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Rechtsprechung Luzern


Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:4. Abteilung
Rechtsgebiet:Bau- und Planungsrecht
Entscheiddatum:22.11.2022
Fallnummer:7H 21 97
LGVE:
Gesetzesartikel:Art. 29 Abs. 2 BV; Art. 11 Abs. 1 NISV; § 202 Abs. 2 und 3 PBG.
Leitsatz:Mobilfunk; Publikationspflicht: Wird im Rahmen des Einspracheverfahrens im Standortdatenblatt ein neuer Ort mit empfindlicher Nutzung (OMEN) aufgenommen, der gemäss NISV aufgrund der Höhe der Belastung zwingend im Standortdatenblatt auszuweisen ist, handelt es sich um eine wesentliche Änderung des Standortdatenblatts (E. 5.2). § 202 Abs. 2 PBG ist sinngemäss auch für wesentliche Änderungen des Standortdatenblatts anwendbar, weshalb die Änderung erneut hätte publiziert werden müssen (E. 5.2.1). Aufgrund der schwere des formellen Mangels kann weder im Rechtsmittelverfahren eine Heilung erfolgen noch liegt ein Ausnahmetatbestand gemäss § 202 Abs. 3 PBG vor, der den Verzicht auf eine erneute Publikation erlaubt hätte (E. 5.2).
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Entscheid:Sachverhalt (gekürzt)

A.
Die Swisscom Schweiz AG reichte am 15. Oktober 2020 bei der Gemeinde B.________ ein Baugesuch zum Neubau einer freistehenden Mobilfunkantenne auf dem Grundstück Nr. C.________, Grundbuch (GB) B.________, ein. Geplant ist eine aus neun Antennen bestehende Anlage, je drei für die Frequenzbereiche von 700 - 900 MHz und 1'400 - 2'600 MHz, und drei für das Frequenzband von 3'600 MHz. Die abgestrahlte Leistung gemäss aktualisiertem Standortdatenblatt beträgt pro Antenne je 400 Watt im Frequenzbereich von 700 - 900 MHz, 1'100 Watt im Frequenzbereich von1'400 - 2'600 MHz und 450 Watt im Frequenzband von 3'600 MHz. Insgesamt beträgt die summierte Leistung der gesamten Anlage 5'850 Watt.

Während der öffentlichen Auflage vom 16. November 2020 bis 7. Dezember 2020 ging eine Einsprache seitens der A.________ AG gegen das Bauprojekt ein. Am 4. Januar 2021 reichte die Swisscom Schweiz AG ein neues Standortdatenblatt (Revision 1.15) ein. Dieses wurde seitens der Gemeinde dem Kanton am 6. Januar 2021 weitergeleitet und im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens durch die Dienststelle Raum und Wirtschaft (rawi) des Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement des Kantons Luzern (BUWD) geprüft und mit Stellungnahme Nr. 2020-5247 vom 19. Januar 2021 als aus umweltrechtlicher Sicht bewilligungsfähig beurteilt. Am 21. Januar 2021 wurde das geänderte Standortdatenblatt der Einsprecherin eröffnet. Eine erneute Publikation des Standortdatenblatts erfolgte nicht.

Mit Entscheid vom 24. März 2021 erteilte die Abteilung Umwelt, Raumordnung und Verkehr der Gemeinde B.________ die Baubewilligung für den Neubau der projektierten Mobilfunkanlage auf Grundstück Nr. C.________, GB B.________, unter Auflagen und Bedingungen. Gleichzeitig eröffnete sie die Stellungnahme Nr. 2020-5247 der kantonalen Dienststelle rawi vom 19. Januar 2021. Die gegen das Baugesuch erhobene Einsprache der A.________ AG wurde insoweit gutgeheissen, als die Baugesuchstellerin mittels Auflage verpflichtet wurde, bis spätestens nach einem Monat seit Inbetriebnahme der Mobilfunkanlage durch eine unabhängige, vom METAS akkreditierte Messfirma auf eigene Kosten eine Kontrollmessung bezüglich der Einhaltung der Anlagegrenzwerte nach der Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV; SR 814.710) durchführen zu lassen; im Übrigen wurde die Einsprache abgewiesen.

B.
Gegen diesen Entscheid liess die A.________ AG Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen.

Aus den Erwägungen:

1.
1.1.
Der angefochtene Entscheid stützt sich u.a. auf das Planungs- und Baugesetz (PBG; SRL Nr. 735). Nach § 148 lit. d des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (VRG; SRL Nr. 40) i.V.m. § 206 PBG ist er grundsätzlich mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Kantonsgericht anfechtbar (LGVE 2014 IV Nr. 4 E. 2 mit Hinweis).

1.2.
Ein Sachentscheid setzt die Befugnis zur Rechtsvorkehr voraus (§ 107 Abs. 2 lit. d VRG). Gemäss der hier massgeblichen Spezialvorschrift von § 207 PBG sind zur Erhebung von Verwaltungsgerichtsbeschwerden Personen befugt, die an der Änderung oder Aufhebung eines angefochtenen Entscheids ein schutzwürdiges Interesse und sich am Einspracheverfahren als Partei beteiligt haben (§ 207 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 lit. a PBG). Die erste Voraussetzung konkretisierend hat die Rechtsprechung in Bezug auf die Einsprache- und Beschwerdebefugnis von Nachbarn betreffend Mobilfunkanlagen besondere Regeln entwickelt (sog. "Legitimationsradius", vgl. dazu: BGE 128 II 168 E. 2).

Die Beschwerdeführerin hat sich als Einsprecherin am vorinstanzlichen Verfahren beteiligt. Sie ist überdies Eigentümerin der direkt an das Standortgrundstück grenzenden Grundstücke Nrn. D.________ und E.________, beide GB B.________. Die Grundstücke befinden sich innerhalb des vorerwähnten Legitimationsradius, womit die Beschwerdeführerin zur Erhebung der Beschwerde legitimiert ist.

1.3.
Da die übrigen Prozessvoraussetzungen nach § 107 Abs. 2 VRG zu keinen Bemerkungen Anlass geben, die Beschwerde namentlich frist- und formgerecht eingereicht wurde, ist darauf einzutreten.

1.4.
Als einzige Rechtsmittelinstanz verfügt das Kantonsgericht im vorliegenden Verfahren über uneingeschränkte Kognition (§ 161a VRG sowie § 156 Abs. 2 i.V.m. §§ 144-147 VRG). Obwohl dem Gericht damit nicht nur Sachverhalts- und Rechts-, sondern auch Ermessenskontrolle zusteht (vgl. auch Art. 33 Abs. 3 lit. b des Bundesgesetzes über die Raumplanung [RPG; SR 700]), auferlegt es sich eine gewisse Zurückhaltung. Diese gilt zunächst, wenn die Beurteilung von einer Würdigung der örtlichen Verhältnisse abhängt, welche die kommunalen Behörden besser kennen und überblicken (vgl. BGE 135 I 302 E. 1.2). Gerichtliche Zurückhaltung ist ferner geboten gegenüber der sachkundigen Verwaltung bezüglich technischer Fragen. Gleich verhält es sich in Bezug auf ausgesprochene Ermessensfragen, deren Beantwortung den vorrangig für den Vollzug des Bau- und Umweltrechts verantwortlichen Behörden überlassen sein muss. Das Kantonsgericht ist aufgrund der ihm zugedachten Funktion nicht befugt, sein Ermessen an die Stelle desjenigen der Vorinstanzen zu setzen. Es hat sich bei Bedarf zudem im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden zurückzunehmen (§ 144 Abs. 2 VRG; vgl. zum Ganzen: BGE 139 I 85 E. 3; LGVE 2000 II Nr. 18 E. a).

1.5.
Im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren muss sich die Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Entscheid bzw. mit der vorinstanzlichen Begründung auseinandersetzen, soweit nicht ausnahmsweise eine gesetzliche Grundlage die Offizialmaxime einsetzt. Die gesetzliche Begründungspflicht gemäss § 133 Abs. 1 VRG verhält die Beschwerdeführerin dazu, sich sachbezogen und konkret zu den Erwägungen im angefochtenen Entscheid zu äussern. Sie muss ausführen, in welchen Punkten der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben oder zu ändern ist (LGVE 1994 II Nr. 10 E. 1c, 1992 II Nr. 47 E. 3a). Dieser sogenannte Rügegrundsatz beansprucht umso höhere Geltung, je umfangreicher und detaillierter die tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Überlegungen der Vorinstanz sind. Keinesfalls genügen allgemeine Beanstandungen oder die einfache Behauptung, die Schlussfolgerung der Vorinstanz sei falsch oder aktenwidrig, ohne diese Behauptung rechtlich zu untermauern oder Akten zu nennen, welche die angebliche Widersprüchlichkeit tatsächlicher Feststellungen belegen. Auch wenn die Behörde den massgeblichen Sachverhalt von sich aus richtig und vollständig abzuklären (§§ 53 und 139 Abs. 1 VRG; Untersuchungsgrundsatz) und das Recht von Amts wegen anzuwenden hat (Grundsatz der freien richterlichen Beurteilung), trifft die von einer Verfügung betroffene Person eine Mitwirkungspflicht. Stellt sich diese im erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren im Besonderen als Gebot dar, die Behörde bei der Ermittlung des relevanten Sachverhalts zu unterstützen (z.B. durch Anträge im Beweispunkt, Auflage von Dokumenten usw.), so bedeutet die Mitwirkungspflicht im Rechtsmittelverfahren, den Entscheid substantiiert zu kritisieren und damit auf seine tatsächlichen wie rechtlichen Erwägungen sorgfältig einzugehen, soweit sie von der Auffassung der Beschwerdeführerin abweichen (LGVE 1998 II Nr. 57; Urteil des Kantonsgerichts Luzern 7H 19 127 vom 25.2.2021 E. 2.2; Urteil des Verwaltungsgerichts Luzern A 10 147 vom 17.3.2011 E. 1d; Glanzmann-Tarnutzer, Das Rügeprinzip im Zivil‑, Straf- und Verwaltungsprozess am Beispiel des Kantons Luzern, in: AJP 7/2007 S. 845 f.).

2.
Am 1. Januar 2014 wurde die vom Kantonsrat beschlossene Änderung des PBG sowie die totalrevidierte Planungs- und Bauverordnung (PBV; SRL Nr. 736) in Kraft gesetzt. Gleichzeitig erlangte die Interkantonale Vereinbarung über die Harmonisierung der Baubegriffe (IVHB; SRL Nr. 737) für den Kanton Luzern Gültigkeit (vgl. Dekret über die Genehmigung des Konkordats vom 22.9.2005; Beschluss des Kantonsrats vom 17.6.2013 [KR 2013 1876]). Bei dem revidierten PBG und der totalrevidierten PBV ist beachtlich, dass mehrere Normen vom Regierungsrat gemeindeweise bis Ende 2023 in Kraft gesetzt werden (vgl. § 224 PBG und § 69 Abs. 2 PBV). Während dieser Anpassungsfrist für die Gemeinden gelten bestimmte bisherige Bestimmungen des PBG und der PBV weiterhin, die sich in den jeweiligen Anhängen zu diesen beiden Erlassen finden (vgl. LGVE 2016 IV Nr. 1). Die Gemeinde B.________ hat ihre baurechtlichen Grundlagen, insbesondere ihr Bau- und Zonenreglement (BZR) noch nicht angepasst, weshalb die in den Anhängen des PBG und der PBV aufgelisteten Normen für sie weiterhin anwendbar bleiben (zit. Anhang PBG resp. PBV).

3.
3.1.
Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, da die Beschwerdegegnerin nach Ablauf der Einsprachefrist das Baugesuch wesentlich geändert habe. Im neuen Standortdatenblatt sei die Sendeleistung für den Funkdienst 5G im Frequenzband 3'600 MHz um das 3-fache, d.h. von 150 auf 450 Watt ERP (äquivalente Strahlungsleistung ["equivalent radiated power"]; vgl. Art. 3 Abs. 9 NISV) erhöht worden. Dafür sei im Frequenzband 1'400-2'600 MHz die Sendeleistung um 300 Watt ERP reduziert worden. Das nachträglich erstellte Standortdatenblatt weiche somit erheblich vom ursprünglichen Standortdatenblatt vom
3. August 2020 ab, welches Bestandteil der öffentlichen Auflage gewesen sei. Allein mit einer Eröffnung des neuen Standortdatenblatts an eine Einsprecherin könne der wesentliche Verfahrensfehler nicht geheilt werden. Denn gemäss Ziff. 62 Abs. 5 Anhang I NISV gelte die Erhöhung der ERP als Änderung einer Anlage, die jedenfalls bewilligungspflichtig sei. Die Räumlichkeiten an der F.________strasse, welche ebenfalls im Einspracheperimeter liegen würden, seien nachträglich als ein Ort mit empfindlicher Nutzung (OMEN) gemäss Art. 3 Abs. 3 der Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV; SR 814.710) im Standortdatenblatt ausgewiesen worden. Es sei darauf hinzuweisen, dass dieser OMEN (Nr. 7) mit einer elektrischen Feldstärke von 4.85 V/m die zweithöchste Strahlenbelastung aller OMEN durch die geplante Anlage aufweisen würde, weshalb im Rahmen der Meldepflicht gemäss Art. 11 Abs. 2 lit. c Ziff. 2 NISV Angaben zu der durch die geplante Anlage entstehende Strahlung an diesem Ort zwingend im Standortdatenblatt anzugeben seien. Auch die Beschwerdegegnerin habe zugegeben, dass das ursprüngliche Standortdatenblatt vom 3. August 2020 mangelhaft und unvollständig gewesen sei, da der OMEN Nr. 7 nicht ausgewiesen worden sei. Somit sei das öffentlich aufgelegte Standortdatenblatt offensichtlich unvollständig und irreleitend gewesen. Offensichtlich sei auch die Fachstelle Umwelt und Energie (uwe) davon ausgegangen, dass das Standortdatenblatt vom 3. August 2020 mangelhaft gewesen sei, da es nicht sämtliche OMEN aufgeführt habe, weshalb sie die Beschwerdegegnerin im November 2020 aufgefordert habe, ein überarbeitetes Standortdatenblatt einzureichen. Ohnehin müsse die Abänderung der zu bewilligenden Sendeleistungen als wesentliche Änderung des Baugesuchs qualifiziert werden, welche die Vorinstanz hätte öffentlich auflegen müssen. Es liege ein wesentlicher Verfahrensfehler vor, wodurch sowohl private als auch öffentliche Interessen tangiert würden.

3.2.
Die Vorinstanz demgegenüber erachtet die Änderungen am revidierten Standortdatenblatt als gering. Diese führten sogar zu einer geringeren Belastung der OMEN, lediglich bei einem Standort bleibe die Strahlenbelastung unverändert. Die Anpassungen hätten auch keinen Einfluss auf den Einspracheperimeter gehabt (nach wie vor 618,22 m). Somit seien durch die Änderungen keine zusätzlichen Personen betroffen. Der Radius des Anlageperimeters betrage im revidierten Baugesuch ebenfalls unverändert 97,7 m (recte: 92,73 m). Die Änderungen würden sodann zu einer tieferen Ausschöpfung des Immissionsgrenzwertes führen (neu lediglich 9 % anstatt vorher 9.3 %). Somit würden keine zusätzlichen privaten oder öffentlichen Interessen beeinträchtigt.

3.3.
Auch die Beschwerdegegnerin verneint erhebliche Änderungen durch die Überarbeitung des Standortdatenblatts. Gemäss Art. 11 Abs. 2 lit. c NISV sei sie verpflichtet, mit dem Baugesuch ein Standortdatenblatt einzureichen, unter anderem mit Angaben zu den drei am stärksten von der projektierten Anlage betroffenen OMEN sowie dem höchstbelasteten Ort für den kurzfristigen Aufenthalt (OKA). Vorliegend habe sie mit ihrem Baugesuch das Standortdatenblatt vom 3. August 2020, Revision 1.9, eingereicht, aus welchem die rechnerische Prognose für die zu erwartende elektrische Feldstärke für den höchstbelasteten OKA sowie die fünf höchstbelasteten OMEN hervorgehen würden. Im November 2020 und somit nach der Publikation des Baugesuchs sei sie von der Dienststelle uwe dazu aufgefordert worden, das Standortdatenblatt hinsichtlich eines fehlenden OMENS zu korrigieren. Sie sei dieser Aufforderung nachgekommen und habe am 6. Januar 2021 das angepasste Standortdatenblatt vom 14. Dezember 2020, Revision 1.15, bei der Gemeinde eingereicht. In diesem Standortdatenblatt habe die Beschwerdegegnerin den OMEN Nr. 7 neu ausgewiesen. Zugleich habe die Beschwerdegegnerin die für die verschiedenen Frequenzbänder beantragten Sendeleistungen und einen elektrischen Neigungswinkel angepasst.

Dem Vergleich des Standortdatenblattes vom 3. August 2020 mit jenem vom 14. Dezember 2020 könne entnommen werden, dass die Sendeleistungen in den Frequenzbändern 1400-2600 MHz um jeweils 300 W ERP reduziert und jene im Frequenzband 3600 MHz um jeweils 300 W ERP erhöht worden seien. Die beantragte Gesamtsendeleistung und auch die summierte Sendeleistung im höchstausgelasteten Sektor blieben mithin unverändert. Als einzige weitere Anpassung sei in der Senderichtung 240° der für die Frequenzbänder 700-900 MHz und 1400-2600 MHz beantragte elektrische Neigungswinkel von -10°bis -2° auf -5°bis -2° reduziert worden. Von einer wesentlichen Änderung des Standortdatenblattes könne mithin keine Rede sein.

4.
4.1.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft [BV; SR 101]; vgl. auch § 46 Abs. 1 VRG) soll ein faires Verfahren garantieren. Das rechtliche Gehör dient einerseits der Sachaufklärung, andererseits stellt es ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht beim Erlass eines Entscheids dar, welcher in die Rechtsstellung des Einzelnen eingreift. Der Umfang des Anspruchs hängt von der Intensität der Betroffenheit ab, welche ein Entscheid bewirkt. Je grösser die Gefahr einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen ist und je bedeutsamer diese sind, desto umfassender ist das rechtliche Gehör zu gewähren (statt vieler: Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 2020, N 1001 und 1006).

Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist formeller Natur, weshalb eine festgestellte Verletzung in der Regel ungeachtet der materiellen Begründetheit der Beschwerde prinzipiell zu deren Gutheissung und zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids führt (BGE 137 I 195 E. 2.2; Häfelin/Müller/Uhlmann, a.a.O., N 1039). Eine nicht besonders schwerwiegende Verletzung kann allerdings geheilt werden, wenn die betroffene Person die Möglichkeit erhält, sich vor einer Rechtsmittelinstanz zu äussern, die sowohl den Sachverhalt wie auch die Rechtslage frei überprüfen kann (vgl. BGE 137 I 195 E. 2.3.2).

4.2.
Durch das revidierte Standortdatenblatt in der Version "Revision 1.15" (dat. vom 14.12.2021) änderte sich die Gesamtleistung der Anlage von 5'850 Watt nicht. Auch die in eine Richtung summierte Sendeleistung im höchstausgelasteten Sektor blieb unverändert (vgl. Zusatzblatt A1 der jeweiligen Standortdatenblätter). Unbestrittenermassen blieb sodann der Einspracheradius ebenfalls derselbe wie im publizierten Standortdatenblatt ("Revision 1.9"). Hingegen wurde ein neuer OMEN Nr. 7 (F.________strasse) aufgenommen, der im aufgelegten Standortdatenblatt der "Revision 1.9" noch nicht vorhanden war. Dabei handelt es sich um den OMEN, bei dem die Strahlung am zweitstärksten ist (4,85 V/m).

Das angepasste Standortdatenblatt in der Version "Revision 1.15" wurde der Beschwerdeführerin erst im Rahmen des Einspracheverfahrens mit Schreiben der Vorinstanz vom 21. Januar 2021 eröffnet. Es wurde hingegen nie öffentlich aufgelegt.

4.3.
Vorliegend wurde das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerin insofern gewahrt, als ihr im Einspracheverfahren das veränderte Standortdatenblatt zugestellt wurde, sie somit Gelegenheit erhielt, dazu Stellung zu nehmen und in der Folge die Baubewilligung im Wissen um das angepasste Standortdatenblatt anzufechten. Die Beschwerdeführerin vermag somit für sich keine Gehörsverletzung in Anspruch zu nehmen. Gleichwohl führt, wie nachfolgend zu zeigen ist, das beschriebene Vorgehen der Vorinstanz zu einem schwer wiegenden Verfahrensmangel, der von Amtes wegen zu berücksichtigen ist.

5.
5.1.
Gemäss § 193 Abs. 1 PBG ist das Baugesuch, wenn es den formellen Anforderungen entspricht, sofort öffentlich bekannt zu machen und zusammen mit den Beilagen öffentlich aufzulegen. Ist das Baubewilligungsverfahren mit weiteren Verfahren zu koordinieren, sorgt die Leitbehörde für eine gemeinsame öffentliche Auflage aller Gesuchsunterlagen.

5.1.1.
Nach Art. 11 Abs. 1 NISV muss der Inhaber einer Anlage, für die Emissionsbegrenzungen gelten, der für die Bewilligung zuständigen Behörde ein Standortdatenblatt einreichen, bevor die Anlage neu erstellt, an einen anderen Standort verlegt, am bestehenden Standort ersetzt oder geändert wird. Gemäss Abs. 2 der genannten Bestimmung muss das Standortdatenblatt Folgendes enthalten: die aktuellen und geplanten technischen und betrieblichen Daten der Anlage, soweit sie für die Erzeugung von Strahlung massgebend sind (lit. a); den massgebenden Betriebszustand nach Anhang 1 (lit. b); Angaben über die von der Anlage erzeugte Strahlung an dem für Menschen zugänglichen Ort, an dem diese Strahlung am stärksten ist (lit. c Ziff. 1), an den drei Orten mit empfindlicher Nutzung, an denen diese Strahlung am stärksten ist (lit. c Ziff. 2) und an allen Orten mit empfindlicher Nutzung, an denen der Anlagegrenzwert nach Anhang 1 überschritten ist (lit. c Ziff. 3); einen Situationsplan, der die Angaben nach lit. c darstellt (lit. d).

5.1.2.
Der Baugesuchsteller ist grundsätzlich verpflichtet, sein Bauprojekt in der geplanten, definitiven Form im Baugesuch darzustellen. In der Praxis entstehen nicht selten Projektänderungswünsche seitens der Bauherrschaft, oder es werden entsprechende Begehren seitens von Einsprechern gestellt. Dies kann Abweichungen von den eingereichten oder bereits bewilligten Bauplänen zur Folge haben, und es sind entsprechend abgeänderte Pläne einzureichen. Für jede Abweichung von den genehmigten Plänen ist das Baubewilligungsverfahren erneut durchzuführen, sofern die Abweichung als solche der Bewilligungspflicht untersteht (§ 202 Abs. 2 Satz 1 PBG). Abweichungen, die offensichtlich keine schutzwürdigen privaten Interessen Dritter und keine wesentlichen öffentlichen Interessen berühren, kann die zuständige Stelle der Gemeinde von sich aus gestatten (§ 202 Abs. 3 PBG). Obwohl § 202 PBG ausdrücklich von den "genehmigten" Plänen spricht, gilt auch für Planänderungen, welche nach einer öffentlichen Auflage, aber vor Erteilung einer Baubewilligung eingereicht werden, dass lediglich dann eine erneute Auflage und Bekanntgabe durchzuführen ist, wenn die Projektänderung selbst bewilligungspflichtig ist. Geringfügige Änderungen machen nicht zwingend eine Wiederholung der öffentlichen Auflage und Bekanntgabe an die betroffenen Grundeigentümer notwendig (vgl. § 54 Abs. 1 PBV und § 202 Abs. 3 PBG; Urteile des Kantonsgerichts Luzern 7H 21 61 vom 11.7.2022 E. 5.1.3, 7H 15 14 vom 3.9.2015 E. 3.2 mit Hinweisen; Berner, Luzerner Planungs- und Baurecht, Bern 2012, N 1055). Zwar handelt es sich bei den Standortdatenblättern nicht um Pläne im klassischen Sinn, doch geben sie die für die Anlage verbindlichen und massgebenden Betriebsparameter wieder und sind somit für die beabsichtigte Nutzung der Anlage von entscheidender Bedeutung. Es handelt sich im Übrigen um für die Beurteilung der Mobilfunkanlagen gemäss NISV notwendige Beilagen zum Baugesuch, weshalb es sich rechtfertigt, bei deren Änderung § 202 Abs. 2 PBG analog anzuwenden.

5.1.3.
Das Bundesgericht hat bisher vereinzelt eine nachträgliche Korrektur des Standortdatenblatts selbst im Rechtsmittelverfahren, ja sogar noch im Verfahren vor Bundesgericht zugelassen; dies indes nur, soweit es sich um Änderungen von untergeordneter Bedeutung handelte und alle Beteiligten dazu Stellung nehmen konnten (vgl. BGer-Urteil 1C_405/2011 vom 24.4.2012 E. 2.3 mit Hinweis auf BGer-Urteil 1C_478/2008 vom 28.8.2009).

5.2.
Vorliegend wurde mit der Anpassung des Standortdatenblattes in der "Revision 1.15" ein zusätzlicher OMEN aufgeführt, bei dem es sich wie erwähnt um den am zweitstärksten strahlungsbelasteten Standort handelt. Dieser OMEN war im früheren, öffentlich aufgelegten Standortdatenblatt nicht aufgeführt, obwohl dies gemäss Art. 11 Abs. 2 lit. c Ziff. 2 NISV zwingend hätte der Fall sein müssen. Daran ändert nichts, dass die übrigen Änderungen im Vergleich zur früheren Version an vier der bisher aufgeführten OMEN zu einer geringeren Strahlung und an einem OMEN zu einer unveränderten Strahlung geführt haben.

Das durch Auflage publizierte Standortdatenblatt war somit unvollständig und enthielt nicht alle gesetzlich vorgeschriebenen Angaben, weshalb nicht von einer Änderung von lediglich untergeordneter Bedeutung gesprochen werden kann. Dies erhellt auch mit Blick darauf, dass das von der Vollzugsbehörde als NIS-konform beurteilte Standortdatenblatt die Grundlage für die Kontrolle der Einhaltung der Emissionsbegrenzungen bildet (vgl. Wagner Pfeifer, Umweltrecht Allgemeine Grundlagen, Zürich/St. Gallen 2017, S. 227 N 591). Das im Auflageverfahren publizierte Standortdatenblatt entsprach den Vorgaben der NISV nicht, weil die drei höchstbelasteten OMEN nicht korrekt abgebildet waren, womit die Voraussetzungen für eine korrekte Beurteilung der Anlage im Auflageverfahren fehlten. Dieser Mangel wirkte sich auch auf die Interessen Dritter, namentlich auf die Bewohner der betroffenen Liegenschaft an der F.________strasse wie auch auf deren Eigentümerschaft, aus. Diese wurden durch die öffentliche Auflage des Baugesuchs nicht in die Lage versetzt, den Entscheid, ob sie gegen die Mobilfunkanlage Einsprache erheben wollen, in Kenntnis aller dafür relevanten Tatsachen zu fällen. Es ist notorisch, dass für die Beurteilung, ob gegen eine Mobilfunkanlage ein Rechtsmittel ergriffen wird, die Höhe der Strahlenbelastung von entscheidender Bedeutung ist, was mit ein Grund ist, weshalb die drei am stärksten belastetsten OMEN im Standortdatenblatt zwingend auszuweisen sind. Die Bewohner der Liegenschaft an der F.________strasse wurden im Auflageverfahren insofern getäuscht, als sie aufgrund der unrichtigen bzw. unvollständigen Angaben im aufgelegten Standortdatenblatt davon ausgehen konnten, ihr Wohnort gehöre nicht zu den Orten, an denen sich die Strahlung der geplanten Mobilfunkantenne am stärksten auswirken würde bzw. dieser werde jedenfalls geringer belastet, als die fünf im Standortdatenblatt "Revision 1.9" ausgewiesenen OMEN. In Bezug auf die Eigentümerschaft ergibt sich ihre Betroffenheit durch ihre dingliche Berechtigung an der Liegenschaft als Vermögenswert. Nebst den privaten Interessen dieser Betroffenen – denen die Anpassung des Standortdatenblatts bis heute nicht bekannt gemacht worden ist – ist überdies das öffentliche Interesse an einem rechtskonform durchgeführten Baubewilligungsverfahren tangiert. Die Abweichungen im angepassten Standortdatenblatt lassen im Sinn von § 202 Abs. 2 PBG eine Neudurchführung des Baubewilligungsverfahrens als zwingend erscheinen, nachdem die Voraussetzungen für eine Ausnahme gemäss Abs. 3 der Bestimmung aufgrund der betroffenen privaten und öffentlichen Interessen nicht gegeben sind.

Aufgrund der Schwere des formellen Mangels, nämlich des mit falschen Tatsachen zur geplanten Mobilfunkanlage erfolgten Auflageverfahrens und damit im Ergebnis des gesamten Baubewilligungsverfahrens, ist eine Heilung dieses Verfahrensmangels im vorliegenden Beschwerdeverfahren ausgeschlossen. Die Neuaufnahme des OMEN Nr. 7 in der "Revision 1.15" des Standortdatenblattes ist nicht von untergeordneter Bedeutung, weshalb auch mit Blick auf die zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichts eine nachträgliche Korrektur des Standortdatenblattes im Rechtsmittelverfahren nicht möglich ist.

5.3.
Nachdem eine Neudurchführung des Baubewilligungsverfahrens bzw. eine erneute Auflage des Baugesuchs gemäss § 193 PBG bei dieser Sachlage zwingend ist, ist die Sache in Gutheissung des Eventualantrags der Beschwerdeführerin zur Durchführung eines erneuten Baubewilligungsverfahrens an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Ob auch die weiteren Anpassungen im Standortdatenblatt (Sendeleistungen in den einzelnen Frequenzbändern, elektrischer Neigungswinkel) Änderungen darstellen, die (für sich gesehen) zu einer Neuauflage des Baugesuchs hätten führen müssen, muss vor diesem Hintergrund nicht abschliessend geklärt werden.

6.
Die Prüfung aller weiterer Anträge und Rügen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde erübrigt sich bei dieser Sachlage, zumal nicht auszuschliessen ist, dass die Beschwerdegegnerin aufgrund der Rückweisung in das vorinstanzliche Verfahren und der zwischenzeitlichen Änderung der NISV zusätzliche Anpassungen am Projekt vornehmen wird.

7.
Zu befinden bleibt über die Kostenfolgen.

7.1.
Die amtlichen Kosten werden in Anwendung der Bemessungsgrundsätze von § 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 der Verordnung über die Kosten in Zivil-, Straf- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren (JusKV; SRL Nr. 265) und unter Berücksichtigung der formellen Erledigung des Verfahrens auf pauschal Fr. 3'000.-- festgesetzt.

7.2.
Gemäss § 198 Abs. 1 lit. c VRG hat die Partei, die im Rechtsmittelverfahren unterliegt oder auf deren Rechtsmittel nicht eingetreten wurde, die amtlichen Kosten zu tragen. Beim vorliegenden Verfahren handelt es sich um ein Zweiparteienverfahren. Die Rückweisung der Streitsache zu weiteren Abklärungen und neuem Entscheid an die Vorinstanz gilt als formelles Obsiegen und wird rechtsprechungsgemäss dem materiellen Obsiegen gleichgestellt (vgl. BGE 132 V 215 E. 6.2 mit Hinweisen). In diesem Sinn sind der Beschwerdeführerin zufolge Obsiegens keine amtlichen Kosten aufzuerlegen und der von ihr geleistete Kostenvorschuss ist zurückzuerstatten. Demgegenüber wird die Beschwerdegegnerin aufgrund ihres Unterliegens von Gesetzes wegen kostenpflichtig, wenn auch nur zu zwei Dritteln. Das verbleibende Drittel ist der Vorinstanz zu überbinden. Denn gemäss § 199 Abs. 3 VRG können die kantonalen Rechtsmittelinstanzen den Gemeinden und anderen dem Kanton nachgeordneten Gemeinwesen amtliche Kosten auferlegen, wenn ihren Behörden grobe Verfahrensmängel oder offenbare Rechtsverletzungen zur Last fallen. Vorliegend hat es die Gemeinde unterlassen, das wesentlich geänderte Standortdatenblatt erneut öffentlich aufzulegen, womit das Bewilligungsverfahren an einem groben Verfahrensmangel leidet.

7.3.
Wenn an Rechtsmittelverfahren Parteien mit gegensätzlichen Interessen beteiligt sind, wird gemäss § 201 VRG der obsiegenden Partei zu Lasten jener, die unterliegt oder auf deren Begehren nicht eingetreten wird, eine angemessene Parteientschädigung zugesprochen (Abs. 1). Ausserdem wird, wenn der Vorinstanz grobe Verfahrensfehler oder offenbare Rechtsverletzungen zur Last fallen, der obsiegenden Partei zu Lasten des Gemeinwesens, dem die Vorinstanz angehört, eine angemessene Vergütung für ihre Vertretungskosten zugesprochen (Abs. 2).

Angesichts des Umfangs der Rechtsschriften und der Schwierigkeit der Streitsache ist die Parteientschädigung ermessensweise auf pauschal Fr. 6'000.-- (einschliesslich Auslagen und Mehrwertsteuer) festzusetzen (§ 2 Abs. 1 und 4 i.V.m. § 31 Abs. 3 JusKV). Davon hat die Beschwerdegegnerin wiederum zwei Drittel und die Vorinstanz einen Drittel zu tragen. In Bezug auf die Schwere des der Vorinstanz anzulastenden Verfahrensmangels kann auf Gesagtes verwiesen werden.