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Rechtsprechung Luzern


Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:4. Abteilung
Rechtsgebiet:Sozialhilfe
Entscheiddatum:02.07.2019
Fallnummer:7H 18 258
LGVE:2020 IV Nr. 8
Gesetzesartikel:Art. 5 Abs. 3 BV, Art. 119 IPRG; Art. 243 Abs. 2 OR; § 5 Abs. 2 SHG, § 7 SHG, § 28 Abs. 1 SHG, § 30 Abs. 1 SHG, § 32 SHG, § 39 SHG, § 11 aSHG, § 28 Abs. 1 aSHG, § 29 Abs. 4 aSHG, § 38 aSHG, § 13 Abs. 1 SHV, § 13 Abs. 4 SHV, § 13 Abs. 5 SHV.
Leitsatz:Sozialhilfe: Bedarfsdeckungsprinzip. Massgeblich ist allein die aktuelle Bedürftigkeit. Sozialhilfe ist auch dann zu gewähren, wenn ein Hilfsbedürftiger in der Vergangenheit zu hohe Leistungen erhalten hat, weil er beispielsweise Einkommen verschwiegen hat.
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Entscheid:Aus den Erwägungen:

4.6
4.6.1
Was den von den Sozialinspektoren ermittelten Immobilienbesitz in W [Land] betrifft, führte die Staatsanwaltschaft in ihren Einstellungsbemerkungen aus, seien die Beschwerdeführer anlässlich ihrer Anmeldung im April 2013 nicht nach Liegenschaften gefragt worden. Das seinerzeit vom Sozialamt eingesetzte Formular habe auch keine entsprechende Rubrik aufgewiesen. Im April 2015 hätten die beschuldigten Eheleute verneint, dass der Beschwerdeführer 1 eine Immobilie in W [Land] besitze. Aus einer im Strafverfahren aufgelegten Vollmacht gehe hervor, dass der Beschwerdeführer 1 seinen Eigentumsanteil an einer Liegenschaft in W [Land] bereits im Juni 2008 an seinen Bruder verschenkt habe. Da der damit beauftragte Rechtsanwalt die Eigentumsübertragung aber nicht vorgenommen habe, sei der Beschwerdeführer 1 wider besseres Wissen weiterhin als Eigentümer im Grundbuch ein-getragen gewesen.

Auf das Motiv für die schenkungsweise Übertragung angesprochen, gab der Beschwerdeführer 1 in seiner staatsanwaltschaftlichen Einvernahme an, es falle ihm schwer, darüber zu sprechen. Es sei in diesem Haus etwas passiert, worüber er nicht sprechen wolle. Deshalb wolle er sich nicht länger mit dem Haus beschäftigen. Auf Nachfrage gab er zu verstehen, es gehe um die geltend gemachten Asylgründe.

Angesichts dieses Untersuchungsergebnisses erachtete die Staatsanwaltschaft den Vorwurf der strafrechtsrelevanten Pflichtverletzung mit Blick auf den Betrugstatbestand als nicht genügend ausgewiesen, um Anklage zu erheben.

4.6.2
Im Sozialhilfeverfahren gelten aber nicht die gleichen (subjektiven) Voraussetzungen [wie im Strafverfahren]. Unrechtmässigkeit des Leistungsbezugs im Sinn von § 38 des Sozialhilfegesetzes vom 24. Oktober 1989 (aSHG) bzw. § 39 des Sozialhilfegesetzes (SHG; SRL Nr. 892) infolge unwahrer oder unvollständiger Angaben ist auch gegeben, wenn auf Seiten des Hilfeempfängers kein schuldhaftes Verhalten gegeben ist (vgl. Urteil des Kantonsgerichts Luzern 7H 18 270 vom 27.3.2019 E. 3.3.2). Es geht somit allein um eine Differenz zum Nachteil des sozialhilfeleistenden Gemeinwesens, wenn der effektive Bedarf geringer war als der mit wirtschaftlicher Sozialhilfe gedeckte Bedarf.

4.6.3
Aus den Akten der Strafuntersuchung geht hervor, dass der Beschwerdeführer 1 dem Rechtsanwalt J aus V, W [Land], am 11. Juni 2008 den Auftrag erteilt hatte, einen Schenkungsvertrag zu verfassen, die Schenkung gerichtlich beglaubigen und den Grundbucheintrag vornehmen zu lassen, um seinen hälftigen Miteigentumsanteil an der vormals väterlichen Immobilie, Nr. …, Katastergemeinde …, Parz. No. …, mit Wohnhaus an der Strasse … auf seinen Bruder zu übertragen. Gemäss nicht widerlegten Angaben des Beschwerdeführers 1 realisierten die Vertragsparteien, er und sein Bruder, lange Zeit nicht, dass der mandatierte Anwalt, das Geschäft nicht umgehend erledigt hatte. Als I, der während des Aufenthalts des Beschwerdeführers 1 in der Schweiz in der Meinung, auch Eigentümer des Anteils seines Bruders zu sein, die ganze Liegenschaft um- und ausgebaut hatte, bemerkte, dass die Schenkung nicht vollzogen worden war, hatte die Rechtslage geändert und war dafür neu ein öffentlich beurkundeter Vertrag erforderlich. Bei einem Besuch des Beschwerdeführers 1 in W [Land] wurden die erforderlichen formellen Grundlagen für die Eigentumsübertragung im Mai 2015 schliesslich geschaffen. Der aktenkundige Schenkungsvertrag datiert erst vom 25. Mai 2015. Die öffentliche Beurkundung erfolgte am 28. Mai 2015.

Auch wenn das Verfügungsgeschäft umgehend erfolgt und der Grundbucheintrag am 28. Mai 2015 vorgenommen worden wäre, war der Beschwerdeführer 1 zu Beginn und während des Bezugs von wirtschaftlicher Sozialhilfe tatsächlich Eigentümer eines hälftigen Miteigentumsanteils, d.h. eines immobilen Vermögenswertes in W [Land]. Allerdings hat der Beschwerdeführer 1 geltend gemacht, dass es sich zum Zeitpunkt der Schenkung im Jahr 2008 um eine Bauruine ohne Wert gehandelt habe.

4.6.4
Unter den eigenen Mitteln im Sinn von § 28 Abs. 1 aSHG sind auch Vermögenswerte zu verstehen, über die der Hilfesuchende verfügt, insbesondere Grundeigentum. Aus dem Subsidiaritätsprinzip ergibt sich die Pflicht zur Verwertung von Guthaben, Aktien und Obligationen, Forderungen, Wertgegenständen, Liegenschaften und anderen Vermögenswerten. Die Verwertung ist grundsätzlich Voraussetzung für die Gewährung der wirtschaftlichen Sozialhilfe. Von einer Verwertung des Vermögens ist aber nach den Empfehlungen der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe [SKOS-Richtlinien] dann abzusehen, wenn dadurch für den Hilfebedürftigen oder seine Angehörigen ungebührliche Härten entstünden, die Verwertung unwirtschaftlich wäre oder die Veräusserung von Wertgegenständen aus anderen Gründen unzumutbar sei (Ziff. E.2.1 SKOS-Richtlinien). Zur Stärkung der Eigenverantwortung und zur Förderung des Willens der Selbsthilfe wird in den SKOS-Richtlinien allerdings zu Beginn einer Unterstützung, oder wenn eine laufende Unterstützung abgelöst werden kann, empfohlen, der gesuchstellenden bzw. unterstützten Person einen Vermögensfreibetrag zuzugestehen (Ziff. E.2.3 SKOS-Richtlinien). Besondere Bestimmungen enthalten die SKOS-Richtlinien zum Grundeigentum (vgl. Ziff. E.2.4 SKOS-Richtlinien).

Danach besteht grundsätzlich kein Anspruch darauf, Grundeigentum zu erhalten (LGVE 2007 III Nr. 15 E. 5.2). Verfügen unterstützte Personen über Grundeigentum (insbesondere Liegenschaften und Miteigentumsanteile), so gehören diese Vermögenswerte zu den eigenen Mitteln im Sinn des SHG. Personen, die Liegenschaften besitzen, sollen nicht besser gestellt sein als Personen, die Vermögenswerte in Form von Sparkonten oder Wertschriften angelegt haben. Wenn eine Liegenschaft von der unterstützten Person selbst bewohnt wird, ist auf die Verwertung zu verzichten, falls diese zu marktüblichen oder sogar günstigeren Bedingungen wohnen kann (Wolffers, Grundriss des Sozialhilferechts: eine Einführung in die Fürsorgegesetzgebung von Bund und Kantonen, 2. Aufl. 1999, S. 157). Ebenfalls ist auf die Verwertung zu verzichten, wenn der Immobilienbesitz (bei selbständig Erwerbenden ohne berufliche Vorsorge) einer nötigen Alterssicherung gleichkommt. Die Sozialhilfeorgane können zudem von einer Verwertung absehen, wenn jemand voraussichtlich nur kurz- oder mittelfristig unterstützt wird, nur in geringem Umfang unterstützt wird oder wegen ungenügender Nachfrage nur ein zu tiefer Erlös erzielt werden könnte. Die SKOS-Richtlinien halten ausdrücklich fest, dass für Immobilien im Ausland dieselben Grundsätze wie für Immobilien in der Schweiz gelten (Ziff. E. 2.4 SKOS-Richtlinien).

Ergänzend dazu ist anerkannt, dass nur Eigentumswohnungen, Einfamilienhäuser und Mehrfamilienhäuser von der Verwertung ausgenommen werden können, welche von der unterstützten Person allein oder zusammen mit Familienangehörigen bewohnt werden. Grundsätzlich zu veräussern sind demgegenüber Liegenschaften, welche ausschliesslich der Kapitalanlage dienen.

Zusammenfassend ist Vermögen über dem Vermögensfreibetrag von Fr. 10'000.-- (Familien bzw. bei Ehepaaren mit Taxausgleich Fr. 12'000.--; s. Ziff. E. 2.1 SKOS-Richtlinien; Ziff. 2.1 des durch den Verband Luzerner Gemeinden [VLG], Bereich Gesundheit und Soziales, und der Dienststelle Soziales und Gesundheit [DISG] herausgegebenen Handbuchs zur Luzerner Sozialhilfe [nachfolgend: Hand-buch]) bei der Bedarfsprüfung zu berücksichtigen. Für Grundeigentum im In- und Ausland besteht dennoch grundsätzlich eine Verwertungspflicht. Von einer Verwertung ist aber insbesondere dann abzusehen, wenn dadurch eine ungebührliche Härte entstünde, die Verwertung unwirtschaftlich oder unzumutbar wäre.

4.6.5
Zu beachten ist jedoch, dass nach § 28 Absatz 1 SHG für die Frage der Bedürftigkeit nur die verfügbaren und kurzfristig realisierbaren Mittel massgebend sind. Denn Anspruch auf WSH hat nach dieser Bestimmung, "wer seinen Lebensbedarf nicht rechtzeitig bestreiten kann". Bei der Anrechnung des Vermögens sind deshalb differenzierte Grundsätze anzuwenden. Benötigt die Verwertung von Vermögen eine gewisse Zeit, wie dies bei Grundeigentum regelmässig der Fall ist, kann deshalb ein Anspruch auf materielle Hilfe trotz vorhandenem Vermögen bestehen (vgl. Wolffers, a.a.O., S. 71 f. und 155). Für die Verwertung von Grundeigentum ist eine angemessene Frist zu setzen. Gestützt auf § 28 Abs. 1 SHG besteht während dieser Frist nicht bloss ein Anspruch auf Nothilfe im Sinn von § 5 Abs. 2 SHG, sondern ein solcher auf ordentliche WSH, soweit der Unterhalt nicht aus verfügbaren und kurzfristig realisierbaren Mitteln bestritten werden kann. Erst wenn die Verwertung des Grundeigentums nicht innert der gewährten Frist erfolgt, ist die WSH einzustellen (LGVE 2007 III Nr. 15 E. 5.4).

4.6.6
Im vorliegenden Fall war bei der Anmeldung zur Sozialhilfe weder den Sozialhilfebehörden bekannt noch dem Beschwerdeführer – gemäss seinen nicht widerlegten Angaben im Strafverfahren – bewusst, dass er noch über einen Miteigentumsanteil am Haus seines Vaters in V verfügt. Wäre das bekannt gewesen, hätte das Sozialamt nach den für die Bedarfsermittlung geltenden Regeln vorgehen müssen. D.h., es hätte zuerst geklärt werden müssen, ob die Verwertung des Eigentumsanteils rechtlich möglich, wirtschaftlich sinnvoll und dem Hilfebedürftigen zumutbar ist. Wäre all das zu bejahen gewesen (vgl. dazu aber E. 4.6.7 hiernach), hätte – unter Androhung der Säumnisfolgen – Frist für die Verwertung eingeräumt werden müssen. Bis zur Verwertung bzw. bis zum Ablauf der dafür zu gewährenden Frist wäre – entgegen der Auffassung der Vorinstanz – die WSH grundsätzlich ungekürzt zu leisten gewesen.

4.6.7
Zu welchem Zeitpunkt während der laufenden Sozialhilfe der Beschwerdeführer 1 Kenntnis davon erlangte, dass die grundbuchliche Übertragung seines Eigentumsanteils nicht mandatsgemäss vorgenommen worden war, lässt sich den Akten nicht entnehmen. Hingegen geht aus der beschwerdeführerischen Darstellung im vorinstanzlichen Verfahren hervor, dass er anlässlich eines Aufenthalts in W [Land] im Mai 2015 die Gelegenheit wahrnahm, die Schenkung seines Eigentumsanteils an seinen Bruder in die für das Verfügungsgeschäft rechtsgültige Form zu bringen. Ein Original des öffentlich beurkundeten Schenkungsvertrages ist denn auch aktenkundig. Spätestens dannzumal hatte er Kenntnis davon, dass er – mangels Vollzug der Schenkung im 2008 – noch als anteilsweiser Eigentümer im Grundbuch eingetragen war.

Da gemäss § 11 aSHG und § 7 SHG eine umfassende Meldepflicht auch für Sachverhalte, deren sozialhilferechtlich allenfalls bedarfsmindernde Qualität erst noch geprüft werden muss, besteht, hätte der Beschwerdeführer 1 das Sozialamt darüber informieren müssen. Es wäre dann Sache der Sozialhilfebehörde gewesen, die Rechtslage zu prüfen. Namentlich hätte das bedeutet, die Verpflichtungswirkung des Schenkungsversprechens, das mit der Mandatierung des Rechtsanwalts J vom 11. Juni 2008 verschriftlicht war, auf Übertragung des Eigentumsanteils im Licht des dafür anwendbaren Rechts zu beurteilen. Nur, wenn die rechtliche Beurteilung dazu führt, dass der Beschwerdeführer 1 noch über den Eigentumsanteil verfügen darf, wäre aus rechtlicher Sicht eine Verwertung infrage gekommen. In diesem Fall hätte die Wirtschaftlichkeit und Zumutbarkeit bejaht und dem Beschwerdeführer 1 Frist zur Verwertung angesetzt werden müssen.

4.6.8
Nach Art. 119 des Bundesgesetzes über das internationale Privatrecht (IPRG; SR 291) unterstehen Verträge über Grundstücke oder deren Gebrauch dem Recht des Staates, in dem sich die Grundstücke befinden (Abs. 1). Die Form untersteht dem Recht des Staates, in dem sich das Grundstück befindet, es sei denn, dieses Recht lasse die Anwendung eines anderen Rechts zu (Abs. 3 Satz 1). Anwendbar auf die Eigentumsübertragung an einem Grundstück, konkret einem Miteigentumsanteil, in W [Land] ist somit das ausländische Recht. Das mit dem Auftrag an den ausländischen Anwalt J, einen Schenkungsvertrag für die Übertragung des Miteigentumsanteils an der Immobilie Nr. …, Katastergemeinde …, auf seinen Bruder gegebene Versprechen, den Eigentumsanteil schenkungshalber zu übertragen, genügte für sich mangels Wahrung der gesetzlichen Form nicht als Causa für die Eigentumsübertragung. Zu prüfen ist indes, welche Wirkung das nicht formgültige Schenkungsversprechen (vgl. für die Schweiz: Art. 243 Abs. 2 des Obligationenrechts [OR; SR 220]) für den Schenker entfaltet.

Ganz allgemein sind staatliche Organe und Private gehalten, nach Treu und Glauben zu handeln (vgl. Art. 5 Abs. 3 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft [BV; SR 101]). Das formungültige Versprechen band aber den Beschwerdeführer 1 trotz der damit geschaffenen Erwartung beim Beschenkten nicht, den am 8. Juni 2008 beabsichtigten Schenkungsvertrag in der rechtsgenüglichen Form zu schliessen, um eine genügende Causa für die Eigentumsübertragung zu schaffen. Es bestand dazu weder eine formgültige vertragliche Pflicht, noch konnte aus dem ungültigen Schenkungsversprechen ein Anspruch auf Abschluss eines formgültigen entstehen, zumal der Vertrag noch nicht ansatzweise erfüllt worden war (vgl. zum Rechtsmissbrauchseinwand: Schwenzer, Basler Komm., 6. Aufl. 2015, Art. 11 OR N 22). Ebenso wenig hätte sich der Beschwerdeführer 1 wegen einer Haftung aus culpa in contrahendo verantworten müssen (vgl. Schwenzer, a.a.O., Art. 11 OR N 28), ist doch davon auszugehen, dass den Parteien die Formerfordernisse bekannt waren, andernfalls die Mandatierung des Rechtsanwalts J zu diesem Zweck wohl nicht erfolgt wäre.

Aufgrund des formungültigen Schenkungsversprechens bzw. mangels Vollzug des Mandates durch Rechtsanwalt J blieb der Beschwerdeführer 1 (Mit-)Eigentümer. Die Veräusserung an einen Dritten wäre dem Beschwerdeführer 1 trotz seines schriftlichen Versprechens, wenn auch für den Beschenkten in grober Weise erwartungsverletzend, rechtlich möglich geblieben. Das bedeutet, dass im Zeit-punkt der Anmeldung und in demjenigen, als der Beschwerdeführer 1 auf die unterbliebene Übertragung des Eigentumsanteils aufmerksam wurde, die rechtliche Möglichkeit bestanden hätte, den Eigentumsanteil zu Gunsten des Beschwerdeführers 1 zu verwerten.

Die (Mit-)Eigentümerstellung war aufgrund des Versprechens, den Miteigentumsanteil zu übertragen, rechtlich nicht eingeschränkt. Der im Eigentumsanteil verkörperte Vermögenswert bildete deshalb bis zum Zeitpunkt des formgültigen Schenkungsvertrags "eigene Mittel" im Sinn von § 28 Abs. 1 aSHG. Danach entfaltete das Verpflichtungsgeschäft obligatorische Bindungswirkung in dem Sinn, als auch unabhängig von und vor der grundbuchlichen Mutation eine Verwertung zu Gunsten von eigenen Mitteln im Sinn des Subsidiaritätsgrundsatzes ausgeschlossen war.

4.6.9
Mit Vertragsabschluss vom 28. Mai 2015 entäusserte sich der Beschwerdeführer 1 möglicherweise als eigene Mittel verwertbarer Vermögenswerte, ohne eine Gegenleistung zu vereinnahmen. Nach dem aktuellen Sozialhilfegesetz fällt ein solcher Vorgang jedenfalls dann unter den Vermögensverzicht im Sinn von § 32 SHG, wenn die Prüfung der weiteren Voraussetzungen eine Verwertung (d.h. durch die Verwertung keine ungebührliche Härte entstanden bzw. die Verwertung unwirtschaftlich oder unzumutbar gewesen wäre) zugelassen hätte. Gemäss § 13 der Sozialhilfeverordnung (SHV; SRL Nr. 892a) wird Vermögen, auf das die hilfebedürftige Person in den letzten fünf Jahren vor der Einreichung des Gesuchs um WSH verzichtet hat, bei der Anspruchsberechnung als Einnahme angerechnet (Abs. 1). Pro Jahr werden Fr. 10'000.-- als Einnahme angerechnet (Abs. 4). Der Wert des Vermögens im Zeit-punkt des Verzichts ist unverändert auf den 1. Januar des Jahres, das auf den Verzicht folgt, zu übertragen und dann jeweils nach einem Jahr um Fr. 10'000.-- und allfällige für die Berechnung der jährlichen Ergänzungsleistung angerechnete Beträge zu vermindern (Abs. 5).

Auf den vorliegenden Fall ist jedoch das alte Sozialhilfegesetz anwendbar, welches keine Anrechnung bei Vermögensverzicht kennt. Es ist deshalb von vornherein ausgeschlossen, die heutige gesetzliche Grundlage für die Ermittlung des Bedarfs der Familie C im August 2015 in Anwendung zu bringen. Im Übrigen hätte auch die Anwendung dieser gesetzlichen Grundlagen nicht mehr erlaubt, als den auf den Monat August entfallenden Zwölftel von Fr. 10'000.-- beim Bedarf anzurechnen.

Im Licht dieser Erwägungen kann auch aus sozialhilferechtlicher Sicht aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer 1 bis im Jahr 2015 noch formell als Eigentümer eines Anteils der mit einem Wohn-haus bebauten Parzelle Nr. …, …, W [Land], eingetragen war, keinen Schluss auf eine Reduktion des Bedarfs für den Monat August 2015 abgeleitet werden. Seine Verletzung der Meldepflicht (E. 4.6.7) hat damit keine Auswirkungen auf die Beurteilung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse.

4.6.10
Die Vorinstanz erblickt indessen darin, dass der Beschwerdeführer 1 einen angeblich substantiellen Vermögenswert verschenkt habe, einen offenbaren Rechtsmissbrauch, der keinen Rechtsschutz verdiene. Im vorliegenden Verfahren ist allein zu prüfen, ob die Einstellung der wirtschaftlichen Sozialhilfe auf den 31. Juli 2015 mangels Bedürftigkeit zu Recht erfolgte. Indem die Vorinstanz das Verschenken des Miteigentumsanteils an der ausländischen Wohnliegenschaft bei laufender wirtschaftliche Unterstützung als missbräuchlichen Bezug von wirtschaftlicher Sozialhilfe gewichtet und deswegen die Einstellung als begründet betrachtet, unterstellt sie zunächst das Vorliegen der Verwertungsvoraussetzungen (vor allem die Wirtschaftlichkeit) und verkennt zum andern die Verschuldensunabhängigkeit der Sozialhilfe (Wizent, Die sozialhilferechtliche Bedürftigkeit, Zürich 2014, S. 223). Nach § 28 Abs. 1 aSHG besteht Anspruch auf WSH, wenn der Lebensbedarf nicht rechtzeitig oder nicht hinreichend bestritten werden kann. Die Beseitigung der Notlage hat deshalb zu erfolgen, ohne nach deren Ursachen zu fragen. Sozialhilfe ist auch dann zu gewähren, wenn ein Hilfsbedürftiger in der Vergangenheit zu hohe Leistungen erhalten hat, weil er, wie hier vermutet wird, Vermögenswerte verschenkt hat. Ob aus diesem Umstand, dass der Beschwerdeführer 1 seine Vermögenswerte verschenkt hat, andere sozialhilferechtliche Konsequenzen ableitbar sind, ist hier nicht zu prüfen.

Die Vorinstanz scheint ausser Acht zu lassen, dass ein in der Vergangenheit erfolgter Verstoss gegen die Pflicht, zuerst die eigenen Mittel einzusetzen, zwar eine Rückerstattungspflicht begründet und die sanktionsweise Reduktion der Leistungen zu rechtfertigen vermag, wenn sie sich z.B. ausdrücklich auf § 30 Abs. 1 SHG oder § 29 Abs. 4 aSHG stützen kann, die Pflichtverletzung aber den Anspruch auf Sozialhilfe für die aktuelle Bedürftigkeit als solchen nicht berührt (vgl. Wizent, a.a.O., S. 226). Wie erwähnt, bildet aber nicht eine sanktionsweise Aufhebung wirtschaftlicher Sozialhilfe wegen Säumnissen betreffend die Informationspflichten Gegenstand des angefochtenen Entscheids.

Anzufügen bleibt, dass weder die Nichterfüllung von Mitwirkungspflichten (Auskunfts- und Meldepflichten) noch selbst berechtigte Zweifel an der Bedürftigkeit die sofortige Einstellung der Unterstützungsleistungen zu rechtfertigen vermöchten (Wizent, a.a.O., S. 526 mit Rechtsprechungshinweisen).