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Rechtsprechung Luzern


Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:1. Abteilung
Rechtsgebiet:Zivilprozessrecht
Entscheiddatum:07.12.2017
Fallnummer:1C 17 35
LGVE:2017 I Nr. 24
Gesetzesartikel:Art. 229 Abs. 2 ZPO.
Leitsatz:Hat im vereinfachten Verfahren ein doppelter Schriftenwechsel stattgefunden, tritt – wie im ordentlichen Verfahren – der Aktenschluss ein.
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Entscheid:

Aus den Erwägungen:

3.
3.1.
Die Vorinstanz führte aus, die vom Kläger anlässlich der Hauptverhandlung neu aufgelegten Urkunden seien prozessual verspätet, da ein doppelter Rechtsschriftenwechsel durchgeführt worden sei und die Urkunden spätestens mit der Replik hätten aufgelegt werden können. Die Voraussetzungen für die ausnahmsweise Zulassung dieser Noven an der Hauptverhandlung seien daher nicht erfüllt.

3.2.
Der Kläger rügt sinngemäss, dass diese Urkunden zu Unrecht nicht zugelassen worden seien. Die Beklagte erachtet den Standpunkt der Vorinstanz als korrekt.

3.3.
Nach Art. 229 Abs. 2 der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO; SR 272) können neue Tatsachen und Beweismittel zu Beginn der Hauptverhandlung unbeschränkt vorgebracht werden, falls weder ein zweiter Schriftenwechsel noch eine Instruktionsverhandlung stattgefunden haben. Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung soll durch den im Zug der Differenzbereinigung zwischen den Räten eingefügten Art. 229 Abs. 2 ZPO sichergestellt werden, dass sich jede Partei grundsätzlich zweimal unbeschränkt äussern kann, entweder im Rahmen eines doppelten Schriftenwechsels oder eines einfachen Schriftenwechsels mit anschliessender Instruktionsverhandlung oder eines einfachen Schriftenwechsels im Rahmen der ersten Parteivorträge an der Hauptverhandlung. Nach einem zweifachen Schriftenwechsel tritt der Aktenschluss ein. Neue Tatsachen und Beweismittel können danach nur noch nach den Voraussetzungen von Art. 229 Abs. 1 ZPO in den Prozess eingebracht werden (BGE 140 III 312 E. 6.3.2.3; BGer-Urteil 5A_767/2015 vom 28.3.2017 E. 3.3.1).

Der doppelte Rechtsschriftwechsel ist zwar auf das ordentliche Verfahren gemäss Art. 219 ff. ZPO zugeschnitten. Doch kann auch im vereinfachten Verfahren (Art. 243 ff. ZPO) ein doppelter Rechtsschriftenwechsel angeordnet werden. Dies war vorliegend der Fall; der Kläger konnte sich somit zweimal unbeschränkt äussern. Damit findet die obige bundesgerichtliche Rechtsprechung auch im vorliegenden Fall Anwendung, obschon es sich um ein vereinfachtes Verfahren handelt (vgl. Willisegger, Basler Komm., 3. Aufl. 2017, Art. 229 ZPO N 57).

Die Vorinstanz hat demnach die erst an der Hauptverhandlung vom 11. Mai 2017 aufgelegten Urkunden zu Recht nicht berücksichtigt. Der Einwand des Klägers, der weder vorinstanzlich noch vor Kantonsgericht behauptet(e), er habe die erwähnten Belege resp. die diesen zugrundeliegenden Tatsachenbehauptungen nicht bereits spätestens mit der Replik auflegen resp. vortragen können, geht daher fehl. Zudem ist festzuhalten, dass zwar die aufgelegten Kontoauszüge der Bank A und der Bank B vom 27. April 2017 (und damit unmittelbar vor der Hauptverhandlung) datieren. Sie beschlagen jedoch allesamt Sachverhalte aus dem Jahre 2015, weshalb der Kläger entsprechende Belege ohne weiteres vor Einreichen der Replik hätte beschaffen können und müssen.

Es bleibt daran zu erinnern, dass der Kläger erstinstanzlich anwaltlich vertreten war. Deshalb und aufgrund des doppelten Rechtsschriftenwechsels kann der Vorinstanz auch keine Verletzung der richterlichen Fragepflicht vorgeworfen werden, zumal der Kläger mit Beweisverfügung vom 16. Januar 2017 über die Beweislastverteilung orientiert wurde.