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Rechtsprechung Luzern


Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:4. Abteilung
Rechtsgebiet:Verschiedenes
Entscheiddatum:18.02.2019
Fallnummer:7H 19 25
LGVE:
Gesetzesartikel:Art. 13 Abs. 1 lit. a PAVO, Art. 15 Abs. 1 lit. b PAVO, Art. 15 Abs. 1 lit. d PAVO, Art. 15 Abs. 1 lit. e PAVO.
Leitsatz:Frist und Modalitäten für die Einholung von aktuellen Strafregister- und Sonderprivatauszügen von der bestehenden Mitarbeiterschaft einer Kindertagesstätte durch den Gemeinderat (E. 3). Feuerpolizeiliche Überprüfung der Kindertagesstätte (E. 4).
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Entscheid:Sachverhalt

A.
Der Gemeinderat Z erteilte der Leiterin der Kindertagesstätte A am 25. Januar 2017 erstmals eine Betriebsbewilligung für maximal 21 Krippenplätze. Mit Entscheid vom 18. Dezember 2018 verlängerte er diese Betriebsbewilligung gestützt auf den Abklärungsbericht der Fachstelle Kinder Jugend Familie der Stadt Y vom 25. September 2018. Gleichzeitig wurden verschiedene Auflagen verfügt.

B.
Gegen diesen Entscheid reichte die Kita A am 19. Januar 2019 (Postaufgabe) Verwaltungsgerichtsbeschwerde bei der 2. Abteilung des Kantonsgerichts ein.

Am 24. Januar 2019 leitete die 2. Abteilung des Kantonsgerichts die Beschwerde zuständigkeitshalber an die 4. Abteilung weiter.

Aus den Erwägungen:

1.
1.1.
Angefochten ist der Entscheid des Gemeinderats Z, mit welchem der Beschwerdeführerin die Betriebsbewilligung mit Auflagen verlängert wurde. Hierzu war er gemäss Art. 2 Abs. 1 der Verordnung des Bundes über die Aufnahme von Pflegekindern (Pflegekinderverodnung, PAVO; SR 211.222.338) und § 1 Abs. 1 lit. c der kantonalen Verordnung über die Aufnahme von Pflegekindern (SRL Nr. 204) örtlich und sachlich zuständig (siehe auch § 8 Abs. 1 lit. n des Einführungsgesetzes zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch [EGZGB; SRL Nr. 200]). Gegen Entscheide von Gemeinden ist gemäss § 142 Abs. 1 lit. b des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (VRG; SRL Nr. 40) grundsätzlich die Verwaltungsbeschwerde einschlägig. Sie ist jedoch gemäss § 143 Abs. 1 lit. c VRG dort ausgeschlossen, wo gemäss § 148 Abs. 1 lit. a VRG die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig ist oder sich der Entscheid nach besonderer Vorschrift beim Kantonsgericht oder bei einer Bundesbehörde anfechten lässt. Gemäss § 11 EGZGB ist gegen Entscheide der Verwaltungsbehörden gestützt auf dieses Gesetz die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Kantonsgericht zulässig. Damit war gegen den angefochtenen Entscheid die Verwaltungsbeschwerde ausgeschlossen und direkt Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Kantonsgericht zu erheben, welches folglich für deren Entgegennahme zuständig ist. Die Streitsache fällt gemäss § 17 i.V.m. §§ 14 - 16 der Geschäftsordnung für das Kantonsgericht des Kantons Luzern (GOKG; SRL Nr. 263) in den Zuständigkeitsbereich der 4. Abteilung, da es sich hierbei nicht um ein eigentliches familienrechtliches, sondern um ein öffentlich-rechtliches Bewilligungsverfahren handelt (BGE 143 III 473 E. 2.3.3, so bereits BGE 116 II 238 E. 1b). Da auch die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind (vgl. § 107 Abs. 2 VRG), ist auf die Beschwerde grundsätzlich einzutreten.

(…)

3.
3.1.
Die Beschwerdeführerin wendet gegen den angefochtenen Entscheid zum einen ein, die Frist zur Einholung der Strafregisterauszüge sei zu kurz angesetzt worden. Der Entscheid sei am 24. Dezember 2018 bei ihr eingegangen und die Betriebsferien hätten bis zum 3. Januar 2019 gedauert. Die Bearbeitungsdauer beim Bund für den Sonderprivatauszug mit den zusätzlichen Vorgaben müsse daher auch beachtet werden. Alle Mitarbeiter hätten bei ihrer Anstellung einen Strafregisterauszug beigebracht. Ohne Rücksicht auf die Vertragsdauer würden nun neue Auszüge verlangt. Dadurch würden die Mitarbeiter unnötig belastet, da der Strafregisterauszug und der Sonderauszug jedes Mal je Fr. 20.-- koste und einen administrativen Aufwand bedeute. Bisher seien immer Kopien oder E-Mailauszüge akzeptiert worden. Bei den meisten Mitarbeitern sei das Original aber nicht mehr vorhanden. Daher wolle man erst in Zukunft die Originale einreichen. Man sei auch bereit, die Auszüge im 4-Jahresturnus zu erneuern. Der Inhaber und die Kita-Leiterin würden gar bis zum 31. März 2019 einen neuen Auszug einreichen.

3.2.
Gemäss Art. 13 Abs. 1 lit. a PAVO bedarf der Betrieb von Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, mehrere Unmündige zur Erziehung, Betreuung, Ausbildung, Beobachtung oder Behandlung tags- und nachtsüber aufzunehmen, einer Bewilligung der Behörde. Als Bewilligungsvoraussetzung schreibt die PAVO unter anderem vor, dass der Leiter und seine Mitarbeiter nach Persönlichkeit, Gesundheit, erzieherischer Befähigung und Ausbildung für ihre Aufgabe geeignet sind (Art. 15 Abs. 1 lit. b PAVO) und das Heim eine gesicherte wirtschaftliche Grundlage hat (Art. 15 Abs. 1 lit. e PAVO). Indessen enthält die PAVO nur Mindestanforderungen und überlässt den Kantonen den Erlass weitergehender Vorschriften (BGer-Urteil 5A.3/2003 vom 14.7.2003 E. 5.1 und 5.2). Von dieser Möglichkeit hat der Kanton Luzern keinen Gebrauch gemacht.

Auflagen und Bedingungen stellen sogenannte Nebenbestimmungen von Verfügungen dar, welche insbesondere bei Bewilligungen praktisch bedeutsam sind. Im Grundsatz setzt die Zulässigkeit von Nebenbestimmungen voraus, dass sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, welche jedoch nicht zwingend eine ausdrückliche zu sein braucht. Fehlt es an einer solchen ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage, erweisen sich Nebenbestimmungen insoweit als zulässig, als sie in einem engen sachlichen Zusammenhang mit den Zwecken stehen, welche die Hauptregelung (z.B. die Bewilligung) im Einzelfall verfolgt, und überdies mit dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit vereinbar sind; unzulässig sind demgegenüber sachfremde Nebenbestimmungen. Bei begünstigenden Verfügungen – wie Bewilligungen – sind Bedingungen und Auflagen namentlich dann zulässig, wenn sie aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen überhaupt verweigert werden könnten und die Nebenbestimmungen insofern als mildere Alternative zur gänzlichen Abweisung des Gesuchs erscheinen (vgl. Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl. 2016, N 918 ff.; BGE 121 II 88 E. 3a S. 89 f. mit Hinweisen; siehe auch LGVE 2015 VI Nr. 15).

3.3.
Die von der Vorinstanz verfügte Auflage, wonach die Beschwerdeführerin von der bestehenden Mitarbeiterschaft die aktuellen Strafregister- und Sonderprivatauszüge einzuholen hat, ist angesichts der vorstehend dargelegten Rechtslage nicht zu beanstanden. Dies ist denn auch unbestritten, nachdem die Beschwerdeführerin sich nicht grundsätzlich gegen die Auflage an sich, sondern gegen den Zeitpunkt der Beibringung der Auszüge wendet. Weiterungen hierzu erübrigen sich.

Darüber hinaus sind aber auch die von der Beschwerdeführerin monierten Modalitäten entgegen ihrer Ansicht als rechtmässig anzusehen, zumal die Vorinstanz ihr diesbezüglich auch erheblich entgegengekommen ist.

Nur Originalauszüge können auf ihre Echtheit überprüft werden. Bei Kopien oder Zusendungen via E-Mail ist die Nachprüfung nicht sichergestellt. Es ist daher richtig, dass die Vorinstanz Originalauszüge verlangt.

Des Weiteren ist auch nicht zu beanstanden, dass per 31. Januar 2018 die aktuellen Auszüge der gesamten Mitarbeiterschaft vorliegen müssen und danach mindestens alle vier Jahre einzuverlangen sind. Es rechtfertigt sich, im Zeitpunkt der Überprüfung der Betriebsbewilligung über aktuelle Auszüge zu verfügen und diese danach in einem Intervall von vier Jahren zu erneuern. Nur so kann sichergestellt werden, dass allfällige Vorkommnisse bei Mitarbeitern strafrechtlicher Art rechtzeitig entdeckt und hierauf angemessen reagiert werden kann. Der Vorschlag der Beschwerdeführerin, nur vom Inhaber und von der Kita-Leiterin sämtliche Auszüge und von den anderen Mitarbeitern lediglich die Sonderauszüge bereits heute einzureichen, erweist sich demgegenüber offenkundig als ungenügend. Auch bezüglich der übrigen Mitarbeiter muss zeitnah zur Überprüfung der Betriebsbewilligung sichergestellt sein, dass die Bewilligungsbehörde über allfällige strafrechtliche Vorkommnisse vollständig in Kenntnis gesetzt wird. Dies wird aber nur erreicht, wenn sämtliche Auszüge von der gesamten Mitarbeiterschaft in aktueller Form und im Original vorliegen. Darüber hinaus ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass die Vorinstanz der Beschwerdeführerin insoweit entgegenkommt, als sie nur neue Auszüge einreichen muss, wo kein solcher aus der Zeit nach dem 1. Januar 2018 vorliegt. Auf jeden Fall müssen aber auch bei Auszügen, die nach dem 1. Januar 2018 ausgestellt wurden, die Originale nachgereicht werden. Durch dieses Zugeständnis wird vermieden, dass erst kürzlich eingeholte Auszüge bereits heute wieder eingereicht werden müssen. Auch unter diesem Gesichtspunkt erweist sich die Verfügung der Vorinstanz – zumindest nachdem Zugeständnisse gemacht wurden – als rechtmässig.

Schliesslich ist auch die von der Vorinstanz gesetzte Frist bis zum 31. Januar 2019 nicht zu beanstanden, zumal diese auf Nachsuchen der Beschwerdeführerin bis Mitte Februar 2019 erstreckt wurde. Die Beschwerdeführerin hat die angefochtene Verfügung am 21. Dezember 2018 zugestellt erhalten. Sie hatte daher einen Monat und zehn Tage Zeit, ihre Mitarbeiter zu instruieren und diese die Auszüge zu bestellen. Der Bestellvorgang ist heute äusserst einfach und die Gebühren sind mit Fr. 20.-- moderat. Es ist folglich nicht nachvollziehbar, weshalb die vorgenannte Frist nicht hätte genügend sein sollen, zumal die Beschwerdeführerin von der Vorinstanz zusätzliche 15 Tage erhalten hat. Jedenfalls erscheint eine Frist bis zum 31. März 2019 für eine solche einfache administrative Handlung als nicht erforderlich.

4.
4.1.
Im Übrigen wendet die Beschwerdeführerin gegen die angefochtene Verfügung ein, auf die Auflage, wonach die Vorinstanz bis zum 30. März 2019 zu informieren sei, dass eine feuerpolizeiliche Überprüfung stattgefunden habe, sei zu verzichten. Sie bestreite zwar die Notwendigkeit einer regelmässigen feuerpolizeilichen Überprüfung nicht. Es sei aber nicht einsehbar, dass eine solche bereits nach zwei Betriebsjahren stattfinden soll. Dies sei übertrieben, zumal sich die Situation nicht verändert habe. Daher sei nur bei baulichen Veränderungen und im 5-Jahres-Turnus eine Überprüfung indiziert.

4.2.
Gemäss Art. 15 Abs. 1 lit. d PAVO darf eine Bewilligung nur erteilt werden, wenn die Einrichtungen den anerkannten Anforderungen der Wohnhygiene und des Brandschutzes entsprechen. Angesichts dieser ausdrücklichen bundesrechtlichen Vorschrift ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz eine feuerpolizeiliche Überprüfung verlangt hat. Dies wird denn auch von der Beschwerdeführerin nicht grundsätzlich in Abrede gestellt. Darüber hinaus ist aber ihr Einwand, eine erneute Überprüfung nach zwei Jahren sei übertrieben, nicht einschlägig. Bei der Überprüfung der Betriebsbewilligung muss sich die Behörde über die Einhaltung sämtlicher wesentlicher Voraussetzungen vergewissern. Insbesondere auch beim Brandschutz darf sie dabei nicht Nachlässigkeit an den Tag legen und hat dessen Einhaltung sicherzustellen. Dabei genügt es nicht, sich auf die Zusicherung der Beschwerdeführerin zu verlassen, wonach keine Veränderungen vorgenommen worden seien. Vielmehr besteht Gewissheit über den genügenden Brandschutz erst, wenn die hierfür kompetenten Stellen wie die Gebäudeversicherung oder die Feuerwehr dies vor Ort überprüft haben. Die Beschwerde erweist sich damit auch in diesem Punkt als unbegründet.