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Rechtsprechung Luzern


Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:4. Abteilung
Rechtsgebiet:Sozialhilfe
Entscheiddatum:02.07.2019
Fallnummer:7H 18 258
LGVE:2020 IV Nr. 7
Gesetzesartikel:Art. 6 BV, Art. 12 BV; § 5 SHG, § 5 Abs. 2 SHG, § 7 SHG, § 7 Abs. 1 SHG, § 7 Abs. 1 Satz 2 SHG, § 27 Abs. 1 SHG, § 27 Abs. 2 SHG, § 28 Abs. 1 SHG, § 30 SHG, § 62 Abs. 2 SHG; (§ 6 aSHG, § 11 aSHG, § 11 Abs. 1 aSHG, § 11 Abs. 2 aSHG, § 13 aSHG, § 28 Abs. 1 aSHG, § 29 Abs. 4 aSHG, § 38 aSHG).
Leitsatz:Einstellung der wirtschaftlichen Sozialhilfe wegen Verdachts auf Sozialhilfebetrug. Ermittlungen von Sozialinspektoren ohne gesetzliche Grundlage. Prozessuale Verwertbarkeit offengelassen. Die Strafuntersuchung vermag den Verdacht nicht zu erhärten. Voraussetzungen der Einstellung in casu nicht gegeben.
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Entscheid:Sachverhalt

A.
A und B und ihre (…) Kinder (geb. …) wurden seit 1. April 2013 durch die Gemeinde Z mit wirtschaftlicher Sozialhilfe unterstützt. Mit Datum vom 19. Juni 2015 reichte die Gemeinde Z eine Strafanzeige wegen Sozialhilfebetrugs gegen A und B ein. Sie stützte sich dabei im Wesentlichen auf einen Bericht vom 10. Juni 2015 des Sozialinspektorats Y, das im Auftrag des Sozialamts Z Ermittlungen vorgenommen hatte. Mit Verfügung vom 17. Juli 2015, bezeichnet mit "Entscheid betreffend Sistierung der wirtschaftlichen Sozialhilfe", stellte die Gemeinde Z, Sozialamt, die wirtschaftliche Sozialhilfe auf den 31. Juli 2015 mangels Bedürftigkeit ein.

B.
Die dagegen erhobene Einsprache wies der Gemeinderat Z am 20. August 2015 ab, soweit er darauf eintrat. Er bestätigte den Entscheid des Sozialamts und die Einstellung der wirtschaftlichen Sozialhilfe. Zur Begründung geht aus dem Entscheid hervor, die Sozialhilfeempfänger würden über genügend Einkommen verfügen und hätten Vermögenswerte (v.a. Fahrzeuge und eine Immobilie im Ausland) verschwiegen.

C.
Gegen den Einspracheentscheid des Gemeinderats erhoben A und B am 21. September 2015 Verwaltungsbeschwerde beim Gesundheits- und Sozialdepartement des Kantons Luzern (GSD). Mit Zwischenentscheid vom 5. November 2015 nahm das GSD in Aussicht, das Verfahren während der Dauer des Strafverfahrens zu sistieren.

Am 3. Mai 2016 erliess die Staatsanwaltschaft je einen Strafbefehl gegen B und gegen A. In beiden Fällen ging sie von folgendem Sachverhalt aus: A sei gemeinsam mit seiner Ehefrau B am 8. April 2013 in den Räumlichkeiten der Gemeindeverwaltung Z das Formular "Gesuch/Anmeldung zum Bezug von wirtschaftlicher Sozialhilfe" erläutert worden. Auf diesem Formular hätten sie weder ein regelmässiges noch ein unregelmässiges Einkommen deklariert. Die getätigten Transportfahrten für den Bruder von A und die dadurch erzielten Einnahmen von mindestens Fr. 250.-- pro Monat hätten sie der Gemeinde Z arglistig verschwiegen, obschon ihnen mitgeteilt worden sei, dass sämtliche Einnahmen deklariert werden müssten. Die Gemeinde Z sei durch die falschen Angaben in die Irre geführt worden, wodurch B und A im Zeitraum vom 1. April 2013 bis 31. Juli 2015 Sozialhilfeleistungen ausgerichtet worden seien, welche insgesamt um mindestens Fr. 7'000.-- zu hoch gewesen seien. Gegen die Strafbefehle vom 3. Mai 2016 erhoben B und A fristgerecht Einsprache. Am 28. Juni 2017 verfügte das Bezirksgericht X, dass die durch das Sozialinspektorat Y erhobenen Beweismittel nicht verwertbar seien. Mit Urteil vom 28. September 2017 sprach das Bezirksgericht X die Beschuldigten von Schuld und Strafe frei. Das Gericht begründete den Freispruch im Wesentlichen damit, dass der mit den Observationen und Ermittlungen verbundene Eingriff in das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens der Beschuldigten erfolgt sei, ohne dass dafür im Sozialhilfegesetz vom 24. Oktober 1989 (aSHG) eine gesetzliche Grundlage gegeben gewesen sei.

Mit Entscheid vom 24. September 2018 wies das GSD die Verwaltungsbeschwerde betreffend die Einstellung der wirtschaftlichen Sozialhilfe unter Bestätigung des Einspracheentscheids ab und entzog einer allfälligen Verwaltungsgerichtsbeschwerde die aufschiebende Wirkung.

D.
Gegen diesen Beschwerdeentscheid erhoben A und B Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

[…]

Aus den Erwägungen

2.
2.1
Das Sozialamt Z stellte die WSH per 31. Juli 2015 ein. Die letzte, wenn auch wegen mangelhafter Teilnahme des Beschwerdeführers 1 an einem Arbeitsintegrationsprogramm um 15 % gekürzte Auszahlung ordentlicher WSH erfolgte am 30. Juni 2015. Im Juli, August und September 2015 sind Zahlungen der WSH für einzelne Posten wie z.B. ungedeckte Krankheitskosten, Migros-Gutscheine und für den Mietzins (am 18.9.2015 für die Monate August und September) ersichtlich. Auch wurden die Kinderzulagen an die Beschwerdeführer ausbezahlt. Am 3. November 2015 wurde die – wie schon zuvor wegen ungenügender Teilnahme gekürzte – WSH für die Monate August bis Oktober 2015 in der Höhe von Fr. 3'647.15, d.h. Fr. 1'215.72 pro Monat im Nachhinein ausbezahlt. Ab 1. November 2015 beschränkte das Sozialamt seine Leistungen auf Nothilfe zuzüglich Mietkosten, Kostenbeteiligungen bei der obligatorischen Grundversicherung sowie allfällige weitere notwendige und ausgewiesene Kosten.

Mit dem angefochtenen Verwaltungsbeschwerdeentscheid wies das GSD die Beschwerde der Eheleute gegen den Einspracheentscheid des Gemeinderats Z ab, der seinerseits den Entscheid des Sozialamts Z vom 17. Juli 2015 schützte. Das Sozialamt Z hatte die gesetzlichen Voraussetzungen für die WSH mangels Bedürftigkeit für den August 2015 als nicht mehr gegeben betrachtet, an welcher Auffassung, wie aus den edierten Akten hervorgeht, sie auch für den Rest des Jahres 2015 festhielt. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet die Einstellung der wirtschaftlichen Sozialhilfe vom 17. Juli 2015. Hingegen geht es nicht um eine Kürzung der wirtschaftlichen Sozialhilfe als Sanktion.

2.2
Die Vorinstanz schützte die Einstellung der Sozialhilfe per 31. Juli 2015 im Wesentlichen mit folgender Begründung: Die Verwaltungsbehörde sei grundsätzlich nicht an ein Strafurteil gebunden. Die Einstellung der wirtschaftlichen Sozialhilfe knüpfe nicht an das Begehen einer Straftat an. Die Frage, ob rechtswidrig erlangte Beweise verwertet werden dürften, stütze sich auf andere Rechtsgrundlagen als im Strafverfahren. Aus sozialhilfe- und verwaltungsrechtspflegerechtlicher Sicht dürfe der Ermittlungsbericht vom 10. Juni 2015 bis auf den Teil betreffend die Observationen im Wohnhaus der Beschwerdeführer beziehungsweise die Abklärungen bei der Hausverwaltung sowie den Mitbewohnerinnen und Mitbewohnern als Beweis verwertet werden. Dasselbe gelte für die Foto- und Videoaufnahmen und den Ergänzungsbericht vom 14. Oktober 2015 sowie die weiteren Beweise. Der Beschwerdeführer 1 habe in Würdigung der Ermittlungen und entgegen seiner Bestreitungen seine Auskunftspflicht verletzt, indem er seinen Miteigentumsanteil an einer Liegenschaft in der Gemeinde V, W [Land], nicht mitgeteilt habe. Zudem habe der Beschwerdeführer 1 sein Einkommen für Arbeiten zu Gunsten seines Bruders, bei der Anmeldung zum Bezug von wirtschaftlicher Sozialhilfe nicht angegeben. Auch hätten die Beschwerdeführer ihre Postkonten nicht erwähnt. Der Beschwerdeführer 1 habe sodann in der Zeit vom 25. Juli 2013 bis 24. April 2015 Fr. 2'246.-- ins Ausland überwiesen, was für das Vorhandensein von weiterem Einkommen spreche.

2.3
Unter Anrufung der Erfahrung, eine Familie mache in der Regel einen Wocheneinkauf und hebe vorher den dafür benötigten Betrag ab, hielt sie den Schluss für naheliegend, dass die Barmittel von Fr. 1'700.-- bis Fr. 3'200.--, welche jeweils kurz nach Gutschrift der wirtschaftlichen Sozialhilfe abgehoben worden seien, nicht für den Lebensunterhalt verwendet worden seien, sondern dem Ankauf von Waren für eine verschwiegene Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers 1 gedient hätten.

2.4
Gestützt auf die Ermittlungen der Sozialdetektive schloss die Vorinstanz sodann auf eine Autohandelstätigkeit des Beschwerdeführers 1. Aufgrund der Vielzahl der Autos, die auf den Namen des Beschwerdeführers 1 eingetragen gewesen seien und der kurzen Haltedauer bei den Personenwagen sei es gerechtfertigt, einen Autohandel zu vermuten. Der Beschwerdeführer 1 hätte sich die entsprechenden Einnahmen anrechnen lassen müssen. Selbst wenn der Beschwerdeführer 1 keinen Autohandel betrieben hätte, sei zu berücksichtigen, dass Fahrzeuge, die hilfebedürftige Personen für private Zwecke verwenden, grundsätzlich zu realisieren seien. Keine Verwertung sei nur dann zu verlangen, wenn ein Fahrzeug für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder aus gesundheitlichen Gründen zwingend erforderlich sei. Die Beschwerdeführer seien nicht auf ein Fahrzeug angewiesen. Ein Verkaufserlös sei deshalb für die Deckung des Lebensbedarfs zu verwenden. Da der Wert eines der registrierten Fahrzeuge (Mercedes-Benz S 350, Jg. 2005) den Vermögensfreibetrag für eine Familie übersteige, hätten sie sich den über dem Vermögensfreibetrag liegenden Mehrwert von Fr. 8'000.-- an den Lebensbedarf anrechnen lassen müssen.

Der Beschwerdeführer 1 habe für den Kauf des erwähnten Mercedes-Benz S 350 Geld von seinen Eltern erhalten. Diesen Mittelzufluss habe er nicht gemeldet. Die Summe wäre für die Bestreitung des Lebensunterhalts zu Verfügung gestanden und hätte – ebenso wie weitere Zuwendungen von Verwandten – an die WSH angerechnet werden müssen.

2.5
Hingegen kam die Vorinstanz zum Schluss, dass an den zeitweisen Aufenthalt von I, dem Bruder des Beschwerdeführers 1, im Haushalt der Beschwerdeführer keine sozialhilferechtlichen Folgen angeknüpft werden könnten. Personen, die WSH beziehen, hätten das Recht, andere Personen vorübergehend als Gast bei sich aufzunehmen. Der Gast habe nicht für die Wohnkosten aufzukommen.

2.6
Zusammenfassend stellte die Vorinstanz fest, dass die Beschwerdeführer systematisch ihre Auskunfts- und Meldepflicht verletzt hätten. Bei einer Gesamtwürdigung der Umstände könne daraus der Schluss gezogen werden, dass die Beschwerdeführer seit der Gewährung der WSH ab 1. April 2013 über genügend Einkommen und Vermögen verfügt hätten, um ihren Lebensbedarf zu bestreiten. Die Vorinstanz habe damit zu Recht Zweifel an der sozialhilferechtlichen Bedürftigkeit gehabt und die WSH per Ende Juli 2015 eingestellt.

3.
Wer in Not gerät und nicht in der Lage ist, für sich zu sorgen, hat nach Art. 12 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV; SR 101) Anspruch auf Hilfe und Betreuung und auf die Mittel, die für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlich sind. Dieses Grundrecht garantiert nicht ein Mindesteinkommen; verfassungsrechtlich geboten ist nur, was für ein menschenwürdiges Dasein unabdingbar ist und vor einer unwürdigen Bettelexistenz zu bewahren vermag (BGE 142 I 1 E. 7.2.1, 130 I 71 E. 4.1). Ziele der Sozialhilfe sind, der Hilfebedürftigkeit vorzubeugen, deren Folgen nach Möglichkeit zu beseitigen oder zu mildern und die Eigenverantwortung und Selbständigkeit ebenso wie die berufliche und gesellschaftliche Integration zu fördern (vgl. § 2 Abs. 1 des Sozialhilfegesetzes [SHG; SRL Nr. 892]). Gemäss § 28 Abs. 1 aSHG (§ 27 Abs. 2 SHG) hat Anspruch auf WSH, wer seinen Lebensbedarf und den seiner Familienangehörigen nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger (ZUG; SR 851.1) nicht rechtzeitig oder nicht hinreichend mit eigenen Mitteln, Arbeit oder Leistungen Dritter bestreiten kann. Sie soll das soziale Existenzminimum gewährleisten, das neben den üblichen Aufwendungen für den Lebensunterhalt auch individuelle Bedürfnisse angemessen berücksichtigt (BGE 141 I 153 E. 4.1).

3.1
Die WSH ist subsidiärer Natur (vgl. § 8 aSHG und § 3 SHG). Die Tatbestände von Art. 12 BV und § 28 Abs. 1 aSHG (§ 27 Abs. 1 SHG) gewähren den Anspruch auf WSH nur für den Fall, dass die bedürftige Person sich nicht selbst helfen kann oder Hilfe von dritter Seite nicht oder nicht rechtzeitig erhältlich ist. Sie wird prinzipiell nur gewährt, wenn die betroffene Person keinen Zugang zu einer anderweitigen zumutbaren Hilfsquelle hat. Ihr ergänzender Charakter verlangt, dass zunächst alle anderen Möglichkeiten der Hilfe ausgeschöpft werden, bevor staatliche Hilfeleistungen erbracht werden (Häfeli, Prinzipien der Sozialhilfe, in: Das Schweizerische Sozialhilferecht [Hrsg. Häfeli], Luzern 2008, S. 73). Die WSH ist auch subsidiär gegenüber Leistungsverpflichtungen Dritter oder gegenüber freiwilligen Leistungen von Dritten. M.a.W. gehen namentlich familienrechtliche Unterhaltsverpflichtungen oder Forderungen irgendwelcher Art vor. Gleiches gilt für freiwillige Leistungen – etwa solche von Angehörigen oder Freunden (Häfeli, a.a.O., S. 74). Die hilfebedürftige Person hat denn auch kein Wahlrecht zwischen vorrangigen Hilfsquellen und der öffentlichen Sozialhilfe. Das Subsidiaritätsprinzip ist damit Ausdruck der Pflicht zur Mitverantwortung und Solidarität gegenüber der Gemeinschaft, wie sie in Art. 6 BV verankert ist. Ob ein Anspruch auf Sozialhilfe besteht, ist deshalb mit Blick auf den Subsidiaritätsgrundsatz zu klären (BGE 141 I 153 E. 4.2; Hänzi, Die Richtlinien der schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe, Diss. Basel 2011, S. 114 f.; Häfeli, a.a.O., S. 73 ff.; zum Ganzen auch: Urteil des Kantonsgerichts Luzern 7H 18 35 vom 16.11.2018 E. 3.2). Zu beachten ist sodann nicht nur die Subsidiarität der Sozialhilfe, sondern auch die Beschränkung der materiellen Unterstützungsleistung auf den aktuellen konkreten Bedarf (Bedarfsdeckungsprinzip, vgl. Ursprung/Riedi Hunold, Verfahrensgrundsätze und Grundrechtsbeschränkungen in der Sozialhilfe, in: ZBl 116/2015 S. 403 ff., S. 406).

3.2
Die Organe der Sozialhilfe haben bei der Gewährung der Sozialhilfe den Besonderheiten und Bedürfnissen des Einzelfalls angemessen Rechnung zu tragen (§ 6 aSHG; § 5 SHG). Mit dieser gesetzlichen Pflicht zur Individualisierung ist das Bedarfsdeckungsprinzip eng verknüpft. Es besagt, dass die Sozialhilfe einer individuellen, konkreten und aktuellen Notlage abhelfen soll (Wolffers, Grundriss des Sozialhilferechts: eine Einführung in die Fürsorgegesetzgebung von Bund und Kantonen, 2. Aufl. 1999, S. 74 f., a.z.F.). Es gelangt in § 28 Abs. 1 aSHG mit der Formulierung zum Ausdruck, dass der Anspruch auf WSH besteht, wenn der Lebensbedarf nicht rechtzeitig oder nicht hinreichend bestritten werden kann. Das so gesetzlich konkretisierte Bedarfsdeckungsprinzip verlangt, dass die Sozialhilfeorgane für die Beseitigung der Notlage zu sorgen haben, ohne nach deren Ursachen zu fragen. Die Ursache der Bedürftigkeit spielt keine Rolle. Massgebend und anspruchsauslösend ist einzig der tatsächlich vorhandene Hilfsbedarf. Es entspricht dem Bedarfsdeckungsprinzip, dass Sozialhilfeleistungen nur für die Gegenwart (und die Zukunft, soweit die Notlage anhält) ausgerichtet werden, nicht jedoch für die Vergangenheit. In der Vergangenheit kann nicht gelebt werden; der elementare Lebensbedarf kann nur in dem Augenblick befriedigt werden, indem er besteht (Wizent, Die sozialhilferechtliche Bedürftigkeit, Zürich 2014, S. 255 m.H.). Das Bedarfsdeckungsprinzip schliesst im weiteren die Bestreitung des aktuellen Bedarfs mittels Verrechnung mit früher zu Unrecht gewährten Leistungen aus. Massgeblich ist allein die aktuelle Bedürftigkeit. Sozialhilfe ist deshalb auch dann zu gewähren, wenn ein Hilfsbedürftiger in der Vergangenheit zu hohe Leistungen erhalten hat, weil er beispielsweise Einkommen verschwiegen hat (Wolffers, a.a.O., S. 75).

3.3
Die Sozialhilfe stellt trotz der monatlichen Unterstützungsperiode keine rentenähnliche Dauerleistung dar. Dennoch charakterisiert sich das gewöhnliche sozialhilferechtliche Unterstützungsverhältnis durch über dessen ganze Dauer bestehende Rechte und Pflichten. Es handelt sich deshalb regelmässig um ein Dauerrechtsverhältnis (Wizent, a.a.O., S. 554 m.H.). Entscheide über die Ausrichtung von WSH sind Dauerverfügungen. Sie regeln das Rechtsverhältnis zwischen einer hilfebedürftigen Person und dem zuständigen Gemeinwesen aber aufgrund des Sachverhalts, der zu einem bestimmten Zeitpunkt vorliegt. Für die initiale Gewährung von WSH hat die hilfebedürftige Person über ihre Verhältnisse vollständig und wahrheitsgetreu Auskunft zu geben und die zur Abklärung erforderlichen Unterlagen beizubringen (§ 11 Abs. 1 aSHG; § 7 Abs. 1 SHG). Änderungen ihrer Verhältnisse hat sie umgehend und unaufgefordert zu melden (§ 11 Abs. 2 aSHG; § 7 Abs. 1 Satz 2 SHG). Die Meldepflicht besteht von Gesetzes wegen und ist eine Dauerverpflichtung (Wizent, a.a.O., S. 522). In der Regel werden die hilfesuchenden Personen bei der Gesuchseinreichung, bei der Gesuchserneuerung und in den Verfügungen der Sozialbehörde auf diese Pflicht hingewiesen. Ändern sich die Verhältnisse, hat die zuständige Behörde die WSH entsprechend anzupassen (§ 13 aSHG; § 10 SHG; zum Ganzen: Urteil des Kantonsgerichts Luzern 7H 18 35 vom 16.11.2018 E. 3.3).

3.4
3.4.1
Die Ausrichtung wirtschaftlicher Sozialhilfe setzt Bedürftigkeit voraus. Stellen die Behörden Änderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse fest, haben sie zu prüfen, ob eine Anpassung der wirtschaftlichen Sozialhilfe erforderlich ist. In laufenden Unterstützungsfällen, wie vorliegend, kann die unterstützende Behörde ihren Leistungsentscheid widerrufen, wenn sich dieser nachträglich als falsch herausstellt, weil keine oder nur teilweise Bedürftigkeit gegeben ist (Wizent, a.a.O., S. 227 m.H.), oder wenn erhebliche Zweifel am Fortbestand der Bedürftigkeit bestehen (Hobi, Leistungsreduktionen als Sanktion wegen fehlender Bedürftigkeit oder gestützt auf das Subsidiaritätsprinzip, in: Jusletter vom 14.11.2016 Rz. 17, a.z.F.). Das setzt voraus, dass vorgängig Abklärungen vorgenommen werden. Hat die Sozialhilfebehörde stichhaltige Anhaltspunkte für bedarfsmindernde Umstände und kann der Leistungsempfänger im Rahmen der Auskunftspflicht diese nicht entkräften, ist die Leistungsverfügung zu widerrufen bzw. sind die Unterstützungsleistungen – je nachdem bloss teilweise – einzustellen (Wizent, a.a.O., S. 526 m.H.; vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts Zürich VB.2010.00640 vom 9.2.2011 E. 4.3). Zu Unrecht bezogene Leistungen sind zurückzufordern (vgl. § 38 aSHG). Die Leistungseinstellung ist in diesem Fall Folge der nicht erstellten Bedürftigkeit und nicht eine Sanktion. Entsprechend greifen auch nicht die erhöhten materiellen und formellen Voraussetzungen, welche für eine sanktionsweise Leistungskürzung zu beachten sind (vgl. Hobi, a.a.O., N 40 ff.).

3.4.2
Im Sozialhilferecht ergänzen sich die gesetzlichen Mitwirkungspflichten des Gesuchstellers bzw. des Hilfeempfängers und die Untersuchungspflicht der Sozialhilfebehörde. Dennoch hat die Sozialhilfebehörde das öffentliche Interesse an der gesetzmässigen Sozialhilfe unter Beachtung ihrer Subsidiarität und der Bedarfsdeckung im Einzelfall zu wahren. Sie trägt deshalb unabhängig davon, ob der Hilfeempfänger seinen gesetzlichen Mitwirkungspflichten nachkommt, die Verantwortung für die Sachverhaltsermittlung. Die gesetzliche Mitwirkungspflicht dient der Verwirklichung der behördlichen Untersuchungspflicht (vgl. Meyer, Die Mitwirkungsmaxime im Verwaltungsverfahren des Bundes, Ein Beitrag zur Sachverhaltsfeststellung als arbeitsteiligem Prozess, Diss. Luzern 2019, N 1000 und 1003 f.). Bei den regelmässig über eine Unterstützungsperiode (von einem Monat) hinausgehenden Unterstützungsverhältnissen trifft die Sozialhilfebehörde die gesetzliche Pflicht, nicht nur Voraussetzungen für die Initialisierung der Sozialhilfe zu prüfen, sondern sie muss sich vergewissern, dass die Voraussetzungen für die Sozialhilfe während des Dauerrechtsverhältnisses laufend bestehen (Ursprung/Riedi Hunold, a.a.O., S. 411 f.). Zu diesem Zweck hat sie unter Nutzung des gesetzlichen Instrumentariums regelmässig zu klären, wie sich die Verhältnisse der Hilfebedürftigen entwickeln (vgl. Urteil des Kantonsgerichts Luzern 7H 18 270 vom 27.3.2019 E. 3.4.2, a.z.F.). Da der Sozialhilfeempfänger wahrheitsgemässe und vollständige Angaben machen muss und die Pflichtverletzung einerseits mit sozialhilferechtlichen Nachteilen verbunden (§ 29 Abs. 3 und 4 aSHG; § 30 SHG) oder mit Strafe bedroht ist (z.B. Betrug [Unrechtmässiger Bezug von Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe] i.S.v. Art. 148a des Schweizerischen Strafgesetzbuchs [StGB; SR 311.0]), darf die Sozialhilfebehörde trotz der dem Leistungsverhältnis innewohnenden Interessenlage grundsätzlich davon ausgehen, dass der Sozialhilfeempfänger über alle für die Sozialhilfe wesentlichen Umstände, wie die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, zutreffende Angaben macht und der Behörde wahrheitsgemäss Auskunft gibt. Der gesetzmässige Vollzug des Sozialhilferechts gebietet aber angesichts des verständlichen Interesses des Gesuchstellers bzw. Hilfeempfängers daran, WSH zu erhalten, dass die Sozialhilfebehörde sich nicht allein auf die Angaben und Auskünfte verlässt, sondern diese zunächst auf ihre Plausibilität prüft. Ergeben sich Zweifel, hat die Sozialhilfebehörde den Sachverhalt aufgrund ihrer Amtspflicht vertieft zu prüfen.

4.
4.1
Am 17. Juli 2015 hatte das Sozialamt Z die Bedürftigkeit der Beschwerdeführer für den Monat August 2015 als nicht mehr gegeben beurteilt. Da der Anspruch auf WSH nach § 28 Abs. 1 aSHG im Sinn des Gegenwärtigkeitsprinzips voraussetzt, dass der Bedarf von Unterstützten nicht rechtzeitig oder hinreichend bestritten werden kann, fallen deshalb als Anhaltspunkte, dass in der Vergangenheit keine oder nur teilweise Bedürftigkeit bestand, Säumnisse in Wahrnehmung der Meldepflicht bei laufender Unterstützung oder Auskunftspflichtverletzungen betreffend bedarfsmindernde Umstände, die nicht die Verhältnisse der Unterstützten für den August 2015 betreffen oder sich dann noch auf diese auswirken, ausser Betracht. Anders gewendet, sind die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse und – soweit diese als auskunfts- oder meldepflichtbegründend bekannt waren oder hätten sein müssen – die Verletzung der Meldepflicht während der laufenden Unterstützung oder der initialen Auskunftspflicht bei Gesuchseinreichung am 8. April 2013 nur insoweit relevant, als sie auf die Ende Juli und im August 2015 gegenwärtigen Verhältnisse durchschlagen.

Zu prüfen ist deshalb, ob das Untersuchungsergebnis der Strafuntersuchung, das wiederum auf die Ermittlungsergebnisse des Sozialinspektorats Y abstützt, die Leistungseinstellung mangels Bedürftigkeit im August 2015 zu begründen vermag. Erst wenn das zu bejahen wäre, müsste die sozialhilferechtliche Verwertbarkeit von auf den Ermittlungen der Sozialinspektoren sowie auf dem Ergebnis der Strafuntersuchung gründenden Erkenntnissen geprüft werden.

Da mit der Primärverfügung eine Einstellung mangels Bedürftigkeit und nicht eine sanktionsweise Kürzung oder Aufhebung der wirtschaftlichen Sozialhilfe erfolgte, wie sie sich auf § 29 Abs. 4 aSHG oder § 30 SHG stützen könnte, kann von einer Prüfung, ob die Voraussetzungen dafür gegeben wären, abgesehen werden. Auskunfts- und Meldepflichtverletzungen könnten zwar Anlass für solche repressiven Massnahmen bilden, setzten aber, weil damit ein Eingriff in das verfassungsmässige Recht auf Existenzsicherung verbunden sein kann, nebst der gesetzlichen Grundlage voraus, dass die Kürzung verhältnismässig ist und den Kernbereich des Existenzgrundrechts nicht tangiert (Hobi, a.a.O., N 40).

4.2
Der grundlegende Ermittlungsbericht des Sozialinspektorats datiert vom 10. Juni 2015. Er wird ergänzt durch einen weiteren Bericht vom 14. Oktober 2015. Die Observationen erfolgten Ende April und Anfang Mai 2015. Gestützt darauf und aufgrund einer mit den strafprozessualen Zwangsmassnahmen der Hausdurchsuchung, Beschlagnahme, Inhaftnahme der Beschwerdeführer und mit ausführlichen Einvernahmen durchgeführten Strafuntersuchung liess sich anklagegenügend erstellen, dass der Beschwerdeführer 1 für das Transportunternehmen seines Bruders während der laufenden Unterstützung monatlich fünf bis sechs Transportfahrten ausgeführt und dafür durchschnittlich mindestens Fr. 250.-- monatlich erhalten habe. Dieses Einkommen habe er bei der Anmeldung zum Bezug der wirtschaftlichen Sozialhilfe nicht deklariert, so dass ihm und seiner Familie bis zum 31. Juli 2015 um mindestens Fr. 7'000.-- zu hohe Sozialhilfeleistungen ausgerichtet worden seien.

Wenn auch mit Urteil des Bezirksgerichts X vom 28. September 2017 der Beschwerdeführer 1 von Schuld und Strafe gemäss Anklage, zu welcher der angefochtene Strafbefehl von Gesetzes wegen mutiert (Art. 356 Abs. 1 der Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO; SR 312.0]), sofern die Staatsanwaltschaft daran festhält, mangels verwertbarer Beweise freigesprochen wurde, lässt sich daraus nicht ableiten, dass die Bemessung der wirtschaftlichen Sozialhilfe objektiv zutreffend, d.h. nach Massgabe des damit zu deckenden Bedarfs, erfolgte. Zunächst ist für die Sozialhilfe festzuhalten, dass die Sozialhilfebudgets, welche die laut Aussagen des Beschwerdeführers 1 erhaltenen Bargeldzahlungen nicht berücksichtigen, den Bedarf bis Juni 2015 nicht dem tatsächlichen Bedarf entsprechend erfasst hatten.

Vorliegend ist indes nicht zu klären, ob vergangene Leistungen der WSH zu hoch erfolgt waren, sondern allein, ob die Beschwerdeführer im August 2015 ihren Lebensbedarf mangels Bedürftigkeit selbst decken konnten und keiner wirtschaftlichen Sozialhilfe bedurften. Wenn und insoweit, als der Beschwerdeführer 1 auch im Monat August 2015 Zahlungen für Transportfahrten in Aussicht und später vereinnahmt hatte, könnte dies zutreffen. Das hätte bei der Bemessung der WSH für August 2015 dazu führen müssen, dass die Ende Juli auszubezahlende WSH um das Nettobetreffnis, d.h. die zu erwartende Zahlung abzüglich Auslagen, selbstbezahlte Spesen und allfällige Abzüge, zu kürzen gewesen wäre. Selbst wenn die für August 2015 zu erwartende Zahlung von I den Betrag von Fr. 250.-- erreicht hätte und dieser Betrag ungekürzt zu erfassen gewesen wäre, hätte die auf der Grundlage des bisherigen Sozialhilfebudgets bemessene WSH-Auszahlung nach der 15 %-igen Kürzung immer noch über Fr. 3'000.-- betragen. Wie es sich damit im Einzelnen verhält, muss indes offen bleiben, da das Sozialamt Z trotz seiner Pflicht, den Sozialhilfesachverhalt abzuklären (vgl. vorne E. 3.4.2), nach Eingang des Ermittlungsberichts der Sozialinspektoren vom 10. Juni 2015 jegliche Untersuchung betreffend den aktuellen Bedarf unterliess, obwohl sich dieser Bericht weder über die Transportfahrten des Beschwerdeführers 1 im August noch über die damit gegebenenfalls verbundenen Einkünfte äussert. Auch für den Fall, dass die Ermittlungen der Sozialinspektoren und die im darauf aufbauenden Strafverfahren erhobenen Beweise verwertbar wären, gingen aus dem Beweisergebnis mit Bezug auf die Transportfahrten und das Erwerbseinkommen im August 2015 keine Grundlagen hervor, die sozialhilferechtlich genügend erstellte Schlüsse auf eine Minderung des effektiven Bedarfs im August 2015 (und hinfort) zuliessen. Anklagegenügend erstellt erachtete die Staatsanwaltschaft denn auch lediglich die bis 31. Juli 2015 vereinnahmten Zahlungen.

Sollte die Sozialhilfebehörde zur Auffassung gelangen, sie hätte aufgrund der Ermittlungs- und Strafuntersuchungsergebnisse den Bedarf der Unterstützungseinheit im Rahmen des Sozialhilfebudgets zu hoch veranschlagt und deshalb zu viel WSH geleistet, wäre ein Verfahren betreffend Rückerstattung bei unrechtmässigem Bezug im Sinn von § 38 aSHG bzw. (unter geltendem Recht) § 39 i.V.m. § 62 Abs. 2 SHG einzuleiten. Ob die Ermittlungsergebnisse der Sozialinspektoren und das Untersuchungsergebnis des Strafverfahrens in einem solchen Verfahren verwertbar wären, müsste in diesem Verfahren geprüft werden. Da das vorliegende Verfahren einzig die Einstellung der wirtschaftlichen Sozialhilfe auf den 31. Juli 2015 betrifft, ist es schon aus prozessrechtlichen Gründen ausgeschlossen, die Verwertbarkeit in diesem Kontext im vorliegenden Verfahren zu prüfen.

4.3
Die Staatsanwaltschaft sah für die nicht zur Anklage gebrachten Vorwürfe gemäss Strafanzeige von einer gesonderten Einstellungsverfügung ab. (…) Nichtdestotrotz hielt die Staatsanwaltschaft in sog. Einstellungsbemerkungen die Gründe fest, weshalb sie die Voraussetzungen des Betrugs bzw. des Sozialhilfebetrugs bei den übrigen zur Anzeige gelangten Vorwürfe nach durchgeführter Strafuntersuchung nicht für gegeben erachtet. [Wirtschaftlich berechtigter Eigentümer zweier Fiat Ducatos und eines Citroën Jumpers sei der Bruder des Beschuldigten, Deklaration des Besitzes eines Personenwagens bei der Anmeldung zur WSH, keine Hinweise auf Handel mit Fahrzeugen, Ankäufe von Metall- und Altwaren im Namen des Bruders des Beschuldigten, nicht deklarierte Postkonti wiesen nie ein Guthaben auf].

4.4.
4.4.1
Im Licht dieses Strafuntersuchungsergebnisses betreffend Besitz von Motorfahrzeugen, mutmassliche Einkünfte aus Handel mit Fahrzeugen/Metall- und Altwaren, Verwandtenunterstützung und Postkonti, kam die Staatsanwaltschaft zum Schluss, die Voraussetzungen eines Straftatbestandes seien nicht gegeben. Für das Sozialhilfeverfahren ist dazu festzuhalten, was folgt:

4.4.2
Unrechtmässig erwirkte WSH ist grundsätzlich zurückzuerstatten. Der Rückerstattungstatbestand sowohl des vorliegend noch anwendbaren Sozialhilfegesetzes (§ 38 aSHG) als auch des aktuellen SHG (§ 39) knüpft ausschliesslich an die Unrechtmässigkeit des Leistungsbezugs infolge unwahrer oder unvollständiger Angaben an, ohne dass auf Seiten des Hilfeempfängers ein schuldhaftes Verhalten vorausgesetzt ist. Ein unrechtmässiges Verhalten liegt damit vor, wenn die hilfesuchende Person ihrer Auskunfts- oder Meldepflicht gemäss § 11 aSHG bzw. § 7 Abs. 1 SHG nicht nachkommt. Die Verletzung dieser Pflichten muss zu einem unrechtmässigen Bezug von wirtschaftlicher Sozialhilfe geführt haben. Auch ist ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem unrechtmässigen Bezug der Unterstützungsleistungen erforderlich. Entsprechend bemisst sich die Höhe des unrechtmässig bezogenen Betrags nach der Differenz zwischen der korrekt berechneten Leistung (Existenzminimum) und der tatsächlich ausgerichteten Leistung (Vogel, Rechtsbeziehungen – Rechte und Pflichten der unterstützten Person und der Organe der Sozialhilfe, in: Das Schweizerische Sozialhilferecht, a.a.O., S. 192).

4.4.3
Aufgrund des Strafuntersuchungsergebnisses ist erstellt, dass der Beschwerdeführer 1 den Besitz von Motorfahrzeugen, auch wenn er nicht wirtschaftlich berechtigt war und diese lediglich einen geringen Wert aufwiesen, der Sozialhilfebehörde nicht mitgeteilt hatte. Die Bedarfsverhältnisse der Unterstützungseinheit blieben trotz der Haltereigenschaft des Beschwerdeführers 1 unbeeinflusst. Bei unveränderter wirtschaftlicher Lage bestand weder eine Meldepflicht noch bewirkte die formelle Haltereigenschaft, dass die WSH (in einem unbestimmten Mass) zu Unrecht geleistet worden war.

Auch was die mutmasslichen Einkünfte aus Handel mit Fahrzeugen/Metall- und Altwaren betrifft, bestand aufgrund des Untersuchungsergebnisses weder eine Meldepflicht noch waren objektiv die wirtschaftlichen Verhältnisse besser als für die Bemessung der WSH zugrunde gelegt. Dasselbe gilt für die leeren Postkonti.

Immerhin wäre es für die vollständige Transparenz der wirtschaftlichen Verhältnisse dienlich gewesen, hätten die Beschwerdeführer die Sozialhilfebehörde über alle Aktivitäten und über die Konti umfassend informiert. Nicht nur wäre damit das Vertrauen der Behörde in die Kooperation der Unterstützten bestärkt worden, vielmehr hätten sich Abklärungen unter Beizug von Sozialinspektoren u.U. von vornherein vermeiden lassen.

(…)

Ob im Rückerstattungsverfahren das Untersuchungsergebnis verwertbar wäre, müsste dannzumal geprüft werden. Weil hier allein die Einstellung der wirtschaftlichen Sozialhilfe auf den 31. Juli 2015 Gegenstand des Verfahrens bildet, ist aber schon aus prozessrechtlichen Gründen ausgeschlossen, die Rückerstattungspflicht im vorliegenden Verfahren zu prüfen.

4.5
Die Einstellungsbemerkungen der Staatsanwaltschaft nehmen keine Stellung zum Vorwurf, der Beschwerdeführer habe in der Zeit vom 25. Juli 2013 bis 24. April 2015 Fr. 2'246.-- ins Ausland überwiesen, was – nach Ansicht der Vorinstanz – für das Vorhandensein von weiterem Einkommen spreche. In der delegierten Einvernahme vom 4. August 2015 wurde der aus der vorläufigen Festnahme vorgeführte Beschwerdeführer 1 zu den einzelnen Zahlungen via Western Union befragt.

(…)

[Die] Begründungen für die Überweisungen nach W [Land] blieben im Strafverfahren unwiderlegt. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie für jeden einzelnen Vorgang die besonderen Umstände in überprüfbarer Art und Weise erklären. Dass die Zahlungen zur Bewältigung von wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Familienkreis dienen sollten, wirkt vor dem Hintergrund der starken familiären Verbundenheit, wie sie im kulturellen Umfeld der Beschwerdeführer gepflegt wird, durchaus plausibel. Wird berücksichtigt, dass die Zahlungen von den Empfängern offenbar in vielen Fällen als Darlehen zur Überbrückung von kurzfristigen Mangellagen dienten, bewirkten sie bei den Leistenden zwar einen zeitweisen Engpass, mussten sie aber nicht auf Dauer in mit der WSH nicht überbrückbare Existenznot bringen. Auch wenn gewisse Zahlungen die Belastbarkeit der Unterstützungseinheit erheblich strapaziert haben mögen, erscheinen die Angaben aufgrund der erwähnten Realitätskennzeichen als glaubhaft.

Darüber hinaus hatte die Staatsanwaltschaft anklagegenügend für erwiesen gehalten, der Beschwerdeführer 1 habe von Beginn der wirtschaftlichen Sozialhilfe an bis zu deren Einstellung insgesamt Fr. 7'000.-- von seinem Bruder erhalten. Selbst wenn die auf den diesbezüglichen Konzessionen des Beschwerdeführers 1 in der blossen Hochrechnung zu hohe zusätzliche finanzielle Möglichkeiten vortäuschen würden, wäre den Beschwerdeführern damit ein Spielraum eröffnet gewesen, um Überweisungen im angeblich auf weitere Einnahmen hinweisenden Umfang zu tätigen.

Wie es sich damit letztlich verhält, muss jedoch vorliegend nicht weiter geprüft werden. Weder besteht Anlass für Zweifel an der fehlenden strafrechtlichen Relevanz der Zahlungen, wie sie von der Staatsanwaltschaft sinngemäss festgestellt worden war, noch kann im Licht der glaubhaften Erklärungen des Beschwerdeführers 1 aus sozialhilferechtlicher Sicht aus den Überweisungen auf, für das vorliegende Sozialhilfeverhältnis relevante, nicht deklarierte Einnahmen geschlossen werden.

4.5.1
Ebenso wenig wie die Auslandüberweisungen thematisiert die Staatsanwaltschaft in ihren Einstellungsbemerkungen den Vorwurf, die Beschwerdeführer hätten jeweils kurz nach Gutschrift der wirtschaftlichen Sozialhilfe auf ihrem Bankkonto Barmittel in der Höhe von zwischen Fr. 1'700.-- und Fr. 3'200.-- abgehoben, was vermuten lasse, die Mittel hätten für den Ankauf von Waren für eine heimliche Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers 1 gedient. Aus den vorinstanzlichen Erwägungen geht denn auch in diesem Kontext hervor, eine Familie mache in der Regel einen Wocheneinkauf und hebe dafür jeweils nur den benötigten Betrag ab.

In seiner delegierten Einvernahme vom 4. August 2015 gab der aus der Polizeihaft vorgeführte Beschwerdeführer 1 zu Begründung der Bargeldbezüge im Wesentlichen an, anfangs Monat hebe er immer das ganze Geld ab; er sei manchmal einkaufen gegangen und verwende immer Bargeld als Zahlungsmittel.

Die Staatsanwaltschaft nahm die Bargeldbezüge vor dem Hintergrund des übrigen Untersuchungsergebnisses nicht zum Anlass für Weiterungen. Eine Verbindung der im vorinstanzlichen Entscheid als ungewöhnlich beurteilten Bargeldbezüge zu einer Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers 1 im Allgemeinen und einer Metall- oder Altwarenhandelstätigkeit im Besonderen konnte mangels eines wenigstens anklagegenügenden Nachweises solcher erwerblicher Aktivitäten nicht hergestellt werden.

4.6
(betreffend Immobilien im Ausland vgl. LGVE 2020 IV Nr. 8)

5.
[Nach alledem fehlen Grundlagen, die sozialhilferechtlich genügend erstellte Schlüsse auf eine tatsächliche Minderung des effektiven Bedarfs zuliessen, erhärteten sich im Strafverfahren die Verdachtsmomente betreffend zu Unrecht erwirkte WSH nicht, führen der Personenwagenerwerb (keine Auswirkung) und der (Mit-)Eigentumsanteil an einer Immobilie (mangels gesetzlicher Grundlage) nicht zu einer Bedarfsminderung für den Monat August 2015.]

5.1
Bei diesem Ergebnis von Straf- und Sozialhilfeverfahren fehlt dem Entscheid vom 17. Juli 2015, die WSH wegen fehlender Bedürftigkeit infolge genügenden Einkommens auf den 31. Juli 2015 einzustellen, eine nach dem für das Sozialhilferecht im Eingriffsfall erforderlichen Beweisgrad (vgl. Urteil des Kantonsgerichts Luzern 7H 18 270 vom 27.3.2019 E. 3.5.1 ff.) genügende Beweisgrundlage. Zwar hätten die damals mit gewisser Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Zahlungen von I an den Beschwerdeführer 1 Anlass geben müssen für Abklärungen, um das Sozialhilfebudget für die Unterstützungseinheit gegebenenfalls im Umfang von mutmasslich Fr. 250.-- pro Monat anzupassen. Hingegen war die vom Umstand genährte Vermutung, dass der Beschwerdeführer 1 früher für seinen Bruder Fahrdienste gegen Entgelt geleistet hatte, auch im Monat August Transportfahrten gegen eine solche Abgeltung leisten könnte, weder genügend erwiesen, dass sie bedarfsmindernd eingesetzt werden müssten, noch gegebenenfalls in welchem Umfang. Fehlte der sozialhilfegenügende Nachweis von bedürftigkeitsausschliessendem Einkommen, hätte die WSH weiterhin in der gesetzlichen Höhe geleistet werden müssen.

5.2
Wie aus den Feststellungen und Erwägungen hervorgeht, findet der angefochtene Entscheid im Ergebnis der Ermittlungen der Sozialinspektoren und demjenigen der Strafuntersuchung keine Beweisgrundlage. Es kann deshalb offen bleiben, ob, wie die Vorinstanz einlässlich erwägt, der Ermittlungsbericht vom 10. Juni 2015 (mit gewissen Vorbehalten) im vorliegenden Verfahren verwertet werden darf. Auch entfällt damit, die Foto- und Videoaufnahmen sowie den Ergänzungsbericht vom 14. Oktober 2015 und die Strafakten zum Nachteil der Beschwerdeführer auf ihre Verwertbarkeit im Sozialhilfeverfahren bzw. im Sozialhilfejustizverfahren zu prüfen.

6.
6.1
Diese Feststellungen und Erwägungen führen zur Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, soweit darauf einzutreten ist. Der angefochtene Beschwerdeentscheid und damit die Einstellung der wirtschaftlichen Sozialhilfe auf den 31. Juli 2015 ist aufzuheben. Bei diesem Ausgang erübrigt es sich, zu prüfen, ob auch formelle Mängel des Verfahrens, namentlich die gerügten Gehörsverletzungen, zur Aufhebung in der Hauptsache hätten führen müssen. Ebenso kann auf die Abnahme der offerierten Beweise verzichtet werden (vgl. zur antizipierten Beweiswürdigung BGE 136 I 229 E. 5.3 mit Hinweisen).

[…]