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Rechtsprechung Luzern


Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:1. Abteilung
Rechtsgebiet:Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Entscheiddatum:14.12.2018
Fallnummer:2K 18 6
LGVE:2020 I Nr. 2
Gesetzesartikel:Art. 285 Abs. 3 SchKG, Art. 298 Abs. 2 SchKG; Art. 31 OR
Leitsatz:Hat das Nachlassgericht einem nach Art. 298 Abs. 2 SchKG ermächtigungsbedürftigen Rechtsgeschäft zugestimmt, so kann dieses Rechtsgeschäft nicht mehr angefochten werden (Art. 285 Abs. 3 SchKG). Dies gilt auch für eine Anfechtung infolge Irrtums oder Täuschung nach Art. 31 OR.
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Die gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde wies das Bundesgericht mit Urteil vom 27. Januar 2020 ab, soweit es darauf eintrat (5A_48/2019).
Entscheid:Mit Entscheid vom 19. Oktober 2016 bewilligte das Bezirksgericht der B AG die provisorische Nachlassstundung für vier Monate. Am 13. Dezember 2016 schloss die B AG eine Vereinbarung ab, gemäss welcher sie der D a.s., Tschechische Republik, 6'725 Aktien der F a.s., Slowakische Republik, zu einem Preis von Fr. 300'000.-- verkaufte. Das Inkrafttreten der Vereinbarung wurde von der Zustimmung der Nachlassrichterin und der Freigabe der Aktien durch die Staatsanwaltschaft abhängig gemacht.

Am 15. Dezember 2016 ersuchte die B AG die Nachlassrichterin um Ermächtigung nach Art. 298 Abs. 2 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG; SR 281.1) zum Vollzug der Vereinbarung vom 13. Dezember 2016. Mit Entscheid vom 25. Januar 2017 stimmte die Nachlassrichterin dem Aktienverkauf unter dem Vorbehalt zu, dass die Herausgabeverfügung der Staatsanwaltschaft vom 23. Januar 2017 rechtskräftig werde und diese die Aktien tatsächlich herausgebe.
Am 13. Februar 2017 schlossen die B AG und die D a.s. ein Share Purchase Agreement bezüglich des Verkaufs der Aktien. Diese wurden gleichentags übertragen.
Mit Entscheid vom 21. Februar 2017 widerrief das Bezirksgericht die provisorische Nachlassstundung bzw. verlängerte diese nicht und eröffnete über die B AG den Konkurs.
Am 29. Mai 2018 ersuchte die A a.s. (fortan: Beschwerdeführerin) das Konkursamt H, dieses solle den Aktienkaufvertrag vom 13. Dezember 2016 anfechten. Das Konkursamt wies das Gesuch am 21. Juni 2018 und das Bezirksgericht die dagegen erhobene Beschwerde am 14. September 2018 ab. Dagegen gelangte die A a.s. mit Beschwerde-Weiterzug vom 27. September 2018 ans Kantonsgericht.

Aus den Erwägungen:
5.1.
(…)
Die Beschwerdeführerin beschränkt sich in ihrem Beschwerde-Weiterzug darauf, die vorinstanzlichen Erwägungen sowie ihre vorinstanzlichen Ausführungen wiederzugeben und – ohne sich mit den sorgfältigen und zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz auseinanderzusetzen – erneut ihre Sicht der Dinge wiederzugeben. Damit kommt sie ihrer Begründungspflicht nicht nach, weshalb auf den Beschwerde-Weiterzug nicht einzutreten ist.

5.2.
Selbst wenn auf den Beschwerde-Weiterzug einzutreten wäre, so wäre er aus folgenden Gründen abzuweisen:

Mit der SchKG-Revision vom 21. Juni 2013 (in Kraft seit 1.1.2014) wurde eine Reihe sanierungsfreundlicher Bestimmungen ins Gesetz aufgenommen. Anlass für die Einfügung von Art. 285 Abs. 3 SchKG war die unsichere Rechtslage bezüglich der Anfechtbarkeit in den Fällen, in denen Rechtshandlungen während einer Nachlassstundung vorgenommen worden waren, wenn im Anschluss an die Nachlassstundung planmässig ein Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung abgeschlossen oder – falls der Abschluss eines solchen Vertrags scheitert – der Konkurs eröffnet wird. Der seit 1. Januar 2014 geltende Art. 285 Abs. 3 SchKG bezweckt, den Kreis der anfechtbaren Handlungen einzuschränken. Vor Inkrafttreten dieser Norm unterlagen bestimmte Rechtsgeschäfte – insbesondere Verfügungsgeschäfte über Anlagevermögen – trotz richterlicher Ermächtigung des Nachlassgerichts der Anfechtung. Dies stellte in der Praxis eine sanierungsfeindliche Rechtsunsicherheit dar, welche insbesondere auch der neuen Ausrichtung der Nachlassstundung als Sanierungsgefäss mit verlängerten Stundungsfristen zuwiderlief. Deshalb hielt es der Gesetzgeber für geboten, die Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen auszuschliessen, für welche das Nachlassgericht eine Ermächtigung gemäss Art. 298 Abs. 2 SchKG erteilt hat (Bauer, Basler Komm., Ergänzungsband zur 2. Aufl. 2017, Art. 285 SchKG N 1, 2b und 17a, mit Hinweis auf die Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs [Sanierungsrecht] vom 8.9.2010, in BBl 2010 6476). Die neue Regelung soll die Rechtsunsicherheit beseitigen, die zuvor bestanden hatte, wenn ein Rechtsgeschäft gemäss Art. 298 Abs. 2 lit. a aSchKG (in Kraft bis 31.12.2013) gerichtlich genehmigt worden war, aber dennoch mit der Anfechtungsklage angefochten werden konnte. Die neue Regelung stellt nun sicher, dass Handlungen, die das zuständige Vollstreckungsorgan genehmigt hat, unanfechtbar bleiben (Maier, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs SchKG [Hrsg. Kren Kostkiewicz/Vock], 4. Aufl. 2017, Art. 285 SchKG N 19; BBl 2010 6489).
Vorliegend ist unbestritten, dass es sich bei den Aktien um Anlagevermögen der B AG gehandelt hat, dessen Veräusserung einen Antrag auf Ermächtigung durch das Nachlassgericht bedurft hatte. Weiter ist unbestritten, dass mit Entscheid vom 25. Januar 2017 die zuständige Nachlassrichterin dem Verkauf der 6'725 Aktien gemäss Vereinbarung vom 13. Dezember 2016 im Sinne von Art. 298 Abs. 2 SchKG zugestimmt bzw. zu diesem Verkauf ermächtigt hat. Dieser Entscheid blieb unangefochten. Nach dem Gesagten kann somit dieses Rechtsgeschäft nicht mehr angefochten werden.
(…)
Zusammenfassend steht fest, dass das Konkursamt das Gesuch der Beschwerdeführerin um Anfechtung des während der provisorischen Nachlassstundung abgeschlossenen Aktienverkaufsvertrags vom 13. Dezember 2016 zu Recht abgewiesen hat. Die dagegen erhobene Beschwerde wies die Vor­instanz ebenfalls zu Recht ab und auch der dagegen erhobene Beschwerde-Weiterzug ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.