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Rechtsprechung Luzern


Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:4. Abteilung
Rechtsgebiet:Staats- und Gemeindesteuern / direkte Bundessteuer
Entscheiddatum:20.12.2016
Fallnummer:7W 15 25
LGVE:
Gesetzesartikel:Art. 144 DBG.
Leitsatz:Verletzungen von verfassungs- und gesetzmässigen Verfahrensrechten im vorinstanzlichen Verfahren ist kostenmindernd Rechnung zu tragen.

Dem Kanton Luzern kommt im Beschwerdeverfahren vor Kantonsgericht zwar Parteistellung zu, jedoch belasten die kantonalen Instanzen den Kanton und seine Behörden nicht mit amtlichen Kosten (E. 6.1).

Bei der Parteientschädigung hat jene Partei für die Kosten des Verfahrens aufzukommen, welche sie verursacht hat. Diese Praxis gelangt namentlich bei der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zur Anwendung, wobei massgebend ist, dass der Partei Kosten entstehen, die ihr ohne die Verletzung des Gehörsanspruchs nicht entstanden wären (E. 6.2).

Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Das Bundesgericht wies eine von der ESTV und der Beschwerdeführerin erhobene Beschwerde mit Urteil vom 14. Juli 2017 ab (BGer-Urteile 2C_84/2017, 2C_130/2017).
Entscheid:

Aus den Erwägungen:


6.

6.1.

Gemäss dem auch im Nachsteuer- (Art. 153 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer [DBG; SR 642.11]) und Steuerstrafverfahren (Art. 182 Abs. 3 DBG) sinngemäss anwendbaren Art. 144 Abs. 1 DBG werden die Kosten des Verfahrens vor der kantonalen Steuerrekurskommission der unterliegenden Partei auferlegt; wird die Beschwerde teilweise gutgeheissen, so werden sie anteilmässig aufgeteilt. Die Kosten sind demnach nach dem Erfolgsprinzip grundsätzlich nach Massgabe des Unterliegens aufzuerlegen.


Im Nachsteuerverfahren obsiegt die Beschwerdeführerin mit dem Antrag betreffend die Nachsteuerveranlagung für die Steuerperioden 16.12.2002 - 31.12.2003, unterliegt jedoch zu 2/3 mit Bezug auf die Steuerperiode 01.01.2005 - 31.12.2005. Es sind ihr deshalb für das Nachsteuerverfahren Kosten im Umfang von 2/3 aufzuerlegen. Im Steuerstrafverfahren erfolgt ein antragsgemässer Freispruch betreffend die Steuerperiode vom 16.12.2002 - 31.12.2003. Hingegen bleibt es bei einer, wenn auch auf die Hälfte reduzierten Busse betreffend die Steuerperiode 01.01. - 31.12.2005. Nach dem Unterliegerprinzip wären ihr im Steuerstrafbeschwerdeverfahren grundsätzlich die Kosten zur Hälfte zu überbinden. Indessen muss der Verletzung der verfassungs- und gesetzmässigen Verfahrensrechte im vorinstanzlichen Verfahren kostenmindernd Rechnung getragen werden. Der allgemeine Rechtsgrundsatz, wonach jene Partei für die Kosten des Verfahrens aufzukommen hat, welche sie bewirkt hat, gelangt auch bei der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft [BV; SR 101]) zur Anwendung, sodass eine Überbindung von Verfahrenskosten im auf den auf das Steuerstrafbeschwerdeverfahren entfallenden Anteil unterbleiben muss (Art. 144 Abs. 3 DBG; vgl. § 200 Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege [VRG; SRL Nr. 40]).


Das führt zu einem der Beschwerdeführerin zu überbindenden Kostenanteil von 1/3 der amtlichen Kosten. Dem aussergewöhnlichen Aufwand im gerichtlichen Verfahren ist durch entsprechende Erhöhung des pauschal bemessenen Ansatzes der amtlichen Kosten Rechnung zu tragen.


Dem Kanton Luzern, handelnd durch die Vorinstanz, kommt im Beschwerdeverfahren vor Kantonsgericht zwar Parteistellung zu (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkomm. zum DBG, 3. Aufl. 2016, Vorbem. zu Art. 140-146 DBG N 2). Gemäss § 199 Abs. 1 VRG belasten die kantonalen Instanzen den Kanton und seine Behörden jedoch mit keinen amtlichen Kosten.


6.2.

Im Verfahren der direkten Bundessteuer kann die Beschwerdeinstanz der ganz oder teilweise obsiegenden Partei von Amts wegen oder auf Begehren eine Entschädigung für ihr erwachsene notwendige und verhältnismässig hohe Kosten zusprechen (Art. 144 Abs. 4 DBG in Verbindung mit Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 [VwVG; SR 172.021]). Gemäss § 31 Abs. 3 der Verordnung über die Kosten in Zivil-, Straf- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren (JusKV; SRL Nr. 265) beträgt das Honorar Fr. 100.-- bis Fr. 20'000.--. Innerhalb des vorgegebenen Rahmens bemisst es sich nach Umfang, Bedeutung und Schwierigkeit der Streitsache, nach der Art der Vertretung sowie nach dem sachlich gebotenen Zeitaufwand für die Verfahrensführung (§ 2 Abs. 1 der der Verordnung über die Kosten in Zivil-, Straf- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren [JusKV; SRL Nr. 265]). Bei besonderen Umständen kann die Gebühr ohne Bindung an den vorgegebenen Rahmen erhöht werden, insbesondere bei ausserordentlichem Umfang, grosser Bedeutung oder besonderer Schwierigkeit der Streitsache (Abs. 3).


Auch bei der Parteientschädigung hat jene Partei für die Kosten des Verfahrens aufzukommen, welche sie bewirkt hat. Diese Praxis gelangt namentlich bei der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) zur Anwendung (vgl. EVG-Urteil C 313/01 vom 7.8.2002 E. 1d, nicht publ. in: BGE 128 V 311). Dabei ist massgebend, dass der Partei Kosten entstehen, die ihr ohne die Verletzung des Gehörsanspruchs nicht entstanden wären (BGE 133 I 234 E. 3).


Die aufgrund des teilweisen Obsiegens in beiden Verfahren geschuldete Entschädigung ist vorliegend massvoll zu erhöhen. Parteikostenfolgen entstanden im Steuerstrafverfahren nicht allein aufgrund der festgestellten Verletzung des Fairnessanspruchs und des Akteneinsichtsrechts, sondern aufgrund der weitgehend unterbliebenen Abklärung des subjektiven Tatbestands und des Verschuldens. Unter Berücksichtigung der übrigen Faktoren ist die angemessene Entschädigung für Parteikosten für das Nachsteuer- und Strafverfahren auf pauschal Fr. 7'000.-- (einschliesslich Auslagen und Mehrwertsteuer) festzusetzen.