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Rechtsprechung Luzern


Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:2. Abteilung
Rechtsgebiet:Kindesschutz
Entscheiddatum:20.09.2023
Fallnummer:3H 22 36
LGVE:2023 II Nr. 11
Gesetzesartikel:Art. 411 ZGB, Art. 415 ZGB, Art. 419 ZGB; § 11 Abs. 3 VKES.
Leitsatz:Gegenstand der Prüfung des periodischen Berichts der Beistandsperson nach Art. 415 ZGB und Abgrenzung zum Rechtsbehelf nach Art. 419 ZGB.
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Entscheid:Zum Sachverhalt:

Die KESB A.________ genehmigte im Rahmen einer Besuchsrechtsbeistandschaft den von der Beiständin erstatteten periodischen Rechenschaftsbericht über die Situation der betroffenen Kinder und die Führung der Massnahme. Gegen diesen Entscheid erhob der besuchsberechtigte Vater beim Kantonsgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Dabei beanstandete er nicht nur die Genehmigung des Berichts, sondern brachte auch verschiedene Rügen gegen die Person der Beiständin und deren Vorgehensweise vor.

Aus den Erwägungen:

1.5.2.
(…) Anders als im Verfahren nach Art. 419 des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs (ZGB; SR 210), in welchem Handlungen und Unterlassungen der Beistandsperson im Einzelnen thematisiert werden können, dient die Prüfung der periodischen Rechenschaftsablage der allgemeinen, strategischen Aufsicht über die Mandatsführung. Soweit der Beschwerdeführer im vorliegenden Beschwerdeverfahren Handlungen beziehungsweise Unterlassungen der Beiständin beanstandet, die keinen direkten Zusammenhang mit der Überprüfung der periodischen Rechenschaftsablage aufweisen, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten, da die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid nicht über konkrete Handlungen oder Unterlassungen der Beistandsperson im Sinn von Art. 419 ZGB befunden hat und dieses Thema folglich vom Streitgegenstand nicht abgedeckt ist. Entsprechende Rügen wären (solange ein Rechtschutzinteresse besteht) bei der KESB A.________ anzubringen, welche erstinstanzlich für die Beurteilung einer Beschwerde nach Art. 419 ZGB zuständig ist. Weiter bildet der vom Beschwerdeführer bei der Vorinstanz beantragte Beistandswechsel, wie im angefochtenen Entscheid festgehalten, Gegenstand eines separaten Verfahrens und gehört nicht zum Streitgegenstand. Soweit sich die Parteien dennoch zur Person der Beiständin äussern, gehen ihre Ausführungen am Thema des vorliegenden Beschwerdeverfahrens vorbei, in welchem allein der angefochtene Entscheid der Vorinstanz zu überprüfen ist.

(…)

3.1.
Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde beaufsichtigt die Beistandsperson hinsichtlich der Erfüllung der ihr zugewiesenen Aufträge. Art. 415 ZGB sieht hierzu die Prüfung des Rechenschaftsberichts über die Lage der betroffenen Person und die Ausübung der Beistandschaft vor, welchen die Beistandsperson gemäss Art. 411 ZGB mindestens alle zwei Jahre zu erstatten hat. Der Bericht enthält eine Darstellung der persönlichen Verhältnisse der betroffenen Person, der festgelegten Ziele und der dazu getroffenen Massnahmen sowie einen Antrag betreffend die weitere Betreuung und die Ziele für die nächste Berichtsperiode (§ 11 Abs. 3 der kantonalen Verordnung über den Kindes- und Erwachsenenschutz [VKES; SRL Nr. 206]). Die Berichterstattung der Beistandsperson gemäss Art. 411 ZGB und die Kontrolle des Berichts durch die Behörde gemäss Art. 415 ZGB bilden zusammen ein Steuerungsinstrument, welches der Behörde sowohl die Beaufsichtigung und Überprüfung der Tätigkeit der Beistandsperson erlaubt, als auch die Beurteilung, ob die Massnahme weiterhin zwecktauglich und notwendig ist (vgl. Affolter, Basler Komm., 7. Aufl. 2022, Art. 411 ZGB N 1; Vogel, Basler Komm., 7. Aufl. 2022, Art. 415 ZGB N 5). Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde kann die Ergänzung des Berichts verlangen, wenn er ihr zu wenig aussagekräftig ist (vgl. Art. 415 Abs. 2 ZGB). Eine solche Anweisung der Behörde an die Beistandsperson zur Ergänzung der konkreten Sachverhaltsdarstellungen muss verhältnismässig sein, was sicher dann der Fall ist, wenn sie Einfluss auf die weitere Mandatsführung oder die Ausgestaltung der Massnahme hat und damit im Interesse des Verbeiständeten liegt (Vogel, a.a.O., Art. 415 ZGB N 10a). Das Ergebnis der Berichtsprüfung wird in einem formellen Entscheid festgehalten (Vogel, a.a.O., Art. 415 ZGB N 15). Nötigenfalls trifft die Behörde Massnahmen, die zur Wahrung der Interessen der betroffenen Person angezeigt sind (Art. 415 Abs. 3 ZGB). Die genannten Bestimmungen finden sinngemäss auch Anwendung, wenn die Beistandschaft ein Kind betrifft (Art. 314 Abs. 1 ZGB).

Die Berichterstattung soll möglichst objektiv und sachbezogen erfolgen. Es liegt aber in der Natur der Sache, dass der Bericht immer nur eine subjektive Sicht der Beistandsperson wiedergeben kann. Daher können Passagen möglicherweise inhaltlich von der subjektiven Wahrnehmung anderer, insbesondere betroffener Personen abweichen und inhaltlich umstritten sein (vgl. Vogel, a.a.O., Art. 415 ZGB N 10a; Affolter, a.a.O., Art. 411 ZGB N 2a). Es ist nicht Sinn der Genehmigung, diese Inhalte nach dem objektiven Wahrheitsgehalt zu erforschen und ihnen dadurch behördlich festgestellte Beweiskraft zu verleihen. Die Genehmigung eines Berichtes ist deshalb nicht gleichbedeutend mit der Zustimmung zu allen Aussagen und Tätigkeiten der Beistandsperson. Vielmehr bringt die Behörde damit lediglich zum Ausdruck, dass sie die Betreuung durch die Beistandsperson für die entsprechende Periode als richtig befindet (Biderbost, in: FamKomm. Erwachsenenschutz, Bern 2013, Art. 415 ZGB N 6; Affolter, a.a.O., Art. 411 ZGB N 2a; Vogel, a.a.O., Art. 415 ZGB N 11; vgl. auch LGVE 2013 II Nr. 5).

Auf Beschwerde hin kann lediglich überprüft werden, ob die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde den periodischen Bericht über die Mandatsführung zu Recht genehmigt hat oder ob Gründe bestehen, die gegen eine Genehmigung sprechen beziehungsweise weitere Massnahmen angezeigt erscheinen lassen. Eine betroffene Person kann hingegen nicht verlangen, dass der Bericht die eigene Sicht der Dinge wiedergibt. Einer Korrektur zugänglich sind höchstens offensichtliche Fehler und Auslassungen. Beschwerdeweise ist darzutun, in welchem konkreten Kontext durch den kritisierten Bericht Nachteile drohen (BGer-Urteile 5A_48/2018 vom 30.7.2018 E. 3.2 und 5A_482/2020 vom 14.9.2020 E. 9.3.1).

(…)

3.3.
3.3.1.
(…) Die Genehmigungsfähigkeit des periodischen Berichts hängt also davon ab, ob er sachgerecht Einblick in die Verhältnisse bietet, und die Behörde auf dieser Grundlage die ihr obliegende Kontroll- und Steuerungstätigkeit wahrnehmen kann. Die Beurteilung hat sich an den Interessen der betroffenen Kinder zu orientieren. Die Auswertung der vergangenen Berichtsperiode anhand des Rechenschaftsberichts zielt dabei sowohl in Bezug auf die Zwecktauglichkeit und Notwendigkeit der Massnahme als auch die Tätigkeit der Beiständin primär auf eine vorwärts gerichtete Planung des weiteren Vorgehens.