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Rechtsprechung Luzern


Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:2. Abteilung
Rechtsgebiet:Kindes- und Erwachsenenschutz
Entscheiddatum:08.02.2019
Fallnummer:3H 18 17
LGVE:2019 II Nr. 4
Gesetzesartikel:Art. 450 Abs. 2 ZGB, Art. 450 Abs. 2 Ziff. 1 ZGB, Art. 450 Abs. 2 Ziff. 2 ZGB, Art. 450 Abs. 2 Ziff. 3 ZGB.
Leitsatz:Ein nicht am vorinstanzlichen Verfahren beteiligter Dritter (hier der Sohn der Betroffenen) ist nicht befugt, gegen einen Entscheid der KESB betreffend Abnahme des Inventars Beschwerde zu erheben, wenn er eigene (rechtlich nicht geschützte) Interessen verfolgt und sich aus diesem Grund nicht auf die Legitimation der nahestehenden Person berufen kann.
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Entscheid:
Aus den Erwägungen:

3.
3.1.
Der Beschwerdeführer ficht den Entscheid der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Z vom 23. Januar 2018 an, mit welchem die Behörde das Inventar der Beiständin über den Besitzstand von A [der Mutter des Beschwerdeführers] abgenommen hat. Dazu ist anzumerken, dass diesbezügliche Verfügungen der KESB keine rechtsgestaltende Wirkung mit Bezug auf strittige Forderungen oder Ansprüche haben, sondern Anordnungen über das zu verwaltende Vermögen an die Adresse der Beistandsperson und bezüglich der eigenen Verwahrungs- und Aufsichtspflicht darstellen (vgl. Affolter, Basler Komm., 5. Aufl. 2014, Art. 405 ZGB N 36 sowie N 32). Folglich ist der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Entscheid formell nicht belastet (ebenso Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft 810 17 98 vom 3.5.2017 E. 6). Es fragt sich, ob der Beschwerdeführer legitimiert ist, gegen den Entscheid der KESB Z vom 23. Januar 2018 Beschwerde zu erheben. Gemäss der massgeblichen Bestimmung von Art. 450 Abs. 2 ZGB sind zur Beschwerde befugt: 1. die am Verfahren beteiligten Personen; 2. die der betroffenen Person nahestehenden Personen; 3. Personen, die ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids haben.

3.2.
Mit am Verfahren beteiligte Personen im Sinn von Art. 450 Abs. 2 Ziff. 1 ZGB sind in erster Linie die betroffenen Personen gemeint, das heisst die natürlichen Personen, die von der behördlichen Massnahme als Hilfsbedürftige oder Schutzbefohlene unmittelbar berührt sind. Im Bereich des Kindesschutzes zählen dazu neben dem Kind selbst in aller Regel auch die Eltern. Soweit die Handlungen oder Unterlassungen eines Beistands zum Gegenstand des Verfahrens geworden sind, muss auch der Beistand als beteiligte Person gelten (vgl. BGer-Urteil 5A_979/2013 vom 28.3.2014 E. 6; Botschaft zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Erwachsenenschutz, Personenrecht und Kindesrecht] vom 28.6.2006, in: BBl 2006 7084). Der blosse Umstand, dass eine Person im erstinstanzlichen Verfahren zur Stellungnahme eingeladen oder dass ihr der Entscheid eröffnet wurde, verschafft ihr nicht ohne Weiteres auch die Befugnis zur Beschwerde gegen den Entscheid der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde. Denn nahestehende Personen oder Dritte, auch wenn sie sich im beschriebenen Sinn am Verfahren beteiligt haben, sind nur im Rahmen ihrer nach Art. 450 Abs. 2 Ziff. 2 oder 3 ZGB bestehenden Legitimation zur Beschwerde zuzulassen (vgl. BGer-Urteil 5A_979/2013 vom 28.3.2014 E. 6 mit Hinweisen). Bei der auf Art. 450 Abs. 2 Ziff. 1 ZGB gestützten Legitimation zur Beschwerde genügen tatsächliche Interessen (rechtlich geschützte Interessen sind nicht erforderlich). Indes wird auch hier ein aktuelles Interesse an der Behandlung der Beschwerde vorausgesetzt (vgl. BGer-Urteile 5A_746/2016 vom 5.4.2017 E. 2.3.1 und 5A_960/2015 vom 22.12.2015 E. 2.2 mit Hinweisen).

Vorliegend war der Beschwerdeführer nicht als direkt betroffene Person im Sinn von Art. 450 Abs. 2 Ziff. 1 ZGB am erwachsenenschutzrechtlichen Verfahren vor der KESB Z in Sachen Abnahme des Besitzstandsinventars von A beteiligt. Entsprechend kann sich eine allfällige Legitimation zur Beschwerde gegen deren Entscheid nur aus Art. 450 Abs. 2 Ziff. 2 oder 3 ZGB ergeben.

3.3.
Gemäss Art. 450 Abs. 2 Ziff. 2 ZGB sind neben der direkt betroffenen Person auch nahestehende Personen zur Beschwerde befugt. Wie in der bundesrätlichen Botschaft ausgeführt wird, handelt es sich bei der nahestehenden Person nach Lehre und Rechtsprechung um eine Person, welche die betroffene Person gut kennt und kraft ihrer Eigenschaften sowie regelmässig kraft ihrer Beziehungen zu dieser als geeignet erscheint, deren Interessen wahrzunehmen. Eine Rechtsbeziehung ist jedoch nicht erforderlich. Entscheidend ist vielmehr die faktische Verbundenheit. Nahestehende Personen können die Eltern, die Kinder, andere durch Verwandtschaft oder Freundschaft mit der betroffenen Person Verbundene, der Lebensgefährte oder die Lebensgefährtin, aber auch die Beiständin, der Arzt, die Sozialarbeiterin, der Pfarrer oder andere Personen, welche die betroffene Person betreut und begleitet haben, sein (vgl. BBl 2006 7084). Das Bundesgericht führt zur Auslegung des Begriffs der nahestehenden Person gemäss Art. 450 Abs. 2 Ziff. 2 ZGB aus, dass das Wort "Nahestehen" eine auf unmittelbarer Kenntnis der Persönlichkeit des Betroffenen, von diesem bejahte und von Verantwortung für dessen Ergehen geprägte Beziehung meint, die den Dritten geeignet erscheinen lässt, Interessen des Betroffenen wahrzunehmen. Diese Beziehung bzw. die Anforderungen daran – (1.) unmittelbare Kenntnis der Persönlichkeit des Betroffenen, (2.) Bejahung durch den Betroffenen und (3.) Verantwortung für das Ergehen des Betroffenen – müssen glaubhaft gemacht werden (vgl. BGer-Urteile 5A_112/2015 vom 7.12.2015 E. 2.5.1.2 und 5A_663/2013 vom 5.11.2013 E. 3 mit Hinweisen; LGVE 2015 II Nr. 11 E. 3.2.2). Das Bundesgericht hat sodann klargestellt, dass gestützt auf Art. 450 Abs. 2 Ziff. 2 ZGB nur legitimiert ist, wer mit der Beschwerde auch tatsächlich die Interessen der betroffenen Person verfolgt. Nimmt die Drittperson eigene Interessen wahr, ist unerheblich, ob sie als nahestehende Person qualifizieren könnte. Ihre Beschwerdelegitimation richtet sich diesfalls nach den Voraussetzungen von Art. 450 Abs. 2 Ziff. 3 ZGB (vgl. BGer-Urteile 5A_746/2016 vom 5.4.2017 E. 2.3.2 und 5A_112/2015 vom 7.12.2015 E. 2.5.1.1 mit Hinweisen).

Vorliegend kann der Beschwerdeführer seine Beschwerdeberechtigung nicht aus Art. 450 Abs. 2 Ziff. 2 ZGB ableiten, weil ein Interessenskonflikt besteht. Wie aus der Beschwerdeschrift hervorgeht, nimmt er eigene Interessen wahr, indem er einerseits bestreitet, seiner Mutter Geld zu schulden, und andererseits gegenüber seiner Mutter finanzielle Forderungen geltend macht. Da der Beschwerdeführer mit der Beschwerde nicht die Interessen seiner Mutter verfolgt und er sich aus diesem Grund ohnehin nicht auf die Legitimation der nahestehenden Person berufen kann, braucht nicht geprüft zu werden, ob er grundsätzlich geeignet erscheint, deren Interessen wahrzunehmen.

3.4.
Zu prüfen bleibt, ob der Beschwerdeführer gestützt auf Art. 450 Abs. 2 Ziff. 3 ZGB als legitimiert gelten kann, gegen den Entscheid der KESB Z in Sachen Abnahme des Besitzstandsinventars von A Beschwerde zu erheben.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist ein Dritter gestützt auf Art. 450 Abs. 2 Ziff. 3 ZGB nur dann zur Beschwerde legitimiert, wenn er die Verletzung eigener Rechte geltend macht und ein rechtliches Interesse verfolgt, das durch das Erwachsenenschutzrecht geschützt werden soll (vgl. BBl 2006 7084). Die Geltendmachung dieses eigenen rechtlich geschützten Interesses, das wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein kann, ist nur zulässig, wenn es mit der fraglichen Massnahme direkt zusammenhängt bzw. mit der Massnahme geschützt werden soll und deshalb von der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde hätte berücksichtigt werden müssen. Gibt der Dritte vor, Interessen der betroffenen Person wahrzunehmen, ohne aber als nahestehende Person in Betracht zu fallen, ist er nicht legitimiert (vgl. BGer-Urteile 5A_979/2013 vom 28.3.2014 E. 4.2, 5A_112/2015 vom 7.12.2015 E. 2.5.1.3 und 5A_746/2016 vom 5.4.2017 E. 2.3.3 mit Hinweisen; BBl 2006 7084 f.).

Vorliegend ist nicht ersichtlich, inwiefern die Vorinstanz bei ihrem Entscheid ein rechtliches Interesse des Beschwerdeführers, welches durch das Erwachsenenschutzrecht geschützt werden soll, verletzt hätte. Wie bereits dargelegt, entfaltet der angefochtene Entscheid gegenüber dem Beschwerdeführer keine Rechtswirkung, da damit keine Forderungen oder Schulden der betroffenen Person als gültig anerkannt werden. Weder der Nichtbestand des vom Beschwerdeführer bestrittenen Darlehens noch der Bestand der von ihm geltend gemachten Forderung gegenüber seiner Mutter hängen davon ab, ob sie im Inventar vermerkt sind oder nicht.

3.5.
Nach dem Gesagten ist dem Beschwerdeführer die Legitimation zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Entscheid der KESB Z betreffend Genehmigung des Inventars von A abzusprechen. Auf die Beschwerde ist mangels Beschwerdebefugnis nicht einzutreten.