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Rechtsprechung Luzern


Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:4. Abteilung
Rechtsgebiet:Veterinärwesen
Entscheiddatum:25.03.2020
Fallnummer:7H 19 141
LGVE:2020 IV Nr. 15
Gesetzesartikel:Art. 80 BV; Art. 1 TSchG, Art. 2 TSchG, Art. 3 TSchG, Art. 4 Abs. 1 TSchG, Art. 6 Abs. 1 TSchG, Art. 10 TSchG, Art. 23 Abs. 1 lit. a TSchG, Art. 23 Abs. 1 lit. b TSchG, Art. 24 lit. b TSchG, Art. 39 TSchG; Art. 2 Abs. 3 lit. i TSchV, Art. 2 Abs. 3 lit. j TSchV, Art. 5 Abs. 2 TSchV, Art. 25 Abs. 1 TSchV; Art. 2 lit. a BLV über den Tierschutz beim Züchten, Art. 9 lit. b BLV über den Tierschutz beim Züchten.
Leitsatz:Ein Zuchtverbot wegen nachteiliger Vererbung ist nur bei erheblicher genetischer Belastung anzuordnen (E. 4.4.1). Als Variante des Tierhalteverbots ist das Zuchtverbot bei Unfähigkeit des Halters zulässig, wenn nur so eine tierschutzrechtskonforme Haltung gewährleistet werden kann (E. 4.4.3).
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Entscheid:Sachverhalt (gekürzt)

Der Veterinärdienst des Kantons Luzern nahm eine Kontrolle der Tierhaltung von A vor. Dabei wurden mehrere, teilweise schwerwiegende Mängel festgestellt. In der Folge führte der Veterinärdienst unangemeldet eine weitere Kontrolle der Tierhaltung von A durch. Erneut wurden diverse Mängel in der Tierhaltung festgestellt.

Mit Verfügung vom 7. Mai 2019 ordnete der Veterinärdienst insbesondere ein Zuchtverbot betreffend die Boxermixhündin B an. A liess gegen die Verfügung Verwaltungsgerichtsbeschwerde erheben und deren Aufhebung beantragen.

Aus den Erwägungen:

(…)

4.1.
Die Vorinstanz stützt das Zuchtverbot in tatsächlicher Hinsicht auf die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin über Jahre hinweg ungeeignete Elterntiere zur Zucht eingesetzt habe. Für die Zuchthündin B wiesen die Krankengeschichten der von ihr abstammenden Welpen auf verschiedene vererbbare Krankheiten hin. Die Beschwerdeführerin habe in Kenntnis der Krankheitsfälle unter den Nachkommen der Hündin nichts unternommen, namentlich die Zuchttiere nicht medizinisch abklären lassen und auch nicht auf weitere Zucht verzichtet. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin liessen sich aus den Meldungen der Halter von Nachkommen der Hündin B Rückschlüsse auf vererbbare Krankheiten wie namentlich Hüftgelenksdysplasie treffen. Deshalb sei es unerlässlich, die Zucht mit der Hündin B zu verbieten und sie chirurgisch zu kastrieren.

Für die getroffenen Anordnungen stützt sich der Veterinärdienst auf die Tierhalteverbote von Art. 23 Abs. 1 TSchG, die Pflicht zu behördlichem Einschreiten gemäss Art. 24 lit. b TSchG, die Pflicht den Bedürfnissen der Tiere bestmöglich Rechnung zu tragen (i.S.v. Art. 2 TSchG), die Pflicht zur angemessenen Ernährung und Pflege und das Verbot, Tiere zu vernachlässigen (Art. 3 TSchG) sowie die Regeln für das Züchten und Erzeugen von Tieren (i.S.v. Art. 10 TSchG).

4.2.
4.2.1.
Zweck des gestützt auf Art. 80 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV; SR 101) erlassenen Tierschutzgesetzes ist der Schutz der Würde und das Wohlergehen des Tieres (Art. 1 TSchG). Nach Art. 4 Abs. 1 TSchG hat, wer mit Tieren umgeht, ihren Bedürfnissen in bestmöglicher Weise Rechnung zu tragen (lit. a) und, soweit es der Verwendungszweck zulässt, für deren Wohlergehen zu sorgen (lit. b). Niemand darf ungerechtfertigt einem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen, es in Angst versetzen oder in anderer Weise seine Würde missachten. Das Misshandeln, Vernachlässigen oder unnötige Überanstrengen von Tieren ist verboten (Art. 4 Abs. 2 TSchG). Gemäss Art. 10 Abs. 1 TSchG darf die Anwendung natürlicher sowie künstlicher Zucht- und Reproduktionsmethoden bei den Elterntieren und bei den Nachkommen keine durch das Zuchtziel bedingten oder damit verbundenen Schmerzen, Leiden, Schäden oder Verhaltensstörungen verursachen; vorbehalten bleiben die Bestimmungen über Tierversuche.

Gemäss Art. 23 Abs. 1 TSchG kann die zuständige Behörde Personen das Halten oder die Zucht von Tieren auf bestimmte oder unbestimmte Zeit verbieten, wenn sie wegen wiederholter oder schwerer Zuwiderhandlung gegen Vorschriften dieses Gesetzes und seiner Ausführungserlasse oder gegen Verfügungen bestraft worden sind (lit. a) oder sie aus anderen Gründen unfähig sind, Tiere zu halten oder zu züchten (lit. b).

4.2.2.
Mit Zucht bzw. Züchten im Sinn der Tierschutzverordnung ist das gezielte Verpaaren von Tieren im Hinblick auf ein Zuchtziel, das Vermehren ohne Zuchtziel sowie das Erzeugen von Tieren mittels künstlicher Reproduktionsmethoden gemeint (Art. 2 Abs. 3 lit. i TSchV). Das Zuchtziel ist die Ausprägung aller durch Selektion angestrebten inneren und äusseren Merkmale eines Tieres (Art. 2 Abs. 3 lit. j TSchV). Die Zucht mit Zuchtziel strebt die Verbesserung oder Erhaltung der genetisch fixierten Eigenschaften von Tieren an. Die natürliche Vermehrung und das Verpaaren von Tieren mit Blick auf ein Zuchtziel geht in vielen Fällen mit dem Halten von Tieren einher, weshalb dem Zuchtverbot von Art. 23 Abs. 1 TSchG nur dann eigenständige Bedeutung zukommt, wenn etwa der Halter nicht berufsmässig Tiere züchtet, jedoch trotzdem nur ein Verbot den Tierschutzzweck gewährleistet. Deshalb sind auch Hobbyzüchter von den Verwaltungsmassnahmen erfasst (vgl. Jedelhauser, Das Tier unter dem Schutz des Rechts, Diss. Basel 2011, S. 205). Die Behörde hat mit dem Zuchtverbot, dem Tierhalteverbot oder beispielsweise dem Einzug von Tieren bzw. der Kombination von Verboten mit dem Einzug von Tieren bei der individuellen Bemessung der Sanktion einen Spielraum, den sie nach pflichtgemässem Ermessen zu nutzen hat.

Die Grundsätze des Züchtens werden in der Tierschutzverordnung festgelegt. Gemäss Art. 25 Abs. 1 TSchV ist das Züchten darauf auszurichten, gesunde Tiere zu erhalten, die frei von Eigenschaften und Merkmalen sind, mit denen ihre Würde missachtet wird. Die gestützt auf die Delegation von Art. 29 TSchV erlassene Verordnung des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (nachfolgend: BLV) über den Tierschutz beim Züchten (SR 455.102.4) konkretisiert diese Regel weiter, mit dem Ziel, dass Züchtende die Anpaarungen so planen können, dass sie gesunde Tiere erhalten, die frei von Merkmalen sind, mit denen ihre Würde (i.S.v. Art. 25 Abs. 1 TSchV) missachtet wird. Entsprechend muss, wer Tiere züchtet, u.a. die Belastungen kennen, die bekannte Erbschäden für die Tiere haben (vgl. Art. 2 lit. a BLV über den Tierschutz beim Züchten). Nur mit Tieren, die in niedrigen Belastungskategorien (0 oder 1) im Sinn der erwähnten Verordnung fallen, darf gezüchtet werden. Verboten ist aber mit dem Züchten ein Zuchtziel zu verfolgen, das eine Belastung der Kategorie 3 gemäss Anhang 1 der erwähnten Verordnung des BLV zur Folge hat (Art. 9 lit. b BLV über den Tierschutz beim Züchten).

4.3.
Der Veterinärdienst stützt sich für das Zuchtverbot auf die erwähnten Meldungen über Krankheiten von Nachkommen der Boxermixhündin B.

4.3.1.
Die Beschwerdeführerin erhielt im Verwaltungsverfahren Gelegenheit, sich zum Zuchtverbot und zu dessen Grundlagen zu äussern, indem die Vorinstanz ihr mit Datum vom 17. April 2019 einen Entwurf der nunmehr angefochtenen Verfügung zukommen liess. Die Beschwerdeführerin machte mit Stellungnahme vom 29. April 2019 im Wesentlichen geltend, dass Krankheiten wie chronische Meningitis, blutiger Durchfall, Ohrenentzündung oder Zwingerhusten keine vererbbaren Krankheiten seien. Was die Boxermixhündin C − diese stammt ebenfalls aus einem Wurf von der Hündin B − betreffe, sei der Besitzer darüber informiert worden, dass die Hündin ein schwaches Herz habe. Allein die Hüftgelenksdysplasie könne eine vererbbare Krankheit sein. Es sei aber nur ein Fall aus ihrer Zucht bekannt, sodass ausgeschlossen werden könne, dass die Hündin B diese Krankheit vererbe.

4.3.2.
Der Veterinärdienst nahm in der angefochtenen Verfügung den Standpunkt ein, die Beschwerdeführerin hätte spätestens, als sie davon Kenntnis gehabt habe, dass möglicherweise Erkrankungen von ihren Zuchttieren weitervererbt würden, reagieren und die zur Zucht eingesetzten Hunde durch einen Tierarzt abklären lassen müssen. Sie hätte die betroffenen Tiere sofort aus der Zucht ausschliessen und chirurgisch kastrieren lassen müssen. Die vorliegenden Krankengeschichten würden aufzeigen, dass die Beschwerdeführerin nichts unternommen habe, die Zuchttiere medizinisch abzuklären und gegebenenfalls nicht mehr zur Zucht einzusetzen. Es sei vorliegend eine deutlich erbliche Komponente zu bejahen. Aufgrund der auf Welpen vererbbaren Erkrankungen sei die Zucht mit der Hündin B ab sofort zu verbieten. Die alleinige Trennung vom Rüden sei unzureichend, da die Hündin B bspw. auf einem Spaziergang auch von einem fremden Rüden gedeckt werden könnte. Daher sei es unerlässlich, die Hündin chirurgisch kastrieren zu lassen.

4.3.3.
Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde bestritt die Beschwerdeführerin diese Gründe, weil die dem Veterinärdienst gemeldeten Krankheiten mehrheitlich nicht vererbbar seien und in allen hier gemeldeten Fällen auf Fehler in der Haltung und Ernährung zurückgeführt werden müssten. Denn vor jedem Verkauf seien die Welpen tierärztlich untersucht worden und bei bester Gesundheit gewesen. Welpen dürften für einen gesunden Knochenbau, insbesondere der Hüftknochen, in deren Wachstumsphase keine Treppen steigen, keine allzu weiten Spaziergänge und keine ausgedehnten "Raufeinheiten" mit anderen Hunden oder Personen machen. Die Halter der angeblich mit Hüftgelenksdysplasie und Knieleiden erkrankten Hunde müssten die vorgenannten Grundregeln der Hundeerziehung missachtet haben, weshalb deren Hunde nun mit Gelenkproblemen zu kämpfen hätten. Zu beachten sei ferner, dass die Hündin B mittlerweile sechsjährig sei und keine Anzeichen einer Hüftgelenksdysplasie bestünden. Es sei schon daher nicht belegt, dass die fraglichen Hüftgelenksdysplasien und Knieleiden vererblich bedingt sind.

Chronische Meningitis werde durch eine Infektion mit Viren, Parasiten oder Bakterien ausgelöst und sei nicht vererbbar. Bei Hunden der Rasse Boxer bestehe zudem ein erhöhtes Risiko für die Erkrankung an Meningitis. Aber es sei nicht belegt, dass die Meningitis bei den betroffenen Hunden erblich bedingt aufgetreten sei.

Die Ursachen einer Herzinsuffizienz lägen meist in der Erkrankung der Herzklappen oder des Herzmuskels. Diese Erkrankung könne entweder seit Geburt bestehen oder sich im Laufe des Lebens entwickeln. Vorliegend leide einzig die Hündin C an einer Herzinsuffizienz. Es sei nicht belegt, dass die Herzinsuffizienz vererblich bedingt sei. Aufgrund eines einzigen an einer Herzinsuffizienz erkrankten Welpens auf eine vererbbare Komponente bei der Mutterhündin zu schliessen, sei willkürlich.

Bei den angeblich von erblichen Krankheiten betroffenen Hunden handle es sich um Hunde aus verschiedenen Würfen: Zwei Hunde aus einem Wurf vom 11. Dezember 2011, ein Hund aus einem Wurf vom 26. Juni 2014, ein Hund aus einem Wurf vom 15. März 2015 und zwei Hunde aus einem Wurf vom 20. April 2017. Die Hündin B sei im Jahr 2013 geboren. Sie sei erstmals im Alter von zwei Jahren gedeckt worden, d.h. im Jahr 2015, wobei der Wurf im Jahr 2016 erfolgt sei. Deshalb handle es sich einzig bei den zwei Hunden aus dem Wurf vom 20. April 2017 um Hunde, welche von der Hündin B stammen können. Alle anderen Hunde stammten aus anderen Würfen der Beschwerdeführerin mit anderen Elterntieren. Die angefochtenen Anordnungen betreffen jedoch alle die Boxermixhündin B. Im Rahmen der Anordnungen der Verfügung vom 7. Mai 2019 die Hündin B für erbliche Krankheiten verantwortlich zu machen, obwohl nur zwei der angeblich sechs erkrankten Hunde von ihr stammten, sei willkürlich und unverhältnismässig. Vor Verhängung der Anordnungen wäre zumindest abzuklären gewesen, ob es sich beim angeblich Krankheiten vererbenden Tier um ein Elterntier der betroffenen Hunde handle.

Von den beiden Hunden aus dem Wurf von der Hündin B vom 20. April 2017 weise Hündin C einen Herzfehler auf und Hund D habe angeblich eine chronische Meningitis (Hirnhautentzündung). Beides seien nicht vererbbare Krankheiten. Die Anordnungen des Zuchtverbots, der Separierung und Kastration für die betreffende Mutterhündin sei willkürlich, zumal eine Prüfung des für den Wurf verantwortlichen Rüden unterblieben sei.

4.3.4.
In seiner Vernehmlassung betreffend das Zuchtverbot nimmt der Veterinärdienst zusammengefasst den Standpunkt ein, aufgrund der wiederholt festgestellten Mängel in der Tierhaltung der Beschwerdeführerin und der bekannt gewordenen, teilweise erblich bedingten Erkrankungen sei es verhältnismässig, der Beschwerdeführerin die Zucht mit der Hündin B zu verbieten. Im Übrigen widerspricht der Veterinärdienst der Beschwerdeführerin mit Bezug auf das Deckdatum für die beiden Würfe der Hündin B im Jahr 2016: B könne nicht im 2015 gedeckt worden sein, denn bei einer Tragzeit von neun Wochen könnten die bei der Beschwerdeführerin in der Hundedatenbank registrierten Würfe im Juni und Juli 2016 nicht B zugeordnet werden.

4.3.5.
In ihrer Stellungnahme hielt die Beschwerdeführerin am behaupteten Deckdatum fest und wies auf möglicherweise falsche Datenübertragungen beim Wechsel vom System ANIS auf AMICUS im Januar 2016 hin.

4.4.
In Würdigung der Vorbringen und der Aktenlage ist vorab festzuhalten, dass Ausgangspunkt der beanstandeten Verfügung das Ergebnis von Kontrollen der Tierhaltung aufgrund eingegangener Meldungen bildete. Der Veterinärdienst ist von Amtes wegen verpflichtet, zum Schutz des Tierwohls einzuschreiten und ist deshalb auch jederzeit zutrittsberechtigt (Art. 39 TSchG). Bei den Kontrollen wurden tierschutzrechtlich relevante Mängel festgestellt (vgl. hinten E. 4.4.3). Allerdings bildet nicht die Tierhaltung der Beschwerdeführerin im Allgemeinen, wie sie in der Sachverhaltsdarstellung und in den Erwägungen beschrieben ist, Gegenstand der Verfügung, sondern allein das im Rechtsspruch verfügte Zuchtverbot und die zu dessen Gewährleistung verfügten Massnahmen.

4.4.1.
Die von der Beschwerdeführerin betriebene Zucht ist mangels klar definierten Zuchtziels als Vermehrungszucht im Sinn von Art. 2 Abs. 3 lit. i TSchV zu beurteilen. Die Vorinstanz begründet das Zuchtverbot in der angefochtenen Verfügung mit dem Auftreten verschiedener Krankheitsbilder bei Nachkommen der Hündin B.

Dazu ist – hier zusätzlich gestützt durch die fachrichterliche Mitwirkung – festzuhalten, dass beim Boxer D, einem Nachkommen von Hündin B, die Krankheit SRMA (steroid responsive meningitis-arteritis) diagnostiziert wurde. Es handelt sich dabei um eine weltweit auftretende Krankheit beim Hund. Die Krankheit kann bei allen Rassen auftreten. Es besteht jedoch eine Prädisposition u.a. für Boxer. Vor allem junge Hunde sind betroffen und in kleinerem Ausmass auch andere Altersgruppen. Es besteht keine Geschlechtsdisposition. Die Pathogenese dieser Krankheit ist noch weitgehend ungeklärt. Als Ursache der SRMA wird ein noch unbekannter Faktor vermutet, welcher eine Regulationsstörung des Immunsystems auslöst. Zwar vermuten einige Autoren eine genetisch determinierte Disposition für SRMA, einen wissenschaftlichen Beweis dafür gibt es jedoch bisher nicht.

Als weitere Begründung für das Zuchtverbot wurde zudem die Hündin C, Nachkomme von der Hündin B, wegen eines Herzfehlers erwähnt. Hündin C wurde von einem Kardiologen eingehend untersucht. Eine Herzerkrankung konnte nicht festgestellt werden. Es wurde vermutet, dass Hündin C aufgrund einer vorbestehenden Scheinträchtigkeit und dadurch entstandener hormoneller Ungleichgewichte mehrmals kollabierte.

Bei den anderen, in der angefochtenen Verfügung erwähnten Hunden, die gemäss Verfügung Anlass für Beanstandungen der Zucht der Beschwerdeführerin gaben, handelt es sich nicht um Nachkommen der Hündin B.

Wie sich aus der Prüfung der Krankheitsbilder von C und D ergibt, lässt sich die Notwendigkeit eines Zuchtverbots für die Hündin B, um das gesetzliche Ziel, das Züchten darauf auszurichten, gesunde Tiere zu erhalten, die frei von die Würde der Tiere missachtenden Eigenschaften und Merkmalen sind, nicht darauf abstützen. Ein Zuchtverbot wegen nachteiliger Vererbung wäre im Übrigen erst bei Vorliegen einer erheblichen genetischen Belastung (Stufe 3) anzuordnen. Dafür besteht aber kein Nachweis. Das bedeutet, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für das Verbot, mit der Hündin B zu züchten, nicht gegeben sind. Damit entfällt die Rechtmässigkeit der Verfügung auf Seiten der betroffenen Hündin.

4.4.2.
Mit Bezug auf die in der Verfügung mit dem Verbot belegten Beschwerdeführerin ist festzuhalten, dass die festgestellten Mängel in der Tierhaltung durchaus Anlass für Verwaltungsmassnahmen im Sinn von Art. 23 oder Art. 24 TSchG hätten geben können. Die Tierhalteverbote des Art. 23 TSchG bilden die gesetzliche Grundlage, um z.B. mit Blick auf das Tierwohl die Vermehrungszucht in der betreffenden Tierhaltung zu beschränken oder einzustellen.

Insoweit, als die Vorinstanz das Zuchtverbot als Tierhalteverbot einsetzte, um die tierschutz-rechtlichen Haltebedingungen im Betrieb der Beschwerdeführerin zu gewährleisten, wie sich aus der Vernehmlassung entnehmen lässt, verfehlt das Verbot mit dem Wegfall der Halter- oder Betreuereigenschaft bei der Beschwerdeführerin zwar heute dieses Ziel. Unter dem Gesichtswinkel der Kostenauflage ist das indessen nicht ausschlaggebend. Vielmehr muss die Rechtmässigkeit der Verfügung im Zeitpunkt ihres Erlasses als Ausgangspunkt der Kostenfolge zu Lasten der Beschwerdeführerin geprüft werden. Mit anderen Worten stellt sich die Frage, ob ein auf eine Reduktion der Vermehrungszucht beschränktes Tierhalteverbot aufgrund der Feststellungen des Veterinärdiensts zulässig war.

4.4.3.
Das Tierschutzgesetz bezweckt, die Würde und das Wohlergehen der Tiere zu schützen (Art. 1 TSchG). Wer Tiere hält oder betreut, muss sie angemessen nähren, pflegen, ihnen die für ihr Wohlergehen notwendige Beschäftigung und Bewegungsfreiheit sowie soweit nötig Unterkunft gewähren (Art. 6 Abs. 1 TSchG). Nach Art. 4 Abs. 1 TSchG hat, wer mit Tieren umgeht, ihren Bedürfnissen in bestmöglicher Weise Rechnung zu tragen (lit. a) und soweit es der Verwendungszweck zulässt, für ihr Wohlergehen zu sorgen (lit. b). Das Wohlergehen der Tiere ist namentlich gegeben, wenn die Haltung und Ernährung so sind, dass ihre Körperfunktionen und ihr Verhalten nicht gestört und sie in ihrer Anpassungsfähigkeit nicht überfordert sind; das artgemässe Verhalten innerhalb der biologischen Anpassungsfähigkeit gewährleistet ist; sie klinisch gesund sind; Schmerzen, Leiden, Schäden und Angst vermieden werden (Art. 3 lit. b TSchG). Konkretisiert werden diese gesetzlichen Bestimmungen in der Tierschutzverordnung. Die gesetzlich geforderte Pflege soll Krankheiten und Verletzungen vorbeugen. Kranke und verletzte Tiere müssen ihrem Zustand entsprechend untergebracht, gepflegt behandelt oder getötet werden (Art. 5 Abs. 2 TSchV).

Wie gesagt, kann die zuständige Behörde gestützt auf Art. 23 Abs. 1 TSchG das Halten oder die Zucht von Tieren, den Handel oder die berufsmässige Beschäftigung mit Tieren auf bestimmte oder unbestimmte Zeit den Personen verbieten, die wegen wiederholter oder schwerer Zuwiderhandlung gegen Vorschriften des Gesetzes und seiner Ausführungserlasse oder gegen Verfügungen bestraft worden sind (lit. a) oder die aus anderen Gründen unfähig sind, Tiere zu halten oder zu züchten (lit. b). Unfähigkeit im Sinn von Art. 23 Abs. 1 lit. b TSchG liegt vor, wenn die betreffende Person nicht die grundsätzlichen Verhaltensgebote und -verbote des Tierschutzgesetzes zu befolgen vermag (vgl. BGer-Urteile 2C_378/2012 vom 1.11.2012 E. 3.1, 2C_635/2011 vom 11.3.2012 E. 2.1 ff., 2C_79/2007 vom 12.10.2007 E. 4.2.2; Urteil des Kantonsgerichts Luzern 7H 16 245 vom 15.2.2017 E. 3). Massgeblich für das Aussprechen eines Tierhalteverbots ist damit neben der bereits durch Strafurteile erhärteten Unfähigkeit, Tiere gesetzeskonform zu halten, mit ihnen zu handeln oder umzugehen, die objektive Unfähigkeit, Tiere zu halten. Diese Unfähigkeit kann verschiedene, in der Person der Tierhalterin oder des Tierhalters begründete Ursachen haben (Botschaft zur Revision des Tierschutzgesetzes vom 9.12.2002 BBl 2003 657, S. 680). Indem der Gesetzgeber die Unfähigkeit, Tiere zu halten, vorbehaltlos als Tatbestandsalternative zur Bestrafung wegen wiederholter oder schwerer Zuwiderhandlung gegen das Tierschutzgesetz einsetzt, wird deutlich, dass die mit der Variante von Art. 23 Abs. 1 lit. b TSchG erfassten Gefahren oder Folgen für das Wohlergehen der Tiere gleich gewichtig sind bzw. nicht minder schwer wiegen als diejenigen, welche Straffolgen zeitigen.

Die Verbote der Tierhaltung und der Zucht haben die Wahrung oder die Wiederherstellung des Tierwohls zum Ziel. Als restitutorische Massnahmen sind sie verschuldensunabhängig und nicht auf die Bestrafung des Halters, sondern auf den Schutz und die Wiederherstellung der tierschutzrechtlich korrekten Haltebedingungen ausgerichtet. Insbesondere einem Halteverbot gehen grobe und für die Tiere leidvolle Verstösse gegen das Tierschutzrecht voraus (Art. 1 i.V.m. Art. 3 lit. a TSchG; vgl. BGer-Urteile 2C_958/2014 vom 31.3.2015 E. 2.1, 2C_378/2012 vom 1.11.2012 E. 3.1).

4.4.3.1.
Dem vorliegend verfügten Zuchtverbot, einer gesetzlichen Variante des Tierhalteverbots im Sinn von Art. 23 Abs. 1 TSchG, ging bereits eine frühere Kontrolle des Veterinärdiensts und Massnahmen desselben voraus. So mussten bereits anlässlich einer Kontrolle vom 20. Januar 2016 diverse, teils schwerwiegende Mängel in der Tierhaltung festgestellt werden. Mit Verfügung vom 5. April 2016 wurden namentlich konkrete Änderungen und Verbesserungen in der Hundehaltung der Beschwerdeführerin angeordnet. Die Beschwerdeführerin wurde u.a. verpflichtet, den Mutterhündinnen eine Rückzugsmöglichkeit zu gewährleisten, Liegeflächen einzurichten und Welpen nicht vor dem Alter von 56 Tagen von der Mutter oder der Amme zu trennen. Für die Welpenhaltung wurde angeordnet, dass die Ausgänge der Boxen so gestaltet werden, dass die Welpen nicht herausfallen können. Hinzu kamen weitere Anordnungen zur Gewährleistung einer tierschutzkonformen Hundehaltung.

Aufgrund einer Strafanzeige des Veterinärdiensts wurde die Beschwerdeführerin mit Strafbefehl vom 9. Mai 2016 wegen des nicht den Tierschutzvorschriften entsprechenden Haltens von Hunden, Pfauen, Ponys und Eseln, Ziegen und Alpakas, des Nicht-Erbringens des praktischen Sachkundenachweises und des Nicht-Registrierens und Nicht-Kennzeichnen-Lassens und der Verletzung von Meldepflichten in der AMICUS-Datenbank sowie des Nicht-Registrierens von Ponys und Eseln in der Tierverkehrsdatenbank bestraft. Der Strafbefehl blieb unangefochten und erwuchs in Rechtskraft.

Anlässlich der erneuten, unangemeldeten Kontrolle vom 27. März 2019, die zur heute angefochtenen Verfügung führte, musste allerdings festgestellt werden, dass die in der Verfügung vom 5. April 2016 angeordneten Anpassungen der Hundehaltung nicht vorschriftsgemäss und entsprechend nicht tierschutzkonform erfolgt waren, auch wenn die Hundehaltung allgemein einen saubereren Eindruck hinterliess als bei der ersten Kontrolle. Bei der Kontrolle wurden vier adulte Hunde angetroffen, mitunter die Boxermixhündin B und die Havaneserhündin E mit einem Welpen. Der Veterinärdienst stellte unter anderem fest, dass für die in Boxen gehaltenen Hunde Rückzugsmöglichkeiten und erhöhte Liegeflächen nur gegeben waren, wenn entsprechend geöffnete Schieber den Zugang zum Aussenraum gewährten. Die Haltungsverhältnisse für eine Havaneser-Mutterhündin mit ihrem Welpen waren tierschutzrechtlich so ungenügend, dass die Mutterhündin und ihr Welpe beschlagnahmt werden mussten. Auch bei der Kontrolle der übrigen Tierhaltung kam es zu Beanstandungen, namentlich wurden Haltungs- bzw. Pflegemängel bei zwei Hühnern und einem Pony festgestellt. Im Lauf des vorinstanzlichen Verfahrens wurden das Pony euthanasiert und der Tod der Hühner gemeldet. Zudem geht aus der Begründung der Verfügung hervor, dass Käufer von Hunden der Beschwerdeführerin dem Veterinärdienst Meldung über Krankheiten gemacht hätten. Wie schon erwähnt, geht es um Boxermixhunde mit (vor allem) Meningitis oder Hüftgelenksdysplasie und eine Hündin mit Herzinsuffizienz.

Das vorliegend angefochtene Zuchtverbot wurde zwar in der Verfügung vor allem mit angeblichen Defiziten der Nachkommenschaft der Boxerhündin B begründet, aber, wie sich aus Sachverhalt und Erwägungen und aus der Vernehmlassung zum Zuchtverbot ergibt, auch zur Gewährleistung eines stabilen oder eher abnehmenden Hundebestandes angeordnet. Das der Beschwerdeführerin auferlegte Zuchtverbot zielte somit auf ein beschränktes Tierhalteverbot.

4.4.3.2.
In ihrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde bestritt die Beschwerdeführerin im vorliegend noch relevanten Kontext, dass sie kranke Hunde verkauft habe. Alle Hunde seien vor dem Verkauf tierärztlich untersucht worden, ohne dass irgendwelche Beanstandungen resultiert hätten. Einer der bei der Kontrolle angetroffenen Hunde, Hund F, gehöre nicht ihr. Sie sei nicht für dessen Pflege und Haltung verantwortlich. Zur Hundehaltung im Allgemeinen gab sie an, die Hunde hätten immer Zugang zum Aussenbereich, die Grundflächen seien deshalb genügend. Die Boxen würden den Hunden Rückzugsmöglichkeit gewähren und das Fehlen von erhöhten Liegeflächen im Innenraum werde durch erhöhte Liegeflächen im Aussenbereich wettgemacht, zumal die Schieber immer offen stünden. Die (beschlagnahmte) Havaneserhündin E sei am Tag der Kontrolle wegen eines Spitalaufenthalts der Beschwerdeführerin ausnahmsweise mit ihrem Welpen in einem Zwinger und nicht bei ihr in ihrer Wohnung gewesen. Sie hätte sich, wäre sie nicht beschlagnahmt worden, umgehend wieder in der Wohnung aufgehalten.

4.4.3.3.
Entgegen der Darstellung der Beschwerdeführerin mussten wiederholt erhebliche Mängel in ihrer Tierhaltung festgestellt werden. Die bereits gestützt auf die Ergebnisse der ersten Kontrolle verfügten Massnahmen zur Verbesserung der Tierhaltung waren anlässlich der zweiten Kontrolle nicht vollständig umgesetzt, sodass erneut eine Strafanzeige erfolgte (Strafanzeige wegen Widerhandlung gegen das Tierschutzgesetz, Verfahren bei der Staatsanwaltschaft hängig). Mögen die Feststellungen des Veterinärdiensts wegen besonderer Umstände mit Bezug auf die Mutterhündin E und des Welpen auch nicht die alltäglichen Halteverhältnisse zeigen, sind sie doch zusammen mit den übrigen Feststellungen Ausdruck davon, dass es der Beschwerdeführerin seit der ersten Kontrolle nicht gelungen ist, die angeordneten Massnahmen für eine durchgehend tierschutzkonforme Hunde-, Hühner- und Equidenhaltung zu gewährleisten. Auch ist der Beschwerdeführerin zuzugestehen, dass die Beanstandungen der Hundekäufer nicht auf Mängel der Muttertiere schliessen lassen. Dennoch machte die Häufung der Meldungen notwendig, dass der Veterinärdienst die Tierhaltung genau prüfte. Die angetroffenen Verhältnisse zeigten, dass sie den Anforderungen, die ihre umfangreiche Tierhaltung mit sich bringt − auch wenn der Hund F nicht dazu zählt, die Mutterhündin nur gerade ausnahmsweise im Zwinger eingesperrt gewesen sein sollte und die Boxenschieber zumindest zeitweise offen sind − nicht vollumfänglich gewachsen war. Aufgrund der Mängel in der Tierhaltung der Beschwerdeführerin, das rechtskräftige Strafurteil und die unwiderlegten Haltungsmängel (nur schon bei der Hundehaltung: ungenügende Flächenmasse für Boxenhaltung, Mutterhundehaltung in zu kleiner Boxe ohne Rückzugsmöglichkeit und ohne weiches Liegematerial) ist erstellt, dass sie nicht in der Lage war, die erhebliche Anzahl verschiedener Tiere gesetzeskonform zu halten und mit ihnen tierschutzgerecht umzugehen. Damit zeigte die Beschwerdeführerin die objektive Unfähigkeit, Tiere gesetzeskonform zu halten, sodass die Tatbestandsvoraussetzungen für die Anordnung eines Tierhalteverbotes gegeben sind. Indem die Vorinstanz alsdann ein auf die Reduktion des zu erwartenden Hundebestands und auf den künftigen Tierhandel angelegtes beschränktes Verbot aussprach, übte sie das ihr zustehende Rechtsfolgeermessen in verhältnismässiger Weise aus: Denn zum einen ist das Verbot geeignet, die Anzahl der zu haltenden Tiere für die Zukunft beschränkt zu halten und erlaubt zudem den Handel mit möglicherweise nicht tierschutzkonform gehaltenen Nachkommen zu verhindern. Andere, namentlich mildere Massnahmen, welche diese Zwecke ebenfalls erreichen würden, sind zudem nicht ersichtlich und der Eingriff in die Rechte der Tierhalterin erweisen sich als zum Zweck der Gewährleistung einer gesetzeskonformen Tierhaltung, welche Würde und Wohl der Tiere schützt, ohne Weiteres vereinbar.

4.5.
Nach alledem erweist sich das verfügte Zuchtverbot zwar mit Bezug auf die betroffene Hündin B als unbegründet, aber mit zum Zweck der Haltebedingungen der Tiere, für welche die Beschwerdeführerin als Tierhalterin und Züchterin tierschutzrechtlich verantwortlich ist, rechtmässig.

Die auferlegten Kosten erweisen sich nach alledem als Kosten der Verfügung und zählen insgesamt zu den amtlichen Kosten im Sinn des VRG. Sie wurden der Beschwerdeführerin zu Recht auferlegt.