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Rechtsprechung Luzern


Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:4. Abteilung
Rechtsgebiet:Staats- und Gemeindesteuern / direkte Bundessteuer
Entscheiddatum:29.01.2019
Fallnummer:7W 18 68
LGVE:
Gesetzesartikel:Art. 8 Abs. 1 BV, Art. 29 BV, Art. 30 Abs. 1 BV; § 46 VRG; § 132 Abs. 1 lit b StG i.V.m. § 14 Abs. 1 lit. g VRG; § 126 Abs. 1 StG, § 140 StG, § 144 Abs. 1 StG, § 156 Abs. 1 StG; § 26 StV; Art. 109 Abs. 1 lit. d DBG, Art. 115 DBG, Art. 123 DBG, Art. 130 Abs. 1 DBG.
Leitsatz:Verletzung des rechtlichen Gehörs wegen unterbliebener Auseinandersetzung mit prozessualen Anträgen (E. 2). Missachtung der Ausstandspflicht, wenn ein Behördenmitglied vorab mitteilt, der Verfahrensausgang stehe unabhängig von einer beantragten Ein-spracheverhandlung fest (E. 3).
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Entscheid:Sachverhalt

A.
Die A AG ist eine im Jahr 2016 gegründete Aktiengesellschaft mit Sitz in X, deren Zweck im Wesentlichen der Betrieb eines Architekturbüros und Erbringung sämtlicher damit zusammenhängender Dienstleistungen darstellt (vgl. Handelsregisterauszug Y). Diese Gesellschaft ging aus dem operativen Architekturbetrieb der B AG, X, hervor, welcher mittels Vermögensübertragung in eine eigenständige Gesellschaft überführt wurde. Im Anschluss an die Gründung veräusserte die Aktionärin C, 10 Aktien zum Nominalwert an die A AG. Mit Kaufvertrag vom 7. September 2016 veräusserte die Gesellschaft 5 der 10 Aktien an einen Mitarbeiter für Fr. 150'000.--. Die Differenz zwischen Erwerbspreis und Wiederverkauf im Betrag von Fr. 145'000.-- wurde nicht erfolgswirksam verbucht, sondern erfolgsneutral als Kapitaleinlagereserve in der Bilanz ausgewiesen.

Mit Steuerruling vom 23. März 2016 wurde im Wesentlichen die steuerliche Behandlung der Umstrukturierung (Spaltung) und Gründung der Schwestergesellschaft mit der Dienststelle Steuern des Kantons Luzern geregelt. Am 1. Dezember 2017 anerkannte die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) den Betrag von Fr. 145'000.-- per 30. September 2016 als Kapitaleinlage im Sinn von Art. 5 Abs. 1bis des Bundesgesetzes über die Verrechnungssteuer (VStG; SR 642.21). Am 21. Juni 2018 zog die ESTV die Bestätigung zurück. Die ESTV ergänzte diesen Rückzug am 20. September 2018, indem sie erklärte, nach dem Grundsatz von Treu und Glauben an die Bestätigung vom 1. Dezember 2017 gebunden zu sein und auf der Ausschüttung von Fr. 145'000.-- keine Verrechnungssteuer zu erheben.

Mit Verfügung der Dienststelle Steuern vom 16. November 2017 wurde die A AG in Abweichung von ihrer Steuererklärung für die Staats- und Gemeindesteuern 2016 mit einem im Kanton Luzern steuerbaren Reingewinn von Fr. 644'100.-- und einem steuerbaren Kapital von Fr. 684'000.-- bzw. für die direkte Bundessteuer 2016 mit einem steuerbaren Reingewinn von Fr. 644'100.-- veranlagt. Im Wesentlichen wurde entgegen der im beantragten Steuerruling von der Beschwerdeführerin vertretenen Ansicht ein Veräusserungsgewinn für eigene Aktien von Fr. 145'000.-- aufgerechnet.

B.
Dagegen liess die A AG am 16. November 2017 Einsprache erheben und sinngemäss deklarationsgemässe Veranlagung beantragen. Von der Aufrechnung des Veräusserungsgewinns sei abzusehen, da "Der Gewinn aus dem Verkauf von eigenen Aktien Fr. 145'000.-- ... als Kapitaleinlagereserve" gelte. Für den Fall, dass dem Antrag nicht vollumfänglich entsprochen werden könne, verlangte sie eine mündliche Einspracheverhandlung.

Im Einspracheverfahren der Dienststelle Steuern, Steuerkommission, verzichtete die Beschwerdeführerin nach entsprechender telefonischer Anfrage vom 12. Juni 2018 zunächst auf die Durchführung der bereits vereinbarten Einspracheverhandlung, kam jedoch nach Eingang einer Mitteilung der ESTV auf den Verzicht zurück und beantragte erneut eine Verhandlung. Mit Einspracheentscheid vom 3. Juli 2018 wurde die Einsprache unter Bestätigung der im Veranlagungsverfahren festgesetzten Steuerfaktoren abgewiesen.

C.
Gegen den Einspracheentscheid der Dienststelle Steuern liess die A AG (nachfolgend: Beschwerdeführerin) am 11. Juli 2018 (Postaufgabe) Verwaltungsgerichtsbeschwerde und sinngemäss Bundessteuerbeschwerde erheben und beantragen, der Einspracheentscheid vom 3. Juli 2018 sei aufzuheben, der steuerbare Gewinn (Stufe Bund und Kanton) sei gemäss Selbstdeklaration festzusetzen, insbesondere sei aus der Veräusserung eigener Aktien kein Gewinn zuzurechnen und es seien Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des Staates zu verlegen.

In ihrer Vernehmlassung schloss die Dienststelle Steuern, Steuerkommission juristische Personen, auf Abweisung der Beschwerde unter Kostenfolge zu Lasten der Beschwerdeführerin. Die Dienststelle Steuern, Recht, schloss sich der Vernehmlassung an. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) machte von ihrem Recht auf Stellungnahme keinen Gebrauch.

Im weiteren Schriftenwechsel hielten die Verfahrensbeteiligten an ihren Standpunkten fest.


Feststellungen und Erwägungen

1.
Die Beschwerdeführerin macht Mängel des vorinstanzlichen Verfahrens geltend. Zunächst rügt sie eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehörs, weil keine Einspracheverhandlung durchgeführt wurde.

Die Dienststelle Steuern wie auch die Beschwerdeführerin stimmen betreffend den Verfahrensablauf insofern überein, dass der Namens der Beschwerdeführerin handelnde Steuervertreter anlässlich eines Telefongesprächs mit dem Sekretär der Dienststelle Steuern, Steuerkommission, vom 12. Juni 2018 nach Kenntnisnahme, dass die Einsprache so oder anders abgewiesen werde, erklärte, auf die Durchführung einer Einspracheverhandlung zu verzichten. Zu diesem Zeitpunkt hatte nach Meinung der Beschwerdeführerin die Bestätigung der ESTV, Abteilung Verrechnungssteuer, wonach es sich bei den Fr. 145'000.-- um Kapitaleinlagereserven (KER) handle, noch vorbehaltlos gegolten. Nichts habe auf eine Änderung dieser Beurteilung vom 1. Dezember 2017 hingedeutet. Als aber die ESTV mit Schreiben vom 21. Juni 2018 auf ihre Bestätigung, dass es sich um Kapitaleinlagereserven handle, zurückgekommen sei und den Verkaufsgewinn steuerlich anders qualifiziert habe, sei die Beschwerdeführerin schriftlich mit der Bitte an die Dienststelle Steuern gelangt, das Einspracheverfahren bis zur Klärung der Frage, wie die Mittelflüsse steuerlich zu qualifizieren seien, durch die ESTV oder ein Gericht, zu sistieren. Ferner habe sie mitgeteilt, sie wolle aufgrund der neuen Ausgangslage jetzt doch eine Einspracheverhandlung durchführen, um insbesondere ihren Standpunkt bezüglich des Vertrauensschutzes darlegen zu können. Offenbar sei das diesbezügliche Schreiben vom 28. Juni 2018, obwohl es schon früher bei der Dienststelle Steuern eingegangen sei, verwaltungsintern erst am 3. Juli 2018, also am Datum des Einspracheentscheids, dem Sekretär der Kommission zur Kenntnis gelangt; die Beschwerdeführerin habe keine Gelegenheit erhalten, an einer Einspracheverhandlung teilzunehmen.

Die Beschwerdeführerin rügt in verfahrensrechtlicher Hinsicht weiter, dass der Sekretär (und Mitglied) der Dienststelle Steuern, Steuerkommission, als dieser sich im Juni 2018 erkundigt habe, ob an der vereinbarten Einspracheverhandlung vom 2. Juli 2018 festgehalten werde, dem Steuervertreter der Beschwerdeführerin mitgeteilt habe, dass die Einsprache unabhängig von einer Einspracheverhandlung und der Stellungnahme der ESTV abgewiesen werde. Das verletze den Anspruch auf rechtliches Gehör; die Einspracheverhandlung sei deren Funktion entleert worden.

2.
2.1.
Gemäss Art. 29 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV; SR 101) haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör. Die Begründungspflicht als Teilgehalt des verfassungsmässigen Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV verpflichtet die Behörde, die Vorbringen der rechtsuchenden Partei tatsächlich zu hören, ernsthaft zu prüfen und in ihrer Entscheidfindung angemessen zu berücksichtigen. Dies gilt für alle form- und fristgerecht angebrachten Äusserungen, Eingaben und Anträge, die zur Klärung der konkreten Streitfrage geeignet und erforderlich erscheinen. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass der Betroffene den Entscheid gegebenenfalls sachgerecht anfechten kann. Sie muss kurz die wesentlichen Überlegungen nennen, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sie ihren Entscheid stützt. Nicht erforderlich ist, dass sich die Begründung mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt (BGE 136 I 184 E. 2.2.1; vgl. auch Zweifel/Casanova/Beusch/Hunziker, Schweizerisches Steuerverfahrensrecht, 2. Aufl. 2018, § 15 N 42). Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist formeller Natur. Wird er verletzt, führt dies ohne Prüfung der materiellen Begründetheit des Rechtsmittels zur Gutheissung der Beschwerde und zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids (BGE 137 I 195 E. 2.2).

Im kantonalen Verwaltungsverfahrensrecht wird der Anspruch auf rechtliches Gehör in § 46 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (VRG; SRL Nr. 40) mit dem auch von Art. 29 Abs. 2 BV erfassten Teilgehalt, dass den Parteien Gelegenheit gegeben werden muss, sich vor einem Entscheid schriftlich oder mündlich zu äussern, konkretisiert. Der Gehörsanspruch im Sinn der erwähnten Äusserungsmöglichkeit, schliesst zwar keinen Anspruch auf mündliche Anhörung ein (BGer-Urteil 2C_1012/2014/2C_1013/2014 vom 14.11.2015 E. 3.1 mit Hinweisen), die bundesverfassungsrechtliche Minimalgarantie kann aber durch kantonales Verfahrensrecht ausgedehnt werden (BGE 135 I 279 E. 2.2). Von dieser Möglichkeit hat der Kanton Luzern mit § 156 Abs. 1 des Steuergesetzes (StG; SRL Nr. 620) Gebrauch gemacht.

Der Sinn der durch § 156 Abs. 1 StG garantierten mündlichen Verhandlung im Einspracheverfahren besteht für den Regelfall darin, dass der Steuerpflichtige vor der Veranlagungsbehörde nochmals angemessen seinen in der schriftlichen Einsprache vertretenen Standpunkt darlegen kann. Die Unmittelbarkeit der mündlichen Verhandlung erleichtert es darüber hinaus der mit der Einsprache befassten Steuerbehörde, sich ein Bild von der Persönlichkeit des Einsprechers zu machen (sofern sich dieser nicht vertreten lässt, was ihm gemäss § 132 Abs. 1 lit. c StG in Verbindung mit § 22 ff. VRG nicht verwehrt ist). Erfahrungsgemäss ist es bei einer mündlichen Verhandlung ausserdem einfacher als im schriftlichen Verkehr, eine Einigung zwischen Steuerbehörde und Steuerpflichtigem zu erzielen.

Schliesslich wird dem Einsprecher durch die mündliche Verhandlung die Möglichkeit eröffnet, allenfalls früher noch nicht eingereichtes Beweismaterial direkt anlässlich der Verhandlung vorzulegen. Die Bestimmung von § 156 Abs. 1 StG dient insofern auch der Gewährleistung des von Bundesrechts wegen niederschwellig angelegten Einspracheverfahrens, muss doch eine Einsprache, soweit nicht eine Ermessensveranlagung strittig ist, nicht begründet werden (vgl. Art. 48 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG; SR 642.14]; Art. 132 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer [DBG; SR 642.11]). Voraussetzung ist allerdings ein entsprechendes Begehren, da die Verhandlung, wenn die Steuerbehörde nicht von Amts wegen dazu vorlädt (§ 156 Abs. 1 Satz 2 StG), nur auf Verlangen durchgeführt wird. Dabei ist eine vom Steuerpflichtigen beantragte Einspracheverhandlung auch dann durchzuführen, wenn diese nach Auffassung der mit der Einsprache befassten Steuerbehörde an den in der Veranlagungsverfügung getroffenen Feststellungen bzw. den darin festgesetzten Steuerfaktoren nichts zu ändern vermag (vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts Luzern A 09 186 vom 6.1.2011 E. I.2 mit Hinweis). Geht die Steuerbehörde trotz rechtzeitiger Mitteilung darüber hinweg, macht sie sich einer Gehörsverweigerung schuldig (zum Ganzen: LGVE 2015 IV Nr. 14 E. 4.2).

2.2.
Im vorliegenden Fall schlug die Dienststelle Steuern dem Vertreter der Beschwerdeführerin am 12. April 2018 mögliche Termine für eine Einspracheverhandlung vor. Wie erwähnt (E. 1 vorne) verzichtete die Beschwerdeführerin anlässlich des Telefonats vom 12. Juni 2018 vorerst auf die Durchführung. Nachdem die ESTV mit Schreiben vom 21. Juni 2018 die Mittelflüsse nicht mehr als Kapitaleinlagereserven anerkannt hatte, teilte die Beschwerdeführerin der Dienststelle Steuern mit Schreiben vom 28. Juni 2018 (Eingang Abteilung JP gemäss Stempel: 2.7.2018) einerseits mit, dass sie an einer Einspracheverhandlung festhalte, um insbesondere ihren Standpunkt betreffend den Vertrauensschutz darzulegen und andererseits, dass das Einspracheverfahren zu sistieren sei, bis die zuständige ESTV oder das zuständige Gericht über die Qualifikation der Kapitaleinlage entschieden habe.

Dieses Schreiben ging bei der Vorinstanz nachweislich vor Eröffnung des Einspracheentscheids ein. Ihrem Mitglied und Sekretär gelangte es nach dessen Angaben erst nach durchgeführter Sitzung (vom 2.7.2018) zur Kenntnis. Der Einspracheentscheid erging mit Datum vom 3. Juli 2018. Es ist der Beschwerdeführerin zuzustimmen, dass es nicht in ihrem Verantwortungsbereich liegt, ob eine grundsätzlich rechtzeitig erfolgte Eingabe behördenintern der avisierten Person pünktlich zur Kenntnis gebracht wird. Unabhängig davon, ob die Sitzung der Steuerkommission bereits durchgeführt worden ist, hätte sich die Vorinstanz in ihrem Einspracheentscheid mit den beiden prozessualen Anträgen auseinandersetzen müssen. Indem sie dies unterliess, verletzte sie den Anspruch auf rechtliches Gehör. Die Nichtbehandlung von solchen Anträgen stellt einen schwerwiegenden Verfahrensmangel dar, welcher zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids führen muss (vgl. E. 2.1 vorne).

3.
3.1.
3.1.1.
Der Anspruch auf Beurteilung durch eine unparteiische und unvoreingenommene Gerichts- und Verwaltungsbehörde ist verfassungsrechtlich in Art. 30 Abs. 1 (für Gerichte) bzw. Art. 8 Abs. 1 und Art. 29 Abs. 1 BV (für Verwaltungsbehörden) garantiert. Damit ist der Anspruch auf den Ausstand befangener Personen zwingend verbunden. Für verwaltungsinterne Verfahren gilt dabei nicht der gleich strenge Massstab wie gemäss Art. 30 BV für unabhängige richterliche Behörden. Dass sich der Grundsatz der Unabhängigkeit des Gerichts nicht restlos auf die Verwaltungsbehörden übertragen lässt, ergibt sich insbesondere daraus, dass diese nicht jenen Grad der Unabhängigkeit namentlich von der Exekutive erlangen können, wie es das Gewaltenteilungsprinzip für die Gerichte fordert (vgl. Zweifel/Hunziker, in: Komm. zum Schweizerischen Steuerrecht, Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer [Hrsg. Zweifel/Beusch], 3. Aufl. 2017, Art. 109 DBG N 3 m.H.; Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl. 2016, N 979). Für jedes Verwaltungs- und Verwaltungsjustizverfahren gilt jedoch eine Minimalgarantie, wonach nur solche Personen Rechtsprechungsfunktionen ausüben dürfen, die Gewähr für eine unbefangene, unvoreingenommene und unparteiische Beurteilung der Angelegenheit bieten (Kiener, Richterliche Unabhängigkeit – Verfassungsrechtliche Anforderungen an Richter und Gerichte, Bern 2001, S. 23).

Demgemäss befindet sich nach DBG und nach kantonalem Recht im Ausstand, wer einen Entscheid fällen oder instruieren soll, wenn er aus einem sachlich vertretbaren Grund als befangen erscheint (Art. 109 Abs. 1 lit. d DBG; § 132 Abs. 1 lit b StG i.V.m. § 14 Abs. 1 lit. g VRG).

Die Unabhängigkeit der Gerichtsmitglieder muss während des gesamten Verfahrens – nicht nur in der Entscheid-, sondern auch schon in der Vorbereitungsphase – bestehen (Zweifel/Casanova/Beusch/Hunziker, a.a.O., § 15 N 13). Nach der Rechtsprechung kann der Anschein der Befangenheit insbesondere durch vor oder während eines Prozesses abgegebene Äusserungen eines Richters (oder eines verwaltungsinternen Entscheidungsträgers), die den Schluss zulassen, dass sich dieser bereits eine feste Meinung über den Ausgang des Verfahrens gebildet hat, erweckt werden (vgl. BGE 137 I 227 E. 2.2, 134 I 238 E. 2.1, 125 I 119 E. 3a; Zweifel/Hunziker a.a.O., Art. 109 DBG N 25a m.H.). Äusserungen über den mutmasslichen Ausgang des Verfahrens sind generell problematisch, insbesondere dann, wenn sie gegenüber Dritten oder gar den Medien getätigt werden, während bei Äusserungen gegenüber einem Rechtsvertreter eher Verständnis für den bloss vorläufigen Charakter erwartet werden darf (BGE 134 I 238 E. 2.4). Problematisch erscheint die klare Meinungsäusserung auch dann, wenn sie auf Initiative des Behördenmitgliedes hin und nicht aus Anlass einer Kontaktnahme seitens der Parteivertretung oder im Zusammenhang mit einem notwendigen, verfahrensleitenden Entscheid erfolgt (BGE 134 I 238 E. 2.6) und ebenso dann, wenn im vorangegangen Verfahren bereits klare Stellung zum Ausgang des folgenden Prozesses bezogen wird (vgl. zum Ganzen: Zweifel/Hunziker a.a.O., Art. 109 DBG N 25b).

Nach dem Gesagten sind – insbesondere apodiktische – Äusserungen von Richtern – aber auch von Mitgliedern von entscheidenden Verwaltungsbehörden –, die den Schluss zulassen, dass ein Ergebnis des Verfahrens bereits vor dessen Abschluss feststeht, geeignet, die sich äussernde Person als befangen zu betrachten (vgl. Zweifel/Casanova, Schweizerisches Steuerverfahrensrecht Direkte Steuern, 2. Aufl. 2018, § 9 N. 28). Führt die fehlende Unvoreingenommenheit im Veranlagungs- oder Einspracheverfahren dazu, dass die gesetzliche Untersuchungspflicht (Art. 130 Abs. 1 DBG; § 144 Abs. 1 StG) nicht tatsächlich wahrgenommen werden kann und dem Betroffenen das im gemischten Veranlagungsverfahren gegebene Mitwirkungs-, besonders das Behauptungs- und Beweisrecht (Art. 115 und Art. 123 DBG; § 140 und § 144 StG) verkürzt wird, geht sie mit der Verletzung des rechtlichen Gehörs einher, da die rechtsuchende Person mit ihren Argumenten und Beweismitteln von vornherein ausgeschlossen wird (vgl. E. 2.1 vorne).

Die Verletzung von Ausstandsvorschriften stellt einen schwerwiegenden Verfahrensmangel dar (Zweifel/Hunziker, a.a.O., Art. 109 DBG N 34, a.z.F.). Sie ist von Amtes wegen zu beachten, ohne dass sie vom Steuerpflichtigen oder anderen Verfahrensbeteiligten geltend gemacht werden müssen (Zweifel/Casanova/Beusch/Hunziker, a.a.O., § 15 N 13). Die fehlerhafte Entscheidung muss unbekümmert um die materielle Interessenlage aufgehoben werden, da der Anspruch auf eine unvoreingenommene und unparteiliche Behörde – wie der Gehörsanspruch (vgl. E. 2.1 vorne) – formeller Natur ist und im Rechtsmittelverfahren in aller Regel nicht mehr geheilt werden kann (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkomm. zum DBG, 3. Aufl. 2016, Art. 109 DBG N 37 und Art. 143 DBG N 31, a.z.F.). Die Feststellung einer Ausstandspflichtverletzung führt deshalb zur Aufhebung des angefochtenen Entscheides und Rückweisung in das vorinstanzliche Verfahren.

3.1.2.
3.1.2.1.
Im Kanton Luzern entscheiden die Steuerbehörden in Steuerkommissionen über Einsprachen gegen Veranlagungsverfügungen (§ 126 Abs. 1 StG). Jede Steuerkommission besteht mindestens aus einem Präsidenten oder einer Präsidentin und einem weiteren Mitglied. Diese werden vom Regierungsrat gewählt (Abs. 2). Die Zahl der Steuerkommissionen und ihre Organisation werden von der Dienststelle Steuern des Kantons bestimmt (Abs. 3). Gemäss § 26 der Steuerverordnung (StV; SRL Nr. 621) sind zur Beschlussfassung der Steuerkommission mindestens zwei Mitglieder erforderlich. Vorbehältlich einer Einspracheverhandlung nach § 156 StG erfolgt die Erledigung von Einsprachen auf dem Zirkulationsweg. Die Steuerkommission trifft ihren Entscheid mit einfacher Stimmenmehrheit. Ergibt sich bei Abstimmungen keine Stimmenmehrheit, zählt die Stimme des Präsidiums doppelt (Abs. 2).

Die sog. Steuerkommission für juristische Personen und Personengesellschaften setzt sich aus externen Unternehmerpersönlichkeiten zusammen (https://steuern.lu.ch/kontakt/steuerkommissionen), wobei ein Präsident und drei ordentliche Mitglieder eingesetzt sind. Sodann sind drei Ersatzmitglieder gewählt. Eines der ordentlichen Mitglieder ist ein langjähriger Angestellter der Dienststelle Steuern, der den Geschäftsbereich "Juristische Personen" leitet und Mitglied der Geschäftsleitung ist. Er amtet auch als Sekretär der Steuerkommission für juristische Personen und Personengesellschaften.

3.1.2.2.
Im vorliegenden Fall teilte der erwähnte Mitarbeiter der Dienststelle Steuern in seiner Eigenschaft als Steuerkommissionsmitglied und zugleich Sekretär der Steuerkommission dem Vertreter der Beschwerdeführerin mit Mail vom 3. Juli 2018 mit, dass er bereits telefonisch erklärt habe, "dass die Steuerkommission die Einsprache – unabhängig von einer Einspracheverhandlung und der widersprüchlichen Stellungnahme der Eidg. Steuerverwaltung – ablehnen wird. Sie haben folglich telefonisch auf die Durchführung einer Einspracheverhandlung verzichtet". Damit nahm er Bezug auf das Telefongespräch vom 12. Juni 2018 und gab dessen Inhalt in Übereinstimmung mit der Beschwerdeführerin wieder. Es ist deshalb erstellt, dass er als gewichtiger Entscheidträger in der mit der Einsprache befassten Steuerbehörde mehrere Wochen vor Abschluss des Einspracheverfahrens dessen Ergebnis zumindest für sich – aber auch für die ausserhalb der Steuerverwaltung stehenden Unternehmerpersönlichkeiten, die nicht über seine steuerrechtliche Fachqualifikation verfügen – vorweggenommen hatte. Im besagten Telefongespräch machte er für sich – aber auch namens der Kommission – deutlich, dass er sich bereits eine unverrückbare Meinung gebildet und auf ein entsprechendes Ergebnis festgelegt hatte. Er machte damit in bestimmter Weise klar, dass er, selbst wenn die Beschwerdeführerin von der mit der Verhandlung gegebenen, erweiterten Möglichkeit zur Wahrnehmung des Anspruchs auf rechtliches Gehör Gebrauch machen würde, nicht mehr auf seinen gefassten Entscheid zurückkommen werde. Gleiches nahm er wohl aufgrund seiner (tatsächlich auf langjähriger Zusammenarbeit beruhender) Erfahrung auch für die mit ihm zusammen mit der Einsprache befassten Unternehmerpersönlichkeiten in Aussicht.

Mit dieser telefonischen Mitteilung, die im Wesentlichen der Klärung diente, ob die Beschwerdeführerin an der beantragten Einspracheverhandlung festhalte, machte er der Beschwerdeführerin somit die Aussichtslosigkeit eines mündlichen Vortrages mit möglicherweise weiteren Argumenten oder unter Vorlage von Beweismitteln für ihren Standpunkt, ohne irgendeinen Vorbehalt zu machen, deutlich. Bereits aufgrund seiner Stellung im Spruchkörper an sich, aber insbesondere aufgrund seines Gewichts als steuerfachlich bestens versiertem Mitglied mit langjähriger Erfahrung und Sekretär war demnach zu diesem Zeitpunkt weder er selber noch die mit ihm besetzte Einsprachebehörde in ihrer Entscheidfindung frei und geschweige denn der Verfahrensausgang offen.

3.1.2.3.
Im vorliegenden Fall veranschaulicht der Meinungsumschwung der ESTV betreffend die Qualifikation des Verkaufspreises der Aktien im Betrag der Differenz zwischen dem Nominalwert und dem Wiederverkaufspreis, d.h. von Fr. 145'000.--, überdies, dass diesbezüglich offenbar selbst bei den mit Steuerfachleuten bestellten Behörden eine gewisse Unsicherheit bestand und die sich stellenden Fragen nicht eindeutig in der von der Luzerner Veranlagungsbehörde für zutreffend erachteten Weise zu beantworten waren. Die Durchführung einer Einspracheverhandlung hätte folglich durchaus zu einem anderen Ergebnis der steuerlichen Qualifikation führen können (vgl. dazu E. 2.1 vorne). Indem sich das Mitglied der Steuerkommission – und aus seiner Sicht auch diese selbst – jedoch von Vornherein auf ein bestimmtes Ergebnis festlegt hatte, bevor alle gesetzlich für die Wahrnehmung der Parteirechte im Luzerner Einspracheverfahren gegebenen Möglichkeiten ausgeschöpft waren, konnte er im Zeitpunkt seiner telefonischen Mitteilung nicht mehr als unbefangen gelten und wäre von Gesetzes wegen verpflichtet gewesen, in den Ausstand zu treten. Da er sich dennoch als Mitglied der Kommission und als deren Sekretär beteiligte, war die Kommission im Zeitpunkt des Einspracheentscheides nicht gesetzmässig bestellt.

Die Verletzung von Ausstandsvorschriften, insbesondere des Anspruchs auf eine unvoreingenommene Zusammensetzung der Einspracheinstanz stellt einen schwerwiegenden Verfahrensmangel dar.

3.2.
Das ehemalige Luzerner Verwaltungsgericht hatte sich in einem Entscheid vom 30. April 2012 mit der Zusammensetzung der Steuerkommission ausführlich auseinandergesetzt, insbesondere mit der Übereinstimmung der Luzerner Lösung mit den steuerharmonisierungsrechtlichen Vorgaben (Urteil des Verwaltungsgerichts Luzern A 10 94 vom 30.4.2012 E. 5; LGVE 2012 II Nr. 20). Die Steuerkommissionen, welche über Einsprachen gegen Veranlagungsverfügungen entscheiden (§ 126 Abs. 1 StG), gehören zu den Steuerbehörden. Die Einsprache ist ein verwaltungsinternes Rechtsmittel, das der Überprüfung der Veranlagungsverfügung und gegebenenfalls der Ergänzung und Fortsetzung des Veranlagungsverfahrens durch die Veranlagungsbehörde dient. Die StHG-konforme Einsprache zeichnet sich dadurch aus, dass zwingend die gleiche Behörde (aber nicht zwingend dieselbe Einschätzungsperson), welche die Veranlagung vorgenommen hat, in einer für sie verbindlichen Weise veranlasst wird, ihren Veranlagungsentscheid nochmals zu überprüfen und dieses Überprüfungsverfahren mit einem Einspracheentscheid abzuschliessen. Das Luzerner Steuerrecht trägt diesem Umstand im Veranlagungsverfahren betreffend natürliche Personen Rechnung, indem der Einschätzer, der den angefochtenen Veranlagungsentscheid gefällt hatte, in der Steuerkommission vertreten ist. Wenn daneben mindestens eine weitere Person (Präsident/in) im Einspracheverfahren mitwirkt, die bislang mit dem Verwaltungsverfahren nicht befasst war, kann dies – wie in der regierungsrätlichen Botschaft zu Recht erwähnt ist (Bericht des Regierungsrats für die Vernehmlassung zur Totalrevision des Steuergesetzes, 16.12.1997, S. 45) – zu einer neutralen Beurteilung beitragen und somit einen zusätzlichen Schutz des Steuerpflichtigen bewirken, was jedenfalls nicht im Widerspruch zum StHG steht. Die Einsprache bleibt auch nach Luzerner Lesart funktional eine Wiedererwägung und Teil des Veranlagungsverfahrens. Vor diesem Hintergrund ist auch nicht zu beanstanden, sondern vielmehr systemkonform, dass die Einsprache nach dem gesetzlichen Modell durch den gleichen Einschätzer (mit-)beurteilt wird (ausführlich: Urteil des Verwaltungsgerichts Luzern A 10 94 vom 30.4.2012 E. 5c/cc, 5d/bb f.).

Da sich die Steuerkommission für juristische Personen und Personengesellschaften, wie erwähnt, mit Ausnahme eines Mitglieds aus externen Luzerner Unternehmerpersönlichkeiten zusammensetzt, ist daran zu erinnern, dass sich die Zusammensetzung der Steuerkommission nach den Vorgaben des StHG zu richten hat. Dies gilt es bei der Wiederholung des Einspracheverfahrens in unvoreingenommener Besetzung zu beachten.

4.
Aufgrund der schwerwiegenden Verfahrensmängel (vgl. vorne E. 2 u. 3) ist der Einspracheentscheid aufzuheben und die Angelegenheit in das Einspracheverfahren zurückzuweisen. Die Verwaltungsgerichts- und die Bundessteuerbeschwerde ist entsprechend teilweise gutzuheissen.

4.1.
Grundsätzlich trägt die amtlichen Kosten, wer im Rechtsmittelverfahren unterliegt (§ 198 Abs. 1 lit. c VRG; Art. 144 Abs. 1 DBG).

Die Beschwerdeführerin dringt mit ihrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde und Bundessteuerbeschwerde insofern durch, als dass der vorinstanzliche Einspracheentscheid aufzuheben und die Sache zur Wiederholung des Einspracheverfahrens zurückzuweisen ist. Ein solcher Verfahrensausgang kommt praxisgemäss einem Obsiegen gleich. Es sind der Beschwerdeführerin daher keine amtlichen Kosten aufzuerlegen. Der geleistete Kostenvorschuss ist ihr zurückzuerstatten. Die Vorinstanz ist als kantonale Behörde von Gesetzes wegen von der Kostenpflicht befreit (§ 199 Abs. 1 VRG).

4.2.
Mit Bezug auf die Parteikosten sieht der nach § 132 Abs. 2 StG für die Verfahren betreffend die Kantons- und Gemeindesteuern massgebliche § 201 Abs. 2 VRG vor, dass der obsiegenden Partei zu Lasten des Gemeinwesens, dem die Vorinstanz angehört, eine angemessene Vergütung für ihre Vertretungskosten zugesprochen wird, wenn der Vorinstanz grobe Verfahrensfehler oder offenbare Rechtsverletzungen zur Last fallen. Da die Vorinstanz elementare Verfahrensvorschriften verletzte (vgl. E. 2 u. 3 vorne), sind die kantonalrechtlichen Voraussetzungen für eine Parteientschädigung gegeben. Ebenso sind im Verfahren betreffend die direkte Bundessteuer die Voraussetzungen für eine Umtriebsentschädigung im Sinn von Art. 144 Abs. 4 DBG i. V. m. Art. 64 Abs. 1 - 3 Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 (VwVG; SR 172.021) gegeben. Entsprechend ist der Beschwerdeführerin zu Lasten des Kantons Luzern eine angemessene Parteientschädigung von pauschal Fr. 3'000.-- zuzusprechen.