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Rechtsprechung Luzern


Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:1. Abteilung
Rechtsgebiet:Strafprozessrecht
Entscheiddatum:17.04.2018
Fallnummer:2N 18 30
LGVE:2018 I Nr. 4
Gesetzesartikel:Art. 30 StPO, Art. 39 Abs. 2 StPO, Art. 393 StPO; § 67 JusG.
Leitsatz:Anfechtungsgegenstand der strafprozessualen Beschwerde (E. 5.1). Das Ersuchen um Prüfung einer Gerichtsstandsanfrage ist an die Oberstaatsanwaltschaft zu richten (E. 5.2).
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Entscheid:
Wegen einer Auseinandersetzung in einer Tiefgarage in Z (Kanton Luzern) eröffnete die Staatsanwaltschaft Abteilung 2 Emmen ein Strafverfahren gegen A wegen schwerer Körperverletzung bzw. versuchter Tötung zum Nachteil von B. Dieses Strafverfahren wurde in der Folge an die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt abgetreten. Zwei weitere, auf dieselbe Auseinandersetzung zurückgehende Strafverfahren, welche A als Privatkläger einerseits gegen unbekannt und anderseits gegen C angehoben hatte, blieben weiterhin bei der Staatsanwaltschaft Abteilung 2 Emmen hängig.

A wandte sich mit Eingabe vom 12. Februar 2018 an die Staatsanwaltschaft Abteilung 2 Emmen und beantragte, das Strafverfahren gegen unbekannt sei an Basel abzutreten. Gleichzeitig ersuchte er um eine Begründung, warum die Verfahren "getrennt" worden seien. Er stellte sich dabei auf den Standpunkt, dass es sich um eine Tateinheit handle und dass eine Trennung folglich nicht möglich sei. Die Staatsanwaltschaft Abteilung 2 Emmen teilte A daraufhin mit Schreiben vom 21. Februar 2018 mit, dass die Verfahren bis zur Abtretung separat geführt worden seien. Die rechtlichen Voraussetzungen für eine Vereinigung seien nicht gegeben gewesen. Da das Verfahren gegen A wegen schwerer Körperverletzung bzw. versuchter Tötung an den Kanton Basel-Stadt abgetreten worden sei, müsse nunmehr, um die verlangte Vereinigung im heutigen Zeitpunkt vornehmen zu können, mit einer Gerichtsstandsanfrage operiert werden. Diesbezüglich werde sie mit der Oberstaatsanwaltschaft Kontakt aufnehmen, welche für den Meinungsaustausch mit dem Kanton Basel-Stadt zuständig sei. A werde danach informiert. Gleichentags richtete die Staatsanwaltschaft Abteilung 2 Emmen ein Schreiben an die Oberstaatsanwaltschaft mit dem Ersuchen um Prüfung der Frage, ob in dieser Sache eine Gerichtsstandsanfrage an den Kanton Basel-Stadt gestellt werden solle.

In der Folge erhob A (nachfolgend: Beschwerdeführer) gegen das Schreiben der Staatsanwaltschaft Abteilung 2 Emmen vom 21. Februar 2018 Beschwerde und beantragte (unter anderem), das von ihm gegen unbekannt angehobene Strafverfahren sei mit demjenigen, welches an die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt abgetreten worden sei, zu vereinigen.

Aus den Erwägungen:


5.
5.1.
Beschwerdeobjekt der Beschwerde gemäss Art. 393 ff. der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO; SR 312.0) können nur konkrete, hoheitliche Verfahrenshandlungen (Verfügungen und Beschlüsse sowie Verfahrenshandlungen im engeren Sinn) bilden. Unter Verfügungen und Beschlüssen sind individuell-konkrete Anordnungen oder Unterlassungen zu verstehen, mit denen verbindliche und erzwingbare Rechtswirkung erzielt wird. Ausgeschlossen von der Beschwerde sind Handlungen, welche sich nicht auf die Einleitung, Durchführung oder den Abschluss des Prozesses in seinem formellen Gang beziehen, nicht prozessrechtlich geregelt und/oder nicht gegen aussen wirksam sind. Verneint wurden diese Voraussetzungen etwa bei der Zuteilung eines Dossiers an einen von mehreren Staatsanwälten (Guidon, Basler Komm., 2. Aufl. 2014, Art. 393 StPO N 6). Namentlich zulässig ist die Beschwerde bei Trennung oder Vereinigung von Strafverfahren gemäss Art. 30 StPO. Der entsprechende Entscheid ist ebenso anfechtbar wie die Abweisung eines Gesuchs um Trennung oder Vereinigung (Guidon, Die Beschwerde gemäss Schweiz. Strafprozessordnung, Zürich/St. Gallen 2011, N 81).

5.2.
Die Staatsanwaltschaft Abteilung 2 Emmen bestreitet zu Recht, dass das Schreiben vom 21. Februar 2018 eine taugliche, mittels Beschwerde anfechtbare Verfahrenshandlung darstellt. Darin wurde der Beschwerdeführer einzig darauf hingewiesen, dass die Oberstaatsanwaltschaft für eine Gerichtsstandsanfrage an Basel-Stadt zuständig sei und er (der Beschwerdeführer) diesbezüglich noch eine Antwort von der Oberstaatsanwaltschaft erhalten werde; eine Ablehnung einer Vereinigung resp. die vom Beschwerdeführer behauptete "Verweigerung der Vereinigung" beinhaltet dieses Schreiben klar nicht. Es ist auch nicht als Verfügung bezeichnet. Hinzu kommt, dass im Kanton Luzern eine zweigegliederte Staatsanwaltschaft besteht. Die Oberstaatsanwaltschaft ist eine eigentliche Oberbehörde in dem Sinn, dass sie namentlich ihre Genehmigungs- und Kontrollfunktionen getrennt von der Staatsanwaltschaft ausübt und eine eigene Entscheidkompetenz, unter anderem in Rechtshilfesachen hat (vgl. § 67 Abs. 1 lit. c des Gesetzes über die Organisation der Gerichte und Behörden in Zivil-, Straf- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren [JusG; SRL Nr. 260]). Für Gerichtsstandsanfragen ist im Kanton Luzern nicht die Staatsanwaltschaft, sondern die Oberstaatsanwaltschaft zuständig (vgl. Behördenverzeichnis der SSK/CPS; vgl. auch Kuhn, Basler Komm., 2. Aufl. 2014, Art. 39 StPO N 8 ff.). Damit liegt es grundsätzlich in deren Zuständigkeit und Pflicht, die nötigen Schritte nach Art. 39 Abs. 2 StPO einzuleiten (Meinungsaustausch etc.), falls sie eine Zuständigkeit des Kantons Basel-Stadt für das hiesige Verfahren anstreben will. Falls die Oberstaatsanwaltschaft die Luzerner Zuständigkeit für das hiesige Verfahren beizubehalten gedenkt, lehnt sie damit implizit die vom Beschwerdeführer verlangte Vereinigung mit dem nach Basel-Stadt abgetretenen Verfahren ab. Diesbezüglich wird somit eine beschwerdefähige Verfügung zu erlassen sein.

5.3.
Mangels beschwerdefähiger Verfügung ist somit auf die Beschwerde nicht einzutreten.