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Rechtsprechung Luzern


Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:4. Abteilung
Rechtsgebiet:Bau- und Planungsrecht
Entscheiddatum:26.04.2019
Fallnummer:7H 18 45
LGVE:2020 IV Nr. 14
Gesetzesartikel:Art. 11 Abs. 2 USG; §§ 122 ff., 133 Abs. 2, 134a, 202 PBG.
Leitsatz:Grenzabstandsfragen bei Bauten und Anlagen am Bauzonenrand zur angrenzenden Nichtbauzone. Pflicht zur umfassenden Interessenabwägung (E. 3).

Dem Kantonsgericht steht es nicht zu, erstmalig über Projektänderungen zu befinden, welche erst im gerichtlichen Verfahren eingebracht wurden (E. 4.3.2).

Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Entscheid:Aus den Erwägungen:

(…)

3.
Das Vorhaben betrifft den Neubau eines Pferdestalls mit zwei Pferdeboxen und Lager sowie damit zusammenhängenden Anlagen (Auslauf, Mistcontainer, Parkplätze) in der Bauzone. Damit stellt sich vorab die Frage, ob das Bauvorhaben zonenkonform ist (vgl. Art. 22 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über die Raumplanung [RPG; SR 700]). Ausführungen hierzu lassen sich dem angefochtenen Entscheid nicht entnehmen, es gilt grundsätzlich Folgendes:

Pferdehaltungen in der Wohnzone können nicht von vornherein pauschal ausgeschlossen werden (vgl. BGer-Urteil 1P.570/2001 vom 28.1.2002; Urteil des Kantonsgerichts Luzern 7H 15 204 vom 2.12.2015 E. 3.3), sofern sie nicht zu übermässigen Immissionen führen. Namentlich in ländlichen Gebieten ist eine entsprechende Nutzung unter Umständen beschränkt zulässig. Die bauliche Nutzung ist dabei durch die baurechtliche Grundordnung der Gemeinde bestimmt, unter Vorbehalt der Nutzungsvorschriften des Bundes (Art. 15-17 RPG) und jene des Planungs- und Baugesetzes (PBG; SRL Nr. 735). In der hier betroffenen zweigeschossigen Wohnzone B sind Wohnbauten sowie nicht störende Geschäfts- oder Gewerbebetriebe zulässig, sofern sie sich gut in den Zonencharakter einfügen (Art. 9 Ziff. 7 Abs. 2 des teilrevidierten Bau- und Zonenreglements der Gemeinde Z ). In der Wohnzone ist dabei grundsätzlich nur diejenige Pferdehaltung zonenkonform, die rein privaten Zwecken, also der eigenen Freizeitbetätigung dient. Tierhaltung gilt dann als hobbymässig, wenn sie aus Liebhaberei erfolgt und nicht auf die Erzielung eines Erwerbseinkommens ausgerichtet ist (Bundesamt für Raumentwicklung [ARE], Wegleitung Pferd und Raumplanung, Bern 2015, S. 15). Wer demgegenüber Pferde gewerblich hält, d.h. wer sie für andere gegen Entgelt einstellt, pflegt oder wer Pferde zum Unterrichten hält, darf dies nicht ohne Weiteres in einer reinen Wohnzone tun, denn dies dient nicht der eigenen Freizeitgestaltung als erweiterte Wohnnutzung. Je nach Grösse des Betriebes kann aber dort, wo auch mässig störende Betriebe in der Wohnzone zugelassen sind, unter Umständen eine Bewilligung auch für einen kleinen als Betrieb geführten Pferdestall erteilt werden (Walker Späh, Pferdehaltung in der Wohnzone – Stand der Rechtsprechung, in: PBG-aktuell 2004/1 S. 23 ff.). In jedem Fall gilt es abzuklären, ob das Vorhaben mit dem Zweck der in Frage stehenden zweigeschossigen Wohnzone B vereinbar ist, es sich gut in den Zonencharakter einfügt (Art. 9 Ziff. 7 Abs. 2 BZR) oder es sich von seiner Funktion her und namentlich aufgrund der zu erwartenden Emissionen negativ auf die Wohnzone auswirkt und demzufolge unzulässig ist.
Bei wie hier geplanten Bauten und Anlagen am Bauzonenrand stellen sich des Weiteren Grenzabstandsfragen zur angrenzenden Nichtbauzone (vgl. § 134a PBG). Ausnahmebewilligungen vom Zonenrandabstand sind nur dort zulässig, wo den privaten Interessen der Bauherrschaft an der Unterschreitung des Abstands nicht die gewichtigen öffentlichen Interessen (Bewahrung der optisch erkennbaren Siedlungsgrenze, faktische Ausweitung der baulichen Nutzung in das Nichtbaugebiet, Vermeidung von Präjudizien für Neueinzonungen usw.) entgegenstehen, was regelmässig der Fall ist (Botschaft des Regierungsrats an den Kantonsrat [B 62] zu den Entwürfen eines Dekrets über die Genehmigung des Beitritts des Kantons Luzern zur Interkantonalen Vereinbarung über die Harmonisierung der Baubegriffe vom 22.9.2005 und einer Teilrevision des Planungs- und Baugesetzes vom 25.1.2013, S. 63, in: Verhandlungen des Kantonsrats 2013, S. 572). Dies gilt unabhängig davon, ob zwei Parzellen mit unterschiedlichen Nutzungsvorschriften im selben Eigentum liegen oder gar eine − im Eigentum eines einzelnen Eigentümers liegende − Parzelle sich über mehrere Zonen hin erstreckt resp. diese wie hier sowohl Bau- wie auch Nichtbaugebiet umfasst. In jedem Fall bedarf es einer umfassenden Interessenabwägung (§ 134a i.V.m. § 133 Abs. 2 PBG), was die Vorinstanz unterlassen hat. Allein der vernehmlassungsweise vorgetragene besondere Grundstücksverlauf oder Gründe wie innere Verdichtung/haushälterische Bodennutzung rechtfertigen jedenfalls keinen Unterabstand eines Pferdestalls zur Nichtbauzone. Der angefochtene Entscheid erweist sich diesbezüglich als mangelhaft.

Schliesslich werfen Bauten und Anlagen für die Pferdehaltung tierschutzrechtliche Fragen und namentlich solche in Bezug auf den Auslauf für die Tiere auf (vgl. Tierschutzgesetz [TSchG; SR 455] und die dazugehörige Verordnung samt Anhang [namentlich Anhang 1 Tabelle 7]). Werden Tiere in der Bauzone gehalten, ist es nicht zulässig (und dies gälte es auch bei einem zu überarbeitenden Projekt zu berücksichtigen), Aussenanlagen (z.B. Allwetterausläufe) in der angrenzenden Landwirtschaftszone zu errichten, da ein solches Hinauswachsen ins Nichtbaugebiet zu einer unerwünschten Aufweichung und Verwischung der Grenze zwischen Baugebiet und Nichtbaugebiet führen würde (ARE, Wegleitung Pferd und Raumplanung, Bern 2015, S. 15).

Die Vorinstanz hat die Frage nach der Zonenkonformität der für die Pferdehaltung vorgesehenen Bauten und Anlagen nicht geklärt und eine umfassende Interessenabwägung gemäss § 133 Abs. 2 PBG unterlassen. Da die erteilte Baubewilligung − wie nachfolgend zu zeigen ist − aus anderen Gründen aufzuheben ist, braucht darauf indes nicht näher eingegangen zu werden. Im Rahmen eines allfälligen neuen Projekts und mit gegebenenfalls abgeänderten Massen/Situierungen wird es der Vorinstanz obliegen, bezüglich der aufgeworfenen Fragen die erforderlichen Abklärungen vorzunehmen und auf ergänzter Grundlage über die Angelegenheit neu zu befinden.

4.
4.1.
Die Beschwerdeführer rügen die Verletzung von Grenzabstandsvorschriften. Zu beachten sei ein Minimalabstand von 5 m, da Art. 9 Ziff. 7 Abs. 6 BZR im Unterschied zur Regelung im PBG keine Ausnahme für Kleinbauten vorsehe. Selbst wenn ein Abstand von 3 m massgeblich wäre, wäre dieser nicht eingehalten, da der Pferdestall mit seiner hinteren Abschlussmauer direkt an die Grenze zu Grundstück Nr. z gestellt werde. Entgegen der Betrachtungsweise der Vorinstanz (wonach die eigentlichen Pferdeboxen und der dahinterliegende Teil des Pferdestalls zwei verschiedene Bauten seien), handle es sich um eine einzige Baute mit einer durchgehenden Überdachung und einheitlicher baulicher Konstruktion. Selbst bei den geplanten Aufschüttungen, deren Zulässigkeit im Übrigen bestritten werde, rage noch ein Teil des hinteren Gebäudeteils über das gewachsene Terrain hinaus, weshalb dieser ohnehin keine unterirdische Baute sein könne. Es bestehe ferner kein Grenzbaurecht für eine Unterschreitung der Abstandsvorschriften, weshalb auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nicht vorlägen.

4.2.
Der Beschwerdegegner hält dem entgegen, der Mindestabstand gemäss Art. 9 Ziff. 7 Abs. 6 BZR gelte nur für Bauten, deren Grenzabstand nach § 122 PBG zu berechnen sei, nicht jedoch für solche im Sinn der §§ 123 ff. Anhang PBG. Demnach gelte für Kleinbauten § 124 Anhang PBG.

Vernehmlassungsweise lässt er sodann vortragen, auf die Erstellung des östlich der geplanten Pferdeboxen/Lager gelegenen Bauteils (Mauern mit Überdachung) zu verzichten, soweit der Grenzabstand von 3,20 m überschritten werde. Bei den Pferdeboxen/Lager werde somit noch ein Vordach von 0,20 m belassen. Damit sei über die von den Beschwerdeführern aufgeworfene Thematik bezüglich einheitlichem Gebäude bzw. Unterniveaubaute nicht mehr zu entscheiden.

4.3.
4.3.1.
Vorab gilt es die Frage zu behandeln, wie es sich bezüglich der Verzichtserklärung des Beschwerdegegners bezüglich des östlichen Bauteils verhält. Hierzu ist festzuhalten, dass der angefochtenen Baubewilligung die genehmigten Baupläne zugrunde liegen, welche im Rechtsspruch des angefochtenen Entscheids ausdrücklich aufgelistet sind und als verbindlich erklärt wurden. Im vorliegenden Fall sind dies die revidierten Pläne, auf welchen der besagte überdachte östliche Bauteil eingezeichnet ist. Zum Streitgegenstand gehört nur die Bewilligung in Bezug auf diese spezifischen Pläne. Bezüglich der vom Beschwerdegegner in seiner Vernehmlassung beschriebenen, um den östlichen Bauteil reduzierten, Ausführungsvariante liegen demgegenüber keine genehmigten Baupläne vor.

4.3.2.
Für jede Abweichung von den genehmigten Plänen ist das Baubewilligungsverfahren erneut durchzuführen, sofern die Abweichung als solche der Bewilligungspflicht untersteht (§ 202 Abs. 2 PBG). Abweichungen, die offensichtlich keine schutzwürdigen privaten Interessen Dritter und keine wesentlichen öffentlichen Interessen berühren, kann die zuständige Stelle der Gemeinde von sich aus gestatten (§ 202 Abs. 3 PBG). Dem Kantonsgericht andererseits steht es nicht zu, sozusagen als Oberbaubewilligungsbehörde erstmalig über Projektänderungen zu befinden, welche erst im gerichtlichen Verfahren eingebracht wurden. Unklar ist sodann, wie sich der Beschwerdegegner das redimensionierte Projekt konkret vorstellt. In der ersten Projekteingabe war der direkt an die Grenze zu Grundstück Nr. z, GB Z geplante Bauteil noch nicht vorgesehen und an dessen Stelle ein nicht überdachter Bereich inklusive Stützmauer (direkt an der Grenze) eingezeichnet. Die Formulierung des Beschwerdegegners deutet darauf hin, dass er nun sämtliche Bestandteile des östlichen Bauteils weglassen will, d.h. einschliesslich der Stützmauer gegen das Grundstück Nr. z hin. Diese Bauausführung ist auf den Plänen nicht dargestellt und bedarf daher auch aus diesem Grund einer Projektänderung, welche gegebenenfalls in einem neuen Baubewilligungsverfahren zu prüfen sein wird, zumal damit auch eine vom bewilligten Projekt abweichende Terraingestaltung einhergehen würde.

Wie sich ein redimensioniertes Projekt (gegebenenfalls mit grenzseitiger Stützmauer, indes ohne überdachten hinteren Bereich) letztlich präsentiert und ob und inwiefern ein solches von der erteilten Baubewilligung überhaupt mitumfasst wäre, braucht hier indes nicht näher abgeklärt zu werden.

4.4.
Der ordentliche Grenzabstand beträgt nach § 122 Abs. 2 Anhang PBG in den ein- und zweigeschossigen Wohnzonen für Massiv- und Weichbauten 4 m. Bei Anbauten und freistehenden Bauten beträgt der Grenzabstand, gemessen ab äusserstem Gebäudeteil, 3 m, sofern sie nicht dem Aufenthalt von Menschen dienen und nicht mehr als 3,5 m Fassadenhöhe, 4,5 m Firsthöhe und 10 m Fassadenlänge aufweisen (§ 124 Anhang PBG). Bei Unterniveaubauten, die um nicht mehr als 1 m über das gewachsene Terrain hinausragen, beträgt der Grenzabstand 2 m, gemessen ab äusserstem Gebäudeteil. Diese Bestimmung kann durch eine öffentlich beurkundete Vereinbarung geändert werden. Eine solche Vereinbarung ist von der Gemeinde zu genehmigen (§ 125 Abs. 1 Anhang PBG). Bauten die vollständig unter das gewachsene Terrain zu liegen kommen, dürfen an die Grenze gestellt werden (§ 125 Abs. 2 Anhang PBG). Nach der kommunalen Bestimmung von Art. 9 Ziff. 7 Abs. 6 BZR richtet sich der Grenzabstand in der zweigeschossigen Wohnzone B nach § 122 ff. (Anhang) PBG, beträgt aber mindestens 5 m.

4.5.
Gemäss der Vorinstanz handelt es sich beim hinteren (bergseitigen), mit einer Dilatationsfuge getrennten Teil des Bauvorhabens um eine unterirdische Baute, welche gemäss § 125 Abs. 2 Anhang PBG an die Grenze gebaut werden dürfe. Der vordere (talseitige) Teil mit Pferdeboxen und Lager werde aufgrund der Trennung mit einer Dilatationsfuge als Kleinbaute betrachtet, welche nach § 124 Abs. 1 Anhang PBG einen Grenzabstand von 3 m einzuhalten habe. Der Abstand von Pferdeboxen und Lager zum Grundstück Nr. z betrage 3,20 m und halte den Grenzabstand somit ein.

Diese Auffassung lässt sich mit Blick auf die Baupläne nicht bestätigen. Zwischen dem östlichen und dem westlichen Bauteil verläuft zwar eine Dilatationsfuge, dies offenkundig, um Spannungen in der Gebäudestruktur zu vermeiden. Inwiefern diese Bauweise zwingend erforderlich ist, erschliesst sich aus den Gesuchsunterlagen nicht. Sie führt nun aber ohnehin nicht dazu, dass es sich bei den beiden Bauteilen um zwei separate Gebäude handelt, zumal die Gebäudeteile – mag die Verbindung mittels einer Fuge auch eine gewisse Elastizität aufweisen – unmittelbar miteinander verbunden sind und das Gebäude auch optisch als Einheit wirkt, beide vom 20.12.2017). Die im Grundriss ersichtlichen Türen verbinden die beiden Bauteile direkt. Mit den Beschwerdeführern ist daher beim Bauvorhaben von einer einzigen Baute auszugehen. Dementsprechend kommt dafür ein einheitlicher, im Folgenden zu bestimmender Grenzabstand zur Anwendung.

4.6.
Fraglich ist, ob die kommunale Vorschrift von Art. 9 Ziff. 7 Abs. 6 BZR, die in der Zone W2 B einen Grenzabstand von mindestens 5 m vorschreibt, kleinere Grenzabstände nach dem PBG – namentlich solche für Kleinbauten (§ 124 Anhang PBG) – zulässt oder nicht. Ausgangspunkt jeder Gesetzesauslegung ist dabei der Wortlaut der Bestimmung. Ist der Text nicht hinreichend klar und sind verschiedene Auslegungen möglich, muss unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente nach seiner wahren Tragweite gesucht werden. Abzustellen ist namentlich auf die Entstehungsgeschichte der Norm und ihren Zweck sowie auf die Bedeutung, die der Norm im Kontext mit den anderen Bestimmungen zukommt. Bei neueren Texten kommt insbesondere den Materialien eine besondere Stellung zu, weil veränderte Umstände oder ein gewandeltes Rechtsverständnis eine andere Lösung weniger nahe legen. Nach der Rechtsprechung hat das Gericht bei der Auslegung einen pragmatischen Methodenpluralismus zu befolgen, d.h. die einzelnen Auslegungselemente keiner Prioritätsordnung zu unterstellen (statt vieler BGE 131 II 562 E. 3.5, 131 II 697 E. 4.1).

4.7.
Der Wortlaut von Art. 9 Ziff. 7 Abs. 6 BZR verweist beim Grenzabstand auf § 122 PBG (heute: § 122 Anhang PBG), mithin die Vorschrift betreffend den ordentlichen Grenzabstand. Die speziellen Grenzabstände gemäss § 123 ff. (Anhang) PBG – namentlich derjenige betreffend Kleinbauten (§ 124 Anhang PBG) – werden von diesem Verweis nicht erfasst. Es ist darüber hinaus nicht ersichtlich und wird von den Beschwerdeführern auch nicht substantiiert geltend gemacht, inwiefern der Mindestabstand von 5 m nach Art. 9 Ziff. 7 Abs. 6 BZR auch die speziellen Grenzabstände gemäss PBG erfassen soll. Dass diese Abstände im BZR nicht erwähnt sind, bedeutet jedenfalls nicht, dass diese gestützt auf Art. 9 Ziff. 7 Abs. 6 BZR ebenfalls mindestens 5 m betragen sollten. Vielmehr müssten für eine vom PBG abweichende (mithin strengere) Regelung im BZR ausdrückliche Anhaltspunkte oder Hinweise bestehen, was hier wie erwähnt nicht der Fall ist. Im Ergebnis bezieht sich die kommunale Vorschrift daher ausschliesslich auf die ordentlichen Grenzabstände nach § 122 Anhang PBG. Für die speziellen Grenzabstände, deren allfällige Anwendbarkeit es nachstehend zu prüfen gilt, finden die Vorschriften des PBG Anwendung.

4.8.
Es fragt sich, ob das Vorhaben als Kleinbaute zu betrachten ist. Solche definiert § 124 Anhang PBG als Anbauten oder freistehende Bauten, die nicht dem Aufenthalt von Menschen dienen und nicht mehr als 3,5 m Fassadenhöhe, 4,5 m Firsthöhe und 10 m Fassadenlänge aufweisen. Die Höhe der Fassade ist in ihrer Mitte ab gewachsenem oder tiefer gelegtem Terrain bis zum Schnittpunkt der Fassade mit der Dachoberfläche zu messen, wobei grössere Unebenheiten im Terrain auszumitteln sind. Bei Flachdachbauten ist die Fassadenhöhe bis Oberkante Brüstung bzw. Geländer zu messen (vgl. § 122 Abs. 6 Anhang PBG).

Aus den Bauplänen kann abgeleitet werden, dass die Höhe der Südwestfassade, gemessen ab tiefer gelegtem Terrain bis Oberkante des Geländers 3,5 m deutlich übersteigt. Eine Kleinbaute und der dafür in § 124 Anhang PBG festgelegte geringere Grenzabstand fällt mithin nicht in Betracht.

Auch von einer Baute, die vollständig unter dem gewachsenen Terrain liegt, kann von vornherein nicht ausgegangen werden, da der westliche Gebäudeteil mit den Pferdeboxen und dem Raum "Strohlager/Sättel" das gewachsene Terrain deutlich überragt. Auch die Einordnung als Unterniveaubaute nach § 125 Abs. 1 Anhang PBG scheidet im Übrigen aus, da dieser Gebäudeteil das gewachsene Terrain um mehr als 1 m überragt.

Damit steht fest, dass das Bauvorhaben entsprechend den eingereichten und genehmigten Plänen den ordentlichen Grenzabstand gemäss Art. 9 Ziff. 7 Abs. 6 BZR, d.h. 5 m, nicht einhält. Selbst mit dem vernehmlassungsweisen Verzicht auf den östlichen hinteren Bauteil ist der erforderliche Abstand nicht eingehalten.

5.
Das Bauvorhaben erweist sich auch aus folgendem Grund als unzulässig:

5.1.
Gemäss Art. 11 Abs. 2 des Bundesgesetzes über den Umweltschutz (USG; SR 814.01) sind Emissionen unabhängig von der bestehenden Luftbelastung im Rahmen der Vorsorge so weit zu begrenzen, als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist. Die geplanten Pferdeboxen stellen eine stationäre Anlage im Sinn von Art. 2 Abs. 1 Luftreinhalte-Verordnung vom 16. Dezember 1985 (LRV; SR 814.318.142.1) dar, welche u.a. Geruchs-Emissionen erzeugt. Für solche lassen sich keine (technisch messbaren) Grenzwerte angeben. Jedoch gelten für Tierhaltungsanlagen grundsätzlich die Anforderungen nach Art. 3 Abs. 2 lit. a LRV und Anhang 2 Ziff. 512 LRV. Nach der letztgenannten Bestimmung gelten insbesondere die gemäss den Empfehlungen der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Agrarwirtschaft und Landtechnik (FAT) berechneten Mindestabstände zu bewohnten Zonen. Wohl lassen sich für hobbymässige Pferdehaltung (in der Bauzone) dem FAT-Bericht Nr. 476 von 1995 über Mindestabstände von Tierhaltungsanlagen (in Landwirtschaftszonen) keine konkreten Mindestabstände entnehmen. Der FAT-Bericht ist jedoch auch im Fall einer Hobbytierhaltung in der Bauzone in einer den konkreten Gegebenheiten angepassten Form zu beachten. Er befasst sich mit der vorsorglichen Emissionsbegrenzung, dient aber auch als Hilfsmittel zur Beurteilung, ob die Tierhaltungsanlage übermässige Immissionen verursacht (BGE 126 II 43 E. 4a; BGer-Urteil 1A.85/2006 vom 26.1.2007 E. 3.1; Entscheid des Verwaltungsgerichts St. Gallen B 2015/5 vom 24.11.2016 E. 3.1). Der Mindestabstand gemäss FAT-Bericht wird dabei aufgrund verschiedener Kriterien ermittelt. Berücksichtigt werden unter anderem die Tierart, die Anzahl Tiere, die Aufenthaltsdauer der Tiere im Freien (Tag- und Nachtweide, FAT-Bericht, Tabelle 1, S. 3) und weitere Einflüsse.

5.2.
Gemäss Zwischenbericht der Dienststelle Raum und Wirtschaft (rawi) vom 2. Mai 2017 habe die kantonale Fachstelle Landwirtschaft und Land (lawa) das Bauvorhaben geprüft. Gemäss dieser sei der Mindestabstand der Tierhaltungsanlage nach dem FAT-Bericht berechnet worden und betrage bis zum Rand der Wohnzone 25 m. Der Pferdestall werde innerhalb der Wohnzone erstellt, der Mindestabstand bis zum nächsten Wohnhaus betrage daher mindestens 25 m. Zum Wohnhaus auf der Parzelle Nr. y (oberhalb) betrage der Abstand allerdings nur 22 m und zum Wohnhaus auf der Parzelle Nr. x (unterhalb) 24 m. Der Mistcontainer sei vom Wohnhaus auf der Parzelle Nr. x nur gerade 16 m entfernt. Die Wohnhäuser oberhalb des Pferdestalls befänden sich im Einflussbereich der Hauptwindrichtung, jene unterhalb im Bereich des Kaltluftablasses. Da der Mindestabstand zu Wohnbauten nicht eingehalten werde, könne die Dienststelle lawa dem Bau des Pferdestalls nicht zustimmen.

In der Folge kam es zu einer Projektänderung, sodass die Vor-instanz diesbezüglich im angefochtenen Entscheid erwog, nach den neuen Grundlagen betrage der Abstand zu den Wohnungen 25 m und werde daher eingehalten. Betreffend die Mistlagerung verfügte die Vorinstanz die Auflage, einen geschlossenen Container zu verwenden.

5.3.
Weder dem Bericht der Dienststelle rawi noch dem angefochtenen Entscheid lässt sich entnehmen, weshalb die Fachstelle lawa die genannten Mindestabstände zwischenzeitlich als eingehalten betrachtet. Dies ist umso weniger nachvollziehbar, als es aufgrund der nachgereichten, abgeänderten Planunterlagen − soweit erkennbar − zu keinen diesbezüglich relevanten Verschiebungen oder Veränderungen einzelner oder mehrerer Gebäudeseiten und damit verbunden von Grenz- oder Gebäudeabständen kam. Namentlich weisen weder der geplante Pferdestall noch der Mistcontainer aufgrund der revidierten Pläne gegenüber den ursprünglich Eingereichten nun erweiterte Abstände zu den Grundstücken Nrn. w und z, GB Z, auf. Es ist daher mit Blick auf die ursprünglichen Hinweise der Fachstelle lawa weiterhin davon auszugehen, dass die Mindestabstände nach wie vor nicht eingehalten werden. Eine summarische Überprüfung der Abstände im Online-Dienst
geoportal.lu.ch ergibt denn auch die von der Fachstelle als nicht eingehalten gerügten 22 resp. 24 m zu den nächstgelegenen Wohnbauten.

Wenn auch wie gesagt auf den FAT-Bericht 476 nicht direkt abgestellt werden kann, ist dieser dennoch für hobbymässige Pferdehaltung (in der Bauzone) in einer den konkreten Gegebenheiten angepasster Form ebenso zu berücksichtigen. Denn es ist nicht ersichtlich, weshalb die für Nichtbaugebiet festgelegten Geruchsbelastungen nicht auch wenigstens in orientierendem Sinn für Bauzonen herangezogen werden können, zumal letztere primär der eigentlichen Wohnnutzung dienen und die Nachbarn eines Pferdestalls ebenso vor negativen Emissionen geschützt werden.

Kommt hinzu, dass gemäss FAT-Bericht Nr. 476 der Mindestabstand − liegt die Tierhaltungsanlage innerhalb einer bewohnten Zone − bis zum nächstgelegenen bewohnten Gebäude bzw. gar bis zu jenem nächstgelegenen Punkt zu messen ist, wo nach bestehender Rechtslage bewohnte Gebäude überhaupt entstehen können (Bericht S. 16, online abrufbar unter: www.blw.admin.ch/blw/de/home/suche.html#mindestabst%C3%A4nde). Verglichen mit den vier Nachbarsgebäuden auf derselben Stammparzelle Nr. z weist das direkt östlich des geplanten Stalls gelegene Gebäude Nr. v, in Bezug auf welches der Mindestabstand u.a. einzuhalten ist, einen wesentlich grösseren Abstand zur westlichen/südwestlichen Parzellengrenze auf, weshalb davon auszugehen ist, dass auch in jenem Bereich noch näher zu Grundstück Nr. u gebaut werden könnte. Ist aber der Mindestabstand bis zu jenem Punkt zu messen, wo nach bestehender Rechtslage bewohnte Gebäude generell entstehen können, muss der erforderliche Mindestabstand des geplanten Pferdestalls gegenüber den bewohnten Zonen als nicht eingehalten betrachtet werden.

In jedem Fall wurde die vorliegend konkret voraussichtlich anfallende Geruchsbelastung und die damit verbundene Frage, welcher Abstand des Pferdestalls zur Vermeidung einer übermässigen Geruchsbelastung notwendig ist, nicht in genügender Weise geklärt. Die Vorin-stanz hat die Mindest-Abstandsbeurteilung zu pauschal begründet. Sie wird, allenfalls durch Beizug einer Fachperson, unter Würdigung der konkret gegebenen Verhältnisse (allenfalls aufgrund geänderter Planunterlagen, vgl. vorne und sogleich nachstehend) zu prüfen haben, welcher Abstand in Nachachtung des Vorsorgeprinzips einzuhalten ist. Es ist nicht Aufgabe des Kantonsgerichts als Rechtsmittelinstanz, die Klärung dieser Fragen erstmals vorzunehmen, zumal auch konkrete Pläne hierzu wie gesagt nicht vorhanden sind.

6.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Vorinstanz die Ausnahmebewilligung für die Unterschreitung des Zonenrandabstands in unzulässiger Weise erteilt hat. Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als begründet, weshalb die Baubewilligung aufzuheben ist. Des Weiteren sind die Grenzabstandsvorschriften nicht eingehalten. Die Vorinstanz wird − bei einem allenfalls erneuten Projekt − die konkreten Verhältnisse umfassend zu prüfen haben und überdies Abklärungen betreffend die Mindestabstände zu den angrenzenden bewohnten Zonen vorzunehmen haben. In jedem Fall sind − sollte der Beschwerdegegner an seinem Verzicht auf den östlichen Bauteil festhalten − im Rahmen eines erneuten Projekts entsprechende Pläne einzureichen und von der Vorinstanz genehmigen zu lassen.

Damit hat es in diesem Verfahren sein Bewenden. Die Prüfung der übrigen in der Beschwerde vorgebrachten Rügen erübrigt sich.