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Rechtsprechung Luzern


Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:4. Abteilung
Rechtsgebiet:Kausalabgaben
Entscheiddatum:10.01.2019
Fallnummer:7H 15 193
LGVE:2019 IV Nr. 3
Gesetzesartikel:§ 146 VRG.
Leitsatz:Rechtsänderung im hängigen Beschwerdeverfahren. Auslegung der "Natur der Streitsache" im Sinn von § 146 VRG.
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Entscheid:Aus den Erwägungen:

4.2.4

[…]

In Streitsachen wegen Veranlagung oder Rückerstattung steht dem Kantonsgericht im Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren auch die Ermessenskontrolle zu (§ 157 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege [VRG; SRL Nr. 40]). In Beschwerdefällen mit Ermessenskontrolle gelten an Stelle der §§ 152 - 155 die §§ 144 - 147 VRG. D.h., in diesen Fällen sind die Bestimmungen betreffend das Verwaltungsbeschwerdeverfahren massgeblich. Für den Beschwerdeentscheid sind, soweit sich aus der Natur der Streitsache nichts anderes ergibt, die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Beschwerdeentscheides massgebend (§ 146 VRG).

Die Beschwerdeführerin beruft sich betreffend das für den Beschwerdeentscheid massgebende Recht auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung, namentlich auf BGE 127 II 306 E. 7c, wonach "im Laufe des Beschwerdeverfahrens eingetretene Rechtsänderungen […] an sich unbeachtlich [sind], es sei denn, zwingende Gründe sprächen für die Berücksichtigung des neuen Rechts." Diese Regelung kommt jedoch in jenen Fällen zum Tragen, in denen keine intertemporalrechtlichen Bestimmungen vorliegen (vgl. Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl. 2017, N 293 f.; Tschannen/Zimmerli/Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2014, § 24 N 19 f. m.H.). Für den vorliegenden Fall besteht jedoch mit § 146 VRG eine übergangsrechtliche Regelung.

Es stellt sich weiter die Frage, ob die Natur der Streitsache die Anwendung der aktuellen, am 11. Dezember 2017 von der Gemeindeversammlung bestätigten Fassung der gemeinderätlichen Tarifordnung ausschliesst. Die Bemessungsregeln für Wasseranschlussgebühren in der Gemeinde Z blieben seit dem angefochtenen Einspracheentscheide unverändert. Auch mit dem Beschluss der Gemeindeversammlung vom 11. Dezember 2017 blieben die Tarifbestimmungen wörtlich gleich, indessen erhielt die gemeinderätliche Verordnung den Status eines Erlasses des kommunalen Gesetzgebers. Die "Streitsache" im Sinn des VRG betrifft also nicht die Frage, ob vor dem 11. Dezember 2017 geltendes Recht unrichtig angewendet worden sei (wozu naturgemäss nur das damals geltende Recht Antworten liefern könnte); sondern, dass das angewendete Recht, wie festgestellt, als reiner Exekutiverlass keine genügende gesetzliche Grundlage bildete. Es drängt sich deshalb aus der Natur der Streitsache nicht auf, von der Grundregel gemäss § 146 VRG, die im Entscheidzeitpunkt geltenden rechtlichen Grundlagen anzuwenden, abzuweichen. Die Aufhebung des Einspracheentscheids aus diesem Grund ergäbe schliesslich auch keinen Sinn, wäre es doch der Beschwerdegegnerin unbenommen, die Wasseranschlussgebühren erneut – und diesmal gestützt auf vorliegende, als genügende gesetzliche Grundlage qualifizierte Tarifordnung – in der gleichen Höhe zu veranlagen. Aus der Natur der Streitsache lässt sich daher nichts ableiten, was zum Schluss führen müsste, dass ausnahmsweise andere, als die im Zeitpunkt des Beschwerdeentscheids herrschenden rechtlichen Verhältnisse, massgebend sein müssten.

Immerhin ist festzuhalten, dass erst das vorliegende Beschwerdeverfahren den Gemeinderat Z veranlasst hatte, die abgaberechtlich erforderliche gesetzliche Grundlage zu schaffen und die Tarifordnung der Gemeindeversammlung zur Genehmigung vorzulegen. Diesem Umstand wird bei den Nebenfolgen im vorliegenden Verfahren Rechnung zu tragen sein.