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Rechtsprechung Luzern


Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:4. Abteilung
Rechtsgebiet:Verkehrsanordnung
Entscheiddatum:11.12.2020
Fallnummer:7H 19 201
LGVE:2022 IV Nr. 1
Gesetzesartikel:Art. 3 Abs. 2 SVG, Art. 3 Abs. 3 SVG, Art. 3 Abs. 4 SVG; Art. 30a VwVG; Art. 107 Abs. 1 SSV, Art. 107 Abs. 5 SSV, Art. 107 Abs. 6 SSV, Art. 108 Abs. 4 SSV; § 156 Abs. 2 VRG, § 161a VRG.
Leitsatz:Qualifikation einer mit Wechselsignal steuerbaren Umleitung des motorisierten Individualverkehrs als funktionelle Verkehrsanordnung sowie als Teilfahrverbot (E. 2.1). Verhältnismässigkeitsgebot bei Verkehrsanordnungen (E. 2.2). Begründungspflicht bei Allgemeinverfügungen (E. 3). Verhältnismässigkeitsprüfung setzt vorinstanzliche Abklärungen voraus (E. 5).
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Entscheid:Sachverhalt (zusammengefasst)

Mit dem Massnahmenpaket "Gesamtverkehrskonzept Agglomerationszentrum Luzern" (nachfolgend: GVK), welches die Stadt Luzern zusammen mit dem Kanton Luzern, dem Verkehrsbund Luzern und dem Gemeindeverband LuzernPlus entwickelt hat und von den genannten Partnern getragen wird, soll die Verkehrssituation und die Erreichbarkeit des Agglomerationszentrums für die Zeitspanne bis zur Verwirklichung der langfristigen Grossprojekte (Bypass und Durchgangsbahnhof) verbessert werden. Teil des GVK ist das Strassenprojekt "Massnahme a: Neues Verkehrsregime Z-/Y-Strasse" (nachfolgend: Massnahme a). Dieser Massnahme zufolge soll die Z-Strasse stadteinwärts ab der Kreuzung X-Weg für den Personenwagenverkehr jeweils während der Hauptverkehrszeiten gesperrt werden. Es ist geplant, dass der entsprechende Abschnitt nur noch dem öffentlichen Verkehr, dem Lastwagen- und dem Veloverkehr offensteht, während der Personenwagenverkehr durch den X-Weg und dann durch die Y-Strasse stadteinwärts umgeleitet werden soll. Um die Umleitung verkehrstechnisch zu regeln, beabsichtigt die Stadt Luzern, die Signalisation am Knoten Z-Strasse/X-Weg anzupassen. Neu soll mittels eines Wechselsignals der Personenwagenverkehr stadteinwärts ab dem Knoten Z-Strasse/X-Weg auf den X-Weg und die Y-Strasse umgeleitet werden. Bei der Z-Strasse handelt es sich um eine Gemeindestrasse 1. Klasse, bei der Y-Strasse (im betroffenen Abschnitt) und beim X-Weg um Gemeindestrassen 2. Klasse.

Am 3. Juli 2019 verfügte der Stadtrat Luzern die entsprechenden Verkehrsanordnungen.

Hiergegen liessen verschiedene (natürliche wie juristische) Personen (nachfolgend: Beschwerdeführer) Verwaltungsgerichtsbeschwerde erheben und beantragen, dass die Verkehrsanordnungen ersatzlos aufzuheben seien.

Mit Beschluss vom 15. Oktober 2019 (G 2019-046) änderte der Regierungsrat des Kantons Luzern per 1. Januar 2020 § 17 Abs. 1 sowie § 18 Abs. 1 der Verordnung zum Gesetz über die Verkehrsabgaben und den Vollzug des eidgenössischen Strassenverkehrsrechtes (Strassenverkehrsverordnung; SRL Nr. 777) und erklärte die Dienststelle Verkehr und Infrastruktur auf Kantonsstrassen und Gemeindestrassen 1. Klasse sowie in deren Verknüpfungsbereich mit anderen Strassen für Verkehrsanordnungen für zuständig. Gleichzeitig hob er den Beschluss über die Zuständigkeit zum Erlass von Verkehrsanordnungen (SRL Nr. 777a), welcher unter anderem der Gemeinde Luzern die Kompetenz zum Erlass von Verkehrsanordnungen betreffend Gemeindestrassen 1. Klasse zuwies, auf. Die Dienststelle Verkehr und Infrastruktur (nachfolgend: Dienststelle vif) wurde in der Folge als verwaltungsrechtspflegerechtliche Verfahrensbeteiligte behandelt.

Parallel zum Verkehrsanordnungsverfahren führte der Stadtrat Luzern am 22. August 2018 eine Planauflage für die strassenbaulichen Massnahmen − gemeinsames Trottoir, Aufhebung verschiedener Parkplätze, Aufhebung eines Fussgängerstreifens − durch. Nebst anderen Personen erhoben die Beschwerdeführer Einsprache gegen das Strassenprojekt, welche der Stadtrat Luzern mit Entscheid vom 3. Juli 2019 abwies.

Aus den Erwägungen:

1.3.
Ob eine Verkehrsanordnung zulässig ist, prüft das Kantonsgericht als einzige kantonale Rechtsmittelinstanz mit freier Kognition (§ 161a VRG sowie § 156 Abs. 2 i.V.m. §§ 144-147 VRG). Verkehrsbeschränkungen sind indes regelmässig mit komplexen Interessenabwägungen verbunden. Die zuständigen Behörden besitzen dabei einen erheblichen Gestaltungsspielraum (BGE 136 II 539 E. 3.2 mit Hinweis; BGer-Urteile 1C_117/2017, 1C_118/2017 vom 20.3.2018 E. 3.3, 1C_11/2017 vom 2.3.2018 E. 2.4 mit Hinweis). Trotz unbeschränkter Überprüfungsbefugnis hält sich das Kantonsgericht praxisgemäss zurück, soweit es administrative Entscheidungsspielräume zu wahren gilt. Das Kantonsgericht ist aufgrund der ihm zugedachten Funktion nicht befugt, sein Ermessen anstelle desjenigen der Vorinstanz zu setzen (vgl. LGVE 2000 II Nr. 18 E. 3a; Urteil des Verwaltungsgerichts Luzern A 08 176 vom 7.12.2009 E. 3a; vgl. auch BGE 127 II 238 E. 3b/aa).

2.
2.1.
Nach Art. 3 Abs. 2 SVG sind die Kantone befugt, für bestimmte Strassen Fahrverbote, Verkehrsbeschränkungen und Anordnungen zur Regelung des Verkehrs zu erlassen. Der Motorfahrzeug- und Fahrradverkehr kann auf Strassen, die nicht dem allgemeinen Durchgangsverkehr geöffnet sind, sogar vollständig untersagt oder zeitlich beschränkt werden (Art. 3 Abs. 3 SVG). In Art. 3 Abs. 4 SVG ist festgehalten, dass andere Beschränkungen oder Anordnungen erlassen werden können, soweit der Schutz der Bewohner oder gleichermassen Betroffener vor Lärm und Luftverschmutzung, die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen, die Sicherheit, die Erleichterung oder die Regelung des Verkehrs, der Schutz der Strasse oder andere in den örtlichen Verhältnissen liegende Gründe dies erfordern. Aus solchen Gründen können insbesondere in Wohnquartieren der Verkehr beschränkt und das Parkieren besonders geregelt werden. Die "anderen Beschränkungen oder Anordnungen" werden gemeinhin als sog. funktionelle Verkehrsanordnungen bezeichnet.

Fahrverbote für bestimmte Fahrzeugarten (z.B. Lastwagen) stellen Teilfahrverbote dar, d.h. Zulassungsbeschränkungen, die nicht als allgemeine Fahrverbote (Totalfahrverbote) im Sinn von Art. 3 Abs. 3 SVG gelten (vgl. dazu Schaffhauser, Grundriss des schweizerischen Strassenverkehrsrechts, Band I: Grundlagen, Verkehrszulassung und Verkehrsregeln, 2. Aufl. 2002, N 48). So gehört etwa ein Lastwagenfahrverbot mit dem Zusatz "Zubringerdienst gestattet" als Teilfahrverbot zu den funktionellen Verkehrsanordnungen nach Art. 3 Abs. 4 SVG (vgl. Urteile des Verwaltungsgerichts Luzern A 2010 269 vom 29.6.2011 E. 1a, A 2008 176 vom 7.12.2009 E. 1a): Hinsichtlich der Abgrenzung von den Totalverboten von den funktionellen Verkehrsanordnungen berücksichtigt das Bundesgericht, ob das Verbot nur eine einzelne Kategorie von Fahrzeugen − etwa Gesellschaftswagen − betrifft und somit dem motorisierten Individualverkehr (nachfolgend: MIV) zur Benutzung weiterhin offen steht (vgl. BGer-Urteil 2A.26/2006 vom 23.5.2006 E. 2.1).

Die Verkehrsanordnungen haben zur Folge, dass der MIV die Z-Strasse zu Zeiten der Aktivierung des Wechselsignals nicht mehr stadteinwärts befahren darf. Es liegt somit für einen den in quantitativer Hinsicht überwiegenden Teil der Verkehrsteilnehmer ein zeitlich beschränktes Fahrverbot vor, von welchem nur der öffentliche Verkehr, Lastwagen und einzelne Zubringer ausgenommen sind. Aspekte der Wirkungen eines Fahrverbots im Sinn von Art. 3 Abs. 3 SVG, das den Verkehr vollständig untersagt, werden mit einem Bündel von Massnahmen kombiniert. Soweit indes mit der Verkehrsanordnung ein Einbahnregime auf der Y-Strasse eingeführt wird, liegt eine funktionelle Beschränkung des Verkehrs vor (vgl. BGer-Urteil 1C_369/2010 vom 20.10.2010 E. 3.1), was seinerseits für eine Anordnung nach Massgabe von Art. 3 Abs. 4 SVG spricht. Die Kombination der verschiedenen Elemente führt aber dazu, dass es sich aufdrängt, die angefochtene Verkehrsanordnung sowohl unter den Gesichtswinkeln von Art. 3 Abs. 3 als auch Art. 3 Abs. 4 SVG zu beurteilen.

2.2.
Während für Abweichungen von den allgemeinen Höchstgeschwindigkeiten mittels eines Gutachtens abzuklären ist, ob die Massnahme nötig, zweck- und verhältnismässig ist oder ob andere Massnahmen vorzuziehen sind (vgl. Art. 108 Abs. 4 der Signalisationsverordnung [SSV; SR 741.21]), ist für örtliche Verkehrsanordnungen eine Pflicht, dieselben Fragen mittels eines Gutachtens vorgängig prüfen zu lassen, gesetzlich nicht vorgeschrieben. Die Signalisationsverordnung sieht indes vor, dass, wenn eine Verkehrsanordnung auf einer bestimmten Strassenstrecke getroffen werden soll, diejenige Massnahme zu wählen ist, die den Zweck mit den geringsten Einschränkungen erreicht (Art. 107 Abs. 5 SSV). Damit wird der in Art. 5 Abs. 2 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV; SR 101) verbriefte Grundsatz der Verhältnismässigkeit für Verkehrsanordnungen konkretisiert (BGer-Urteil 1C_558/2019 vom 8.7.2020 E. 5.2; Urteil des Verwaltungsgerichts Luzern A 12 183 vom 21.1.2014 E. 4.1). Der erwähnte Grundsatz verlangt, dass (1) die staatliche Massnahme geeignet ist, das angestrebte Ziel zu erreichen (sog. Geeignetheit), (2) sie sich als geringstmöglicher Eingriff erweist (sog. Erforderlichkeit) und (3) die Massnahme im Rahmen einer Interessensabwägung als zumutbar erscheint (sog. Zumutbarkeit). In der Lehre wird betont, dass die Bestimmung von Art. 3 Abs. 4 SVG stark auslegungsbedürftig ist und keine griffigen Kriterien für die allgemeine Beurteilung der Zulässigkeit enthält, sodass dem Verhältnismässigkeitsprinzip eine besonders ausgeprägte Bedeutung zuzurechnen ist (Rohner, Erlass und Anfechtung von lokalen Verkehrsanordnungen, Zürich 2012, S. 80, Schaffhauser, a.a.O., N 56). Um eine rechtliche Handhabe betreffend die komplexe Motivlage hinter Verkehrsanordnungen zu gewährleisten, wird dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz funktionell die Aufgabe einer Motivzulässigkeitsprüfung zugedacht, deren inhaltliches Schwergewicht auf der Notwendigkeit der Massnahme liegt (Schaffhauser, a.a.O., N 41).

Auch wenn für die aus verkehrsrechtlicher Sicht wesentlichen Aspekte der Verhältnismässigkeitsprüfung und deren Dokumentation im Bereich der Teilfahrverbote und lokalen Verkehrsanordnungen anders als bei den Geschwindigkeitsbeschränkungen eine besondere strassenverkehrsrechtliche Grundlage fehlt, ergibt sich letztere aus der Pflicht, den Sachverhalt von Amtes wegen festzustellen. Entsprechend ist die die Verkehrsanordnung verfügende Behörde gehalten, die tatsächlichen Verhältnisse, die Auswirkungen der Anordnung und deren Evaluierung, allenfalls mittels Gutachtens, in jedem Fall aber basierend auf einwandfreien Grundlagen zu beurteilen (Rohner, a.a.O., S. 159 f.).

2.3.
Zur Ergänzung der gesetzlichen Vorgaben der Signalisationsverordnung hat die Dienststelle vif die Richtlinie betreffend Fahrverbote vom 31. August 2015 (im Internet abrufbar unter: https://vif.lu.ch/ à Download à Fachordner à Verkehrsmassnahmen à Richtlinien Verkehrsmassnahmen à 653.113) erlassen, in welcher Standards festgelegt werden, unter welchen Voraussetzungen ein Fahrverbot möglich ist. Darin wird verlangt, dass ein Kurzgutachten oder ein Grundlagenbeschrieb zu den Punkten "Auslöser für Fahrverbot", "Örtliche Verhältnisse", "Auswirkungen Verkehrsnetz (Umwegverkehr)", "Verkehrsbelastungen", "Schutz der Bewohner", "Lärm- und Luftbelastungen", "Sicherheit", "Schutz der Strasse (Ausbaustandard)", "Umsetzung/Massnahme", "Beurteilung/Fazit" zu verfassen ist. Anhand dieses Berichts wird sodann die Verhältnismässigkeitsprüfung vorgenommen, bei der − so der Bericht − ein strenger Massstab anzuwenden ist (zum Ganzen: Richtlinie betreffend Fahrverbote vom März 2015, S. 1 ff.). Für die Zulässigkeit eines Fahrverbots wird verlangt, dass der Umwegverkehr über Strassen einer höheren oder gleichen Kategorie gewährleistet sein muss. Ferner darf der Umwegverkehr keine anderen siedlungsorientierten Strassen belasten. Schliesslich soll die Umwegroute keine Gefahrenstellen aufweisen (Richtlinie betreffend Fahrverbote vom März 2015, S. 4 f.).

2.4.
Einschränkend ist zu erwähnen, dass der Richtlinie der Dienststelle vif nicht Gesetzes- oder Verordnungsrang zukommt. Es handelt sich dabei um eine Verwaltungsverordnung, die verwaltungsinterne Regeln enthält und keine Rechte und Pflichten begründet. Sie ist als Anweisung an nachgeordnete Behörden gerichtet und soll eine gesetzmässige Handhabung durch die Verwaltung gewährleisten. Als Verwaltungsverordnung ist sie für Gerichte nicht bindend. Allerdings orientiert sich die Rechtsprechung der Gerichte an der Richtlinie, sofern sie eine überzeugende Konkretisierung der rechtlichen Vorgaben enthält (vgl. BGE 139 V 122 E. 3.3.4, 133 V 587 E. 6.1, 133 II 305 E. 8.1).

Die in der Richtlinie aufgeführten Punkte, auch wenn sie sich dem Wortlaut nach auf (Teil-)Fahrverbote beschränken und somit nicht noch funktionelle Verkehrsanordnungen miteinbeziehen, geben ein Prüfungsraster vor, der Anhaltspunkte gibt, unter welchen Voraussetzungen die Massnahme nötig, zweck- und verhältnismässig ist oder ob andere Massnahmen vorzuziehen sind.

3.
Verkehrsanordnungen gelten aufgrund ihres generell-konkreten Charakters als Allgemeinverfügungen (BGer-Urteil 6B_113/2007 vom 16.8.2007 E. 2.6; Urteil des Kantonsgerichts Luzern 7H 19 26 vom 10.5.2015 E. 1.2; vgl. Keusen, Strassenrecht, in: Fachhandbuch Verwaltungsrecht [Hrsg. Biaggini/Häner/Saxer/Schott], Zürich 2015, N 10.14 ff.). Die atypische Prägung dieses Hoheitsakts verlangt, verglichen mit Individualverfügungen bzw. individuell-konkreten Hoheitsakten, eine differenzierte prozessuale Behandlung hinsichtlich der Eröffnung, des rechtlichen Gehörs und der Beschwerdelegitimation. Was die Eröffnung betrifft, werden nach kantonalem Verwaltungsrechtspflegerecht Allgemeinverfügungen durch öffentliche Mitteilung im Kantonsblatt dem generellen Adressatenkreis eröffnet (vgl. § 30 Abs. 1 lit. c VRG). (…). Das Verhältnis zwischen dem Anspruch auf rechtliches Gehör und der Allgemeinverfügung ist nicht abschliessend geklärt (Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 2020, N 943). Gemäss Bundesgericht steht der Anspruch auf rechtliches Gehör nur denjenigen Personen zu, die durch die Allgemeinverfügung wesentlich schwerwiegender betroffen werden als die übrige Vielzahl der Adressaten (BGE 121 I 230 E. 2c, 119 Ia 141 E. 5c/d). Im Sinn einer zwischen Verfahrenspraktikabilität und Mitwirkungsrechten vermittelnden Lösung sieht das Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021) in Art. 30a vor, dass im Fall einer zahlreiche Personen berührenden Verfügung die Behörde vor ihrer Verfügung das Gesuch oder die beabsichtigte Verfügung ohne Begründung in einem amtlichen Blatt veröffentlichen und gleichzeitig das Gesuch oder die beabsichtigte Verfügung mit Begründung öffentlich auflegen und den Ort der Auflage bekanntmachen kann. Das kantonale Verwaltungsrechtspflegegesetz kennt hingegen eine solche Bestimmung nicht, sodass auch keine Verpflichtung besteht, allfällig betroffene Personen miteinzubeziehen.

In der Lehre wird diesbezüglich die Meinung vertreten, dass bei Allgemeinverfügungen zwischen Normaladressaten und Spezialadressaten unterschieden werden müsse. Bei einem Fahrverbot seien Anwohner der damit belegten Strasse wesentlich stärker betroffen als ein Automobilist, der die Strasse lediglich befahren wolle. Aufgrund ihrer vergleichbaren Stellung mit Adressaten einer Individualverfügung sei den Spezialadressaten Gelegenheit zur geben, sich zur vorgesehen Anordnung zu äussern. Ferner müsste die Allgemeinverfügung für Spezialadressaten begründet werden (Jaag, Die Allgemeinverfügung im schweizerischen Recht, in: ZBl 85/1984 S. 434 und S. 452; vgl. ferner BGE 121 I 230 E. 2c, 119 Ia 141 E. 5c/cc).

Soweit für Allgemeinverfügungen im Allgemeinen und Verkehrsanordnungen im Speziellen auf das Begründungserfordernis und Mitwirkungsmöglichkeiten verzichtet wird (vgl. Art. 107 Abs. 1 SSV), haben im Anfechtungsfall die verfahrensrechtlichen Bestimmungen, wie sie das kantonale Verwaltungsrechtspflegerecht vorschreibt ebenso wie die aus dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 BV abgeleiteten Ansprüche, zu greifen (Reinhardt, Das rechtliche Gehör in Verwaltungssachen, Diss. Zürich 1968, S. 103 und 111). Die gehörsrechtlich erforderliche Begründung der Allgemeinverfügung hat daher grundsätzlich mit der Vernehmlassung zu erfolgen, um der Partei die sachgerechte Anfechtung wenigstens im Rahmen des Replikrechts zu ermöglichen. Dies ist nur möglich, wenn sich die Beschwerdeführenden über die Tragweite des Entscheids ein Bild machen können. In diesem Sinn müssen im Beschwerdeverfahren vor Kantonsgericht wenigstens kurz die vorinstanzlichen Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf welche sich ihr Entscheid stützt (vgl. zur Begründungspflicht im Allgemeinen und statt vieler: BGE 133 I 270 E. 3.1).

4.
(Zusammenfassung der Akten, insbesondere des GVK-Berichts, des Berichts der vbl bezüglich neuralgischer Punkte im Luzerner Busnetz, des Objektsblatts d und des technischen Berichts zur Massnahme a, der Stellungnahme der Vorinstanz zu den Vorschlägen der Beschwerdeführer und der Aussagen der Sachverständigen und Zeugen anlässlich des Augenscheins und der Visionierung der Verkehrssimulationen)

5.
5.1.
Vorab ist daran zu erinnern, dass die Beurteilung der Verhältnismässigkeit einer Verkehrsanordnung mit einer komplexen Abwägung der verschiedenen Interessen einhergeht (E. 1.3). Wie eine Studie der Schweizerischen Vereinigung der Verkehrsingenieure zu Verkehrsdosierungsanlagen, Strategien und Dimensionierungsgrundsätzen vom Oktober 2004 hervorhebt, bringt das Ziel, mittels den Dosieranlagen den Stau dorthin zu verlegen, wo er die Siedlung und die anderen Verkehrssegmente möglichst wenig beeinträchtigt, stets Nutzungskonflikte mit sich (im Internet abrufbar unter: https://trimis.ec.europa.eu/search/site/Verkehrsdosierungsanlagen, zuletzt besucht am 3.12.2020, S. 37 f.). Während beispielsweise im Schienenverkehr versucht wird, die Nutzungskonflikte mittels entsprechender Konzepte und Pläne zu beseitigen, ist die Verkehrslenkung einzelner Nutzungssegmente (öffentlicher Verkehr, Wirtschaftsverkehr, Privatverkehr) auf der Strasse nur in limitiertem Umfang möglich. Einerseits reichen die Mittel der Signalisation alleine nicht, um eine dynamische Lenkung des Verkehrs differenziert nach Nutzersegmenten bei beschränkten räumlichen Platzverhältnissen zu realisieren, andererseits können einzelne Nutzungssegmente wie z.B. der Wirtschaftsverkehr nicht eindeutig aufgrund der Fahrzeugkategorie identifiziert werden. Bei der Dosierung in Quartieren ist daher der Einzelfall vertiefter zu beurteilen und mit einer kohärenten und nachvollziehbaren Lösungsstrategie zu begegnen. Dabei sollen auch neue Wege erprobt werden dürfen oder bestehende und bewährte Lösungsansätze auf neue Gebiete übertragen werden.

5.1.1.
Da sich das Kantonsgericht hinsichtlich der administrativen Entscheidungsspielräumen und somit den dabei getroffenen Interessenabwägungen Zurückhaltung auferlegt, rücken bei der Verhältnismässigkeitsprüfung insbesondere die Kriterien der Geeignetheit sowie der Erforderlichkeit in den Vordergrund. Da das Kantonsgericht sein Ermessen nicht an die Stelle desjenigen der Vorinstanz stellen darf, muss sich die Prüfung insbesondere darauf beziehen, ob das Zustandekommen und die Wahl der angefochtenen Massnahme namentlich unter Abwägung von Vor- und Nachteilen von möglichen Alternativen nachvollziehbar ist, unter Berücksichtigung der verkehrlich massgebenden Umstände erfolgte und durch den gesetzlich zuständigen Entscheidungsträger unter Beachtung der Verfahrensordnung und -rechte getroffen wurde.

5.1.2.
Mit Bezug auf die angefochtenen Massnahmen ist festzuhalten, dass das Hauptgewicht der Wirkung der Verkehrsanordnung(en) wegen der mittels des Wechselsignals lediglich zeitweise greifenden Verkehrsumleitung zeitlich beschränkt ist und somit von vornherein weniger stark ins Gewicht fällt, als wenn der stadteinwärts gerichtete MIV immer über den X-Weg und die Y-Strasse geführt würde. Daraus folgt aber nicht, dass die Massnahme(n) bzw. das Massnahmenbündel schon allein deswegen als geringfügiger Eingriff gelten müsste(n) und die Verhältnismässigkeit schon deshalb nicht mit dem gleich strengen Massstab zu prüfen wäre wie bei dauerhaft geltenden Anordnungen. Denn die Verkehrsumleitung soll genau dann greifen, wenn die Z-Strasse überlastet ist und die negativen Begleiterscheinungen des motorisierten Verkehrs − Stau, Lärm- und Abgasemissionen − sich am stärksten auswirken. Infolgedessen ist der Verkehrsanordnung, wenn auch zeitlich beschränkt, ein einschneidender Charakter für die Geltungszeit nicht abzusprechen. Hinzu kommt, dass sich die Aufhebung der Parkplätze sowie die Installation des Einbahnregimes zeitlich unbefristet auswirken.

5.2.
Die streitbetroffene Massnahme wird im GVK als eine der wichtigsten Massnahmen bezeichnet. Im Zeitpunkt der Publikation des GVK-Berichts war die Massnahme schon in relativ hohem Konkretisierungsgrad ausgearbeitet: Wie aus dem Objektblatt d hervorgeht, war die Umleitung des stadteinwärts gerichteten Verkehrs über die Y-Strasse schon im Jahr 2014 Gegenstand der im Rahmen des GVK ausgearbeiteten Massnahmen. Es wäre deshalb zu erwarten, dass schon zu diesem Zeitpunkt eine Beurteilung des Verhältnisses von Verkehrszweck und mit der Massnahme verbundenen Einschränkungen erfolgte, um die geeignete und erforderliche Massnahme zu bestimmen. Zu beachten ist, dass die Verkehrsanordnung Teil des GVK bildete, sodass vorab deren Verhältnis zum GVK zu beurteilen ist.

Mit dem GVK soll im Wesentlichen das Gesamtsystem "Mobilität" einer Kapazitätssteigerung um etwa 30 % bis 2030 zugeführt, die Verkehrssicherheit verbessert und eine Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Verkehrs sowie des Velo- und Fussverkehrs angestrebt werden. Bereits die Zielsetzung macht deutlich, dass es sich um ein planerisches Mittel handelt, mit welchem der erwarteten Verkehrsentwicklung Rechnung getragen und Massnahmen in Aussicht genommen werden sollen, um die Zielsetzungen zu realisieren. Soweit die Konzeptträger miteinander die Gestaltungsmöglichkeiten unter Annahme verschiedener Szenarien ausleuchten und entsprechende Beschlüsse fällen, stellt sich die Frage, welcher Charakter diesen Beschlüssen beizumessen ist.

Das Agglomerationsprogramm Luzern, 2. Generation, welches seinerseits eine Konkretisierung des Richtplans Luzern bildet (vgl. im Internet abrufbar: https://rawi.lu.ch/down_loads/ down_loads_rp, besucht am 10.12.2020), weist darauf hin, dass mittels eines GVK die Verkehrssituation im Agglomerationszentrum verbessert werden soll (im Internet abrufbar: https://rawi.lu.ch/down_loads/down_loads_rp, besucht am 10.12.2020). Der Grosse Stadtrat von Luzern geht vom behördenverbindlichen Charakter des GVK aus, welcher der Stadt die Richtung für die Entwicklung des Verkehrssystems vorgebe (im Internet abrufbar: https://www.stadtluzern.ch/politbusiness/752168  Bericht: Gesamtverkehrskonzept Agglomerationszentrum Luzern, zuletzt besucht am 1.12.2020; vgl. ferner betreffend den regionalen Entwicklungsträger LuzernPlus: Antwort A 502 des Regierungsrats des Kantons Luzern vom 22.5.2018 auf die Anfrage von Keller Daniel und Mit.). Ob die Behördenverbindlichkeit sich auf Teile erstreckt, die nicht im Sinn von § 13 Abs. 2 des Planungs- und Baugesetzes (PBG; SRL Nr. 735) nach Massgabe des Richtplanverfahrens öffentlich aufzulegen waren, braucht hier nicht geklärt zu werden, da so oder anders, der vom Gesetzgeber bestimmte Hoheitsträger sich auch bei behördenverbindlichen Beschlüssen nicht seiner Entscheidungsfreiheit vollständig entledigen kann.

Betreffend die Massnahme a, die nicht als Aufgabe der zuständigen Verkehrsbehörde definiert ist, sondern als konkrete Verkehrsmassnahme in das GVK aufgenommen wurde, steht die Wahrung der gesetzlichen Kompetenzordnung infrage. Im Regelfall hat die zuständige Behörde den Planungs- und Entscheidprozess für eine Verkehrsmassnahme, wie er sich beispielhaft aus den Art. 107 Abs. 5 und 6 SSV oder für Abweichungen von der Höchstgeschwindigkeit aus Art. 108 Abs. 4 SSV ergibt, zu absolvieren. Sie entscheidet sich für eine Lösungsmöglichkeit basierend auf einem Studium und einer Bewertung von verschiedenen Möglichkeiten als Alternativen. Vorliegend war jedoch im Zeitpunkt der Veröffentlichung des GVK-Berichts die spätere stadträtliche Verkehrsmassnahme unter Vorbehalt der konkretisierenden Elemente (wie etwa Signalisation und Markierung) vorgegeben. Diese umgekehrte Vorgehensweise, derzufolge die GVK-Träger die Ausgestaltung einer Verkehrsmassnahme vorschreiben, kann die gesetzliche Zuständigkeitsordnung dann unterlaufen, wenn die zuständige Behörde in der hoheitlichen Befugnis soweit eingeschränkt wird, dass ihr Entscheid allein gebundener Nachvollzug einer bereits gegebenen Massnahme ist. Nicht ausgeschlossen ist freilich, dass die zuständige Behörde bei der eigenen, gesetzmässigen Entscheidfindung zum gleichen Ergebnis gelangt, wie sie bereits in ein Konzept als Plangrundlage Eingang fand.

Es ist somit zu prüfen, welche Entscheidungsgrundlagen dokumentiert sind und ob sie den Entscheidungsprozess des Stadtrates so darzustellen vermögen, dass eine gerichtliche Überprüfung der Verhältnismässigkeit möglich ist.

5.2.1.
Das Objektblatt d vom 3. September 2014 wurde von der C AG und der D AG erstellt. Es dokumentiert lediglich die jetzt streitbetroffene Massnahme. Eine Prüfung von verschiedenen Lösungsmöglichkeiten, sei es als Variante oder Teilvariante, bzw. das Ergebnis solcher Prüfungen und die Bewertung der verschiedenen Möglichkeiten unter dem Gesichtswinkel der verkehrlichen Verhältnismässigkeit im Sinn der SSV ist damit von vornherein nicht ersichtlich.

5.2.2.
Der GVK-Bericht wurde ebenfalls von der C AG und der D AG verfasst. Die im GVK-Bericht untersuchten Szenarien sind in keiner Art und Weise auf die Verhältnisse entlang der Achse b in dem Sinn übertragbar, als dass sich daraus eine nachvollziehbare Abfolge ein Einbahnregime und der Einsatz eines Wechselsignals zwingend ergeben würden. Weder ist eine Prüfung von verschiedenen Massnahmemöglichkeiten ersichtlich, noch erlaubt der Bericht, eine gerichtliche Prüfung der strassenverkehrsrechtlichen Verhältnismässigkeit.

5.2.3.
Der technische Bericht vom 15. August 2018 wurde ebenfalls von der C AG verfasst. Neben den Ausführungen zur LSA / Dosierung bezieht sich das im technischen Bericht erläuterte Variantenstudium auf die mögliche Ausgestaltung der Massnahme R2 (zeitweises Teilfahrverbot mit Umleitung des MIV). Es wird vor allem der Findungsprozess betreffend die genauen Konturen der Massnahme a dargestellt. Ohne Begründung bleibt der Schluss, für die Zielvorgaben des GVK umzusetzen, sei die verfügte Massnahme mit Teilfahrverbot und Umleitung des MIV die mildeste. Wohl werden als eigentliche Alternativen eine Vollregelung des Knotens Z-/Y-Strasse und eine zurückversetzte Dreikammer-Ampel in der Y-strasse erwähnt. Die wenigen geprüften Gründe zur Evaluation der Alternativen (die im Übrigen ohnehin nur Teilvarianten zur grundsätzlichen Umleitung des MIV darstellen) sind jedoch allgemein gefasst ("… zu grosser Eingriff − insbesondere für die Fussgänger und den ÖV –") und bleiben Behauptungen, die sich jeglicher Überprüfung entziehen. Dies hat zur Folge, dass auch unter Berücksichtigung des technischen Berichts die Entscheidgrundlage für das Massnahmenbündel unvollständig dokumentiert bleibt. Eine nachvollziehbare Prüfung der verkehrlichen Aspekte von Zweck und Wirkung von grundsätzlich unterschiedlichen Lösungsansätzen lässt sich dem technischen Bericht nicht entnehmen, geschweige denn erlaubt er die gerichtliche Prüfung der strassenverkehrsrechtlich konkretisierten Verhältnismässigkeit.

5.2.4.
Im Projektbewilligungsverfahren betreffend das Strassen(bau)projekt bezog die Vorinstanz zu den von den Beschwerdeführern vorgebrachten Alternativen Stellung. Soweit sie die vorgeschlagenen Alternativen verwirft, sind die Gründe nachvollziehbar. Zu beachten ist jedoch in formeller Hinsicht, dass die Stellungnahme einem anderen Verfahren entstammt. Anders als das Strassenprojektverfahren kennt der Rechtschutz gegen Verkehrsanordnungen kein Einspracheverfahren. Im Zeitpunkt der Verkehrsanordnung müsste deshalb bei gesetzmässigem Verfahrensverlauf der gesamte Prüfungs- und Entscheidungsprozess der Verkehrsanordnungsbehörde abgeschlossen sein. Die Stellungnahme im strassenrechtlichen Einspracheverfahren kann deshalb von vornherein nicht das Prüfungsverfahren im Hinblick auf die verfügte Verkehrsanordnung dokumentieren. Das schliesst hingegen nicht aus, dass sich die Verkehrsanordnungsbehörde im Nachhinein zur Begründung der Massnahmen auf spätere Beurteilungen beruft.

Problematisch erscheint, dass die Erwägung der Alternativen zu einem Zeitpunkt erfolgte, als der Entscheidungsprozess nicht mehr als ergebnisoffen gelten konnte, zumal die Pläne für das Einbahnregime bereits aufgelegt waren. Die Schlussfolgerung der Vorinstanz, wonach alle der aufgezeigten Varianten wesentliche Mängel aufweisen würden, sodass eine nähere Ausarbeitung oder die Umsetzung einer der Varianten von vornherein ausser Betracht falle, äussert sich nicht zu den Verkehrsanordnungen bzw. unterstellt sinngemäss, dass sie ohne erhebliche Mängel seien. Dabei ist aber zu bedenken, dass etwa auch beim geplanten Einbahnregime die sich aus den Richtlinien ergebenden Optimalbreiten − geringe Breite des gemeinsamen Rad- und Fusswegs − bestehen (VSS-Norm SN 640 201/202 betreffend Geometrisches Normalprofil), die indes in Kauf genommen werden. Eine solche Wertungstoleranz ist nur dann mit einer kohärent vorgenommenen Variantenprüfung vereinbar, wenn die mit den jeweiligen Verkehrsführungsvarianten einhergehenden Mängel einer Bewertung unter gleicher Toleranz zugeführt werden, sodass sie gegeneinander mit dem gleichen Massstab abgewogen werden können. Bei gleichem Massstab hätten im Fall einer Variantenbeurteilung nämlich gewisse Schwächen auch bei den vorgeschlagenen Varianten in Kauf genommen werden müssen, um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten. M.a.W. erklärt sich gestützt auf die vorliegenden Unterlagen nicht, warum gerade bei der verfügten Verkehrsanordnung gewisse (technische) Mängel in Kauf genommen werden und sich aber zugleich die Mängel der von den Beschwerdeführern vorgeschlagenen Alternativen als derart erheblich erweisen sollten, dass auf eine weitere, vertiefte Prüfung der Alternativen von vornherein verzichtet werden kann.

Die Ungereimtheiten und Kohärenzmängel konnten im vorliegenden Verfahren nicht widerlegt werden; namentlich fehlen auch nach dem doppelten Schriftenwechsel und dem umfangreichen Instruktionsverfahren klärende Ausführungen und diesbezüglich untermauernde Dokumente.

Darüber hinaus wird aus den gesamten Akten und der Stellungnahme nicht klar, nach welchen Kriterien der Bearbeitungsperimeter gewählt wurde, weshalb es sich auch nicht beurteilen lässt, ob der getroffene Massnahmenrahmen mit guten verkehrlichen Gründen umgrenzt blieb oder es sich im vorliegenden Fall gerechtfertigt hätte, den Perimeter auszudehnen.

5.2.5.
Schliesslich reichte die Vorinstanz mit der Duplik den Variantenvergleich vom 13. März 2020 der C AG ein. Damit wird die Wahl der Massnahme bzw. der Wertungsprozess zur Wahl unter Bezugnahme auf andere Lösungsvarianten erläutert. Der Begründungsstrang zur Frage, weshalb aus den Grobvarianten − Busspur, Dosierungen und Verlagerung − die Variantenfamilie "Verlagern" gewählt wurde, ist mit den entsprechenden Machbarkeitsüberlegungen bau- sowie verkehrstechnischer Natur nachvollziehbar und erklärt den Fokus der Projektentwickler auf die "Variantenfamilie" Verlagern. Die Schlussfolgerung, wonach die streitbetroffene Variante die Ziele des GVK am besten erfülle, gründet insbesondere auf einer Beurteilung anhand der Kriterien der ÖV-Versorgungsqualität und der (Bau-)Kosten. Eine Bewertung der Massnahme hinsichtlich ihres Zielbeitrags zu den Punkten betreffend die Kapazitätssteigerung des Gesamtsystems Mobilität, die Erhöhung der Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmer, die Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Verkehrs sowie des Velo- und Fussverkehrs, das Bereitstellen des erforderlichen Strassenraums für die notwendige Mobilität für den MIV und betreffend die Verbesserung der Aufenthalts- und Lebensqualität im Agglomerationszentrum Luzern fehlt. Freilich ist nicht in Abrede zu stellen, dass jede Massnahme die mit ihr angestrebten, zum Teil unter einander konkurrierenden Ziele jeweils nur teilweise erfüllen kann. Daran ändert aber nichts, dass im Rahmen einer Verhältnismässigkeitsprüfung sämtliche Beurteilungskriterien in die Bewertung der miteinander verglichenen Massnamen einzufliessen haben, sodass schliesslich ein Gesamtbild resultiert, woraus hervorgeht, in welchem Ausmass die vorgeschlagene Massnahme insgesamt zur Zielerreichung des GVK − auch im Verhältnis zu den anderen Massnahmen − beitragen wird. Dies ist vorliegend nicht der Fall, stützt sich doch die Variantenprüfung lediglich auf eine Auswahl einzelner Bewertungselemente ab. Wohl mag damit das Kriterium der Geeignetheit der Massnahme nachgewiesen sein, eine gerichtliche Überprüfung der Erforderlichkeit der Massnahme bleibt aber angesichts des unvollständigen Beurteilungsfundaments weiterhin verunmöglicht.

5.2.6.
Zusammenfassend fehlt nach durchgeführtem Instruktionsverfahren mit Augenschein, Sachverständigenbefragung, Aktenruf und doppeltem Schriftenwechsel eine aktenkundige Evaluation der möglichen Lösungen für die Priorisierung des öffentlichen Verkehrs unter gleichzeitiger Gewährleistung des MIV im notwendigen Umfang bei der Nutzung der Verkehrswege, die den Zufluss aus Osten über die beim R-Platz gebündelten Äste der Gemeindestrasse Nr. zzz in die Stadt hineinführen. Erst eine solche – soweit aus Gründen der verkehrstechnischen Anforderungen notwendig – fachlich belegte Evaluation erlaubte es dem Gericht, die Aspekte der strassenverkehrsrechtlichen Verhältnismässigkeit, wie sie im Sinn von Art. 107 Abs. 5 SSV umschrieben sind, namentlich die Erforderlichkeit, zu prüfen.

5.2.7.
Aus gehörsrechtlicher Sicht fällt ins Gewicht, dass die Beschwerdeführer mit ihrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 19. August 2019 eine Verletzung der strassenverkehrsrechtlichen Verhältnismässigkeit rügen. Sie liessen geltend machen, die Vorinstanz habe es versäumt, Alternativen zur gewählten Verkehrsmassnahme vertieft zu prüfen und hätten voreilig die nun angefochtene Massnahme angeordnet, obwohl der gleiche Verkehrszweck mit milderen Massnahmen hätte erzielt werden können. Zugleich kritisierten sie unter dem Titel "Vorbemerkungen" den fehlenden Einbezug der betroffenen Grundeigentümer während des Planungsprozesses. Obschon die Vorinstanz bereits aufgrund dieser Rügen veranlasst gewesen wäre, zur Begründung der Verkehrsanordnung die strassenverkehrsrechtliche Verhältnismässigkeitsprüfung in der Vernehmlassung offenzulegen oder – im Fall, dass sie bislang unterblieben wäre – nachzuholen, blieb sie eine genügende Darstellung der Verkehrszweck- und Eingriffsrelation verschiedener Lösungsmöglichkeiten auch mit der Duplik samt Beilage in der erforderlichen Qualität schuldig. Damit verunmöglichte sie den Beschwerdeführern eine gezielte Anfechtung unter Auseinandersetzung mit der vorinstanzlichen Gewichtung von Geeignetheit und Erforderlichkeit der Verkehrsmassnahme. Bleibt nach durchgeführtem Schriftenwechsel die Begründung ungenügend und ist auch in diesem Verfahrensstand nicht ersichtlich, warum die Vorinstanz so und nicht anders entschieden hat, genügt die im vorliegenden Verfahren grundsätzlich zu Recht nachgebrachte Begründung den Anforderungen, die das rechtliche Gehör auch im Fall der Anfechtung von Allgemeinverfügungen im Anfechtungsverfahren stellt, nicht.

6.
6.1.
Im Rechtsmittelverfahren gemäss VRG verfügt das Gericht über die gleichen Befugnisse wie die Behörde in Verwaltungssachen (vgl. §§ 5 ff. VRG i.V.m. § 6 lit. c VRG). Das Kantonsgericht hat deshalb die Verkehrsanordnung als erstinstanzliches Rechtsmittelgericht im Sinn von §§ 161a und 156 VRG i.V.m. §§ 144 - 147 VRG grundsätzlich nach den Ergebnissen der eigenen Erhebungen festzustellen (vgl. § 139 VRG). Wurde ein Sachverhalt durch die erstinstanzlich zuständige Behörde wohl untersucht, drängen sich aber ergänzende Untersuchungen auf, so sind diese deshalb in der Regel durch das Kantonsgericht selbst vorzunehmen (§ 139 Abs. 1 VRG). Wenn in verkehrsrechtlicher Sicht aber grundlegende Aspekte der Verhältnismässigkeitsprüfung und deren Dokumentation fehlen, liegt eine Verletzung der Pflicht, den Sachverhalt von Amtes wegen festzustellen, vor. Bei einer solchen Verletzung der gesetzlichen Pflicht zur strassenverkehrsrechtlichen Abklärung durch die Verkehrsanordnungsbehörde ist die Sache zurückzuweisen. Alles andere liefe auf die Verlagerung der Sachverhaltsabklärung in das gerichtliche Verfahren und damit auf eine Verkürzung des funktionalen gesetzlichen Instanzenzugs zum Nachteil der betroffenen Partei hinaus.

Hebt das Kantonsgericht als erstinstanzliches Gericht eine vorinstanzliche Allgemeinverfügung wegen solcher Mängel auf, ist, wie im Normenkontrollverfahren, in aller Regel ausgeschlossen (vgl. § 192 Abs. 1 VRG), dass das Gericht selbst entscheidet. Vielmehr weist das Kantonsgericht die Sache mit verbindlichen Anweisungen zum neuen Entscheid an die Vorinstanz zurück (vgl. § 140 Abs. 2 VRG).

6.2.
Im vorliegenden Verfahren erlaubt die Aktenlage die Beurteilung der Frage, ob die Massnahmen gewählt wurden, die den angestrebten Zweck, bzw. die angestrebten Zwecke, mit den geringsten Einschränkungen erreicht, nicht. Während die Geeignetheit aufgrund der Dokumentation, namentlich der Simulationen für die Beschleunigung des ÖV ersichtlich ist, werden die verkehrlichen Auswirkungen weitgehend alternativlos dargestellt und letztlich unterbleibt eine vertiefte Auseinandersetzung mit den geltend gemachten Alternativen. Da die fachliche Beurteilung und je nachdem auch die Sachverhaltserstellung mit dem Prozess der Massnahmenkonzeption eng verbunden ist, geht es nicht an, dass das Gericht in seiner Funktion als Rechtsmittelbehörde – und nicht als obere Verkehrsanordnungsbehörde – die Lückenhaftigkeit des Anordnungsfundamentes zu beseitigen sucht. Eine solche Unvollständigkeit des vorinstanzlichen Verfahrens kann durch das Kantonsgericht nicht behoben werden, ansonsten der funktionale Instanzenzug verletzt und die gesetzliche Zuständigkeit der für Verkehrsanordnungen zuständigen Behörden missachtet würden. Die Allgemeinverfügung ist aufzuheben und die Angelegenheit zur Erstellung von genügenden Grundlagen namentlich für die verkehrsrechtliche Verhältnismässigkeitsprüfung zur Nachholung des Verkehrsanordnungsverfahrens im Sinn von Art. 107 Abs. 5 und 6 SSV zurückzuweisen.

Gleiche Folgen hat der bedeutsame Gehörsmangel, der im Verfahren vor Kantonsgericht nicht im Sinn einer Heilung beseitigt werden konnte. Auch dieser Mangel bewirkt, dass die angefochtene Verkehrsanordnung aufzuheben und die Angelegenheit an die zuständigen Behörden zurückzuweisen ist. Diese haben, ergänzend zu den bisherigen, nachträglich erstellten Abklärungen die Varianten sowohl in Bezug auf ihre Vor- und Nachteile als auch hinsichtlich ihrer (positiven oder negativen) Auswirkungen oder Beiträgen zur Erreichung der angestrebten Ziele zu untersuchen, zu bewerten und einander gegenüberzustellen. Dabei müssen nicht alle denkbaren Alternativen im Detail angeschaut oder gar simuliert werden, sondern es ist auch möglich, dass eine Variante nach einer ersten summarischen Prüfung aus dem Auswahlverfahren ausgeschlossen wird (vgl. dazu in Bezug auf den Variantenvergleich bei Lärmsanierungsmass-nahmen BGer-Urteil 1C_11/2017 2.3.2018 E. 2.1 mit Verweis auf BGer-Urteil 1C_74/2012 vom 19.6.2012 E. 3.1). Aber auch ein solcher Ausschluss aus der näheren Prüfung ist nachvollziehbar zu begründen. Insgesamt ist es die Aufgabe der Vorinstanz und der Dienststelle vif aufzeigen zu können, dass der Variantenentscheid auf der Basis eines fach- und sachgerechten durchgeführten Vergleichs von Alternativen unter Berücksichtigung der mit den Massnahmen verbundenen Zielbeiträgen hervorging.

Zusammenfassend führen die Mängel des vorinstanzlichen Verfahrens und der Gehörsmangel zur Aufhebung und die Sache ist im Sinn der Erwägungen an die Vorinstanz und an die Dienststelle vif zurückzuweisen. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist teilweise gutzuheissen und die Verkehrsanordnung vom 3. Juli 2019 ist aufzuheben.