Drucken

Rechtsprechung Luzern


Instanz:Justiz- und Sicherheitsdepartement
Abteilung:-
Rechtsgebiet:Volksrechte
Entscheiddatum:07.02.2020
Fallnummer:JSD 2020 1
LGVE:2020 VI Nr. 1
Gesetzesartikel:§ 31 StRG
Leitsatz:Der Wahlanmeldeschluss (Einreichungsfrist) ist der verbindliche Zeitpunkt, bis wann spätestens die Namen der Kandidatinnen und Kandidaten auf Wahlvorschlägen einzureichen sind. Nach Ablauf der Einreichungsfrist sind im Rahmen der Bereinigung eines Wahlvorschlages einzig formelle und untergeordnete Anpassungen möglich. Das nachträgliche Aufführen von neuen oder weiteren Kandidierenden auf einem Wahlvorschlag geht über eine solche formelle Bereinigung hinaus. Eine inhaltliche Anpassung des Wahlvorschlages nach Ablauf der Einreichungsfrist ist weder vorgesehen noch zulässig.
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Entscheid:Für die Neuwahlen der Gemeindebehörden vom 29. März 2020 konnten die Wahlvorschläge bis am 3. Februar 2020, 12.00 Uhr, eingereicht werden. Die Partei A reichte für die Wahl in die Exekutive rechtzeitig einen gültigen Wahlvorschlag für ihre Kandidatin B bei der zuständigen Stelle der Gemeinde Z ein. Am 4. Februar 2020, somit einen Tag nach dem Einreichungstermin, stellte die Partei A bei der Gemeinde Z den Antrag, den ihrer Ansicht nach unvollständigen Wahlvorschlag nachträglich korrigieren zu können. Es sei ihr ein bedauerlicher Fehler unterlaufen. Auf dem Wahlvorschlag würden die Namen von drei bisherigen Mitgliedern der Exekutive fehlen. Diese seien nachträglich auch noch auf dem Wahlvorschlag aufzuführen.

Da sich vier von fünf Mitgliedern der Gemeindebehörde wegen eines persönlichen Interesses am Inhalt des Wahlvorschlages im Ausstand befanden, war die Gemeindebehörde beschlussunfähig und die kantonale Aufsichtsbehörde bestimmte das weitere Vorgehen (§ 37 Abs. 3 Gemeindegesetz vom 4. Mai 2004, SRL Nr. 150; § 1 Verordnung über die Gemeindeaufsicht vom 7. April 2014, SRL Nr. 152). Daher entschied das Departementssekretariat des Justiz- und Sicherheitsdepartementes (JSD), das für die allgemeine Aufsicht zuständig ist, die Frage, ob nach Wahleingabeschluss nachträglich noch weitere Namen von Kandidatinnen und Kandidaten aufgeführt werden dürfen.

Aus den Erwägungen:

6. Im Folgenden ist zu prüfen, ob die Korrektur des Wahlvorschlages der Partei A nach dem Eingabeschluss vom 3. Februar 2020, 12.00 Uhr, zulässig ist.

6.1 Das kantonale Stimmrechtsgesetz gilt für alle Wahlen, Abstimmungen und Volksbegehren der Stimmberechtigten des Kantons, der Gemeinden und der Gemeindeverbände (§ 1 Abs. 1 Stimmrechtsgesetz [StRG] vom 25. Oktober 1988; SRL Nr. 10). Diese Bestimmungen stellen in ihrer Gesamtheit die ordnungsgemässe und formell korrekte Durchführung von Wahlen und Abstimmungen sicher und dienen damit auch der Wahrung der demokratischen Rechte der Stimmberechtigten.

6.2 Das kantonale Stimmrechtsgesetz sieht – wie im Übrigen auch der Bund auf Bundesebene und alle anderen Kantone – einen Tag als Wahlanmeldeschluss vor, bis zu dem auf Wahlvorschlägen Namen von wählbaren Kandidierenden bei der zuständigen Stelle gemeldet werden können (Art. 21 Bundesgesetz über die politischen Rechte [BPR] vom 17. Dezember 1976; § 29 Abs. 1 und 3 StRG). Für kantonale oder kommunale Mehrheitswahlen müssen die Wahlvorschläge am Einreichungstermin um 12 Uhr bei der Einreichungsstelle eintreffen (vgl. § 29 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 3 StRG). Dieser Termin wurde vom JSD in seiner Wahlanordnung vom 15. Oktober 2019 auf Montag, 3. Februar 2020, 12.00 Uhr, festgelegt. Der Termin wurde breit publiziert und ist den Parteien als verbindlicher Zeitpunkt bekannt. Dabei handelt es sich nicht bloss um eine Ordnungsvorschrift, sondern um eine Verwirkungsfrist und damit um einen verbindlichen Stichtag, bis wann spätestens Namen von Kandidatinnen und Kandidaten auf Wahlvorschlägen einzureichen sind. Dies ergibt sich einerseits aus der präzisen Uhrzeit, 12.00 Uhr. Anderseits zeigt sich dies darin, dass Wahlvorschläge, die verspätet eingereicht werden, von der Behörde für ungültig zu erklären sind (§ 31 Abs. 2 StRG). Der Stichtag soll eine ordnungsgemässe Vorbereitung der Wahlen ermöglichen und das Wahlbüro in die Lage versetzen, zeitnah die Wahlvorschläge zu bereinigen. Es muss aber nicht mehr mit neuen Wahlvorschlägen rechnen (vgl. Hangartner/Kley, Die demokratischen Rechte in Bund und Kantonen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Zürich 2000, N 1432; oder auch LGVE 1993 III Nr. 9).

Im Zeitpunkt des Eingabeschlusses stehen somit die Wahlvorschläge mit den Kandidierenden fest. Nach Ablauf dieses Einreichungstermins sind von den Stimmberechtigten keine inhaltlichen Änderungen mehr möglich, wie etwa die Ergänzung oder die Streichung von Kandidierenden auf Wahlvorschlägen.

6.3 Auch die für die Prüfung und Bereinigung zuständige Behörde darf die Wahlvorschläge ab diesem Zeitpunkt nur in den vom Stimmrechtsgesetz vorgesehenen, abschliessend geregelten Situationen bereinigen. Im Bereinigungsverfahren streicht die Behörde Namen von Vorgeschlagenen, wenn ein Ungültigkeitsgrund eines Kandidierenden nach § 74 StRG gegeben ist (fehlende Wählbarkeit, unleserliche oder ungenügende Kandidatennamen, bei Mehrheitswahlen Wiederholungen des gleichen Kandidatennamens) oder wenn bei Mehrheitswahlen eine Annahmeerklärung nicht vorliegt. Gibt die Bezeichnung des Wahlvorschlages zu Verwechslungen Anlass oder weist sie (gemeint: Bezeichnung des Wahlvorschlages) andere Mängel auf, setzt die Behörde dem Vertreter eine kurze Frist zur Behebung des Mangels. Wird der Mangel nicht fristgemäss behoben, erklärt die Behörde den Wahlvorschlag als ungültig. Die Bereinigung wird am Donnerstag nach Einreichung der Wahlvorschläge um 12 Uhr abgeschlossen (§ 31 Abs. 3-5 StRG). Das kantonale Stimmrechtsgesetz regelt damit abschliessend, welche Mängel bis zu welchem Zeitpunkt von der zuständigen Behörde nach Ablauf der Einreichungsfrist noch bereinigt werden können. Darunter fallen auch kleinere Retuschen an der Formulierung auf dem bestehenden Wahlvorschlag oder redaktionelle Präzisierungen, die etwas bereits Vorhandenes klarstellen oder perfektionieren. In jedem Fall geht es um untergeordnete Anpassungen. Solche formellen Anpassungen kann die Gemeindebehörde auch bei den eigenen Wahlen selbst vornehmen, ohne dabei in den Ausstand treten zu müssen. Das nachträgliche Aufführen von neuen oder weiteren Kandidierenden auf einem Wahlvorschlag, wie vorliegend von der Partei A beantragt, geht jedoch über eine solche formelle Bereinigung weit hinaus. Eine inhaltliche Anpassung des Wahlvorschlages nach dem Einreichungstermin ist weder vorgesehen noch zulässig. Im vorliegenden Fall handelt es sich um keinen gesetzlich geregelten Fall für eine Bereinigung des Wahlvorschlages. Die Aufführung von zusätzlichen Namen auf den Wahlvorschlägen würde vielmehr einem neuen Wahlvorschlag gleichkommen, der aufgrund verspäteter Einreichung gemäss § 31 Absatz 2 StRG für ungültig zu erklären wäre.