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Rechtsprechung Luzern


Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:4. Abteilung
Rechtsgebiet:Verfahrensrecht
Entscheiddatum:07.05.2018
Fallnummer:7Q 16 1
LGVE:2018 IV Nr. 9
Gesetzesartikel:Art. 2 ZGB; § 162 Abs. 1 lit. a VRG.
Leitsatz:Wie im Privatrecht gilt auch im öffentlichen Recht der Grundsatz: pacta sunt servanda. Die clausula rebus sic stantibus dient im Kontext materiell zulässiger und mängelfrei abgeschlossener öffentlich-rechtlicher Verträge nicht dazu, anstelle der von den Parteien getroffenen vertraglichen Lösung eine einseitige Anpassung durchzusetzen, die von einem Vertragspartner einige Zeit nach Vertragsabschluss als vorteilhafter empfunden wird.
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Entscheid:Aus den Erwägungen:

1.9.8.
Die Beklagten berufen sich auch auf die Clausula rebus sic stantibus, gemeint sind Anpassungen von Verträgen an veränderte Umstände (vgl. statt vieler: Middendorf/Grob, in: Handkomm. zum Schweizer Privatrecht [Hrsg. Breitschmid/Jungo], 3. Aufl. 2016, Art. 2 ZGB, N 10). Konkret machen die Beklagten (…) geltend, die Klägerin habe es im Nachhinein verpasst, die zur Diskussion stehenden Verträge an spätere Verhältnisse anzupassen.

Dieser Einwand ist mit Bezug auf die im vorliegenden Fall zu beachtenden Umstände zu prüfen. Immerhin ist in Erinnerung zu rufen, dass auch für öffentlich-rechtliche Verträge der Grundsatz gilt: pacta sunt servanda und dies prinzipiell auch unter veränderten Umständen (Middendorf/Grob, a.a.O.). Mit andern Worten sind Vereinbarungen in aller Regel nicht einseitig abänderbar. Aufgrund der analogen Anwendung von Bestimmungen des Obligationenrechts ist indes nicht von vornherein auszuschliessen, dass unter besonderen Umständen spätere Änderungen der Verhältnisse nach Anpassungen oder gar nach der Aufhebung von Vereinbarungen rufen. Nach der Praxis des Bundesgerichts ist dies der Fall, wenn das Beharren auf Verträgen – ungeachtet bedeutsamer Änderungen von Verhältnissen – als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren wäre, was mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 ZGB keinen Rechtsschutz verdient. In Erwägung zu ziehen ist der Rückgriff auf die "Clausula" dann, wenn veränderte Verhältnisse eine wesentliche Äquivalenzstörung zu Lasten des Belasteten bewirken (vgl. BGE 127 III 300 E. 5a/bb). Davon kann im vorliegenden Fall nicht gesprochen werden, weil die Verträge nicht ansatzweise Aspekte erkennen lassen, die – ähnlich wie bei den synallagmatischen Verträgen – auf einen Austausch von Rechten und Pflichten ausgerichtet sind. Die Clausula dient nicht dazu, anstelle der von den Parteien getroffenen Lösung eine später einseitig als objektiv-richtig empfundene durchzusetzen (im Ergebnis gleich: Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Obwalden vom 17.12.1991, in: ZBl 1993 S. 231 ff.). Die (…) Überlegungen erhellen, dass den öffentlich-rechtlichen Verträgen Stabilität eigen ist, was die Beklagten übersehen. Falls Beteiligte ein ausgeprägtes Bedürfnis haben, auf veränderte Verhältnisse zu reagieren, mag dies demzufolge ein Argument gegen die Wahl der Vertragsform sein (Mächler, Vertrag und Verwaltungsrechtspflege, Zürich 2005, S. 344).