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Rechtsprechung Luzern


Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:4. Abteilung
Rechtsgebiet:Alters- und Hinterlassenenversicherung
Entscheiddatum:04.04.2022
Fallnummer:5V 21 79
LGVE:2022 IV Nr. 9
Gesetzesartikel:Art. 5 Abs. 2 AHVG; Art. 660 Abs. 1 OR, Art. 661 OR.
Leitsatz:Qualifikation asymmetrischer Dividendenzahlungen als beitragspflichtiger Lohn.

Keine Bindung der Ausgleichskasse an die gewählte zivilrechtliche Form (Dividendenzahlungen), falls die Tatbestandsvoraussetzungen der unerlaubten Beitragsumgehung gegeben sind (E. 7.2 ff.).

Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Entscheid:Sachverhalt (zusammengefasst)

Nach einer AHV-Arbeitgeberkontrolle verfügte die Ausgleichskasse Luzern (Ausgleichskasse) gestützt auf den Revisionsbericht der Revisionsstelle der Ausgleichskassen gegenüber der A.________ AG einen Nachtrag über Beiträge sowie Zinsen von insgesamt Fr. z.--. Die Ausgleichskasse begründete die Beitragsnachforderung im Wesentlichen damit, dass asymmetrische Dividendenzahlungen an die mit je y % an der Gesellschaft beteiligten Aktionäre als Lohn zu qualifizieren seien, weil jene ihren individuellen Charakter in der Arbeitsleistung oder im Erfolg der Gesellschafter hätten.

Aus den Erwägungen:

3.1.
Als massgebender Lohn gilt grundsätzlich jedes Entgelt für in unselbständiger Stellung auf bestimmte oder unbestimmte Zeit geleistete Arbeit (Art. 5 Abs. 2 Satz 1 des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung [AHVG; SR 831.10]). Der massgebende Lohn umfasst auch Teuerungs- und andere Lohnzulagen, Provisionen, Gratifikationen, Naturalleistungen, Ferien- und Feiertagsentschädigungen und ähnliche Bezüge, ferner Trinkgelder, soweit diese einen wesentlichen Bestandteil des Arbeitsentgeltes darstellen (Art. 5 Abs. 2 Satz 2 AHVG). Dazu gehören mithin begrifflich sämtliche Bezüge der Arbeitnehmerin und des Arbeitnehmers, die wirtschaftlich mit dem Arbeitsverhältnis zusammenhängen, gleichgültig, ob dieses Verhältnis fortbesteht oder gelöst worden ist und ob die Leistungen geschuldet werden oder freiwillig erfolgen. (…)

3.2.
Gestützt auf die zitierten Bestimmungen werden Sozialversicherungsbeiträge nur vom Erwerbseinkommen erhoben, nicht aber vom Vermögensertrag (BGE 122 V 178 E. 3b). (…) Dividenden stellen grundsätzlich beitragsfreien Vermögensertrag dar (vgl. auch Wegleitung über den massgebenden Lohn in der AHV, IV und EO [WML; Stand 1.1.2022], Rz. 2011). Richtet eine Aktiengesellschaft Leistungen an Arbeitnehmer aus, die gleichzeitig Inhaber gesellschaftlicher Beteiligungsrechte sind oder Inhabern solcher Rechte nahestehen, stellt sich bei der Festsetzung sowohl der direkten Steuer als auch der Sozialversicherungsbeiträge die Frage, ob und inwieweit es sich um Arbeitsentgelt (massgebenden Lohn) oder aber um Gewinnausschüttung (Kapitalertrag) handelt (BGE 134 V 297 E. 2.1). Weil auf Dividenden keine Sozialversicherungsabgaben geschuldet sind, mag es beitragspflichtigen Unternehmeraktionären als vorteilhaft erscheinen, hohe Dividenden und ein tiefes Salär auszuweisen (BGE 141 V 634 E. 2.1 mit Hinweisen).

5.
5.1.
Gemäss Obligationenrecht hat jeder Aktionär Anspruch auf einen verhältnismässigen Anteil am Bilanzgewinn (Art. 660 Abs. 1 des Obligationenrechts [OR; SR 220]). Dieser verhältnismässige Anteil bemisst sich nach dem nominellen einbezahlten Aktienkapital, sofern die Statuten nichts anderes vorsehen. Falls eine asymmetrische Dividendenzahlung erfolgt, die statutarisch nicht vorgesehen ist, könnte der Dividendenbeschluss von einem Aktionär angefochten werden. Der asymmetrische Dividendenbeschluss entfaltet somit seine vollumfängliche Wirkung gegenüber den Aktionären, sofern der Beschluss im Fall fehlender statutarischer Grundlage von diesen nicht angefochten wird. Daher ist eine asymmetrische Dividendenzahlung zunächst sowohl steuer- als auch sozialversicherungsrechtlich massgebend. Steuerrechtlich wäre gegebenenfalls eine Steuerumgehung zu prüfen, wobei deren strenge Voraussetzungen einer regelmässigen steuerlichen Erfassung der Abweichung von der Beteiligungsquote als Lohn oder Tantieme entgegenstehen. Sozialversicherungsrechtlich ist die gewichtete Dividende bei fehlender statutarischer Grundlage jedenfalls solange hinzunehmen, als nicht eine allzu ausgefallene Konstruktion geschaffen wird, welche, wenn auf die rechtlich zulässigen und gewählten Formen abgestellt wird, an sich die Voraussetzungen der Beitragspflicht durch Ausnützung einer unbeabsichtigten Unvollständigkeit der Rechtsordnung nicht erfüllt, aus versicherungsrechtlicher Perspektive indessen mit Lohn gleichzusetzen ist, sodass die Schwelle zwischen zulässiger und unzulässiger Sozialversicherungsabgabeersparnis als überschritten gelten muss. Diesfalls handelt es sich um eine unerlaubte Umgehung der Beitragspflicht. Ob ein solcher Missbrauch vorliegt, ist aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Die rechtsanwendende Behörde hat sich dabei Zurückhaltung aufzuerlegen. Es ist nämlich Aufgabe des Gesetzgebers, die Umgehung der Beitragspflicht durch eine zweckmässige Umschreibung der sozialversicherungsrechtlichen Tatbestände zu verhindern. Bevor sozialversicherungsrechtlich eingegriffen werden muss, ist die gewählte Konstruktion zivilrechtlich zu würdigen.

Ausgangspunkt der zivilrechtlichen Qualifikation bildet der Grundsatz der Privatautonomie, wonach die Parteien ihre Rechtsverhältnisse im Rahmen der Rechtsordnung nach eigenem Willen gestalten können. Sie sind in diesem Rahmen frei zu entscheiden, ob überhaupt und mit welchen Rahmenbedingungen sie ihre rechtlichen Verhältnisse ordnen. Den Beteiligten an einer Aktiengesellschaft setzen die Art. 660 und 661 OR der beliebigen Ausgestaltung von anders als nach Massgabe der Beteiligungsquote bemessenen Dividenden gewisse Schranken, welche die Aktionäre aber wiederum nicht daran hindern, davon abzuweichen.

Stützt sich eine Partei im Beitragsverfahren auf Institute des Zivilrechts, die sozialversicherungsrechtlich eine Beitragspflicht ausschliessen, kommt es nicht auf die eigene Qualifikation der Parteien an. Insbesondere ist der Richter nicht an die von den Parteien gebrauchte Bezeichnung der Beziehungen gebunden. Erst wenn die vorfrageweise Beurteilung der zivilrechtlichen Ausgestaltung ergibt, dass die gewählte Konstruktion zivilrechtlich formgültig und angemessen ist, stellt sich das Problem der Sozialversicherungsrechtspflicht bzw. der Beitragspflicht in dem Sinn, als Schranken bestehen, bei deren Überschreitung eine Umgehung der Beitragspflicht vorliegen kann. Eine Umgehung ist anzunehmen, wenn allein um der Ersparnis von Sozialversicherungsbeiträgen willen ein ungewöhnliches Vorgehen gewählt wird. Eine solche Beitragsumgehung liegt vor, wenn eine abgabepflichtige Person eine sachwidrige oder absonderliche Rechtsgestaltung wählt, die den wirtschaftlichen Gegebenheiten völlig unangemessen erscheint, insbesondere wenn sie unter Ausklammerung der sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen jenseits von der wirtschaftlichen Vernunft liegt (objektives Moment) und anzunehmen ist, dass diese Wahl missbräuchlich getroffen wurde, lediglich in der Absicht, sozialversicherungsrechtliche Beiträge einzusparen, die bei sachgemässer Ordnung der Verhältnisse geschuldet werden (Umgehungsabsicht; subjektives Moment) und das gewählte Vorgehen tatsächlich zu einer erheblichen Beitragsersparnis führen würde, sofern es von der Ausgleichskasse hingenommen würde (effektives Moment). An den Nachweis der Umgehungsabsicht sind keine strengen Anforderungen zu stellen. Er ist bereits erbracht, wenn zufolge der ungewöhnlichen rechtlichen Regelung keine anderen Motive als dasjenige der Beitragsersparnis erkennbar sind. Sind die drei Voraussetzungen, objektives, subjektives und effektives Moment, kumulativ erfüllt, so ist der Beitragspflicht die Rechtsgestaltung zugrunde zu legen, die sachgemäss gewesen wäre, um den angestrebten wirtschaftlichen Zweck zu erreichen. Es greift eine Sachverhaltsfiktion Platz (BGer-Urteil 8C_218/2019 vom 15.10.2019 E. 4.2.1; vgl. auch BGE 142 II 399 E. 4.2 mit Hinweis auf BGE 138 II 239 E. 4.1).

5.2.
Grundsätzlich tragen die Sozialversicherungsbehörden die Beweislast für das Vorliegen sämtlicher objektiven und subjektiven Voraussetzungen einer Umgehung der Beitragspflicht. Allerdings sind an den Nachweis der Umgehungsabsicht keine allzu strengen Anforderungen zu stellen. Der beitragspflichtigen Person steht der Gegenbeweis zu. Im vorliegenden Fall stellt sich die Beweislastfrage insofern nicht, als der sozialversicherungsrechtlich relevante Sachverhalt nach ergänzender gerichtlicher Untersuchung liquid ist.

6.
6.1.
Wie unter dem Aspekt der Schranken der Privatautonomie erwähnt, hat gemäss Art. 660 Abs. 1 OR jeder Aktionär Anspruch auf einen verhältnismässigen Anteil am Bilanzgewinn, soweit dieser nach Gesetz oder Statuten zur Verteilung unter die Aktionäre bestimmt ist (vgl. auch BGE 99 II 55 E. 3). Gemäss Art. 661 OR bemisst sich der Anteil am Gewinn im Verhältnis der auf das Aktienkapital einbezahlten Beträge (Bahar/Peyer, in: Zürcher Kommentar, Die Aktiengesellschaft, Rechte und Pflichten der Aktionäre, Art. 660-697m OR, 2. Aufl. 2021, Art. 660/661 N 44). Art. 660 Abs. 3 OR statuiert für den Verteilschlüssel von Bilanzgewinn (und Liquidationserlös) einen ausdrücklichen Vorbehalt zugunsten von statutarischen Vorzugsrechten. Sehen die Statuten Vorzugsrechte nach Art. 654 und 656 OR vor, so sind für die Bemessung der Ansprüche des Aktionärs die entsprechenden Bestimmungen und nicht die auf das Aktienkapital einbezahlten Beiträge relevant (Bahar/Peyer, a.a.O., Art. 660/661 N 46). Gemäss Art. 706 Abs. 2 Ziff. 3 OR kann ein gegen die Statuten verstossender Beschluss der Generalversammlung insbesondere dann angefochten werden, wenn er zu einer durch den Gesellschaftszweck nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung oder Benachteiligung der Aktionäre führt. Hintergrund einer derartigen Anfechtung ist das aktienrechtliche Gleichbehandlungsprinzip.

6.2.
6.2.1.
Vorliegend hat die Generalversammlung der Beschwerdeführerin in den Jahren x bis w immer unterschiedlich hohe Zuteilungen an die Aktionäre beschlossen. Die Beschlüsse blieben in der Folge stets unangefochten, obwohl die Dividenden für die Aktionäre nicht ihren je gleich hohen Kapitalanteilen an der Beschwerdeführerin entsprachen und diese Ungleichbehandlung auch nicht statutarisch vorgesehen war. Aufgrund der fehlenden statutarischen Regelung der von den Kapitalquoten abweichenden Dividenden sind die Beschlüsse der Generalversammlung über die konkrete Gewinnverteilung an die Aktionäre gesellschaftsrechtswidrig, auch wenn sie von den benachteiligten Aktionären nicht angefochten worden sind.

6.2.2.
Im Hinblick auf die sozialversicherungsrechtliche Würdigung von gewichteten Dividenden ist vorab das Vorgehen der Gesellschaft bei der Dividendenbemessung zu prüfen. Aus den Akten geht hervor, dass die Generalversammlung bzw. die Aktionäre der Beschwerdeführerin in zwei Schritten vorgingen. Einerseits wurde der Gesellschaftsbeschluss gefasst, den Aktionären aus dem ausgewiesenen Bilanzgewinn des abgeschlossenen Geschäftsjahres bzw. aus zurückbehaltenen Überschüssen (Reserven oder Gewinnvortrag) eine Dividende in bestimmter Höhe auszuschütten (Art. 698 Abs. 2 Ziff. 4 OR). Andererseits haben die Aktionäre – mangels einer statutarisch vorgesehenen Abweichung vom Verteilschlüssel gemäss Art. 660 Abs. 1 OR (vgl. auch Art. 661 OR) – die Vereinbarung getroffen, die Gesellschaft solle den Bilanzgewinn den einzelnen Aktionären in den von ihnen festgelegten (unterschiedlichen) Beträgen ausbezahlen. Der Beschluss der Gesellschafter über die konkrete Gewinnzuteilung ändert indessen nichts daran, dass die getroffene Abmachung über die Zuweisung an die einzelnen Aktionäre diesen gegenüber wirksam wurde und die Gesellschaft die entsprechenden Beträge an die Aktionäre überweisen musste, steht es doch allen Rechtssubjekten frei, wie sie sich privatrechtlich organisieren wollen. Der Entscheid über die Gewinnverteilung war in gesellschaftsrechtlicher Hinsicht somit zwar jeweils ohne die erforderliche Grundlage zustande gekommen, er war jedoch nicht nichtig (Amstutz/Chappuis, Basler Komm., Basel 2016, Art. 798 OR N 10). Insofern sind formell mangelbehaftete asymmetrische Dividenden nicht unbeachtlich und – wie die Beschwerdeführerin zu Recht vorbringt – werden im Kanton Luzern auch steuerrechtlich anerkannt (Dienststelle Steuern, Steuer + Praxis, 2013/3, S. 6). Damit wird jedoch noch nichts darüber ausgesagt, wie die vereinbarten asymmetrischen Dividenden AHV-beitragsrechtlich zu beurteilen sind. Fraglich bleibt, wie die Gewinnverwendung in dieser Hinsicht zu qualifizieren ist.

6.2.3.
(Feststellungen zu den konkreten Verhältnissen.)

6.2.4.2.
Zusammenfassend ist in Würdigung der gesamten Aktenlage festzustellen, dass der Schlüssel für die Gewinnverteilung jährlich angepasst, die Relevanz der durch die Aktionäre persönlich generierten Umsätze laufend erhöht, die durch die Kanzlei als Unternehmen akquirierten Umsätze im Lauf der Jahre bewusst ausgeblendet, die Mandatsumsätze im Verhältnis zu den akquirierten Umsätzen stärker gewichtet und die nachgezahlten Bruttolöhne an die jeweiligen Anteile am Betriebsgewinn angerechnet wurden. Dadurch zeigt sich, dass vor allem die persönliche Leistung des einzelnen Aktionärs für die Verteilung des Gewinns als gewichtete Dividende ausschlaggebend war. Wirtschaftlich betrachtet hat mit der Ausrichtung der Dividenden somit bloss ganz untergeordnet eine Abgeltung in der Form eines Kapitalertrags, grösstenteils jedoch eine eigentliche Arbeitsleistungsabgeltung stattgefunden.

7.
7.1.
Die Abgeltung von Arbeitsleistung mittels statutenfremder, asymmetrischer Dividende blieb unangefochten. Damit ist von der zivilrechtlichen Beständigkeit der Dividendenzahlungen auszugehen.

Zu prüfen bleibt jedoch aus sozialversicherungsrechtlicher Warte, ob eine Umgehung der Beitragspflicht vorliegt, indem die Abgeltungen für eine Arbeitsleistung zwar als Dividenden bezeichnet, aber nicht als effektive Kapitalerträge ausgerichtet wurden. Eine solche Umgehung ist in Anlehnung an die in der steuerrechtlichen Praxis und Doktrin entwickelten Kriterien (vgl. vorstehende E. 5) zu prüfen.

Die Organe der AHV bzw. das Sozialversicherungsgericht sind nicht verpflichtet, die zivilrechtliche Form, in welcher der Sachverhalt erscheint, unter allen Umständen als verbindlich anzusehen (BGer-Urteil 8C_218/2019 vom 15.10.2019 E. 4.2.1). Vielmehr ist der Beitragspflicht im Umgehungsfall wie erwähnt die Rechtsgestaltung zugrunde zu legen, die sachgemäss gewesen wäre, um den angestrebten wirtschaftlichen Zweck zu erreichen (Sachverhaltsfiktion; vgl. vorstehende E. 5.1). Dieser rechtlichen Konsequenz ist der Gedanke inhärent, dass die missbräuchliche Anrufung eines Rechts bzw. die missbräuchliche Berufung auf eine zivilrechtliche, jedoch wirtschaftlich nicht gewollte Rechtsgestaltung keinen Schutz verdient (vgl. für das Steuerrecht BGE 142 II 399 E. 4.2).

7.2.
7.2.1.
Aufgrund der einlässlich dargestellten Aktenlage und insbesondere des Ergebnisses der Beweiswürdigung betreffend die Dividendenabrechnungen lässt sich für den Sachverhalt mit Blick auf die Umgehungsvoraussetzungen das Folgende festhalten:

7.2.1.1.
Wie ausgeführt (vgl. vorstehende E. 6.2.2), bezifferte die Beschwerdeführerin jeweils im Rahmen eines Gesellschafterbeschlusses den Gewinnanteil, der als individuelle Dividende an die Aktionäre auszurichten war. Aus den im vorliegenden Beschwerdeverfahren eingereichten Statuten geht sodann hervor, dass dieser Gesellschafterbeschluss nicht auf statutarische Bestimmungen für eine von den Kapitalquoten abweichende Gewinnverteilung gestützt werden kann. Der Gesellschafterbeschluss steht im Widerspruch zur obligationenrechtlichen Dividendenregelung, nach welcher Ertrag grundsätzlich im Verhältnis zur (Risiko-)Kapitalbeteiligung auszuschütten und nicht etwa nach Massgabe der von den in der Gesellschaft mitarbeitenden Aktionären erzielten Umsätze zu verteilen ist.

Anstatt den unter unbeteiligten Dritten üblichen Weg zu wählen und die Leistungsabgeltung als Lohn der Erfolgsrechnung zu belasten und den angestellten Aktionären ebenso wie Angestellten ohne Kapitalbeteiligung auszubezahlen, wie es namentlich in Würdigung der Dividendenabrechnungen eigentlich der Absicht der Gesellschafter entsprach, entlasteten sie die Erfolgsrechnung um den auf sie entfallenden Lohnaufwand. Für die Leistungsabgeltung wichen sie auf eine Ausschüttung aus dem entsprechend hohen Gewinn als Dividendenzahlung aus. Die als Abgeltung für (Risiko-)Kapitaleinsatz konzipierte Dividendenausschüttung wurde durch Aktionärsbeschluss damit grossmehrheitlich zur Entschädigung von Arbeitsleistung gewandelt.

7.2.1.2.
Der Aktionär hat von Gesetzes wegen Mitverwaltungs- und Vermögensrechte. Das Dividendenrecht als Anspruch auf relativen Anteil am Reingewinn ist grundsätzlich unentziehbar. Ausserdem ist der Grundsatz der Gleichbehandlung der Aktionäre gesellschaftsrechtlich zu beachten. Auch wenn, wie im vorliegenden Fall, ein von den Gesellschaftern unangefochtener Eingriff in den anteilsweisen Dividendenanspruch als Ausgangspunkt der damit verknüpften Rechtsfolgen im öffentlichen Recht zu respektieren ist, erlaubt bereits eine funktionale Betrachtung im gesellschaftsrechtlichen Sinn, Dividende von Arbeitsentgelt zu unterscheiden: Denn der Anspruch auf einen verhältnismässigen Anteil am Reingewinn wird unterlaufen, wenn, wie hier, die Abgeltung der Arbeitsleistung mit dem Gewinnanteil dergestalt vermengt wird, dass der Gewinnanteil darin weitgehend untergeht und u.U. gar kein Gewinnanteil mehr ausgeschüttet wird.

Obwohl der Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren offen gestanden hätte, die für den Kapitalgeber ausschlaggebende wirtschaftliche Begründetheit der individualisierten Ertragsanteile zur Entkräftung der Annahmen der Ausgleichskasse zu behaupten (und beweisen), blieb sie eine über die Abgeltung von Leistungskomponenten hinausgehende Begründung schuldig. Namentlich versäumte sie es darzutun (geschweige denn Beweis zu offerieren oder zu beweisen), weshalb in den Jahren x bis w jeweils bis zu v von u Aktionären mit geringeren Dividendenzahlungen einverstanden waren, als es ihrer Kapitalquote entsprach. Die zumindest im Ergebnis von der Vorinstanz gezogene Schlussfolgerung, dass wer wie die Beschwerdeführerin eine solche Konstruktion wählt, nicht (oder höchstens ganz nebenbei) die Prämie für investiertes Kapital abzugelten beabsichtigt, blieb damit von vornherein unwiderlegt.

Die (grundlegende einmalige oder stets neue) Abrede der Aktionäre, den Jahresgewinn nach einem jährlich ändernden, sich nicht nach dem Beteiligungsverhältnis richtenden, sondern sich fast ausschliesslich bzw. ab (dem Jahr) t gänzlich an den persönlichen Umsatzzahlen orientierenden Verteilschlüssel als Dividende auszuzahlen, erweist sich demnach als absonderlich und den wirtschaftlichen Gegebenheiten völlig unangemessen. Abgesehen von den beitragsrechtlichen Aspekten liegt ein solches Vorgehen aus der Sicht eines (Risiko-)Kapitalgebers jenseits des wirtschaftlich Vernünftigen.

7.2.2.
Indem die Aktionäre mit dem gewählten Vorgehen ihre Abgeltung der Erwerbsarbeit grossenteils über die Dividendenzahlung erhielten, resultierten Abgabeeinsparungen bei der Gesellschaft und bei den Gesellschaftern in Höhe von mehr als Fr. s.--, was, für sich betrachtet, aber auch im Verhältnis zu den bereits abgerechneten Beiträgen, eine erhebliche Ersparnis bedeutet. Wird sodann im Licht des sozialversicherungsrechtlich genügend erstellten Sachverhalts berücksichtigt, dass die Bemessung der Dividenden ein Entgelt der Arbeitsleistung und nicht oder in lediglich geringem Umfang einen echten Gewinnanteil als Risikoprämie und Vermögensertrag darstellte, drängt sich die Feststellung geradezu auf, dass das gewählte Vorgehen vor allem dazu gedient hatte, den wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, der mit der Beitragsersparnis verbunden ist. Damit ist auch das subjektive Element der Umgehung erfüllt, obwohl die Beschwerdeführerin wiederholt und vehement daran appellierte, dass die Ausgleichskasse den Dividendenbeschluss hinzunehmen und zu beachten habe; allerdings blieb sie über die Entschädigungsmotive hinaus, die sich mit denjenigen decken, die auch für die Zumessung des Arbeitsentgeltes von Nichtbeteiligten gelten müssten, andere Motive als Abgabeersparnis schuldig. Solche sind denn auch nach der gesamten Aktenlage nicht ersichtlich; vielmehr weist die Beschwerdeführerin selbst darauf hin, Dividenden würden privilegiert behandelt. Damit kann im Sozialversicherungskontext bloss die fehlende Beitragspflicht für solche Ausschüttungen gemeint sein, womit die Beschwerdeführerin die getroffene Feststellung im Ergebnis bestätigt.

7.2.3.
Zu bejahen ist schliesslich das effektive Element, denn die gewählte Vorgehensweise hätte – wie erwähnt – bei der Beschwerdeführerin und ihren Aktionären auch eine tatsächliche Beitragseinsparung in der Höhe von mehr als Fr. s.-- zur Folge, wenn sie von der Ausgleichskasse hingenommen würde.

7.3.
7.3.1.
Aufgrund dieser Feststellungen und Erwägungen sind alle Tatbestandsvoraussetzungen der Beitragsumgehung gegeben. Demzufolge ist aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht die Abgeltung für die Arbeitsleistung als Dividendenzahlung erfolgt, um darauf keine Beiträge leisten zu müssen. Die Ausgleichskasse war deshalb für die sozialversicherungsrechtliche Beitragserhebung nicht an die gewählte zivilrechtliche Form, d.h. an die Dividendenzahlungen, gebunden. Als Folge des Umgehungstatbestands hatte sie der Beitragserhebung die Rechtsgestaltung zugrunde zu legen, die sachgemäss gewesen wäre, um den angestrebten wirtschaftlichen Zweck zu erreichen. Das erfolgte denn auch, indem die Ausgleichskasse die Ausschüttungen als massgebenden Lohn behandelte.

7.3.2.
Anzufügen bleibt, dass diese sozialversicherungsrechtliche Würdigung vor dem Hintergrund der unterschiedlichen treuhänderischen Aufgaben, welche die Eingriffsverwaltung – die Steuerbehörden auf der einen, die Ausgleichskassen auf der anderen Seite – wahrnehmen, nicht mit der Einheit der Rechtsordnung in Widerspruch steht. Den Steuerbehörden obliegt die gesetzmässige Veranlagung als Treuhänder für die Solidargemeinschaft der Steuerzahler (vgl. Seer, in: Steuerrecht [Hrsg. Tipke/Lang], 19. Aufl. 2008, § 21 N 2). Die steuerliche Massgeblichkeit der Handelsbilanz bei der Unternehmensbesteuerung (und allein diese steht vorliegend infrage) beschlägt nicht die Gewinnverwendung, sondern den Gewinnausweis. Dessen Handels- und Steuerrechtskonformität ist nicht umstritten; die vorliegend erstellte Umgehung betrifft die Gewinnverwendung, welche von den Steuerbehörden für die Ermittlung der gesetzmässigen Steuerfaktoren nicht zu prüfen war. Den beitragserhebenden Sozialversicherungsbehörden obliegt als Treuhänder der Solidargemeinschaft aller Versicherten die gesetzmässige Beitragserhebung. Wenn die Ausgleichskasse die als Dividendenzahlung bezeichneten Leistungen an die Aktionäre nicht als solche hinnahm, dann, weil Tatsachen und – daraus abgeleitet – Intentionen gewürdigt werden mussten, die steuerrechtlich belanglos, sozialversicherungsrechtlich aber bedeutsam sind, sodass sich die Frage der Parallelität von sozialversicherungs- und steuerrechtlicher Würdigung nicht stellt.

8.
8.1.
In der Form von Dividendenzahlungen partizipiert der Aktionär an den erarbeiteten Gewinnen. Sie stellen eine Abgeltung (Zins) für das investierte eigene Kapital und das damit eingegangene Risiko dar (Frey, in: Geld-, Bank- und Finanzmarkt-Lexikon der Schweiz, 4. Auflage 1987, S. 213).

In Dienstleistungsunternehmen, deren Umsatz, wie im Fall der Beschwerdeführerin, zu einem wesentlichen Teil von mitarbeitenden Aktionären generiert wird, entfällt ein entsprechender Anteil des Gewinns auf die Früchte ihrer Arbeit. Dennoch ist es entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin keinesfalls zwingend, deswegen Dividenden notwendigerweise als Arbeitsentgelt und nicht als Zins und Risikoprämie auszuschütten: Dafür sorgt die unter Unbeteiligten übliche Regelung, dass das Arbeitsentgelt die Gegenleistung des Arbeitgebers aus einem Arbeitsvertrag für die vom Arbeitnehmer erbrachten Arbeitsleistungen ist, sodass unter diesem Aspekt weder Zins noch Risikoprämie geschuldet sind.

Statutarische asymmetrische Dividenden, die gesellschaftsrechtskonform sind und aus dem Gewinn ausgeschüttet werden, welcher nach Belastung des angemessenen Lohns für die mitarbeitenden Aktionäre verblieb, bleiben deshalb grundsätzlich von vornherein beitragsrechtlich unbedenklich, auch wenn sie aus Gewinn stammen, welcher vorwiegend aus dem Ergebnis der Arbeitsleistung von mitarbeitenden Aktionären geäufnet wurde.

8.2.
Wie erwogen, stehen dem Aktionär aufgrund des Obligationenrechts Dividenden als Zins und Risikoprämie grundsätzlich als unentziehbarer Anspruch zu. Darüber, wie hoch diese Gewinnanteile, die an die Aktionäre auszuschütten sind, in den Geschäftsjahren x - w ausfallen, lässt sich den Akten nichts entnehmen und die Vorinstanz unterliess diesbezüglich jegliche Untersuchung. Im Verwaltungsverfahren unterlassene Abklärungen grundlegender Natur sind nicht im Beschwerdeverfahren nachzuholen (Urteil des Kantonsgerichts Luzern 5V 16 345 vom 18.1.2018 E. 3.3). Es ist daher zweckmässig, die Sache an die Ausgleichskasse zurückzuweisen, um sie mit der zusätzlichen Abklärung des rechtserheblichen Sachverhalts zu betrauen. Gestützt auf diese Abklärungen wird die Ausgleichskasse alsdann erneut über die Beitragspflicht zu verfügen haben. Dabei wird sie einerseits den verschiedenen Kriterien, die nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung für das Verhältnis von Lohn und Dividende aus sozialversicherungsrechtlicher Optik zu beachten sind, Rechnung tragen müssen. Anderseits wird sie die bei den Dividendenabrechnungen r - q für alle Aktionäre gleichermassen ausgewiesenen Anteile aufgrund des Kanzleiumsatzes an die betragsmässig noch festzustellende Dividende anzurechnen haben, da jene auf die prozentual übereinstimmende Beteiligung an der Beschwerdeführerin zurückzuführen sind.

8.3.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist damit insofern gutzuheissen, soweit darauf einzutreten ist, als der angefochtene Einspracheentscheid aufgehoben und die Sache zur weiteren Abklärung und anschliessenden Neuverfügung an die Ausgleichskasse zurückzuweisen ist.