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Rechtsprechung Luzern


Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:4. Abteilung
Rechtsgebiet:Wasserversorgung
Entscheiddatum:28.01.2022
Fallnummer:7H 21 45
LGVE:
Gesetzesartikel:Art. 34 Abs. 3 lit. b und c LMG, Art. 40 Abs. 1 LMG; Art. 74 Abs. 1 LGV; § 3 KLMV, § 5 Abs. 1 KLMV; § 31 Abs. 1 WNVG, § 39 WNVG, § 40 WNVG.
Leitsatz:Produktbezogene Beanstandung von Trinkwasser.

Die Gemeinde ist für eine einwandfreie Trinkwasserqualität verantwortlich, wozu auch der Wasserbezug aus einer qualitativ genügenden Primärquelle gehört.

Pflicht eines Gemeinwesens, welches nur Eigentum an den Sekundäranlagen der Wasserversorgung hat, bei produktbezogenen Beanstandungen auf Dritte als Eigentümer der Primäranlagen Einfluss zu nehmen, damit die Qualität des von diesen gelieferten Trinkwassers die lebensmittelrechtlichen Anforderungen erfüllt (E. 4.4).

Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Entscheid:Sachverhalt (gekürzt)

Anlässlich einer Inspektion vom 4. November 2020 der Trinkwasserversorgung bei der Wasserversorgung Sursee stellte die Dienststelle Lebensmittelkontrolle und Verbraucherschutz des Kantons Luzern (DILV) fest, dass im Verteilnetz der Höchstwert von 0,1 µ/l des Chlorothalonin-Metaboliten R471811 überschritten wurde. Zudem hatte die Stadt Sursee die Information der Zwischen- und Endabnehmer des Trinkwassers über diesen Umstand unterlassen.

Im Inspektionsbericht vom 9. November 2020 beanstandete die DILV einerseits die Überschreitung der Höchstwerte und andererseits das Unterlassen der Information der Zwischen- und Endabnehmer und verfügte gleichzeitig in Ziff. 2.1, dass die Trinkwasserversorgung Sursee Sofortmassnahmen zu prüfen habe, die zu einer Reduktion von R471811 führen. Sollten keine solchen Sofortmassnahmen möglich sein, seien weitergehende Massnahmen auszuarbeiten, damit spätestens in zwei Jahren der zulässige Höchstwert eingehalten werden könne. Diese Massnahmen seien der DILV schriftlich, inklusive Nennung der frühestmöglichen Umsetzung derselben, mitzuteilen. Der Stadt Sursee wurde dazu eine Frist bis 18. Dezember 2020 eingeräumt.

Die gegen diese Verfügung eingelegte Einsprache wies die DILV mit Entscheid vom 20. Januar 2021 ab und gewährte der Stadt Sursee eine neue Frist bis 15. Februar 2021 zur Erfüllung von Ziff. 2.1 der Verfügung vom 9. November 2020.

Die gegen den Einspracheentscheid von der Stadt Sursee erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde wies das Kantonsgericht mit Urteil 7H 21 45 vom 28. Januar 2022 ab.

Aus den Erwägungen:

1.
1.1.
Das Lebensmittelrecht ist weitgehend Bundessache (vgl. Art. 118 Abs. 2 lit. a der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft [BV; SR 101]). Massgebend sind das Bundesgesetz über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände (LMG; SR 817.0) und die Ausführungsverordnungen (insbesondere die Lebensmittel- und Gebrauchsgegenständeverordnung [LGV; SR 817.02]). Das LMG bezweckt insbesondere, die Konsumenten vor Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen zu schützen, welche die Gesundheit gefährden können, und den hygienischen Umgang mit Lebensmitteln sicherzustellen (Art. 1 lit. a und b). Soweit nicht der Bund zuständig ist, obliegt der Gesetzesvollzug den Kantonen. Die Kantone sorgen insbesondere für die Lebensmittelkontrolle im Inland (Art. 40 Abs. 1 LMG). Gemäss der kantonalen Vollzugsverordnung zum LMG, der Kantonalen Lebensmittelverordnung (KLMV; SRL Nr. 843), ist die Dienststelle Lebensmittelkontrolle und Verbraucherschutz, d.h. die Vorinstanz, die zuständige Vollzugsbehörde gemäss eidgenössischer Lebensmittelgesetzgebung (§ 3 KLMV). Die DILV untersucht die zu Kontrollzwecken genommenen Proben und beurteilt sie hinsichtlich der Ziele der Lebensmittelgesetzgebung (§ 5 Abs. 1 KLMV).

1.2.
Verfügungen über Massnahmen nach dem LMG können bei der verfügenden Behörde mit Einsprache angefochten werden (Art. 67 LMG). Der Einspracheentscheid ist an eine vom Kanton eingesetzte Beschwerdeinstanz weiterziehbar (Art. 69 LMG). Inhaltlich gilt es eine Verfügung zu prüfen, die sich auf das LMG des Bundes stützt und letztinstanzlich mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht anfechtbar ist. Somit ist nach kantonalem Recht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Kantonsgericht gegeben (§ 148 lit. a des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege [VRG; SRL Nr. 40] i.V.m. Art. 82 lit. a und Art. 86 Abs. 1 lit. d des Bundesgesetzes über das Bundesgericht [BGG; SR 173.110]).

(...)

3.
3.1.
Streitgegenstand ist die Verpflichtung zur Prüfung weiterer Sofortmassnahmen und, bei fehlender Möglichkeit solcher Massnahmen, zur Ausarbeitung weiterer Massnahmen zur Einhaltung der zulässigen Höchstwerte nach der Verordnung des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) über Trinkwasser sowie Wasser in öffentlich zugänglichen Bädern und Duschanlagen nach spätestens zwei Jahren (vgl. Ziff. 2.1 der Verfügung der Vorinstanz vom 9.11.2020).

3.2.
Die Beschwerdeführerin rügt in ihrer Beschwerdeschrift vom 22. Februar 2021 primär, dass sie nicht die korrekte Verfügungsadressatin sei. Als Begründung fügt sie hierzu an, Ende 2018 sei die A AG gegründet worden, die seither für den Betrieb, Unterhalt und die Erneuerung der Primäranlagen (Wasserbeschaffungs-, Aufbereitungs-, Transport-, Speicher-, Fern- und Messanlagen) für die Wasserversorgung rund um den Sempachersee zuständig sei. Mit Sacheinlage- und Sachübernahmevertrag vom 9. November 2018 habe die Beschwerdeführerin die Primäranlagen auf die A AG übertragen. Seither besitze sie daran kein Eigentum mehr. Demnach sei nicht mehr sie, sondern die A AG für die Primäranlagen und deren Unterhalt verantwortlich.

Somit sei es, wie die Beschwerdeführerin weiter ausführt, nicht möglich, Ziff. 2.1. der Verfügung vom 9. November 2020 einzuhalten. Ihre Verantwortung beschränke sich auf die Sekundäranlagen, d.h. die Verteilung des Wassers an die Endabnehmer. Wie sich aus einer Probe der Wasserqualität in den Primäranlagen im Jahr 2020 und einer Besprechung zwischen Vertretern der Vorinstanz und der A AG ergeben habe, gehe die Überschreitung der Höchstwerte des Chlorothalonin-Metaboliten R471811 offensichtlich von der Primär- und nicht von der Sekundäranlage aus. Weil die Beschwerdeführerin das Wasser zu 100 % von der A AG beziehe, könne sie keinen entscheidenden Einfluss auf die Qualität des Trinkwassers nehmen. Die einzige Möglichkeit bestände darin, das Wasser nicht mehr von der A AG zu beziehen, was eine Einstellung der Wasserversorgung der ganzen Stadt Sursee zur Folge hätte und somit keine vernünftige Lösung sei.

3.3.
In ihrer Vernehmlassung vom 24. März 2021 hält die Vorinstanz fest, dass die Beschwerdeführerin die Stadt Sursee und weitere Gemeinden mit Trinkwasser beliefere, weshalb sie ein Lebensmittelbetrieb im Sinn von Art. 2 Abs. 1 Ziff. 1 LGV sei. Bei der Trinkwasserinspektion vom 4. November 2020 bei der Beschwerdeführerin seien an vier Standorten Überschreitungen des Höchstwerts des Chlorothalonin-Metaboliten R471811 festgestellt worden. Weil die Beschwerdeführerin für die Abgabe dieses Trinkwassers an die Konsumierenden der Stadt Sursee verantwortlich sei, obliege es ihr auch, Massnahmen zur Wiederherstellung des gesetzlichen Zustands zu ergreifen. Da nicht Primäranlagen der A AG, sondern Sekundäranlagen, die im Eigentum der Beschwerdeführerin ständen, Gegenstand der Inspektion gewesen seien, sei die Beschwerdeführerin die korrekte Verfügungsadressatin.

3.4.
Die tatsächliche Situation der Wasserversorgung rund um den Sempachersee mit dem Eigentum und der Zuständigkeit der A AG für die Primäranlagen und dem Eigentum und der Zuständigkeit der Beschwerdeführerin für die Sekundäranlagen blieb im Verfahren ebenso unbestritten wie die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin das Wasser zu 100 % von der A AG bezieht.

Umstritten und zu klären ist hingegen, ob die Beschwerdeführerin als Eigentümerin der Sekundäranlagen Verfügungsadressatin für Massnahmen zur Wasserverbesserung sein kann, wenn bereits das von ihr bezogene Wasser der Primäranlagen der A AG die gesetzlich vorgesehenen Höchstwerte übersteigt.

3.5.
3.5.1.
Der Bund überlässt die Regelung der Nutzung der Wasservorkommen den Kantonen und stellt nur Grundsätze über die Erschliessung derselben sowie über die Nutzung der Gewässer auf (Art. 76 Abs. 2 BV). Dementsprechend regelt das kantonale Wassernutzungs- und Wasserversorgungsgesetz (WNVG; SRL Nr. 770) die Wassernutzung und -versorgung für den Kanton Luzern unter Berücksichtigung dieser Grundsätze. Gemäss § 31 Abs. 1 WNVG umfasst die Versorgungspflicht die Abgabe von Wasser für Trink-, Brauch- und Löschzwecke. Das Gesetz ermöglicht es den Gemeinden, die Wasserversorgung entweder selber zu betreiben (§ 39 WNVG) oder aber Dritte damit zu beauftragen (§ 40 WNVG). Betreibt die Gemeinde die Wasserversorgung selbst, hat sie ein Reglement zu erlassen (§ 39 Abs. 1 WNVG). Dieses Reglement enthält gemäss § 39 Abs. 2 WNVG mindestens Bestimmungen über die Versorgungsaufgabe gemäss §§ 32 - 34 WNVG (lit. a), die Erstellung und den Unterhalt von Wasserversorgungsanlagen sowie die Rechtsverhältnisse daran (lit. b), die Ausgestaltung des Wasserbezugsverhältnisses, einschliesslich des Verfahrens zur Erteilung von Anschlussbewilligungen (lit. c) sowie die Spezialfinanzierung durch Gebühren und Beiträge (lit. d). Die Gemeinde kann im Rahmen des Gesetzes weitere Bestimmungen aufnehmen (§ 39 Abs. 3 WNVG; vgl. Urteil des Kantonsgerichts Luzern 7H 15 51 vom 8.3.2016 E. 2.2.1). Wird die Wasserversorgung einem öffentlich- oder privatrechtlich organisierten Versorgungsträger übertragen, erfüllt dieser die Aufgaben, die beispielsweise in einem Reglement umschrieben sein können. Mit der Übertragung gehen die hoheitlichen Befugnisse auf den Versorgungsträger über (§ 40 Abs. 1 und 3 WNVG; Urteil des Verwaltungsgerichts Luzern V 03 279 vom 30.9.2004 E. 6a).

3.5.2.
Die Stadt Sursee hat gestützt auf § 39 WNVG das Reglement über die Wasserversorgung vom 14. Oktober 2019 (WVR) und die Vollzugsverordnung zum Wasserversorgungsreglement der Stadt Sursee vom 1. Januar 2021 erlassen. Gemäss Art. 12 Abs. 5 WVR werden die öffentlichen Anlagen zur Wasserversorgung der Stadt Sursee in Primäranlagen, deren Eigentümerin die A AG ist, und in Sekundäranlagen, deren Eigentümerin die Stadt Sursee ist, eingeteilt. Die Stadt Sursee plant, projektiert, erstellt, betreibt, unterhält und erneuert in ihrem Versorgungsgebiet die öffentlichen Sekundäranlagen der Wassergewinnung, -aufbereitung, -förderung, -messung und -speicherung (Art. 12 Abs. 6 lit. a WVR). Sie gibt in ihrem Versorgungsgebiet stets Wasser zu Trink-, Brauch- und Löschzwecken in ausreichender Menge und in der gesetzlich vorgeschriebenen Qualität ab (Art. 5 Abs. 1 WVR). Diese Versorgungspflicht wird in den Statuten der A AG bestätigt, wonach die Wasserabgabe an die Wasserbezüger und der Löschschutz in ihren Versorgungsgebieten Aufgaben der Aktionäre der A AG sind (Art. 2 Abs. 1 Satz 3 der Statuten der A AG vom 4.5.2021: "Die Wasserabgabe an die Wasserbezüger und der Löschschutz sind Aufgaben der Aktionäre und der Vertragspartner in den Versorgungsgebieten"). Im Umkehrschluss sind die Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer im Versorgungsgebiet der Stadt Sursee verpflichtet, das Trinkwasser aus der öffentlichen Wasserversorgung zu beziehen (Art. 7 Abs. 1 WVR).

3.5.3.
Das LMG bezweckt unter anderem die Gesundheit der Konsumentinnen und Konsumenten vor Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, die nicht sicher sind, zu schützen (Art. 1 lit. a LMG). Es gilt für den Umgang mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, das heisst für deren Herstellung, Behandlung, Lagerung, Transport und Inverkehrbringen (Art. 2 Abs. 1 lit a LMG) und für alle Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen, einschliesslich der Primärproduktion, soweit diese der Herstellung von Lebensmitteln oder Gebrauchsgegenständen dient (Art. 2 Abs. 2 LMG). Lebensmittel sind alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen sich vernünftigerweise vorhersehen lässt, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. Als solche gelten auch Getränke einschliesslich Wasser für den menschlichen Konsum (Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a LMG). Ein Lebensmittelbetrieb ist eine betriebliche Einheit eines Unternehmens, die Lebensmittel herstellt, einführt, ausführt, verarbeitet, behandelt, lagert, transportiert, kennzeichnet, bewirbt, vertreibt oder abgibt (mit Lebensmitteln umgeht; Art. 2 Abs. 1 Ziff. 1 LGV). Für jeden Lebensmittel- und jeden Gebrauchsgegenständebetrieb ist eine verantwortliche Person mit Geschäftsadresse in der Schweiz zu bezeichnen (Art. 73 Abs. 1 LGV). Dabei handelt es sich um eine natürliche Person, die in einem Lebensmittel- oder Gebrauchsgegenständebetrieb im Auftrag der Betriebs- und Unternehmensleitung gegenüber den Vollzugsbehörden die Verantwortung für die Sicherheit der Lebensmittel oder Gebrauchsgegenstände trägt (Art. 2 Abs. 1 Ziff. 7 LGV). Ist keine solche bestimmt, so ist für die Produktesicherheit im Betrieb die Betriebs- oder Unternehmensleitung verantwortlich (Art. 73 Abs. 2 LGV). Die verantwortliche Person sorgt auf allen Herstellungs-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen dafür, dass die Anforderungen des Lebensmittelrechts, die in ihrem Tätigkeitsbereich gelten, erfüllt werden (Art. 74 Abs. 1 LGV).

3.6.
Die oben erwähnten wassernutzungsrechtlichen Bestimmungen bestätigen – was zudem unbestritten ist –, dass die Beschwerdeführerin trotz Übereignung der Primäranlagen an die A AG weiterhin für den Betrieb der Sekundäranlagen und somit unter anderem für die Trinkwasserversorgung der Endabnehmenden ihres Versorgungsgebiets zuständig ist. Letztere stehen, wie sich auch der Botschaft des Stadtrats "Gemeinsames Primärsystem zur Trinkwasserversorgung A AG wasser sursee-mittelland" an die Stimmberechtigten der Stadt Sursee zur Urnenabstimmung vom Sonntag, 25. November 2018, entnehmen lässt, in einem direkten Verhältnis zur Beschwerdeführerin (vgl. S. 3 f. der Botschaft). Die Beschwerdeführerin trifft die gesetzliche Pflicht zur Abgabe von Trinkwasser in der gesetzlich vorgeschriebenen Qualität (Art. 5 Abs. 1 WVR). Hinzuweisen ist im Übrigen auf den Umstand, dass die Beschwerdeführerin, die über eine Wasserversorgungsanlage Trinkwasser abgibt, gemäss Art. 5 TBDV die Zwischen- oder Endabnehmerinnen und -abnehmer mindestens einmal jährlich umfassend über die Qualität des Trinkwassers zu informieren hat, woran der Betrieb der Primäranlagen durch die A AG ebenfalls nichts ändert.

Da die Beschwerdeführerin Trinkwasser an die Einwohnerinnen und Einwohner ihres Versorgungsgebiets abgibt, gilt sie zudem als Lebensmittelbetrieb i.S.v. Art. 2 Abs. 1 lit. a LGV, womit sie dafür zu sorgen hat, dass (auch) die Anforderungen des Lebensmittelrechts, die in ihrem Tätigkeitsbereich gelten, erfüllt werden (Art. 74 Abs. 1 LGV). Um die Einhaltung der Anforderungen des Lebensmittelrechts zu kontrollieren, führen die Vollzugsbehörden auf jeder Stufe der Produktion, der Verarbeitung und des Vertriebs von Lebensmitteln amtliche Kontrollen durch (Art. 30 LMG). Der Vollzug der Lebensmittelgesetzgebung liegt schwerpunktmässig bei den Kantonen (Art. 49 f. LMG). Im Kanton Luzern ist die die zuständige Vollzugsbehörde die Dienststelle Lebensmittelkontrolle und Verbraucherschutz (§ 3 KLMV). Sie kann amtliche Kontrollen von Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen auf allen Produktions-, Verarbeitungs-, Vertriebs- und Verwendungsstufen durchführen (Art. 6 lit. a Verordnung über den Vollzug der Lebensmittelgesetzgebung [LMVV; SR 817.042]). Damit erfolgte die Inspektion zu Recht (auch) bei den Sekundäranlagen der Beschwerdeführerin und die Beschwerdeführerin als deren Eigentümerin ist, unabhängig von der Wasserbelastung der Primäranlagen, sowohl lebensmittelrechtlich als auch wassernutzungsrechtlich verpflichtet, Trinkwasser in der gesetzlich vorgeschriebenen Qualität abzugeben. Aufgrund dieser Verpflichtung wurde sie von der Vorinstanz im Grundsatz zu Recht als Verfügungsadressatin angeschrieben.

3.7.
Massnahmen nach Art. 34 Abs. 3 LMG richten sich an die im Betrieb verantwortliche Person. Verantwortliche Person bei der Wasserversorgung Sursee i.S.v. Art. 73 Abs. 1 LGV ist unumstritten B. Die Verfügung vom 9. November 2020 verpflichtet jedoch nicht B, sondern direkt die Beschwerdeführerin (Stadt Sursee, Wasserversorgung). Eine etwaige fehlerhafte Eröffnung der Verfügung hat im Regelfall die Anfechtbarkeit derselben zur Folge und nur im Ausnahmefall deren Nichtigkeit (Wiederkehr/Plüss, Praxis des öffentlichen Verfahrensrechts, Bern 2020, N 2316); Kneubühler/Pedretti, in: Komm. zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [Hrsg. Auer/Müller/Schindler], 2. Aufl. 2019, Art. 38 VwVG N 17). Die Beschwerdeführerin rügt einzig, dass die A AG korrekte Verfügungsadressatin wäre, nicht jedoch, dass sich die Verfügung an die verantwortliche Person in ihrem Betrieb, d.h. B, zu richten hätte. In Erwägung dessen und der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin in Kenntnis dieses Umstands gemäss eigener Aussage bereits sämtliche anderen Verpflichtungen der Verfügung vom 9. November 2020 erfüllte, erübrigt sich eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Verfügung B hätte eröffnet werden müssen.

4.
4.1.
Im Folgenden ist die Rechtmässigkeit der Verfügung und insbesondere der Einwand der Beschwerdeführerin zu prüfen, dass es ihr faktisch unmöglich sei, Ziff. 2.1 der Verfügung vom 9. November 2020 einzuhalten.

4.2.
Mit dem Einwand der faktischen Unmöglichkeit spricht die Beschwerdeführerin inhaltliche Mängel an. Inhaltliche Mängel führen in aller Regel zur Anfechtbarkeit einer Verfügung. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung können ausserordentlich schwerwiegende inhaltliche Mängel jedoch auch die Nichtigkeit einer Verfügung bewirken (BGE 138 II 501 E. 3.1; 138 III 49 E. 4.4.3 = Pra 101 (2012) Nr. 75; 137 I 273 E. 3.1). Dies gilt namentlich für Verfügungen mit einem unmöglichen Inhalt, bei denen die Fehlerhaftigkeit an ihr selbst zum Ausdruck kommt und ferner bei tatsächlicher Unmöglichkeit des Vollzugs oder wenn die Verfügung unklar oder unbestimmt ist (BGer-Urteile 9C_245/2015 vom 19.8.2015 E. 4.1; 9C_95/2015 vom 27.5.2015 E. 5.2.1; 5P.178/2003 vom 2.6.2003 E. 3.2).

4.3.
Die Vorinstanz hat die Verfügung gestützt auf Art. 34 - 36 LMG erlassen. Das LMG unterscheidet zwischen produktbezogenen und nicht-produktbezogenen Beanstandungen (Leuch-Scherrer, in: Lebensmittel- und Gebrauchsgegenständerecht [Hrsg. Donauer/Reeves/Weber], Zürich 2020, Kap. 5 N 66, Kap. 5 N 67 ff.). Für produktbezogene Beanstandungen sieht Art. 34 LMG mögliche Massnahmen zur Wiederherstellung des gesetzlichen Zustandes vor (Abs. 2-5). Die dortige Aufzählung ist nicht abschliessend (vgl. Botschaft zum Bundesgesetz über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände vom 25.5.2011, in: BBl 2011 5622; Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft 810 20 152 vom 9.12.2020 E. 10.6). Es liegt im Ermessen der Vollzugsbehörden, die erforderlichen Massnahmen zur Wiederherstellung des gesetzlichen Zustands anzuordnen; ihnen kommt ein erheblicher Spielraum zu (Leuch-Scherrer, a.a.O., Kap. 5 N 70). Die Behörden müssen bei der Ausübung ihres Ermessens und der Anordnung der entsprechenden Massnahmen jedoch insbesondere das öffentliche Interesse und das Verhältnismässigkeitsprinzip beachten (Art. 5 BV). So sind diejenigen Massnahmen zu wählen, die geeignet, erforderlich und zweckmässig sind, um das verfolgte öffentliche Interesse (hier der Gesundheitsschutz der Konsumentinnen und Konsumenten) zu erreichen (Leuch-Scherrer, a.a.O., Kap. 5 N 66).

4.4.
Vorliegend hat die Vorinstanz die Gesetzeskonformität des Trinkwassers, d.h. des Produkts selber, beanstandet. Es handelt sich um eine produktbezogene Beanstandung. Gemäss Art. 34 Abs. 3 lit. b und c LMG kann die im Betrieb verantwortliche Person verpflichtet werden, geeignete Massnahmen zu treffen, den gesetzlichen Zustand wiederherzustellen und die Vollzugsbehörden über die getroffenen Massnahmen zu informieren. Mit Ziff. 2.1 der angefochtenen Verfügung wurde die Beschwerdeführerin verpflichtet, Sofortmassnahmen zu prüfen, die zu einer Reduktion von R471811 im Trinkwasser führen. Sollten keine solchen Sofortmassnahmen möglich sein, wurde sie verpflichtet, weitere Massnahmen auszuarbeiten, damit spätestens in zwei Jahren der Höchstwert eingehalten werden kann.

Wird davon ausgegangen, dass die fraglichen Höchstwerte bereits in den Primäranlagen der A AG überschritten werden, ist der Handlungsspielraum der Beschwerdeführerin für die Senkung der fraglichen Werte bei den eigenen Sekundäranlagen tatsächlich beschränkt. Da die Vorinstanz ihre Anordnung jedoch offen formuliert hat, sind nicht bloss unmittelbar bei den Sekundäranlagen wirkende Massnahmen möglich. Die Beschwerdeführerin ist für eine einwandfreie Trinkwasserqualität verantwortlich, wozu auch der Wasserbezug aus einer qualitativ genügenden Primärquelle gehört. Sollten also bei den Sekundäranlagen selber keine Massnahmen gegen die bemängelten Höchstwertüberschreitungen möglich sein, wird sie als Mitaktionärin (im Verbund mit den übrigen betroffenen Aktionärinnen) alles daransetzen müssen, dass sich die Trinkwasserqualität der Primäranlagen der A AG verbessert. Zusätzlich sind die personellen Überschneidungen zwischen der Beschwerdeführerin und der A AG zu beachten. Die Beschwerdeführerin ist mit Stadtrat C im Verwaltungsrats-Ausschuss der A AG vertreten und der stellvertretende Brunnenmeister der A AG ist B, der für die Wasserversorgung Sursee zuständig ist. Auch unter diesem Gesichtspunkt bestehen Einflussmöglichkeiten, um die erforderlichen Massnahmen zu treffen, damit das von der A AG gelieferte Trinkwasser die Anforderungen der TBDV zu erfüllen vermag. Die offen formulierte Anordnung lässt der Beschwerdeführerin bei der Wahl des Vorgehens bzw. der konkreten Massnahmen zur Erreichung dieses Ziels freie Hand. Damit hat die Vorinstanz der besonderen Situation der Vernetzung mit der A AG und dem Erfordernis des Erhalts der Trinkwasserversorgung der Einwohnerinnen und Einwohner des Liefergebiets der Wasserversorgung Sursee ausreichend Rechnung getragen.

Ergänzend ist zu beachten, dass die Vorinstanz in ihrer Verfügung vom 9. November 2020 die Beschwerdeführerin nicht dazu verpflichtet hat, die Überschreitung des zulässigen Chlorothalonin-Metaboliten-Wertes zu beseitigen. Wie die Beschwerdeführerin sodann selber ausführt, könnte sie als Aktionärin Einfluss auf die A AG nehmen und damit versuchen, eine Verbesserung der Qualität des abgegebenen Trinkwassers zu erwirken. Selbst wenn es zum vornherein keine direkt in den Sekundäranlagen wirkende Massnahmen geben sollte, was vorliegend offengelassen werden kann, so sind mittels der erwähnten Einflussnahme auf die A AG jedenfalls indirekt wirkende Massnahmen zur Senkung der fraglichen Höchstwerte denkbar. Solche sind – wie es die Verfügung zu Recht verlangt – zu dokumentieren, was ohne weiteres möglich scheint. Damit ist der Einwand der Beschwerdeführerin, es sei ihr faktisch unmöglich, Ziff. 2.1 der Verfügung vom 9. November 2020 einzuhalten, entkräftet.

Da die Überschreitung der fraglichen Höchstwerte in den Sekundäranlagen der Beschwerdeführerin sowie die grundsätzliche Zuständigkeit und Berechtigung der Vorinstanz zur Anordnung von Massnahmen zur Wiederherstellung des gesetzlichen Zustands nicht in Frage gestellt ist, erscheint die angefochtene Verfügung der Vorinstanz rechtmässig. Die angeordneten Massnahmen erweisen sich mit Blick auf die angestrebte Reduktion von R471811 im Trinkwasser zudem als geeignet, erforderlich und zweckmässig: Der Vorinstanz kommt bei der Anordnung der erforderlichen Massnahmen zur Wiederherstellung des gesetzlichen Zustands aufgrund des offenen Gesetzwortlauts ein grosses Ermessen zu (Leuch-Scherrer, a.a.O., Kap. 5 N 70). Die Beschwerdeführerin wurde zur Ausarbeitung von Massnahmen verpflichtet, damit spätestens in zwei Jahren der Höchstwert an R471811 im Trinkwasser eingehalten werden kann. Die Massnahme zielt somit darauf ab, Massnahmen zu ermitteln, die es der Beschwerdeführerin erlauben, die gesetzlichen Anforderungen an das Trinkwasser, das sie an die Endabnehmenden verteilt, einzuhalten. Es handelt sich somit von vornherein um eine milde Massnahme, die dem Verhältnismässigkeitsprinzip (Art. 5 BV) ausreichend Rechnung trägt.

Es bleibt anzumerken, dass die Verpflichtung der Beschwerdeführerin mittels Verfügung vom 9. November 2020 die Möglichkeit der Vorinstanz nicht ausschliesst, grundsätzlich auch Massnahmen gegenüber der A AG zu verfügen, um eine gesetzeskonforme Trinkwasserversorgung im gesamten Liefergebiet der A AG sicherzustellen.