Sozialversicherungen, die Geltendmachung von Ersatzinvestitionen oder die Liquidation nach Art. 37b DBG und der Verordnung über die Besteuerung der Liquidationsgewinne bei definitiver Aufgabe der selbstständigen Erwerbstätigkeit (LGBV; SR 642.114) hätte prüfen können. Die optimalen Dispositionen bei einer Einkommensbesteuerung würden erheblich von jenen bei einer Grundstücksgewinnbesteuerung abweichen können. Die Dienststelle Steuern habe überdies nicht kommuniziert, dass alte Fälle nach neuem Recht zu beurteilen seien. Vielmehr habe man im Steuerseminar im September 2012 mitgeteilt, dass die Umsetzung der neuen Bundesgerichtsrechtsprechung nur für Handänderungen nach dem 1. Januar 2012 erfolgen werde.


2.2.

Der Beschwerdegegner 2 lässt ausführen, dass er darauf vertrauen durfte, nach der früheren Praxis besteuert zu werden. Zum einen seien ihm die Formulare für die Grundstückgewinnsteuer und die Akontorechnungen in der zu erwartenden Höhe der Grundstückgewinnsteuer zugestellt worden. Zum anderen habe eine klare, gefestigte und völlig unbestrittene Veranlagungspraxis seit Jahren bestanden. Schon allein deswegen sei das Einholen eines Steuerrulings nicht in Betracht zu ziehen gewesen. Im Einzelnen lässt der Beschwerdegegner 2 ausführen, weshalb die Voraussetzungen für die Anwendungen des Vertrauensschutzes seines Erachtens erfüllt seien. Überdies habe der Beschwerdegegner 2 überaus moderate Verkaufspreise verlangt, was er nicht getan haben würde, wenn er von einer Einkommensbesteuerung ausgegangen wäre.


Erst mit der neuen Weisung vom 28. Januar 2013 habe man die neue Praxis rückwirkend für anwendbar erklärt. Nach Bekanntwerden des Urteils habe die Dienststelle Steuern in den damals geltenden Weisungen festgehalten, dass die bisherige Praxis für Rechtsgeschäfte mit Vertragsdatum bis 31. Dezember 2011 angewendet würde. Die Praxisänderung habe eine vergleichbare Auswirkung wie eine eigentliche Gesetzesänderung, aber im Gegensatz zu einer Gesetzesänderung habe sich der Beschwerdegegner nicht auf die Folgen vorbereiten können. Abgesehen davon sei die Praxisänderung wesentlich, da sie zu einer massiv höheren Belastung des Steuerpflichtigen führe. Es liege eine echte Rückwirkung vor. Praxisänderungen mit vergleichbaren Auswirkungen wie eine eigentliche Gesetzesänderung unterlägen jedoch dem Rückwirkungsverbot.


Schliesslich verstosse es gegen das Gebot der Rechtsgleichheit und das Willkürverbot, wenn darauf abgestellt werde, ob eine Veranlagung noch offen sei oder nicht, weil es von sachfremden Zufälligkeiten abhänge, ob eine Steuerveranlagung vor oder nach der Praxisänderung durchgeführt worden sei.


3.

Wird eine Praxis wie im vorliegenden Fall geändert, indem eine konstante Auslegung neu konturiert wird, steht für die Steuerpflichtigen die Rechtssicherheit infrage. Der Grundsatz der Rechtssicherheit ist Ausdruck der Rechtsstaatlichkeit und wird aus Art. 5 Abs. 3 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV; SR 101) abgeleitet. Das Rechtssicherheitsprinzip zielt auf Bestimmtheit, Voraussehbarkeit, Stabilität und Kontinuität des Rechts. Es ist bei Rechtssetzung und bei Rechtsanwendung zu beachten (vgl. Reich, Steuerrecht, 2. Aufl. 2012, § 4 N 104). Der im Rechtssicherheitsprinzip innewohnende Kontinuitätsgedanke verbietet beliebige Änderungen von Steuergesetzen. Der Steuerpflichtige hat Anspruch auf hinreichende Steuerplanungssicherheit, aber der Anpassung der gesetzlichen Grundlagen an veränderte Verhältnisse und Bedürfnisse steht auch dieses Verfassungsprinzip nicht entgegen (Reich, a.a.O., § 4 N 108).


3.1.

Aus den in der Bundesverfassung verankerten Grundsätzen der Rechtssicherheit (Art. 5 BV), der Rechtsgleichheit (Art. 8 Abs. 1 BV) sowie Treu und Glauben (Art. 9 BV) wird ein Rückwirkungsverbot bei sog. echten Rückwirkungen bei belastenden Gesetzesänderungen abgeleitet. Danach darf neues Recht grundsätzlich nicht auf einen Sachverhalt angewendet werden, der sich abschliessend vor Inkrafttreten dieses Rechts verwirklicht hat (Urteil des Verwaltungsgerichts Glarus vom 24.4.2013, in: StE 2013 A 21.17 Nr. 1, E. 4a; Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl. 2016, N 268; Tschannen/Zimmerli/Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2014, § 24 N 23; vgl. auch Tschentscher, Basler Komm., Basel 2015, Art. 9 BV N 15 ff., der das Rückwirkungsverbot als Anwendungsfall des Vertrauensschutzes behandelt). Im Steuerrecht kann von echter Rückwirkung nur dann gesprochen werden, wenn die Rechtsfolge der Steuerpflicht an Tatbestände anknüpft, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes liegen, die vor dem Inkrafttreten abgeschlossen sind. Diese echte Rückwirkung von Gesetzesänderungen ist grundsätzlich unzulässig (vgl. BGer-Urteil 2A.557/2001 vom 11.7.2002 E. 1.3 m.w.H.; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., Vorbemerkungen zum DBG N 36; Reich/Uttinger, Praxisänderungen im Lichte der Rechtssicherheit und der Rechtsrichtigkeit, in: ZSR 2010 S. 169). Ausnahmsweise kommt das Rückwirkungsverbot nicht zum Tragen, sofern die Rückwirkung ausdrücklich angeordnet oder nach dem Sinn des Erlasses klar gewollt ist, zeitlich mässig und durch triftige, beachtenswerte Gründe gerechtfertigt ist, keine stossende Rechtsungleichheit bewirkt und keinen Eingriff in wohlerworbene Rechte darstellt (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., Vorbemerkungen zum DBG N 37).


Das Rückwirkungsverbot richtet sich gegen die Anwendung neuer Gesetzesbestimmungen auf Sachverhalte, die – wie im vorliegenden Fall vor dem praxisrelevanten Urteil des Bundesgerichts vom 2. Dezember 2011 (BGE 138 II 32) – vor Inkrafttreten des Erlasses abgeschlossen waren. Es stellt sich daher die Frage, ob eine echte Rückwirkung auch bei Praxisänderungen unzulässig ist.


3.2.

3.2.1.

Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung muss eine Praxis geändert werden (vgl. BGer-Urteil vom 21.5.2003, StE 2003 B 22.2 Nr. 17 E. 3.2 m.H.), wenn die Behörde zur Einsicht gelangt, dass das Recht bisher unrichtig angewendet worden ist oder eine andere Rechtsanwendung dem Sinn des Gesetzes oder veränderten Verhältnissen besser entspricht. Die Änderung muss sich auf ernsthafte, sachliche Gründe stützen können, die umso gewichtiger sein müssen, je länger die bisherige Rechtsanwendung praktiziert worden ist. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist die Praxisänderung rechtsprechungsgemäss zulässig, obwohl sie zwangsläufig mit einer Ungleichbehandlung der früheren und neueren Fälle verbunden ist.


3.2.2.

Hinsichtlich der Wirkungen einer Praxisänderung folgt die bundesgerichtliche Rechtsprechung dem Legalitätsprinzip: Grundsätzlich sind Praxisänderungen auf alle Veranlagungen anwendbar, welche im Zeitpunkt der Änderung noch nicht in Rechtskraft erwachsen sind (vgl. Reich, a.a.O., § 4 N 114, m.H.), wie auch umgekehrt der Grundsatz gilt, dass spätere Praxisänderungen keinen Revisionsgrund für bereits in Rechtskraft erwachsene Verfügungen bilden (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., Vorbemerkungen zu Art. 109-121 DBG N 89). Das Bundesgericht hält daran fest, dass die Regeln für die Rückwirkung einer Praxisänderung und bei Rechtsänderungen unterschiedlich seien (BGE 123 V 25 E. 3a in fine, 119 Ib 103 E. 4). Die mit der Praxisänderung zwangsläufig verbundene Ungleichbehandlung ist unter dem Gesichtswinkel des Gebots der Rechtsgleichheit hinzunehmen und verlangt lediglich, dass die der alten und der neuen Praxis unterliegenden Fälle je gleich behandelt werden (BGE 112 Ia 193 E. 2b; BGer-Urteil 2A.320/2002 vom 2.6.2003 E. 3.4.3.7 f.; vgl. auch BVGer-Urteile D-5116/2006 vom 6.5.2009 E. 3.1.3, A-4785/2007 vom 23.2.2010 E. 2.4).


3.2.3.

In der Literatur wird – wenn auch mit unterschiedlichen Vorschlägen zur Gewährleistung der Rechtssicherheit – die rückwirkende Anwendung neuer Auslegungserkenntnisse kritisiert (Reich/Uttinger, a.a.O., S. 163 ff.; Weidmann, Das intertemporale Steuerrecht in der Rechtsprechung, in: ASA 2007/2008 S. 635 und S. 637 f.; Stampe, Die Praxisänderung im Steuerrecht, Zürich/Basel/Genf 2007, S. 21 f. m.w.H. sowie S. 26; Bärtschi, Die Voraussetzungen für Praxisänderungen im Steuerrecht, in: zsis 2007, Aufsätze Nr. 4, Ziff. 2.6.5.3). Reich/Uttinger zeigen auf, dass verfassungsrechtliche Prinzipien wie das Rechtsgleichheitsgebot, das Legalitätsprinzip, das Vertrauensschutzprinzip und das Rechtssicherheitsprinzip hinsichtlich dieser Frage, unterschiedliche Antworten liefern. Dabei habe das Legalitätsprinzip, das grundsätzlich für eine Rückwirkung bei Praxisänderungen spreche, da das Gesetz so ausnahmslos nach seinem als wahr erkannten Gehalt angewendet werde, nicht einfach Vorrang vor den anderen Verfassungsprinzipien. Vielmehr sei die neue Praxis so zur Anwendung zu bringen, dass die Erwartungshaltung des Steuerpflichtigen in die im Zeitpunkt der Sachverhaltsverwirklichung geltenden feste Praxis nicht enttäuscht werde (Reich/Uttinger, a.a.O., S. 169 f.). Bärtschi erwähnt in diesem Zusammenhang überdies, dass die sofortige Anwendung einer Praxisänderung mit einem "Überraschungseffekt" verbunden sein könne (Bärtschi, a.a.O., Ziff. 2.6.5.3). Die Gerichts- und Verwaltungspraxis sei zwar nicht in gleicher Weise demokratisch legitimiert wie die im Verfahren der Gesetzgebung zustande gekommenen Erlasse. Trotzdem komme ihr eine hohe praktische Bedeutung zu, da der Steuerpflichtige überall dort, wo die Steuergesetze keine klare Aussage enthielten, abkläre, wie die Steuerverwaltung und die Gerichte den entsprechend Inhalt des Gesetzes verstünden (Reich/Uttinger, a.a.O., S. 170). Da es sich funktional um Rechtsschöpfungsakte handle, müsse sich der Steuerpflichtige, der den Sachverhalt aufgrund einer festen Praxis gestaltet habe, im Lichte der Rechtssicherheit in gleicher Weise darauf verlassen können, dass er dieser Praxis entsprechend besteuert werde, wie wenn er die Sachverhaltsgestaltung auf eine klare formell-gesetzliche Grundlage abstütze. Nach Weidmann kommt der Praxis in der Realität des Rechtslebens eine gesetzessähnliche Funktion zu (Weidmann, a.a.O., S. 635). Dem Einwand, dass die Rechtssicherheit nicht über die Rechtsrichtigkeit gestellt werden dürfe, sei entgegenzuhalten, dass es überall dort, wo die formell-gesetzliche Grundlage nicht die erforderliche Bestimmtheit aufweise, keine immerwährende Rechtsrichtigkeit gebe. Je unbestimmter die formell-gesetzliche Grundlage und je klarer die feste Praxis seien, desto fragwürdiger erscheine das Argument des Legalitätsprinzips zur Stützung der Auffassung, Praxisänderungen seien auf alle zur Beurteilung stehenden Fälle zur Anwendung zu bringen (Reich/Uttinger, a.a.O., S. 175 u. 181). Praxisänderungen seien funktional Rechtsschöpfungsakte, so dass die für den Gesetzgeber entwickelten Schranken der Rückwirkung auch bei Praxisänderungen zu fordern seien (Reich, a.a.O., Rz. 116 m.H.; Reich/Uttinger, a.a.O., S. 176 u. 185; vgl. auch Weidmann, a.a.O., S. 637; Bärtschi, a.a.O., Ziff. 2.6.5.3).


Wenn auch durchaus für die Anwendbarkeit der Rückwirkungsschranken spricht, dass die Erwartungshaltung des Steuerpflichtigen in die im Zeitpunkt der Sachverhaltsverwirklichung geltende Rechtslage nicht enttäuscht werden soll, und einer Praxisänderung – im Gegensatz zu einer Rechtsänderung – ein gewisses Überraschungsmoment innewohnen kann, besteht doch ein fundamentaler Unterschied zwischen der im Rechtsstaat geforderten Stabilität der publizierten Gesetze und der darauf beruhenden, gerade nicht zum publizierten Normengefüge gehörigen Praxis. Anders gesagt, muss der Steuerpflichtige, um in seiner Erwartungshaltung überhaupt enttäuscht zu werden, die frühere Praxis kennen, was mangels Publizitätserfordernis nicht erwartet werden kann. Das ist beim Rückwirkungsverbot für formell-gesetzliche Erlasse nicht notwendig, weil es beim Rückwirkungsverbot im Kern nicht darum geht, Erwartungen zu erfüllen, sondern darum, dass das richtige Recht angewendet wird, und zwar unabhängig davon, wie es im Anwendungszeitpunkt ausgelegt wird. Zu Recht folgen deshalb die Auswirkungen von Praxisänderungen dem Legalitätsprinzip, so dass Schranken des Rückwirkungsverbots auf Gesetzesänderungen, nicht aber auf die vorliegend zu beurteilende Auswirkung der einschränkenden Auslegung einer bestehenden, stabilen und unveränderten Gesetzeslage anwendbar sind.


3.3.

Vor diesem Hintergrund liegt keine Verletzung des Rückwirkungsverbots vor.


4.

Die Frage, ob es verfassungsrechtlich geboten ist, bestimmte Erwartungshaltungen des Steuerpflichtigen nicht zu enttäuschen, stellt sich auch im Licht des Vertrauensschutzprinzips. Es ist deshalb zu prüfen, ob eine frühere Praxis als Vertrauensgrundlage herangezogen werden kann.


4.1.

Gemäss Art. 9 BV hat jede Person Anspruch darauf, von den staatlichen Organen nach Treu und Glauben behandelt zu werden. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes stellt die grundrechtliche Komponente dieses verfassungsmässigen Grundsatzes von Treu und Glauben dar. Der Grundsatz ist eng mit dem Rechtssicherheitsprinzip verbunden, schützt aber nicht das Vertrauen in die Stabilität und Kontinuität staatlichen Handelns, sondern das individuelle Vertrauen, das auf einer bestimmten, berechtigten Erwartungshaltung beruht (Reich, a.a.O., § 4 N 99 f., a.z.F.). Ein solch schützenswertes Vertrauen wird namentlich durch konkrete Äusserungen gegenüber einem bestimmten Adressaten geschaffen. Allerdings gilt grundsätzlich das Gesetz. Nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen vermag das Vertrauensschutzprinzip den Grundsatz der Gesetzmässigkeit zu verdrängen. Die allgemeinen Voraussetzungen dafür sind das Bestehen einer Vertrauensgrundlage, ferner die Vertrauensbetätigung, also dass der Bürger gestützt auf sein berechtigtes Vertrauen in die Vertrauensgrundlage Dispositionen getroffen oder unterlassen hat, weiter das Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zwischen Vertrauensgrundlage und Vertrauensbetätigung und schliesslich, dass die Abwägung zwischen dem Interesse am Vertrauensschutz und den entgegenstehenden öffentlichen Interessen zugunsten des Vertrauensschutzes ausfällt (vgl. Häfelin/Müller/Uhlmann, a.a.O., N 627 ff.; Tschannen/Zimmerli/Müller, a.a.O., § 22 N 10 ff.).


4.2.

Im Licht dieser Voraussetzungen stellt sich vorab die Frage, ob eine Praxis als Vertrauensgrundlage herangezogen werden kann. Vertrauensgrundlagen müssen ausreichend individualisiert erscheinen. Die Form des staatlichen Verhaltens ist dabei unwesentlich. Nicht nur Tathandlungen, Verfügungen und Verträge können Vertrauensgrundlage stiften, sondern auch (freilich seltener) eine Rechtsnorm oder eine stehende Gerichtspraxis (Tschannen/Zimmerli/Müller, a.a.O., § 22 N 11). Präjudizien können u.U. eine Grundlage des Vertrauensschutzes bilden. Abgesehen von der ausnahmsweise als Vertrauenslage heranzuziehenden Gerichtspraxis, fragt sich, ob eine (behördliche) Praxis allgemein als Vertrauensgrundlage dienen kann. Für Verfahrensfragen wird dies in der Rechtsprechung bejaht, hingegen wird abgelehnt, dass eine Praxis in Anwendung des materiellen Rechts als Vertrauensgrundlage dienen kann (BGE 135 II 78 E. 3.2, 111 V 161 E. 5b, 103 Ib 197 E. 4; BGer-Urteile 1P.705/2004 vom 7.4.2005 E. 3.3, 4A_466/2007 vom 23.1.2008 E. 3.4; vgl. dazu Häfelin/Müller/Uhlmann, a.a.O., N 595 u. 638; Tschannen/Zimmerli/Müller, a.a.O., § 23 N 16). In der Lehre wird u.a. die Ansicht vertreten, dass der Vertrauensschutz auch auf Praxisänderungen im Zusammenhang mit materiell-rechtlichen Vorschriften auszudehnen ist, vorausgesetzt der betroffene Bürger kenne die alte Praxis. Gerechtfertigt sei die Anrufung des Vertrauensgrundsatzes vor allem dort, wo eine langjährige, gefestigte, unangefochtene – womöglich sogar mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung vollständig in Einklang stehende – Praxis unvermittelt umgewandelt werde. Denn diesfalls müsse mit einer abrupten Änderung nicht gerechnet werden und es wäre stossend, einem Bürger bzw. Steuerpflichtigen die Berufung auf den Grundsatz von Treu und Glauben allein deshalb zu verweigern, weil er keine individuell-konkrete Auskunft bzw. Zusicherung oder ein entsprechendes einschlägiges Präjudiz vorweisen könne (Bärtschi, a.a.O., Ziff. 2.5.2.1; Weber-Dürler, Neuere Entwicklungen des Vertrauensschutz, in: ZBl 2002 S. 305; Stampe, a.a.O., S. 21 f. m.w.H. sowie S. 30). Im Unterschied zum Rückwirkungsverbot bei Praxisänderungen (vgl. E. 3.2.3) findet die alte Praxis, wenn das Vertrauen in deren Bestand ausnahmsweise der gesetzmässigen Rechtsanwendung vorgeht, nicht auf alle vor der Praxisänderung abgeschlossenen Sachverhalte Anwendung, sondern nur auf jene, bei denen, der Steuerpflichtige Dispositionen im Vertrauen auf diese Praxis getroffen hat (Reich/Uttinger, a.a.O., S. 177 f.).


4.3.

4.3.1.

Es ist verwaltungs- und gerichtsnotorisch, dass der Wertzuwachsgewinn bei der Veräusserung unbebauter landwirtschaftlicher Grundstücke in der Bauzone im Kanton Luzern vor der Praxisänderung der Dienststelle Steuern, die auf dem Entscheid des Bundesgerichts vom 2. Dezember 2011 (BGE 138 II 32) gründet, (bis auf die wiedereingebrachten Abschreibungen) über die Grundstückgewinnsteuer besteuert wurde. Es bestand für den Kanton Luzern eine gefestigte, konstante Praxis in Anwendung von § 25 Abs. 4 StG und § 1 Abs. 2 Ziff. 1 GGStG. Indem die kommunale Veranlagungsbehörde dem Beschwerdegegner 2 jeweils die Formulare für die Grundstückgewinnsteuerveranlagung zukommen liess, lebte sie dieser Praxis nach. Eine besondere Erwartungshaltung begründete sie indes damit nicht, denn der Entscheid, dass der Wertzuwachsgewinn mit der einen oder anderen Steuer, d.h. mit der allgemeinen Einkommenssteuer oder mit der Spezialeinkommenssteuer (Grundstückgewinnsteuer) erfasst würde, war damit noch offen, musste der (Veranlagungs-)Entscheid darüber doch erst nach – und mitunter aufgrund – der Steuerdeklaration getroffen werden. Zu bedenken ist ausserdem, dass das systematische und planmässige Vorgehen des Beschwerdegegners 2, der sein Land einzonen liess, eine eigentliche Kalkulation erstellte und Verkaufspreise festlegte, die erhebliche Anzahl von Liegenschaftsverkäufen, deren Frequenz namentlich im Jahr 2011 und die Art und Weise, wie er sein Grundeigentum zu mobilisieren wusste, durchaus auch Anlass für eine Prüfung der Qualifikation als gewerbsmässigen Liegenschaftenhandel gegeben hätten. Das aber hätte auch unter der bisherigen Veranlagungspraxis zur integralen Erfassung der Gewinne mit der Einkommenssteuer führen müssen.


Der Beschwerdegegner 2 macht – vereinfacht gesagt – geltend, er habe seine Grundstücke veräussert, im Vertrauen auf die Besteuerung nach der bisherigen Praxis. Damit wird die Disposition, nämlich der Verkauf der Liegenschaften, mit der Vertrauensgrundlage (bisherige Praxis) verknüpft. Eine andere Vertrauensgrundlage für die Verkäufe als Vertrauensbetätigung ist nicht ersichtlich; die ins Feld geführten hypothetischen Dispositionen zur Optimierung der Steuerfolgen, hätte der Beschwerdeführer die neue Praxis gekannt, können der Ermittlung des allfälligen Vertrauensschadens dienen. Indessen lässt sich dieser auch als Differenz zwischen den Steuerfolgen der bisherigen und der aktuellen Praxis beziffern. Da nun aber beachtliche Aspekte gegen eine vorbehaltlose Anwendung der früheren Praxis auf die 15 Liegenschaftsverkäufe sprechen, hätte er von vornherein nicht mit Sicherheit auf die Anwendung der früheren Besteuerungspraxis vertrauen dürfen und können; vielmehr bestand ein gewisser Klärungsbedarf im Veranlagungsverfahren, der je nachdem ohnehin zu denselben Folgen geführt hätte, wie sie nach der neuen Praxis greifen.


Stand somit beim Beschwerdeführer nicht bloss die Anwendung der bisherigen Praxis in Aussicht, sondern hätte die Steuerbehörde deren Anwendbarkeit im konkreten Fall noch prüfen müssen, fehlt es an einer ausreichenden Festlegung auf die bisherige Veranlagungspraxis für den Beschwerdegegner 2, sodass sie für ihn nicht als Vertrauensgrundlage dienen kann. Im Ergebnis nimmt deshalb die Dienststelle Steuern zu Recht den Standpunkt ein, dem Legalitätsprinzip komme Vorrang zu und die gesetzmässige Veranlagung müsse im vorliegenden Fall wie für alle noch nicht rechtskräftigen Veranlagungen erfolgen.


4.3.2.

Ebenso wenig verfängt die Behauptung der Beschwerdegegner, die verfügten Akontozahlungen hätten den steuerpflichtigen Beschwerdegegner 2 darauf vertrauen lassen dürfen, dass die Besteuerung nach Massgabe der bisherigen Praxis erfolgen würde.


Vorab ist festzuhalten, dass die angeblich vertrauensstiftenden Fakten nicht das Vertrauen in die tatbeständlichen Voraussetzungen der Besteuerung betreffen, sondern das Vertrauen in deren Folgen. Erfolgte der provisorische Bezug der Steuer als ob ein Grundstückgewinnsteuertatbestand erfüllt worden wäre, dann begründete dies gegebenenfalls Vertrauen in den Bestand des Bezugs, nicht aber in die Richtigkeit der noch offenen Veranlagung.


Zwar erfolgten die als provisorische Grundstückgewinnsteuerverfügungen gestalteten Akonto-Bezüge nach Massgabe der bisherigen Praxis, indessen kann aus den damit geregelten Steuerbezügen weder eine stabile Grundlage bezüglich der masslichen Steuerfolgen noch eine Festlegung der anwendbaren Besteuerungsgrundlagen gefolgert werden, zumal die Verfügungen in allen wesentlichen Punkten auf deren provisorischen Charakter hinwiesen. Kommt hinzu, dass die Akontozahlungsverfügungen nach freiwilligen Zahlungen des Beschwerdegegners 2 erfolgten. Dass er dabei in der mutmasslichen Annahme handelte, dass er nicht als Liegenschaftshändler qualifiziert und die bisherige Praxis Anwendung finden würde, kann nicht mit einer besonderen, für ihn vertrauensbildenden Qualität der Praxis begründet werden. Auch für die freiwilligen Zahlungen im Vorfeld der Akonto-Rechnungen konnte der Beschwerdegegner 2 sich mangels einer diesbezüglichen Verlautbarung der zuständigen Behörde nicht auf die Anwendung der Praxis verlassen, sondern lediglich auf deren Anwendung hoffen.


4.3.3.

Selbst wenn die Bezugshandlungen eine taugliche Vertrauensgrundlage gebildet hätten (was nach dem Gesagten aber nicht zutrifft), vermöchte diese Beurteilung dem ausnahmsweisen Vorrang des Vertrauensschutzes gegenüber dem Gesetzmässigkeitsprinzip nicht zum Durchbruch zu verhelfen. Aus den Akten geht nämlich hervor, dass der Beschwerdegegner 2 jeweils bereits zeitlich vor den Akonto-Zahlungsverfügungen freiwillige Zahlungen leistete. Diese erfolgten insofern aufs Geratewohl, als dass die rechtliche Beurteilung und damit die Zuordnung zur Grundstückgewinnsteuer oder zur allgemeinen Einkommenssteuer auf jeden Fall erst nach Massgabe der noch zu vervollständigenden Veranlagungsakten erfolgten. Die Akonto-Zahlungsverfügungen konnten deshalb von vornherein weder Vertrauen auf den Bezug einer Grundstückgewinnsteuer, noch Vertrauen in die Anwendung der früheren Veranlagungspraxis begründen, welches für die geleisteten Zahlungen kausal gewesen wäre.


4.4.

4.4.1.

Zu prüfen bleibt, ob der Beschwerdegegner 2 sich auf unrichtige Auskünfte oder Zusicherungen der zuständigen Behörde berufen könne. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben kann eine (selbst unrichtige) behördliche Auskunft, die dem Rechtsunterworfenen erteilt wird, unter gewissen Umständen Rechtswirkungen entfalten, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. dazu: BGE 137 II 182 E. 3.6.2 m.w.H.; Tschentscher, a.a.O., Art. 9 BV N 16; Häfelin/Müller/Uhlmann, a.a.O., N 667 ff.; Tschannen/Zimmerli/Müller, a.a.O., § 22 N 15). Auf jeden Fall wird vorausgesetzt, dass eine vorbehaltlose Auskunft oder gar Zusicherung erfolgte. Weder die zugestellten Formulare zur Ermittlung der Grundstückgewinnsteuer noch die Akonto-Rechnungen für die Grundstückgewinnsteuer, welche nach freiwilligen Zahlungen des Beschwerdegegners 2 ergingen, können jedoch als solche vertrauensbegründenden Auskünfte oder gar Zusicherungen gelten.


4.4.2.

Die Steuererklärung ist in erster Linie eine Wissenserklärung der steuerpflichtigen Person. Zwar erfolgt die Zustellung der Formulare durch die Veranlagungsbehörde, indessen hat der Steuerpflichtige eine Steuererklärung auch ohne persönliche Aufforderung einzureichen. In Grundstückgewinnsteuersachen trifft das namentlich dann regelmässig ein, wenn kein Grundbucheintrag erfolgt (§ 26 Abs. 2 GGStG). Die Steuererklärung ist lediglich insofern eine Willenserklärung, als sie einen Antrag auf Veranlagung enthält (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., Art. 124 DBG N 2). In der Regel stellt die Steuerbehörde gestützt auf die Steuererklärung den für die Besteuerung massgeblichen Sachverhalt fest und wendet das Recht von Amts wegen an. Die Formularzustellung stellt dabei noch keine rechtliche Beurteilung des Steuersachverhalts geschweige denn eine Verfügung dar, sondern erlaubt dem Steuerpflichtigen allein, seiner Deklarations- und Formularpflicht nachzukommen. Allein aus dem im Grundstückgewinnsteuerverfahren nach Massgabe des Grundbucheintrags zugesandten Formular kann deshalb weder eine Auskunft noch eine Zusicherung hergeleitet werden. Ebenso wenig sind die unter Korrektur der freiwilligen Zahlungen des Beschwerdegegners 2 erfolgten Rechnungsstellungen für Akontozahlungen geeignet, die künftige Qualifikation des Steuersachverhalts im Veranlagungsverfahren zu präjudizieren. Vielmehr dienen diese allein dazu die Zahlung der Steuer im Bezugsverfahren zu sichern.


4.5.

Der Beschwerdegegner 2 macht gegen die sofortige Anwendung der Praxisänderung geltend, die Anwendung der als richtig erkannten neuen Praxis auf alle noch nicht veranlagten Fälle, führe zu einer Verletzung der Rechtsgleichheit, hänge es doch von sachfremden Zufälligkeiten ab, ob eine Steuerveranlagung vor oder nach einer Praxisänderung getroffen werde. Die Anwendung der neuen Praxis erfolge zudem willkürlich, sodass sie das Willkürverbot verletze.


4.5.1.

Der Grundsatz der Rechtsgleichheit gemäss Art. 8 Abs. 1 BV verlangt, dass Gleiches nach Massgabe seiner Gleichheit gleich, und Ungleiches nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich behandelt wird. Es geht mithin um eine relative Gleichbehandlung (BGE 138 I 225 E. 3.6.1). Gemäss Art. 9 BV hat sodann jede Person Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür behandelt zu werden. Das Willkürverbot schützt den Bürger vor offensichtlich unhaltbaren Entscheiden. Im Gegensatz zum Gebot der rechtsgleichen Behandlung (vgl. hiernach) werden beim Willkürverbot nicht verschiedene Rechtsanwendungsakte miteinander verglichen, sondern es wird nur das Verhältnis zwischen dem angewandten Rechtssatz und dem betreffenden Anwendungsakt untersucht. Typischerweise liegt die Willkür beim Rechtsanwendungsakt darin, dass der Entscheid in offenem Widerspruch zur Rechtsnorm oder zum Sachverhalt steht (Häfelin/Müller/Uhlmann, a.a.O., N 605 ff.; Tschentscher, a.a.O., Art. 9 BV N 8). Wird eine Praxisänderung vorgenommen, weil – wie im vorliegenden Kontext – nach ernsthafter und gründlicher Abklärung erkannt wird, dass eine andere Auslegung einer Gesetzesbestimmung deren Inhalt besser wiedergibt als die bisherige Praxis, gebietet das Legalitätsprinzip, dass die Bestimmung unverzüglich richtig angewendet wird. Kann sich die Praxisänderung auf ernsthafte, sachliche und gewichtige Gründe stützen und erfolgt sie nicht im Sinn einer blossen momentanen Schwankung, sondern soll sie als zukünftig wegleitende Neuausrichtung für alle gleichartigen Fälle gelten, dann überwiegt das Interesse an der richtigen Rechtsanwendung dasjenige an der Rechtssicherheit, Rechtsgleichheit und dem Vertrauensschutz (vgl. Reich, a.a.O., § 4 N 113-115 m.H.).


4.5.2.

Zwar ist dem Beschwerdegegner 2 beizupflichten, wenn er rügt, dass es von Zufälligkeiten abhänge, ob eine Steuerveranlagung im Zeitpunkt der Praxisänderung bereits erfolgt sei oder nicht, aber der mit der Praxisänderung verursachte Konflikt mit dem verfassungsmässigen Gebot der Gleichbehandlung ist unvermeidbar und deshalb jedenfalls dann hinzunehmen, wenn die Behörde die Änderung der Gesetzesauslegung konsequent und ohne Schwanken umsetzt. Andernfalls bestünde u. U. ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht (vgl. Häfelin/Müller/Uhlmann, a.a.O., N 599). Indem die Dienststelle Steuern nach Bekanntwerden der Praxisänderung alle offenen Fälle nicht mehr mit der Grundstückgewinnsteuer veranlagte, sondern sistierte, bis die neue Praxis definitiv festgelegt wurde, traf sie die erforderlichen Vorkehren, um kantonsweit eine einheitliche Veranlagungspraxis für alle im Zeitpunkt des Bundesgerichtsentscheids noch offenen Veranlagungen durchzusetzen. Daran ändert nichts, dass die Dienststelle Steuern bis zum definitiven Umsetzungsentscheid vom 28. Januar 2013 im Jahr 2012 bekannt machte, die bisherige Praxis würde unter dem Vorbehalt einer abweichenden Praxisfestlegung der Eidgenössischen Steuerverwaltung noch auf Rechtsgeschäfte bis 31. Dezember 2011 angewendet. Diese Ankündigung führte weder zu Ungleichbehandlungen im Kreis der noch nicht veranlagten Veräusserungen noch zu willkürlicher Anwendung bei der Besteuerung der Gewinne aus der Veräusserung von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken, waren doch die offenen Veranlagungen bis zur endgültigen Festlegung der kantonalen Handhabung sistiert.


4.6.

Der Beschwerdeführer wendet schliesslich ein, das Bundesgericht habe mit BGE 138 II 38 lediglich kantonales Recht, konkret aargauisches Recht, angewendet. Zum Bundesrecht habe sich das Bundesgericht aber nicht geäussert. Wenn die Verwaltung nun das Luzerner Recht auf dem Weg der Praxisänderung mit dem Bundesrecht harmonisieren wolle, dann könne dies nur für die Zukunft erfolgen. Eine rückwirkende vertikale Harmonisierung sei ausgeschlossen. Deshalb dürfe, sollte die Beschwerde gegen die Grundstückgewinnsteuerveranlagung gutgeheissen werden, auf den vorliegenden Fall keine Einkommenssteuer gemäss Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer erhoben werden.


Die Beschwerde betrifft eine Praxisänderung, die auf einer neuen Auslegung dessen, was unter dem Begriff der land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke zu verstehen ist, mithin auf einer neuen Auslegung der gesetzlichen Bestimmung beruht. Sie beruht nicht auf einer neuen gesetzlichen Regelung, welche grundsätzlich nur für nicht in der Vergangenheit liegende Sachverhalte anwendbar ist. Wie bereits im Licht des Rückwirkungsverbots erwogen, ist eine neue bundesgerichtliche Auslegung einer unverändert in Kraft stehenden gesetzlichen Norm von den rechtsanwendenden Behörden grundsätzlich sofort auf alle im Zeitpunkt der Praxisänderung noch offenen Veranlagungen anwendbar. Da der Begriff des land- und forstwirtschaftlichen Grundstücks im kantonalen Recht und im Bundesrecht übereinstimmt (§ 25 Abs. 4 StG, Art. 18 Abs. 4 DBG), kommt es für die von den Behörden zu übernehmende neue Auslegung nicht darauf an, ob im vom Bundesgericht beurteilten Sachverhalt allein kantonales Recht betroffen war. Das gilt hier umso mehr, als das Bundesgericht ausdrücklich festhielt, dass die entsprechenden kantonalen Bestimmungen mit Art. 8 Abs. 1 bzw. Art. 12 Abs. 1 StHG sowie Art. 18 Abs. 2 und 4 DBG harmonierten (BGE 138 II 35 E. 2.1.1). Zu Recht weist der Beschwerdeführer zudem darauf hin, dass vorliegend allein die Grundstückgewinnsteuerveranlagungen Verfahrensgegenstand bildeten und die Einkommenssteuerfolgen für die direkte Bundessteuer erst noch im Veranlagungsverfahren festzusetzen sein werden.


5.

Wenn auch den Beschwerdegegnern zuzubilligen ist, dass die für das vorliegende Verfahren relevante Praxisänderung eine ähnliche Wirkung entfaltete wie eine rückwirkende Gesetzesänderung und durchaus Massnahmen denkbar gewesen wären, die dazu hätten beitragen können, den Grundsatz der Rechtssicherheit und – je nachdem im Einzelfall – denjenigen des Vertrauensschutzes zu gewährleisten, waren die Behörden dazu nicht verpflichtet. Aufgrund der Feststellungen und Erwägungen, greift die Schutzwirkung der Verfassungsgrundsätze gegen das Legalitätsprinzip im vorliegenden Fall nicht und dringt der Beschwerdeführer durch. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist demnach gutzuheissen.


6.

Der beschwerdeführende Kanton Luzern trägt keine amtlichen Kosten (§ 199 VRG).

Der Beschwerdeführer hat sich durch die Dienststelle Steuern vertreten lassen, sodass eine Parteientschädigung von vornherein entfällt (§ 201 Abs. 1 VRG).