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Rechtsprechung Luzern


Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:4. Abteilung
Rechtsgebiet:Gesundheitsrecht
Entscheiddatum:17.09.2020
Fallnummer:7H 20 139
LGVE:2020 IV Nr. 11
Gesetzesartikel:Art. 8 Covid-19-Verordnung besondere Lage; Art. 40 EpG; § 4 KEpV.
Leitsatz:Die Allgemeinverfügung vom 15. Juli 2020 betreffend zusätzliche Massnahmen im Kanton Luzern zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie ist generell-abstrakter Natur. Der Erlass solcher Massnahmen fällt nicht in den Zuständigkeitsbereich einer Dienststelle. Die formal als Allgemeinverfügung bezeichnete Anordnung ist folglich aufzuheben.
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Entscheid:A.
Aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus stufte der Bundesrat am 28. Februar 2020 die Situation in der Schweiz als besondere Lage im Sinne von Art. 6 des Bundesgesetzes über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen ein (EpG; SR 818.101). Gestützt darauf ergriff er eine Reihe von Massnahmen, u.a. erliess er ein Verbot von Veranstaltungen mit mehr als 1000 Personen. Am 13. März 2020 verschärfte er die Massnahmen, u.a. verbot er Veranstaltungen mit mehr als 100 Personen und beschränkte die Anzahl Personen in Restaurations- und Barbetrieben sowie Diskotheken und Nachtclubs. Am 16. März 2020 erklärte der Bundesrat die ausserordentliche Lage im Sinne von Art. 7 EpG, verschärfte die Massnahmen und erliess weitere einschränkende Bestimmungen (z.B. allgemeines Veranstaltungsverbot, Schliessung von öffentlich zugänglichen Einrichtungen). Diese Massnahmen sollten dazu dienen, die Verbreitung des Coronavirus in der Schweiz zu verhindern oder einzudämmen, besonders gefährdete Personen zu schützen und die Kapazitäten der Schweiz zur Bewältigung der Pandemie sicherzustellen.

Aufgrund der epidemiologischen Entwicklung entschied der Bundesrat am 16. April 2020 eine etappenweise Lockerung der Massnahmen. In der Folge beschloss der Bundesrat per 11. Mai 2020 die Öffnung von Restaurationsbetrieben unter strengen Auflagen und sodann per 6. Juni 2020 weitere Lockerungen für Restaurationsbetriebe sowie die Öffnung von Diskotheken, Tanzlokalen und Nachtklubs sowie Veranstaltungen mit bis zu 300 Personen. Im Zuge der Rückkehr von der ausserordentlichen in die besondere Lage per 19. Juni 2020 hob der Bundesrat das Verbot von Veranstaltungen mit über 300 Personen per 22. Juni 2020 auf (mit Pflicht zur Sektorenbildung mit max. 300 Personen, wenn während einer bestimmten Dauer weder der erforderliche Abstand eingehalten noch Schutzmassnahmen ergriffen werden können), wobei Grossveranstaltungen mit einer Teilnehmerzahl von über 1000 Personen weiterhin untersagt sind. Für die Durchführung von privaten Veranstaltungen, die nicht in öffentlich zugänglichen Einrichtungen oder Betrieben stattfinden und deren teilnehmende Personen den Organisatoren bekannt sind, sowie für Veranstaltungen mit bis zu 30 Personen gelten Erleichterungen.

B.
Am 18. Juli 2020 veröffentlichte die Dienststelle Gesundheit und Sport (DIGE) im Kantonsblatt Nr. 29 in Absprache mit dem Gesundheits- und Sozialdepartement (GSD) eine Allgemeinverfügung vom 15. Juli 2020 betreffend zusätzliche Massnahmen im Kanton Luzern zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie. Die Allgemeinverfügung enthält folgende Anordnungen:

"1. Gastwirtschaftsbetriebe (einschliesslich Bar- und Clubbetriebe sowie Diskotheken und Tanzlokale)
1.1. In Gastwirtschaftsbetrieben, einschliesslich Bar- und Clubbetrieben sowie in Diskotheken und Tanzlokalen, wird die maximale Anzahl der Gäste auf gleichzeitig 100 Personen beschränkt, wenn
a. die Konsumation nicht ausschliesslich an einem festen Sitzplatz erfolgt, oder
b. aufgrund der Art der Aktivität, wegen örtlicher Gegebenheiten oder aus betrieblichen oder wirtschaftlichen Gründen weder der erforderliche Abstand eingehalten, noch andere geeignete Schutzmassnahmen ergriffen werden können (insbesondere Maskentragen oder Trennwände).
1.2. Ein Gastwirtschaftsbetrieb gemäss Ziffer 1.1 kann mehrere räumlich getrennte Gästesektoren mit maximal 100 Personen betreiben. Unabhängig von der Anzahl Sektoren müssen die Kontaktdaten gemäss Artikel 5 Covid-19-Verordnung besondere Lage für jeden Sektor einzeln erhoben werden.
1.3. Ausserhalb der Gästesektoren muss entweder der Mindestabstand eingehalten oder eine Schutzmaske getragen werden, wenn die Möglichkeit der Durchmischung besteht.

2. Veranstaltungen
2.1. An öffentlichen und privaten Veranstaltungen mit über 100 Besucherinnen und Besuchern, an welchen aufgrund der Art der Aktivität, wegen örtlicher Gegebenheiten oder aus betrieblichen oder wirtschaftlichen Gründen weder der erforderliche Abstand eingehalten, noch andere geeignete Schutzmassnahmen ergriffen werden können (insbesondere Maskentragen oder Trennwände), muss eine Unterteilung in Sektoren mit maximal 100 Personen vorgenommen werden. Unabhängig von der Anzahl Sektoren sind die Kontaktdaten gemäss Artikel 5 Covid-19-Verordnung besondere Lage pro Sektor zu erheben.
2.2. Ausserhalb dieser Sektoren muss, wenn die Möglichkeit der Durchmischung besteht, entweder der Mindestabstand eingehalten oder eine Schutzmaske getragen werden.

3. Kontaktdaten
3.1. Betriebe, welche die Kontaktdaten gemäss Artikel 5 Covid-19-Verordnung besondere Lage erheben, müssen gegenüber der Dienststelle Gesundheit und Sport über die E-Mail-Adresse humanmedizin.lu@hin.ch unter dem Betreff «Kontakte Betriebe» folgende Angaben bekannt geben:
a. Name/Bezeichnung und Adresse des Betriebes;
b. Name, Vorname, vollständige Adresse, Handynummer und E-Mail-Adresse der für den Betrieb verantwortlichen Person;
c. E-Mail-Adresse und Handynummer von höchstens drei Personen, welche der Dienststelle Gesundheit und Sport auf Verlangen die Besucherliste eines jeden Tages/Abends innert zwei Stunden übermitteln können. Mindestens eine dieser Kontaktpersonen muss täglich zwischen 7.00 Uhr und 22.00 Uhr erreichbar sein. Sie muss der Dienststelle Gesundheit und Sport auf erstmaliges Ersuchen die Besucherliste eines bestimmten Tages innert maximal zwei Stunden übermitteln können.
3.2. Bei der Erhebung der Kontaktdaten gemäss Artikel 5 Covid-19-Verordnung besondere Lage sind folgende Angaben zu den Besucherinnen und Besuchern vor deren Einlass zu erheben: Name, Vorname, Postleitzahl, Handy-nummer, E-Mail-Adresse, sowie Zeit des Eintritts in und des Austritts aus dem Betrieb.
3.3. Die Betriebe sind bei der Erhebung der Kontaktdaten verpflichtet, die Besucherinnen und Besucher vor deren Einlass zweifelsfrei anhand eines amtlichen Ausweises zu identifizieren. Zudem müssen sie die Handynummer mindestens stichprobeweise und bei mindestens 20 Prozent der Gäste verifizieren und die geprüften Nummern bei den Kontaktangaben markieren. Die Angaben zu den Besucherinnen und Besuchern pro Tag sind so zu verwalten, dass sie auf Verlangen der Dienststelle Gesundheit und Sport innert zwei Stunden elektronisch in gegliederter Form übermittelt werden können, vorzugsweise als Excel-Liste.
3.4. Die Betriebe dürfen die erhobenen Daten zu keinem andern Zweck verwenden. Sie stellen sicher, dass die Daten 14 Tage nach der Erhebung vernichtet werden.
3.5. Die Vorgaben gemäss Ziffer 3 gelten sinngemäss für das Personal.

4. Inkrafttreten und Veröffentlichung
Diese Allgemeinverfügung tritt am Freitag, 17. Juli 2020, 12.00 Uhr, in Kraft und gilt bis zu ihrem Widerruf. Sie ist im Kantonsblatt zu publizieren sowie auf der Website des Kantons und durch Mitteilung an die Medien vorläufig bekannt zu machen (§ 1 Abs. 3 Publikationsgesetz; SRL Nr. 27).

5. Strafbestimmungen
Widerhandlungen gegen diese Allgemeinverfügung werden mit Busse bestraft (Art. 83 EpG). Vorbehalten bleibt eine Strafbarkeit aufgrund anderer Bestimmungen.

6. Aufhebung bisherigen Rechts
Diese Allgemeinverfügung ersetzt die Allgemeinverfügung betreffend Sicherstellung des Contact Tracings bei Besucherinnen Besuchern von Clubs vom 4. Juli 2020.

7. Rechtsmittelbelehrung
Gegen diese Verfügung kann innert 30 Tagen seit deren Publikation im Luzerner Kantonsblatt beim Kantonsgericht (…) Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben werden. (…). Aufgrund der hohen Dringlichkeit und der grossen Bedeutung des betroffenen Rechtsgutes – Gesundheit der Bevölkerung – wird einer allfälligen Beschwerde gegen diese Allgemeinverfügung die aufschiebende Wirkung entzogen (§ 131 Abs. 2 Verwaltungsrechtspflegegesetz [VRG]; SRL Nr. 40)."

C.
Gegen diese Allgemeinverfügung reichte A am 15. Juli 2020 (Postaufgabe: 16.7.2020) Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein und beantragt deren sofortige Aufhebung. Zur Begründung führt er im Wesentlichen an, dass die aktuelle Ansteckungsrate im Kanton Luzern keine zusätzlichen Massnahmen rechtfertige. Zudem basiere die Begründung der Allgemeinverfügung auf subjektiven Annahmen. Als Bürger erwarte er triftige Gründe für all die Opfer, die zu erbringen seien, und für alle Kollateralschäden, welche die Allgemeinverfügung mit sich bringe.

Die DIGE schloss vernehmlassend am 6. August 2020 auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, soweit darauf einzutreten sei.

Mit Schreiben vom 15. August 2020 nahm A dazu Stellung. Diese Eingabe wurde der DIGE zur Orientierung zugestellt. Weitere Eingaben erfolgten nicht.

D.
Am 12. August 2020 (und am 2.9.2020) beschloss der Bundesrat, Grossveranstaltungen mit mehr als 1000 Personen ab 1. Oktober 2020 unter strengen Bedingungen wieder zu erlauben.

Aus den Erwägungen:

1.
1.1.
Das Kantonsgericht prüft von Amtes wegen, ob die Voraussetzungen für einen Sachentscheid erfüllt sind (§ 107 Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege [VRG; SRL Nr. 40]). Fehlt eine Voraussetzung für einen Sachentscheid, so tritt das Gericht auf die Sache der prozessführenden Partei nicht ein (§ 107 Abs. 3 VRG).

1.2.
Ein Sachentscheid setzt namentlich die Zuständigkeit der angerufenen Behörde voraus (§ 107 Abs. 2 lit. a VRG). Angefochten ist die von der DIGE publizierte Allgemeinverfügung vom 15. Juli 2020 betreffend zusätzliche Massnahmen im Kanton Luzern zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie. Diese erging u.a. gestützt auf das Epidemiengesetz. Damit ist im Grundsatz von der Zuständigkeit des Kantonsgerichts bei einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen eine solche Anordnung auszugehen (§ 148 lit. a VRG i.V.m. Art. 86 Abs. 1 lit. d des Bundesgesetzes über das Bundesgericht [BGG; SR 173.110].

1.3.
Des Weiteren setzt ein Sachentscheid u.a. die Befugnis zur Rechtsvorkehr voraus (§ 107 Abs. 2 lit. d VRG). Die DIGE bestreitet die Legitimation des Beschwerdeführers zur Anfechtung der publizierten Allgemeinverfügung. Diese Frage ist eng verknüpft mit derjenigen nach der Rechtsnatur des Anfechtungsobjekts, weshalb nachfolgend zunächst darauf einzugehen ist.

2.
2.1.
Nach Auffassung der DIGE richtet sich die angefochtene Allgemeinverfügung an eine unbestimmte Anzahl von Betreibern von Gastwirtschaftsbetrieben (einschliesslich Bar- und Clubbetriebe sowie Diskotheken und Tanzlokale) und Organisatoren von öffentlichen und privaten Veranstaltungen im Kanton Luzern. Damit werde die nach Bundesrecht zulässige Gäste- oder Besucherzahl auf 100 Personen herabgesetzt. Demgegenüber begründe sie keine unmittelbaren Rechte und Pflichten für die allgemeine Bevölkerung.

In der Replik führt der Beschwerdeführer aus, er habe nach Verfassung einen Anspruch auf Überprüfung der vom Kanton verfügten Massnahmen. Die Grundpfeiler der demokratischen Struktur (Gewaltentrennung) würden dauerhaft demontiert; dies greife in die Rechtsstellung jedes Einwohners ein.

2.2.
Nach Lehre und Rechtsprechung ist die Verfügung ein individueller, an den Einzelnen gerichteter Hoheitsakt, durch den eine konkrete verwaltungsrechtliche Rechtsbeziehung rechtsgestaltend oder feststellend in verbindlicher und erzwingbarer Weise geregelt wird. Die Verfügung konkretisiert die Regelungen des Gesetzgebers im Einzelfall und verwirklicht damit dessen Zielsetzungen. Sie stellt eine konkrete Anordnung dar, das heisst, sie regelt eine bestimmte Zahl von Fällen (BGE 139 V 143 E. 1.2 m.H., 139 V 72 E. 2.2.1; LGVE 2012 II Nr. 13 E. 1c/aa m.H.; Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl. 2016, N 849 ff.). Demgegenüber sind Erlasse (Rechtssätze) Anordnungen genereller und abstrakter Natur, die für eine unbestimmte Vielzahl von Menschen gelten und eine unbestimmte Vielheit von Tatbeständen regeln ohne Rücksicht auf einen bestimmten Einzelfall oder auf eine einzelne Person, d.h. die letztlich Allgemeinverbindlichkeit beanspruchen (BGE 139 V 72 E. 2.2.1, 135 II 38 E. 4.3 m.H.). Zwischen Rechtssatz und Verfügung steht sodann die sogenannte Allgemeinverfügung. Die Abgrenzung zwischen Rechtssatz und Allgemeinverfügung gestaltet sich mitunter schwierig. Die Allgemeinverfügung ist dadurch gekennzeichnet, dass sie sich einerseits an einen (relativ) unbestimmten Personenkreis richtet, also genereller Natur ist, anderseits einen konkreten Tatbestand regelt (BGE 139 V 143 E. 1.2, 139 V 72 E. 3.1.1, 134 II 272 E. 3.2; Häfelin/Müller/Uhlmann, a.a.O., N 933 und N 935 ff.). Ob eine staatliche Anordnung konkreter oder abstrakter Natur ist, beurteilt sich anhand der Bestimmtheit des Anordnungsobjekts (Jaag, Die Abgrenzung zwischen Rechtssatz und Einzelakt, Zürich 1985, S. 83 ff.).

2.3.
Zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie kennt zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Mehrzahl der Kantone verschärfte Massnahmen für Gastronomiebetriebe sowie Veranstaltungen. Während in einigen Kantonen jeweils der Regierungsrat eine entsprechende Verordnung (z.B. Zug, Zürich, Basel-Stadt und Freiburg) oder einen Beschluss erlassen hat (z.B. Genf, Neuenburg, Wallis, Tessin), wurde die Materie in anderen Kantonen – wie im Kanton Luzern – in Form einer Allgemeinverfügung durch das kantonale Gesundheitsamt oder den Kantonsarzt bzw. die Kantonsärztin geregelt (z.B. Basel-Landschaft, Aargau und Solothurn). Die kantonalen Anordnungen stützen sich (kumulativ oder alternativ) u.a. auf die Verordnung über Massnahmen in der besonderen Lage zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie (Covid-19-Verordnung besondere Lage; SR 818.101.26), das Epidemiengesetz, die Epidemienverordnung (Verordnung über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen [EpV; SR 818.101.1]), die jeweiligen Kantonsverfassungen und kantonalen Gesundheitsgesetzgebungen. Die seitens der Kantone erlassenen Massnahmen reichen dabei von Vorgaben bei der Erhebung von Kontaktdaten, Maskenpflicht, Pflicht zur Sektorenbildung bei Gastronomiebetrieben und/oder bei Veranstaltungen, Beschränkung der Personenzahl bei Gastronomiebetrieben und/oder Veranstaltungen bis hin zur Schliessanordnung für Tanzlokale. Die Massnahmen, welche die Kantone gegen die Ausbreitung des Coronavirus auf ihrem Staatsgebiet angeordnet haben, verfolgen dieselben Zielsetzungen und betreffen in den Grundzügen ähnliche Regelungsbereiche. Allerdings lassen sich unter Berücksichtigung der konkreten inhaltlichen Ausgestaltung der jeweiligen kantonalen Massnahmen keine hinreichenden Rückschlüsse auf die Wahl der Rechtsform ableiten. Aufgrund dessen erweist sich ein interkantonaler Vergleich für die Bestimmung der Rechtsnatur der hier angefochtenen Anordnung als wenig hilfreich.

2.4.
Mit Blick auf die angefochtene Anordnung der DIGE ist festzuhalten, dass diese einerseits Betreiber von Gastwirtschaftsbetrieben und Verantwortliche von Veranstaltungen betrifft, welche ab einer gewissen Grössenordnung bestimmte Vorgaben umsetzen müssen. Andererseits tangiert sie auch die Besucher und Gäste dieser Lokalitäten bzw. Anlässe. Die angefochtene Anordnung richtet sich an einen offenen Personenkreis und hat demnach generellen Charakter.

Ob der Regelungsbereich der Anordnung (gleichsam der gesetzliche Tatbestand) – konkret die Beschränkung der Anzahl Gäste bzw. Besucher auf gleichzeitig maximal 100 Personen bzw. Unterteilung in Sektoren unter gewissen Voraussetzungen – abstrakter oder aber konkreter Natur ist, kann nur im Rahmen einer Gesamtbetrachtung entschieden werden. Die angefochtene Anordnung enthält in räumlicher Hinsicht keine Einschränkung, sondern beansprucht für das ganze Kantonsgebiet Geltung. Zum Regelungsbereich der Anordnung gehören zum einen Gastwirtschaftsbetriebe ¬ einschliesslich Bar- und Clubbetriebe sowie Diskotheken und Tanzlokale – mit mehr als 100 Gästen. Zum andern erfasst sie – sowohl private als auch öffentliche – Veranstaltungen mit über 100 Besuchern. Nicht entscheidend ist dabei, dass sich die Anordnung nicht auch auf Gastwirtschaftsbetriebe und Veranstaltungen mit bis zu 100 Personen bezieht, sondern dass sie mehr als nur einen Einzelfall, d.h. mehr als einzelne individuell bestimmte Sachverhalte, abdeckt (vgl. Jaag, a.a.O., S. 109). Vorliegend war der Kreis der von der Anordnung betroffenen Gastwirtschaftsbetriebe und Veranstaltungen im Zeitpunkt ihres Erlasses nicht individuell bestimmt. Dieser kann auch nicht als beständig bezeichnet werden, weder in seinem Ausmass noch in seiner Zusammensetzung. Die angefochtene Anordnung erlangt mithin Bedeutung für eine unbestimmte Anzahl von Anordnungsobjekten, was für das Vorliegen eines abstrakten Charakters spricht (vgl. zum Ganzen: Jaag, Die Allgemeinverfügung im schweizerischen Recht, in: ZBl 1984 S. 444 f.). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist im Übrigen bei einer Kombination von Elementen einer Verfügung mit normativen Bestimmungen in einem Text der ganze Text als "texte normatif" zu qualifizieren (BGE 139 II 384). Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die angefochtene Anordnung insgesamt betrachtet generell-abstrakter Natur ist. Mit anderen Worten handelt es sich dabei dem Inhalt nach – ungeachtet der Bezeichnung – um einen Erlass. Oder anders gewendet: Die in der Allgemeinverfügung geregelte Materie sprengt deren funktionalen Anwendungsbereich.

2.5.
Damit kommt der formal als Allgemeinverfügung bezeichneten Anordnung überwiegend (verwaltungsrechtlicher) Rechtssatzcharakter zu. Vorliegend hat der Beschwerdeführer entsprechend dem in der besagten Anordnung enthaltenen Dispositiv den Weg der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beschritten. Daraus darf ihm kein Nachteil erwachsen (§ 114 VRG), zumal die verwaltungsgerichtliche Prüfung von Erlassen ebenfalls in die Zuständigkeit des Kantonsgerichts fallen würde (siehe §§ 188 ff. VRG).

3.
3.1.
Die DIGE stellt die Beschwerdebefugnis des Beschwerdeführers wie erwähnt in Abrede. Dabei weist sie insbesondere darauf hin, dass der Beschwerdeführer nicht geltend mache, Betreiber eines Gastwirtschaftsbetriebs oder Organisator einer öffentlichen oder privaten Veranstaltung und deswegen von der Allgemeinverfügung unmittelbar betroffen zu sein. Ebenso wenig lege er dar, inwieweit er als Bürger von den Anordnungen in der Allgemeinverfügung stärker als jedermann berührt sei und welcher praktische Nutzen eine Aufhebung derselben für ihn hätte.

Der Beschwerdeführer begründet seine Legitimation in seiner Replik im Wesentlichen mit der demokratischen Mitwirkung der Bevölkerung, die wirtschaftlichen Auswirkungen sowie der Gefährdung von Arbeitsstellen (u.a. der eigenen).

3.2.
Nach dem Gesagten ist die Frage der Beschwerdebefugnis vor dem Hintergrund zu beurteilen, dass die angefochtene Anordnung Erlasscharakter hat. Gemäss § 189 lit. a VRG kann jedermann einen Antrag auf verwaltungsgerichtliche Prüfung von Erlassen stellen, dessen schutzwürdige Interessen in absehbarer Zeit durch die Anwendung der angefochtenen Rechtssätze verletzt werden können. Aus Ziel- und Zwecksetzung der selbständigen verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle heraus sind an die Voraussetzungen des schutzwürdigen Interesses keine allzu hohen Anforderungen zu stellen (LGVE 1982 II Nr. 42 E. 1a und b). Es genügt "virtuelle Betroffenheit". Als ausreichend muss gelten, dass der Eintritt einer Benachteiligung in nicht allzu ferner Zukunft vernünftigerweise zu erwarten ist. Das dürfte immer dann der Fall sein, wenn ein Antragsteller aufgrund vernünftiger Abwägung aller Umstände für die nahe Zukunft eine Verwaltungsmassnahme zu befürchten hat, die auf der umstrittenen Norm gründet und ihn in seinen Interessen verletzt (LGVE 2016 IV Nr. 14 E. 2.1 m.H.; Wirthlin, Luzerner Verwaltungsrechtspflege, Bern 2010, N 35.13).

3.3.
Der DIGE ist insofern beizupflichten, als der Beschwerdeführer nicht geltend macht, einen Gastronomiebetrieb zu führen, eine Veranstaltung zu planen oder an einem Anlass teilzunehmen und dadurch aktuell von der publizierten Anordnung betroffen zu sein. Allerdings erfassen die Massnahmen, die in der Form Allgemeinverfügung angeordnet wurden, ab einer gewissen Grössenordnung namentlich auch private Veranstaltungen auf dem Kantonsgebiet. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Kanton Luzern und damit im räumlichen Anwendungsbereich der angefochtenen Anordnung (vgl. LGVE 2016 IV Nr. 14 E. 2.1). Dabei kann vernünftigerweise nicht ausgeschlossen werden, dass er in nicht allzu ferner Zukunft von den publizieren Massnahmen tangiert werden könnte. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn er ein privates Familienfest zu organisieren gedenkt (vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts Luzern P 12 2 vom 7.5.2013 E. 1b). Gerade die allgemeine Regelung bezüglich der Veranstaltungen, die sich auf öffentliche und private Anlässe bezieht und keine Einschränkungen hinsichtlich Art und Grund des Zusammenkommens vorsieht, ist mit dem Institut einer (blossen) Allgemeinverfügung nicht mehr vereinbar. Je weiter und abstrakter der Anfechtungsgegenstand umschrieben wird, desto eher ist die Beschwerdebefugnis zu bejahen. Im Übrigen ist nicht zu verkennen, dass die angefochtene Anordnung mit beträchtlichen Auswirkungen auf die Wirtschaft und das kulturelle Leben im Kanton Luzern verbunden ist. Sie richtet sich demnach an einen Grossteil der Bevölkerung. Bei dieser Sachlage besteht jedenfalls ein gewichtiges Interesse eines jeden Bürgers, dass solche Massnahmen gerichtlich überprüft werden, ohne dass im Einzelfall eine durch bestimmte Umstände ausgewiesene und aktuelle Betroffenheit vorauszusetzen ist. Folglich ist der Beschwerdeführer zur Anfechtung der publizierten Anordnung befugt. Offen bleiben kann daher, ob der Beschwerdeführer auch als Steuerzahler oder als Arbeitnehmer von der angefochtenen Anordnung betroffen ist.

4.
4.1.
Bei Vorliegen einer besonderen Lage kann der Bundesrat nach Anhörung der Kantone Massnahmen anordnen (Art. 6 Abs. 2 EpG). Gestützt darauf hat er am 19. Juni 2020 insbesondere die Covid-19-Verordnung besondere Lage beschlossen, welche Massnahmen gegenüber der Bevölkerung, Organisationen und Institutionen sowie den Kantonen zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie anordnet (Art. 1 Abs. 1). Sie dienen dazu, die Verbreitung des Coronavirus zu verhindern und Übertragungsketten zu unterbrechen (Art. 1 Abs. 2). Als Massnahmen werden u.a. Verhaltensregeln für die Bevölkerung (Art. 3), eine Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr (Art. 3a), die Pflicht zur Umsetzung von Schutzkonzepten durch Betreiber öffentlich zugänglicher Einrichtungen und Betriebe sowie Organisatoren von Veranstaltungen (Art. 4) sowie Vorgaben für die Erhebung von Kontaktdaten (Art. 5) angeordnet. Weiter wurden in Art. 6 Covid-19-Verordnung besondere Lage besondere Bestimmungen für Veranstaltungen festgelegt. Danach sind insbesondere Grossveranstaltungen mit über 1000 Besuchern oder über 1000 mitwirkenden Personen verboten; diese Bestimmung gilt bis zum 30. September 2020 (Abs. 1 i.V.m. Art. 15 Abs. 4). Sodann muss eine Unterteilung in Steh- oder Sitzplatzsektoren mit maximal 300 Personen vorgenommen werden, wenn bei Veranstaltungen mit über 300 Besuchern Kontaktdaten nach Art. 4 Abs. 2 lit. b erhoben werden (Abs. 2). Für private Veranstaltungen, namentlich Familienanlässe, die nicht in öffentlich zugänglichen Einrichtungen oder Betrieben stattfinden und deren teilnehmende Personen den Organisatoren bekannt sind, gilt einzig Art. 3 Covid-19-Verordnung besondere Lage. Können weder der empfohlene Abstand eingehalten noch Schutzmassnahmen getroffen werden, so gilt für den Organisator die Pflicht zur Weitergabe der Kontaktdaten der anwesenden Personen nach Art. 5 Abs. 2 Covid-19-Verordnung besondere Lage (Abs. 3). Für Veranstaltungen mit bis zu 30 Personen gilt schliesslich einzig Art. 3 Covid-19-Verordnung besondere Lage (Abs. 5).

Der Kanton kann sodann gemäss Art. 8 Covid-19-Verordnung besondere Lage für eine begrenzte Zeit vorsehen, dass die Anzahl Gäste, Besucher oder Teilnehmer in Einrichtungen und Betrieben sowie an Veranstaltungen über die Vorgaben dieser Verordnung hinaus beschränkt wird, wenn sich die Anzahl Personen, die nach Art. 33 EpG identifiziert und benachrichtigt werden müssen, derart erhöht, dass diese Massnahme nicht praktikabel ist (Abs. 1). Kommt es örtlich begrenzt zu einer hohen Anzahl von Infektionen oder droht eine solche unmittelbar, so kann der Kanton für eine begrenzte Zeit regional geltende Massnahmen nach Artikel 40 EpG treffen. Er hört vorgängig das BAG an und informiert dieses über die getroffene Massnahme (Abs. 2).

4.2.
Die Kantone vollziehen das Epidemiengesetz, soweit nicht der Bund zuständig ist (Art. 75 EpG). Sie vollziehen die Massnahmen, die der Bundesrat in einer besonderen Lage oder einer ausserordentlichen Lage anordnet, soweit er keine anderweitige Regelung trifft (Art. 102 Abs. 2 EpV). Die Kantone bezeichnen die Behörden und Institutionen, die im kantonalen Aufgabenbereich für den Vollzug des Epidemiengesetzes und der Epidemienverordnung zuständig sind (Art. 102 Abs. 3 EpV).

Soweit die Covid-19-Verordnung besondere Lage nichts anders bestimmt, behalten die Kantone ihre Zuständigkeit (Art. 2 Covid-19-Verordnung besondere Lage). Unter diesem Vorbehalt sind die Kantone namentlich zuständig für die Anordnung der Identifizierung und Benachrichtigung einer Person, die krank, krankheitsverdächtig, angesteckt oder ansteckungsverdächtig ist oder Krankheitserreger ausscheidet (Art. 33 i.V.m. Art. 31 EpG). Ebenfalls sind die kantonalen Behörden nach Art. 40 EpG zuständig für die Anordnung von Massnahmen gegenüber der Bevölkerung und bestimmten Personengruppen zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten. Sie koordinieren ihre Massnahmen untereinander (Abs. 1). Sie können insbesondere Veranstaltungen verbieten oder einschränken (Abs. 2 lit. a), Schulen, andere öffentliche Institutionen und private Unternehmen schliessen oder Vorschriften zum Betrieb verfügen (Abs. 2 lit. b), oder das Betreten und Verlassen bestimmter Gebäude und Gebiete sowie bestimmte Aktivitäten an definierten Orten verbieten oder einschränken (Abs. 2 lit. c). Die Massnahmen dürfen nur so lange dauern, wie es notwendig ist, um die Verbreitung einer übertragbaren Krankheit zu verhindern. Sie sind regelmässig zu überprüfen (Abs. 3).

4.3.
Auf kantonaler Ebene hält § 3 Abs. 1 des Gesundheitsgesetzes (GesG; SRL Nr. 800) fest, dass der Regierungsrat die oberste Gesundheitsbehörde des Kantons ist. Er kann Massnahmen gegen übertragbare Krankheiten, wie öffentliche Impfungen, ergreifen (§ 54 Abs. 1 GesG). Die Massnahmen sind für die Betroffenen freiwillig. Nötigenfalls kann der Regierungsrat sie für obligatorisch erklären (§ 54 Abs. 2 GesG). Vorbehalten bleiben bundesrechtliche Vorschriften und Massnahmen (§ 54 Abs. 3 GesG). Damit erhält der Regierungsrat allgemein die Möglichkeit, Massnahmen zur Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten zu ergreifen, soweit nicht bereits im Bundesrecht entsprechende Regelungen bestehen (Botschaft zum Entwurf eines neuen Gesundheitsgesetzes [B 66] vom 19.10.2004, S. 58). Das GSD setzt sodann die kantonale Gesundheitspolitik um. Es übt die Aufsicht über das öffentliche Gesundheitswesen aus. Zu diesem Zweck stehen ihm die in den §§ 5 – 12 des Gesundheitsgesetzes genannten kantonalen Organe (Fachkommissionen, Kantonsarzt etc.) zur Verfügung (§ 4 Abs. 1 GesG). Es vollzieht zudem die internationalen und die interkantonalen Vereinbarungen sowie die eidgenössischen und die kantonalen Gesetze und Verordnungen auf dem Gebiet des öffentlichen Gesundheitswesens. Vorbehalten bleibt die Zuständigkeit anderer Instanzen (§ 4 Abs. 2 GesG). Im Bereich der Epidemiengesetzgebung legt § 2 Abs. 1 der kantonalen Epidemienverordnung (KEpV; SRL Nr. 835) fest, dass der Regierungsrat die Oberaufsicht über die Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten des Menschen im Kanton ausübt. In § 3 KEpV wird sodann bestimmt, dass das GSD Vorbereitungsmassnahmen trifft, um Gefährdungen und Beeinträchtigungen der öffentlichen Gesundheit zu verhüten und frühzeitig zu begrenzen. Schliesslich normiert § 4 KEpV, dass die DIGE die Epidemiengesetzgebung des Bundes vollzieht, soweit diese Verordnung nicht eine andere Stelle als zuständig erklärt (Abs. 1). Nebst den in der Epidemiengesetzgebung direkt dem Kantonsarzt oder der Kantonsärztin übertragenen Pflichten kommt der DIGE insbesondere die Aufgabe zu, die erforderlichen Massnahmen gegenüber Einzelpersonen sowie gegenüber der Bevölkerung und bestimmten Personengruppen anzuordnen (Abs. 2 lit. f).

4.4.
Nach dem Gesagten behalten die Kantone ihre Zuständigkeiten, soweit die Covid-19-Verordnung besondere Lage nichts anders regelt. Betreffend den Handlungsspielraum der Kantone in einem Bereich, in dem die genannte Verordnung Massnahmen vorsieht, sind die Vorgaben nach Art. 8 Covid-19-Verordnung besondere Lage zu beachten. Sind dessen Voraussetzungen erfüllt, ist die Anordnung zusätzlicher Massnahme durch die Kantone zulässig. Dabei räumt § 4 Abs. 2 lit. f KEpV der DIGE eine umfassende Befugnis ein, jede Art von erforderlichen Massnahmen im Sinn von Art. 33 - 38 EpG gegenüber Einzelpersonen sowie gemäss Art. 40 EpG gegenüber der Bevölkerung und bestimmten Personengruppen zu treffen. Demnach scheint die Dienststelle zwar im Grundsatz für die Anordnung solcher Massnahmen kompetent zu sein. Diese Kompetenznorm ist allerdings vor dem Hintergrund auszulegen, dass die Dienststelle grundsätzlich für den Vollzug der Bundesgesetzgebung zuständig ist. Während der erste Fall (die Massnahmen gegenüber Einzelpersonen) verfügungsweise ergehen kann, ist im zweiten Fall (Massnahmen gegenüber der Bevölkerung oder bestimmten Personengruppen) der Weg der Allgemeinverfügung nur gangbar, wenn der Regelungsgegenstand ausreichend konkret ist. Dies aber ist vorliegend nicht der Fall.

Wie bereits ausgeführt wurde, kommt der angefochtenen Anordnung generell-abstrakter Charakter zu. Eine solche kann in den einer Dienststelle zur Verfügung stehenden rechtlichen Handlungsformen (Verfügung und Allgemeinverfügung) nicht verfassungskonform umgesetzt werden. Das ergibt sich schon daraus, dass es nur zum Teil um den präzisierenden Vollzug von bundesrechtlich geltenden Massnahmen geht; darüber hinaus handelt es sich um zusätzliche Massnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Epidemie (siehe Ingress der Allgemeinverfügung). Das heisst, es geht auch um neue kantonalrechtliche Massnahmen, die nicht mehr reinen Vollzug von Bundesrecht darstellen. Das gilt vor allem für die Regelung (Massnahmen) in Bezug auf öffentliche und private Veranstaltungen, die – wie erwähnt – weder sachlich noch örtlich eingrenzt wird und damit die gesamte Kantonsbevölkerung betrifft. Schliesslich spricht auch die inhaltliche Tragweite der publizierten Anordnung dafür, dass eine Entscheidung darüber und über die damit verbundenen Massnahmen nicht einer untergeordneten Verwaltungseinheit überlassen werden kann. Die hier angefochtenen Massnahmen zur (weiteren) Eindämmung der Corona-Pandemie tangieren nebst der Bevölkerung auch mehrere Wirtschaftszweige in erheblicher Weise. Die DIGE als Fachbehörde hat die wichtige Aufgabe, die Gesundheit der Bevölkerung im Hinblick auf die seit Monaten bestehende Pandemie zu schützen und deren weitere Ausbreitung zu verhindern. Das hohe Gut der Gesundheit ist aber immer in Absprache mit den Bundesbehörden, den anderen Kantonen und Institutionen in ein angemessenes Verhältnis zur persönlichen Freiheit und zum gesellschaftlichen und kulturellen Leben zu bringen. Dass alle Massnahmen (Einschränkungen, Begrenzungen, Datenerhebungen) sich zudem auch an der Bedeutung der Wirtschaft (mit) zu messen haben, ist nicht weiter auszuführen.

Gestützt auf die angeführten Überlegungen erweist sich, dass die DIGE für die in Form einer Allgemeinverfügung getroffenen Massnahmen nicht zuständig ist. Aufgrund dessen ist die angefochtene Allgemeinverfügung aufzuheben.

4.5.
Die Frage, welche Rechtssetzungsstufe für den Erlass zusätzlicher kantonaler Massnahmen erforderlich ist, kann im vorliegenden Verfahren offen gelassen werden. In diesem Zusammenhang ist zumindest festzuhalten, dass der Regierungsrat als oberste Gesundheitsbehörde des Kantons zuständig ist für den Erlass von Verordnungen, welche zum Vollzug des Gesundheitsgesetzes notwendig sind, und weiterer Verordnungen, soweit ihn das Gesetz dazu ermächtigt (vgl. § 56 Abs. 1 der Verfassung des Kantons Luzern [KV; SRL Nr. 1]; vgl. Botschaft zum Entwurf eines neuen GesG, a.a.O., S. 29 und 57). Darüber hinaus kann der Regierungsrat in Fällen zeitlicher Dringlichkeit Verordnungen zur Einführung übergeordneten Rechts erlassen, wobei diese innert zweier Jahre in das ordentliche Recht zu überführen sind (§ 56 Abs. 2 KV). Schliesslich steht dem Regierungsrat gemäss § 56 Abs. 3 KV in ausserordentlichen Lagen die Befugnis zum Erlass von Polizeinotverordnungsrecht zu. Diese Verordnungen fallen spätestens zwei Jahre nach ihrem Inkrafttreten dahin. Gestützt auf letztgenannte Bestimmung erliess der Regierungsrat beispielsweise die Verordnungen zur Regelung der politischen Rechte aufgrund der ausserordentlichen Lage infolge des Coronavirus (SRL Nr. 10a), über die Leistungsbeurteilung während des Semesters und für die Abschlussprüfungen auf der Sekundarstufe II aufgrund der ausserordentlichen Lage infolge des Coronavirus (SRL Nr. 507) und über die Lockerung der Schuldenbremse betreffend den Aufwandüberschuss beim Voranschlag 2021 aufgrund der ausserordentlichen Lage infolge des Coronavirus (SRL Nr. 600c) sowie die – in der Zwischenzeit aufgehobenen – Verordnungen über den Stillstand der Fristen in verwaltungsrechtlichen Verfahren aufgrund der ausserordentlichen Lage infolge des Coronavirus (in der bis am 19.4.2020 gültigen Fassung; SRL Nr. 41), die Schliessungszeiten der Verkaufsgeschäfte vor Ostern 2020 aufgrund der ausserordentlichen Lage infolge des Coronavirus (in der bis am 19.4.2020 gültigen Fassung; SRL Nr. 855a) sowie die Ausfallentschädigung für Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung aufgrund der ausserordentlichen Lage infolge des Coronavirus (in der bis am 17.9.2020 gültigen Fassung; SRL Nr. 204a). Ob das Rechtssetzungsorgan mit Blick auf die aktuellen Gegebenheiten auch für Veranstaltungen und Gastronomiebetriebe neue Normen erlassen will, liegt jedoch in seinem Ermessen und entzieht sich der gerichtlichen Kompetenz.

Bei diesem Ergebnis bedarf es keiner Auseinandersetzung mit den weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers. Insbesondere ist vorliegend nicht weiter zu prüfen, ob die angeordneten Massnahmen materiell mit dem übergeordnetem Recht vereinbar sind. Anzufügen ist einzig, dass die Verhältnismässigkeit mit einer laufenden Überprüfung der angeordneten Massnahmen nicht gewahrt werden kann (vgl. Art. 8 Covid-19-Verordnung besondere Lage; vgl. Art. 40 Abs. 3 EpG).

5.
5.1.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die DIGE nicht kompetent war, die im Luzerner Kantonsblatt Nr. 29 vom 18. Juli 2020 (in der Form einer Allgemeinverfügung) publizierten zusätzlichen Massnahmen im Kanton Luzern zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie zu treffen. Der Antrag des Beschwerdeführers ist folglich gutzuheissen und die erwähnte Allgemeinverfügung aufzuheben; die Aufhebung ist im Kantonsblatt zu veröffentlichen.

Die Bewältigung der Covid-19-Pandemie stellt eine ausserordentliche Situation dar. Nebst der Zivilgesellschaft, der Wirtschaft, der Gesundheitsdienste und privaten Institutionen sind auch die Behörden und Verwaltungen aller Gemeinwesen besonders gefordert, dies namentlich aus gesundheitspolizeilicher und rechtlicher Sicht. Allenthalben sind hohe Rechtsgüter betroffen; aus politischer und staatsrechtlicher Perspektive ist vor allem die Rechtssicherheit wegleitend. Für die Bevölkerung müssen getroffene Massnahmen berechenbar und eine verlässliche Grundlage für ihr Verhalten sein. Die Aufhebung der angefochtenen Allgemeinverfügung wird nach (unbenütztem) Ablauf der Rechtsmittelfrist rechtskräftig. Es ist davon auszugehen, dass der Regierungsrat, sofern er die entsprechenden Massnahmen fortführen oder anpassen will, innerhalb der Rechtsmittelfrist einen entsprechenden Erlass vorbereiten und verabschieden kann.