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Rechtsprechung Luzern


Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:3. Abteilung
Rechtsgebiet:Unfallversicherung
Entscheiddatum:01.05.2018
Fallnummer:5V 17 209
LGVE:2018 III Nr. 4
Gesetzesartikel:Art. 24 Abs. 1 UVG, Art. 24 Abs. 2 UVG, Art. 25 Abs. 1 UVG; Art. 36 Abs. 1 UVV; Ziff. 1 Anhang 3 zur UVV.
Leitsatz:Für die Bemessung des Integritätsschadens bei Zahnschäden ist vom unkorrigierten Zustand (ohne Implantate oder Komposit-Eckaufbauten) auszugehen.
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Entscheid:A war als kaufmännischer Lehrling bei der B AG angestellt und in dieser Eigenschaft bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen versichert. Am 14. März 2012 wurde er Opfer eines tätlichen Angriffs, bei dem er eine Kronen-Wurzel-Fraktur ohne Pulpaeröffnung an Zahn 13, eine Schmelz-Dentin-Fraktur mit Pulpaeröffnung an Zahn 11 und 12 sowie eine komplizierte Kronen-Wurzel-Fraktur mit Pulpaeröffnung an Zahn 21 und 22 erlitt. Verfügungsweise verneinte die Suva am 7. August 2013 einen Anspruch auf eine Integritätsentschädigung. Die dagegen erhobene Einsprache wies die Unfallversicherungsanstalt mit Einspracheentscheid vom 22. November 2013 ab. In teilweiser Gutheissung der dagegen erhobenen Verwaltungsgerichtsbeschwerde hob das Kantonsgericht Luzern mit Urteil 5V 13 377 vom 14. März 2014 den Einspracheentscheid auf und wies die Sache zur weiteren Abklärung an die Suva zurück.

Nach Einholung eines zahnmedizinischen Gutachtens durch Dr. C, Fachzahnarzt Oralchirurgie, Facharzt Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, welches vom 18. Dezember 2014 datiert, teilte die Suva A mit Verfügung vom 29. April 2015 mit, die zahnärztliche Behandlung sei noch nicht abgeschlossen, weshalb der Integritätsschaden noch nicht geprüft werden könne. Im Rahmen des Einspracheverfahrens holte die Unfallversicherungsanstalt eine Stellungnahme des behandelnden Zahnarztes ein, welche sie am 3. Oktober 2016 erhielt. Hierzu liess sich A bzw. dessen Rechtsvertreter nicht vernehmen. In der Folge wies die Suva die Einsprache mit Einspracheentscheid vom 6. April 2017 ab.

Aus den Erwägungen:
1.
(…)

2.
Streitig und zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer Anspruch auf eine Integritätsentschädigung von 15 % hat.

3.
3.1
(…)

3.2
Die Integritätsentschädigung wird gemäss Art. 24 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung (UVG; SR 832.20) mit der Invalidenrente festgesetzt oder, wenn kein Rentenanspruch besteht, bei der Beendigung der ärztlichen Behandlung gewährt. Diese Bestimmung schreibt dem Unfallversicherer nicht nur vor, wann er über eine Integritätsentschädigung zu verfügen hat, sondern legt auch den massgeblichen Zeitpunkt fest, in dem die materiellen Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen sind. Weil die Integritätsentschädigung dem Ausgleich von Dauerschäden dient, kann dieser Anspruch erst beurteilt werden, wenn sich der Gesundheitszustand der versicherten Person stabilisiert hat und von medizinischen Massnahmen keine Besserung mehr erwartet werden kann (BGer-Urteile 8C_836/2013 vom 27.3.2014 E. 4.5, 8C_820/2011 vom 25.4.2012 E. 2.3).

4.
4.1
Die Suva begründete in ihrem Einspracheentscheid vom 6. April 2017 die Verneinung eines Anspruchs auf eine Integritätsentschädigung damit, dass gemäss Expertise von Dr. C vom 18. Dezember 2014 im Untersuchungszeitpunkt keine wesentliche dauerhafte Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Integrität festzustellen gewesen sei. Den Gesamtintegritätsschaden habe der Sachverständige auf unter 5 % geschätzt. Andere fachärztliche Beurteilungen stünden dieser Einschätzung nicht entgegen, daher könne auf die Ausführungen von Dr. C abgestellt werden. Es sei damit nicht mindestens mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Unfall vom 14. März 2012 einen erheblichen Integritätsschaden hinterlassen habe. In ihrer Beschwerdeantwort weist die Suva zudem darauf hin, dass in der Verfügung vom 29. April 2015 der Anspruch auf eine Integritätsentschädigung auch deshalb verneint worden sei, weil die zahnärztliche Behandlung noch nicht abgeschlossen sei. Gestützt auf das auch vom Beschwerdeführer als beweiskräftig erachtete Gutachten von Dr. C vom 18. Dezember 2014 sei deshalb davon auszugehen, dass die zahnärztliche Behandlung noch im Gang sei, mithin noch nicht abgeschlossen sei. Dies werde von Dr. med. dent. D in dessen Bericht vom 30. September 2016 bestätigt.

4.2
Der Beschwerdeführer bringt dagegen vor, die Suva stütze sich bei der Festlegung der Integritätsentschädigung auf die Beurteilung "Unter Berücksichtigung der Versorgung mit Implantaten" des Gutachters, was aus der Fragestellung der Suva an den Experten hervorgehe. Dies sei gemäss langjähriger bundesgerichtlicher Rechtsprechung unzulässig. Die Integritätsentschädigung sei abstrakt und egalitär und damit ohne subjektive Faktoren wie den individuellen Behandlungsverlauf zu bemessen. Die Höhe dieser Entschädigung basiere folglich auf dem Zustand vor Versorgung mit Implantaten und Komposit-Eckenaufbau. Es sei demnach auf die Beurteilung von Dr. C abzustellen, wonach ohne Berücksichtigung der Implantate eine Integritätsentschädigung in Höhe von 15 % angebracht sei. Es bestehe kein Anlass, vom Gutachten von Dr. C abzuweichen.

5.
5.1
Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat in seinem Urteil U 40/01 vom 4. September 2001 E. 2b festgehalten, dass gemäss Ziff. 1 Abs. 4 des Anhangs 3 zur der Verordnung über die Unfallversicherung (UVV; SR 832.202) der Integritätsschaden – mit Ausnahme von Sehhilfen – ohne Hilfsmittel beurteilt werde. Mit dieser auf den 1. Januar 1998 in Kraft getretenen Verordnungsänderung sei die Rechtsprechung gemäss BGE 115 V 147 – unter Vorbehalt der Fälle einer Beeinträchtigung des Sehvermögens – bestätigt worden. Für die Festsetzung der Integritätsentschädigung sei es somit unerheblich, ob eine Beeinträchtigung, die Anspruch auf eine Entschädigung verleihe, unter Einsatz eines Hilfsmittels mehr oder weniger ausgeglichen werden könne. Mit anderen Worten ändere die Abgabe von geeigneten Hilfsmitteln am Integritätsschaden nichts. So habe das Eidgenössische Versicherungsgericht im nicht veröffentlichten Urteil U 101/99 vom 28. Juli 2000 im Fall eines an erektiler Dysfunktion leidenden Versicherten erkannt, dass der Integritätsschaden ungeachtet des Umstands, dass die Fortpflanzungsfähigkeit unter Einsatz eines Hilfsmittels noch immer gegeben gewesen sei, zu ermitteln sei. Weiter erwog das Gericht, in BGE 115 V 147 E. 3a sei der Grundsatz aufgestellt worden, wonach es entscheidend sei, ob der Versicherte durch den Unfall eine dauernde und erhebliche Schädigung der körperlichen Integrität erlitten habe. Unerheblich sei, ob diese dank einem Hilfsmittel mehr oder weniger vollständig ausgeglichen werden könne mit der Folge, dass sie sich im täglichen Leben nicht mehr oder nur noch in geringem Mass auswirke (E. 4a). In demselben Urteil stellte das Eidgenössische Versicherungsgericht zudem klar, die Bemessung des Integritätsschadens bei Funktionsausfall oder bei Gebrauchsunfähigkeit eines Organs sei auch bei der Versorgung mit Hilfsmitteln nach dem unkorrigierten Zustand vorzunehmen, weil nur dadurch dem abstrakt und egalitär konzipierten Charakter der Integritätsentschädigung in der obligatorischen Unfallversicherung entsprochen werden könne. Dies müsse auch für implantierte Prothesen gelten, obwohl diese den Hilfsmittelbegriff an sich nicht erfüllen würden. Denn wenn der dauernde und erhebliche Integritätsschaden ausgeglichen werden solle, sei auf den medizinischen Befund vor der Korrektur abzustellen und der mit Hilfsmitteln oder implantierten Prothesen erzielbare Ausgleich nicht zu berücksichtigen (E. 4c).

An dieser Rechtsprechung hat sich bis anhin nichts geändert (vgl. statt vieler: BGer-Urteile 8C_49/2014 vom 23.4.2014 E. 4.3, 8C_812/2010 vom 2.5.2011 E. 6.2). Soweit die Suva die Tragweite des eingangs dieser Erwägung zitierten Urteils auf eine Penisprothese zu begrenzen versucht, ist sie mit Blick auf dessen darüberhinausgehenden Inhalt nicht zu hören. So erfolgt darin zum Beispiel auch eine kritische Auseinandersetzung mit der Literatur, unter anderem mit Thomas Frei (Die Integritätsentschädigung nach Art. 24 und 25 des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung, Diss. Freiburg 1998, S. 103 f.). Dieser vertritt die Auffassung, für Endoprothesen ergebe sich bei konsequenter Anwendung des Grundsatzes, wonach sich der Integritätsschaden nach dem Zustand ohne Korrektur durch ein Hilfsmittel bemisst, dass auf den Zustand abzustellen sei, der vor dem Einsetzen der Prothese vorgelegen habe. Da indessen die Annahme eines unkorrigierten Zustandes bei eingepflanzten Prothesen auf einer gedanklichen Konstruktion, einer Fiktion, beruhe, wäre es in solchen Fällen schwierig, den Zustand ohne die Korrektur zuverlässig zu schätzen. Zusammenfassend stellt er sich auf den Standpunkt, bei Endoprothesen sei die Schätzung des Integritätsschadens nach dem Zustand unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Prothese vorzunehmen (EVG-Urteil U 40/01 vom 4.9.2001 E. 4b). Weiter führte Thomas Frei in seiner Dissertation auf S. 104 aus, einer speziellen Betrachtung bedürften ebenfalls die Zahnschäden, die in der Regel mit Prothesen oder anderem Zahnersatz versorgt würden. In Anwendung der in BGE 115 V 147 begründeten Praxis wäre das Vorliegen einer Integritätsentschädigung nach dem Zustand vor einer solchen Versorgung zu prüfen. Aufgrund seiner Ausführungen zu den im Körper eingepflanzten Endoprothesen (vgl. oben) sei aber auf den korrigierten Zustand abzustellen, sofern es sich um einen fest eingesetzten Zahnersatz handle. Auch in der Suva-Tabelle 15 betreffend Integritätsschaden bei unfallbedingten Zahnschäden sei vorgesehen, dass für diesen Fall keine Integritätsentschädigung geschuldet sei. Hingegen sei der Integritätsschaden in Fällen, in denen der Zahnschaden mit einer abnehmbaren Prothese versorgt worden sei, nach dem Zustand zu beurteilen, wie er sich ohne Prothese darstelle. Die genannte Suva-Tabelle entspreche aber nicht dieser Regelung, werde doch die Höhe des Integritätsschadens in diesen Fällen vom Erfolg der prothetischen Versorgung abhängig gemacht. In Anbetracht des durch BGE 115 V 147 ausgesprochenen Grundsatzes müsse also in Bezug auf die abnehmbaren Prothesen die Praxis geändert werden. Dazu führte das Eidgenössische Versicherungsgericht schliesslich im Urteil U 40/01 vom 4. September 2001 E. 4e Folgendes aus: Dass bei Endoprothesen die Bemessung des Integritätsschadens nicht nach dem Zustand unter Berücksichtigung der Auswirkung der Prothese zu erfolgen habe, ergebe sich sinngemäss auch aus einer andern Position der Skala des Anhangs 3 zur UVV: Die posttraumatische Epilepsie mit Anfällen oder in Dauermedikation ohne Anfälle werde mit 30 % bewertet. Damit werde zum Ausdruck gebracht, dass bei der Bemessung des Integritätsschadens nicht unterschieden werde, ob die Auswirkungen eines Gesundheitsschadens durch den Einsatz eines Medikaments beeinflusst werden könnten. Vorliegend bleibt gestützt auf diese höchstrichterlichen Erwägungen somit kein Raum für die Anwendung sowohl der von Thomas Frei geforderten speziellen, auf seinen Ausführungen zu den Endoprothesen fussenden Betrachtung von Zahnschäden, die mit fest eingesetzten Zahnersatz korrigiert werden, als auch der Suva-Tabelle 15 (vgl. hiernach E. 5.3, 7.1. und 7.3).

5.2
Angesichts der vorgenannten gefestigten und unmissverständlichen Rechtsprechung ist auch in Bezug auf Zahnschäden vom unkorrigierten Zustand auszugehen. Entgegen der Auffassung der Suva gilt diese nicht nur bei Knie-Endoprothesen oder OSG-Totalprothesen. Dergleichen kann aus den zitierten Bundesgerichtsentscheiden nicht hergeleitet werden. Ginge man vorliegend vom korrigierten Zustand aus, mithin von eingesetzten Implantaten und Komposit-Eckenaufbauten, würde dies dem abstrakten und egalitären Charakter der Integritätsentschädigung (vgl. dazu BGE 124 V 29 E. 3c) diametral zuwiderlaufen. Denn ohne Zweifel kann mittels eines Implantats und Brücken bzw. Komposit-Eckenaufbauten die Beeinträchtigung insofern ausgeglichen werden, als dass sie sich im täglichen Leben nicht mehr bemerkbar macht. Darauf kommt es allerdings nach dem oben Gesagten nicht an. Vielmehr ist entscheidend, ob der Versicherte durch den Unfall eine dauernde und erhebliche Schädigung der Integrität erlitten hat. Dies muss in Anbetracht der hier vorliegenden Zahnschäden bejaht werden.

Fehl geht zudem der Einwand der Beschwerdegegnerin, wonach die in Zusammenhang mit Beeinträchtigungen an den Zähnen in Betracht fallenden Positionen "sehr schwere Entstellung im Gesicht" und "schwere Beeinträchtigung der Kaufähigkeit" gemäss Anhang 3 zur UVV nicht eigentliche Gesundheitsschäden, sondern Funktionseinbussen darstellen würden. Inwiefern eine schwere Entstellung lediglich eine Funktionseinbusse sein soll, leuchtet nicht ein. Das behauptete Kriterium der Funktionseinbusse ist damit entkräftet. Gleiches gilt für die Behauptung, Endoprothesen könnten Gelenkschäden höchstens behelfsmässig beheben, wogegen die beeinträchtigte Gesundheit mit Zahnimplantaten in aller Regel wieder vollständig hergestellt werden könne, weshalb keine Integritätsentschädigung geschuldet sei. Auch eingesetzte Endoprothesen können beispielsweise die Kniefunktion wiederherstellen, sodass die grundlegende Funktionalität wieder gegeben ist.

5.3
Am bisher Gesagten ändert auch die Suva-Tabelle 15 nichts. Wie der Beschwerdeführer zu Recht bemerkt, stellt diese Tabelle keinen Rechtssatz dar und ist für das Gericht grundsätzlich nicht verbindlich, um so weniger als Ziff. 1 Abs. 1 von Anhang 3 zur UVV bestimmt, der in der Skala angegebene Prozentsatz des Höchstbetrages des versicherten Verdienstes gelte im Regelfall, welcher im Einzelnen Abweichungen nach unten wie nach oben ermögliche. Soweit die Tabellen jedoch lediglich Richtwerte enthalten, mit denen die Gleichstellung aller Versicherten gewährleistet werden soll, sind sie mit dem Anhang 3 zur UVV vereinbar (vgl. statt vieler BGer-Urteil 8C_19/2017 vom 22.5.2017 E. 4.2). Die Suva-Tabelle 15 ist mit Ziff. 1 Abs. 4 von Anhang 3 zur UVV nicht vereinbar, welcher besagt, dass einzig bei Sehhilfen der Integritätsschaden nach dem korrigierten Zustand (z.B. mittels einer Brille) beurteilt wird. Mit dieser Formulierung wurde klar zum Ausdruck gebracht, einzig bei Sehhilfen soll die Integritätseinbusse unter Berücksichtigung des Einsatzes eines Hilfsmittels ermittelt werden. Gegenteiliges vermag die Suva nicht vorzubringen.

6.
Steht fest, dass bei der Bemessung des Integritätsschadens der unkorrigierte Zustand zu beurteilen ist, mithin die Implantate und die Komposit-Eckenaufbauten unberücksichtigt zu bleiben haben, stellt sich nun die Frage, ob die ärztliche Behandlung beendet ist und der Anspruch auf eine Integritätsentschädigung geprüft werden kann:

Wie die Suva zutreffend vorbringt, sei gemäss Dr. C die zahnärztliche Behandlung noch im Gang, was in Bezug auf die geklagten Beschwerden beim Abbeissen von fester Nahrung und bei der Wärmeempfindlichkeit sowie hinsichtlich der im Frontzahnbereich noch nicht ausreichend optimierten ästhetischen Situation relevant sei. Auch Dr. D erklärte in seinem Schreiben vom 30. September 2016, dass auf den Implantaten lediglich eine langzeitprovisorische Versorgung inkorporiert sei, da die Implantate in einem sehr frühen Stadium (jungen Alter) gesetzt worden seien, was in gewissen Fällen zu sehr starken ankylotischen Veränderungen bei weiterem Kieferknochenwachstum kommen könne. Zudem seien die Zähne im 1. Quadrant noch nicht definitiv versorgt, was erst geschehen könne, wenn mit Sicherheit keine Stufenbildung mehr eintreten werde.

Entgegen der Auffassung der Suva kann vorliegend dennoch vom Behandlungsabschluss im Sinn von Art. 24 Abs. 2 UVG ausgegangen werden. Denn Dr. D führte in seinem Bericht vom 30. September 2016 aus, im Moment würde keine Behandlung betreffend die Unfallzähne stattfinden. Die von ihm in Aussicht gestellten künftigen Massnahmen vermögen keine wesentliche Besserung des Gesundheitszustandes mehr herbeizuführen. Die auf den Implantaten inkorporierte langzeitprovisorische Versorgung gilt es noch zu ersetzen, wenn das Kieferknochenwachstum abgeschlossen ist. Darüber hinaus ist anzunehmen, dass die von Dr. C anlässlich seiner Begutachtung am 2. Dezember 2014 festgehaltenen Beschwerden beim Abbeissen von fester Nahrung oder in Form von Wärmeempfindlichkeit nunmehr keine Relevanz mehr haben, war doch der Versicherte letztmals vor mehr als einem Jahr – mithin im 2015 – bei Dr. D bloss zu einer Kontrolle erschienen. Angesichts dessen kann der Unfallversicherungsanstalt nicht gefolgt werden, sofern diese ausführte, es sei noch eine weitere Behandlung im Gang, weshalb kein Anspruch auf eine Integritätsentschädigung bestehe. Dem Gutachter Dr. C war es denn auch möglich, den Integritätsschaden trotz Kenntnis der noch anstehenden Endversorgung zu schätzen. Beide Parteien sehen schliesslich keinen Anlass, von seiner Expertise abzuweichen.

7.
7.1
Da wie in E. 5.3 erwähnt, die Suva-Tabelle 15 nicht mit Ziff. 1 Abs. 4 von Anhang 3 zur UVV vereinbar ist und auch in der Skala in Anhang 3 zur UVV ein entsprechender Integritätsschaden nicht enthalten ist, ist folglich eine Schätzung im Vergleich mit anderen Schäden vorzunehmen (Ziff. 1 Abs. 2 von Anhang 3 zur UVV; BGE 113 V 218 E. 3).

7.2
Dr. C hielt in seiner Expertise vom 18. Dezember 2014 fest, ohne Versorgung mit Implantaten würde eine Lücke im Frontzahnbereich resultieren, welche die Zähne 21 und 22 umfasse. Weiterhin würden die Zähne 11 und 12 bei einer ausbleibenden Versorgung durch den Substanzverlust ästhetisch negativ auffallen. In diesem Fall bestünde eine schwere Beeinträchtigung der psychischen Integrität, da der Patient beim Sprechen oder Lachen ästhetisch erheblich beeinträchtigt wäre. Diesfalls wäre eine Integritätsentschädigung von 15 % angebracht. Diese Einschätzung orientiere sich dabei an der Suva-Tabelle 18 "Integritätsschaden bei Schädigung der Haut", wobei für eine fehlende Ohrmuschel ein Integritätsschaden von 10 % angenommen werde und eine Frontzahnlücke über zwei Zähne ästhetisch auffälliger wäre als eine fehlende Ohrmuschel. Weiter führte der Experte aus, die Beeinträchtigung wäre zunächst einmal ästhetischer Art. Der Patient könnte nicht unbeschwert lachen und sprechen, da die Lücken deutlich sichtbar wären. Zudem wäre die Sprache beeinträchtigt, da zur korrekten Lautbildung die geschlossene Zahnreihe erforderlich sei. Es wäre zwar nicht so, dass die Sprache unverständlich wäre, jedoch würden einzelne Laute unzureichend gebildet und wäre eine "feuchte Aussprache" zu erwarten. Ferner würde die Abbeissfunktion der Nahrung erschwert sein, wenn die beiden Zähne nicht ersetzt worden wären. Dadurch käme es auch zu einer vermehrten Belastung der verbliebenen Frontzähne. Unter Bezugnahme auf die Suva-Tabelle 15 Ziff. 3 sei noch festzustellen, dass sich der Patient nicht geweigert habe, die medizinisch erfolgsversprechende Behandlung vorzunehmen. Unter Berücksichtigung der resultierenden Wechselwirkungen auf funktioneller Ebene schätze er den Gesamtintegritätsschaden auf unter 5 %.

7.3
Der Sachverständige Dr. C legte in seinem Gutachten vom 18. Dezember 2014 nachvollziehbar dar, welche Beeinträchtigungen ohne Korrektur der Zähne mittels Implantaten und Komposit-Brückenaufbauten bestünden. Namentlich sei die psychische Integrität dadurch in schwerer Weise eingeschränkt, dass der Patient beim Sprechen (einzelne undeutliche Laute, "feuchte Aussprache") oder Lachen (deutlich sichtbare Lücken) erheblich beeinträchtigt wäre. Hinzu kämen die erschwerte Abbeissfunktion von Nahrung und die vermehrte Belastung der verbliebenen Frontzähne. Da hierfür im Anhang 3 zur UVV keine Skala enthalten ist, zog er die Suva-Tabelle 18 heran und verglich den hier vorliegenden Gesundheitsschaden mit einer fehlenden Ohrmuschel. Dass eine deutlich sichtbare Zahnlücke ästhetisch auffälliger ist als eine fehlende Ohrmuschel und einen Integritätsschaden von mehr als 10 % rechtfertigt, leuchtet ein. Defekte im Bereich der Ohrmuschel fallen nämlich in der Regel nicht so stark auf, da sich die Ohren auch unter den Haaren verstecken lassen. Der eingeschränkten Abbeissfunktion und der vermehrten Belastung der Frontzähne mass er offenbar nur untergeordnetes Gewicht bei, da er hierfür keine zusätzliche Integritätseinbusse aufrechnete. Auch dem kann gefolgt werden. Auf seine Einschätzung des Integritätsschadens ohne Berücksichtigung der Versorgung mit Implantaten und Komposit-Eckenaufbauten von 15 % kann demzufolge abgestellt werden. Dr. C führte sodann in Ziff. 2.2 auf Seite 8 seiner Expertise vom 18. Dezember 2014 unter Bezugnahme auf die Tabelle 15 der Suva aus, beim Versicherten bestehe keine relevante Beeinträchtigung der Kaufähigkeit mit der bereits in situ befindlichen Versorgung. Dies gelte ebenfalls für den ästhetischen Aspekt, der zum Untersuchungszeitpunkt nur leicht beeinträchtigt erscheine. Somit bestehe ein Integritätsschaden von unter 5 %. Diese Einschätzung des Gesamtintegritätsschadens bestätigte er in Ziff. 3.3 auf Seite 10 seiner Expertise. Damit steht fest, dass die finale Einschätzung des Integritätsschadens durch den Gutachter zu Unrecht unter Berücksichtigung des korrigierten Zustands erfolgte. Wie in E. 5.3 festgehalten, widerspricht die Suva-Tabelle 15 der Bestimmung gemäss Ziff. 1 Abs. 4 von Anhang 3 zur UVV, weshalb die Tabelle unbeachtlich zu bleiben hat. Demzufolge ist auch die Kürzung der Integritätsentschädigung nicht statthaft.

8.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass vorliegend der unkorrigierte Zustand, mithin ohne den Einsatz von Implantaten und Komposit-Brückenaufbauten, zu beurteilen ist. Infolgedessen hat der Beschwerdeführer Anspruch auf eine Integritätsentschädigung bei einer Integritätseinbusse von 15 %. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich somit als begründet und ist gutzuheissen.