Drucken

Rechtsprechung Luzern


Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:3. Abteilung
Rechtsgebiet:Krankenversicherung
Entscheiddatum:19.12.2023
Fallnummer:5V 22 402
LGVE:2024 III Nr. 1
Gesetzesartikel:Art. 3 ATSG; Art. 1a Abs. 2 lit. a KVG, Art. 24 KVG, Art. 25 Abs. 2 KVG, Art. 29 KVG, Art. 32 Abs. 1 KVG, Art. 34 Abs. 1 KVG, Art. 34 Abs. 2 KVG; Art. 36 Abs. 1 KVV, Art. 36 Abs. 2 KVV.
Leitsatz:In der Schweiz liegt betreffend die feminisierende genitalangleichende Operation (SRS) keine Lücke im Behandlungsangebot vor. Eine SRS in der Schweiz hätte keine erheblich höheren, wesentlichen Risiken im Sinn von Art. 34 Abs. 2 KVG i.V.m. Art. 36 Abs. 1 KVV mit sich gebracht. Für die in Thailand durchgeführte SRS besteht keine Leistungspflicht der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP).
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Entscheid:Aus den Erwägungen:

1.
Streitig und zu prüfen ist, ob die Krankenversicherung A.________ zu Recht ihre Leistungspflicht für die feminisierende genitalangleichende Operation (SRS) der Beschwerdeführerin im Ausland verneint hat.

(…)

2.
2.1.
Laut Art. 1a Abs. 2 lit. a des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) gewährt die soziale Krankenversicherung Leistungen bei Krankheit. Nach Art. 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) ist unter dem Begriff Krankheit jede Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit zu verstehen, die nicht Folge eines Unfalls ist und die eine medizinische Untersuchung oder Behandlung erfordert oder eine Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat.

2.2.
Gemäss Art. 24 KVG übernimmt die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) die Kosten für die Leistungen gemäss den Art. 25 - 31 nach Massgabe der in den Art. 32 - 34 KVG festgelegten Voraussetzungen. Art. 32 Abs. 1 KVG verlangt dabei als generelle Voraussetzung für die Leistungspflicht aus der OKP, dass die Leistungen wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sind; die Wirksamkeit muss nach wissenschaftlichen Methoden nachgewiesen sein (Art. 32 Abs. 1 KVG). Die Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit (WZW) der in der Schweiz geleisteten ärztlichen Behandlungen werden vermutet (vgl. BGE 145 V 170 E. 2.2).

2.3.
2.3.1.
Gemäss Art. 34 Abs. 1 KVG dürfen die Versicherer im Rahmen der OKP keine anderen Kosten als diejenigen für die Leistungen nach Art. 25 - 31 KVG übernehmen. Darin verankert ist ebenso das sog. Territorialitätsprinzip. Nach diesem Prinzip werden in der OKP grundsätzlich nur die in der Schweiz von zugelassenen Leistungserbringern erbrachten Pflichtleistungen bezahlt. Gemäss Art. 34 Abs. 2 KVG kann der Bundesrat vorsehen, dass die OKP die Kosten von Leistungen nach Art. 25 Abs. 2 KVG oder Art. 29 KVG übernimmt, die aus medizinischen Gründen oder im Rahmen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit für in der Schweiz wohnhafte Versicherte im Ausland erbracht werden (lit. a). Die OKP übernimmt zudem die Kosten von Behandlungen, die in Notfällen im Ausland erbracht werden. Ein Notfall liegt vor, wenn Versicherte bei einem vorübergehenden Auslandsaufenthalt einer medizinischen Behandlung bedürfen und eine Rückreise in die Schweiz nicht angemessen ist. Kein Notfall besteht, wenn sich Versicherte zum Zweck dieser Behandlung ins Ausland begeben (Art. 36 Abs. 2 der Verordnung über die Krankenversicherung [KVV; SR 832.102]).

2.3.2.
Gestützt auf die Kompetenzdelegation von Art. 34 Abs. 2 lit. a KVG erliess der Bundesrat Art. 36 KVV mit dem Titel "Leistungen im Ausland". Darin ermächtigt er das Eidgenössische Departement des Innern (EDI), nach Anhören der zuständigen Kommission die Leistungen nach den Art. 25 Abs. 2 und Art. 29 KVG zu bezeichnen, deren Kosten von der OKP im Ausland übernommen werden, wenn sie in der Schweiz nicht erbracht werden können (Art. 36 Abs. 1 KVV). Ein entsprechendes Verzeichnis wurde vom EDI bislang jedoch nicht erstellt (vgl. BGE 145 V 170 E. 2.1). Das Departement begründet dies namentlich mit der ständigen Entwicklung der Medizin, was eine Listenerstellung verunmögliche. Stattdessen hat es in einem Rundschreiben vom 8. April 2008 an die KVG-Versicherer und deren Rückversicherer ein Verfahren für die Klärung der Leistungspflicht bei medizinischen Behandlungen im Ausland festgelegt. Dem entsprechend hat der den Patienten behandelnde Arzt dem Vertrauensarzt der Versicherung die medizinischen Unterlagen zuzustellen. Kommt der Vertrauensarzt gestützt auf diese klar zum Schluss, dass es sich nicht um eine Pflichtleistung einer medizinischen Behandlung im Ausland handelt, lehnt der Krankenversicherer die Kostenübernahme ab. Erachtet er die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme als erfüllt, unterbreitet er dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) ein Fachgutachten; ebenso kann er ans BAG gelangen, wenn er zu keinem klaren Schluss kommt. Das Fachgutachten hat sich dabei zu folgenden Fragen zu äussern: 1. Ist die medizinische Behandlung in der Schweiz nicht oder nur mit hohen Risiken für die betroffene Person durchführbar? 2. Ist die Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der medizinischen Behandlung im Ausland belegt? Verneint das BAG eine dieser Fragen, teilt es dies dem Vertrauensarzt des Versicherers mit. Bejaht es beide Fragen, gibt es dem Vertrauensarzt die Empfehlung ab, die Kosten der medizinischen Behandlung im Ausland zu übernehmen. Schliesslich weist das BAG die Krankenversicherer auf ihre Pflicht hin, gestützt auf Art. 43 ATSG die notwendigen Abklärungen betreffend Leistungspflicht vorzunehmen (vgl. BGE 145 V 170 E. 8.3 m.H.a. Informationsschreiben des BAG vom 8.4.2008 an die KVG-Versicherer und ihre Rückversicherer über die medizinischen Behandlungen im Ausland, abrufbar unter: https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/versicherungen/krankenversicherung/krankenversicherung-versicherer-aufsicht/kreis-und-informationsschreiben/informationsschreiben-internationales.html).

Das fehlende Verzeichnis schliesst die Anspruchsberechtigung nicht aus (vgl. BGE 128 V 75).

2.4.
Das Territorialitätsprinzip ist ein wichtiger Grundsatz in der schweizerischen Krankenpflegeversicherung (vgl. BBl 2016 S. 8). Das Bundesgericht ist bei der Annahme der Ausnahmetatbestände denn auch sehr zurückhaltend. Nach der Rechtsprechung ist eine Ausnahme vom Territorialitätsprinzip gemäss Art. 34 Abs. 2 KVG i.V.m. Art. 36 Abs. 1 KVV nur möglich, wenn in der Schweiz überhaupt keine Behandlungsmöglichkeit besteht oder aber im Einzelfall eine innerstaatlich praktizierte therapeutische Massnahme im Vergleich zur auswärtigen Behandlungsalternative für die betroffene Person wesentliche und erheblich höhere Risiken mit sich bringt und damit eine mit Blick auf den angestrebten Heilungserfolg medizinisch verantwortbare und in zumutbarer Weise durchführbare, mithin zweckmässige Behandlung in der Schweiz konkret nicht gewährleistet ist (vgl. BGE 145 V 170 E. 2.2).

Vom Territorialitätsgrundsatz abzuweichen rechtfertigen nur schwerwiegende Lücken im Behandlungsangebot ("Versorgungslücken"). Dabei handelt es sich in der Regel um Behandlungen, die hoch spezialisierte Techniken verlangen, oder um seltene Krankheiten, für welche – gerade wegen ihrer Seltenheit – die Schweiz nicht über eine genügende diagnostische oder therapeutische Erfahrung verfügt (vgl. Eugster, Krankenversicherung, in: SBVR XIV, Soziale Sicherheit, 3. Aufl. 2016, S. 577, N 549). Wird hingegen in der Schweiz eine in Fachkreisen breit anerkannte und zweckmässige Behandlungsmethode üblicherweise praktiziert, hat die versicherte Person keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für eine im Ausland vorgenommene therapeutische Vorkehr. Bloss geringfügige, schwer abschätzbare oder gar umstrittene Vorteile einer auswärts praktizierten Behandlungsmethode, aber auch der Umstand, dass eine spezialisierte Klinik im Ausland über grössere Erfahrung auf dem betreffenden Fachgebiet verfügt bzw. höhere Fallzahlen ausweist, vermögen für sich allein noch keinen medizinischen Grund im Sinn von Art. 34 Abs. 2 KVG abzugeben (BGE 145 V 170 E. 2.3 mit Hinweisen).

In diesem Sinn sind medizinische Gründe nach Art. 34 Abs. 2 KVG denn auch nur mit Zurückhaltung anzunehmen bzw. eng zu fassen (vgl. BGE 145 V 170 E. 2.3 f.). Den obligatorisch Versicherten die Wahlfreiheit einzuräumen, sich durch führende Spezialisten im Ausland behandeln zu lassen, obgleich die betreffenden medizinischen Vorkehren auch in der Schweiz unter annehmbaren Bedingungen angeboten werden, bedeutete, das System der tarifvertraglich geprägten Spitalfinanzierung (Art. 49 KVG) zu gefährden, was wiederum die Güte der medizinischen Versorgung in der Schweiz beeinträchtigen könnte (BGE 131 V 271 E. 3.2). Unter anderem deswegen kann eine versicherte Person bei fehlendem medizinischem Grund auch keine Erstattung im Umfang der bei einer Behandlung in der Schweiz hypothetisch anfallenden Kosten beanspruchen. Es besteht auch kein Anspruch im Umfang dessen, was eine Behandlung in der Schweiz gekostet hätte (sogenannte Austauschbefugnis; BGE 134 V 330 E. 2.4; vgl. zum Ganzen auch BGE 145 V 170 E. 2.4).

2.5.
Zur Abklärung medizinischer Sachverhalte ist die rechtsanwendende Behörde regelmässig auf Unterlagen angewiesen, die ihr vorab von Ärztinnen und Ärzten zur Verfügung zu stellen sind (BGE 122 V 157 E. 1b). Das Gericht hat diese medizinischen Unterlagen nach dem für den Sozialversicherungsprozess gültigen Grundsatz der freien Beweiswürdigung (vgl. Art. 61 lit. c ATSG) – wie alle anderen Beweismittel – frei, d.h. ohne Bindung an förmliche Beweisregeln, sowie umfassend und pflichtgemäss zu würdigen. Es hat alle Beweismittel, unabhängig, von wem sie stammen, objektiv zu prüfen und danach zu entscheiden, ob die verfügbaren Unterlagen eine zuverlässige Beurteilung des streitigen Rechtsanspruchs gestatten. Insbesondere darf es bei einander widersprechenden medizinischen Berichten den Prozess nicht erledigen, ohne das gesamte Beweismaterial zu würdigen und die Gründe anzugeben, warum es auf die eine und nicht auf die andere medizinische These abstellt. Hinsichtlich des Beweiswerts eines Arztberichts ist entscheidend, ob dieser für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in der Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge und in der Beurteilung der medizinischen Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen des Experten begründet sind (BGE 134 V 231 E. 5.1, 125 V 351 E. 3a).

Dennoch hat es die Rechtsprechung mit dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung als vereinbar erachtet, in Bezug auf bestimmte Formen medizinischer Berichte und Gutachten Richtlinien für die Beweiswürdigung aufzustellen (BGE 125 V 351 E. 3b). So ist den von Versicherungsträgern im Verfahren nach Art. 44 ATSG eingeholten, den Anforderungen der Rechtsprechung entsprechenden, Gutachten externer Spezialärzte voller Beweiswert zuzuerkennen, solange "nicht konkrete Indizien gegen die Zuverlässigkeit" der Expertise sprechen (vgl. BGE 135 V 465 E. 4.4 mit Hinweis). Reine Aktengutachten können beweiskräftig sein, sofern ein lückenloser Befund vorliegt und es im Wesentlichen nur um die fachärztliche Beurteilung eines an sich feststehenden medizinischen Sachverhalts geht, mithin die direkte ärztliche Befassung mit der versicherten Person in den Hintergrund rückt (BGer-Urteile 9C_524/2017 vom 21.3.2018 E. 5.1 und 8C_780/2016 vom 24.3.2017 E. 6.1 und 6.2 mit Hinweisen). Sodann kann auch auf versicherungsinterne ärztliche Feststellungen abgestellt werden. Bestehen jedoch auch nur geringe Zweifel an deren Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit, sind weitere Abklärungen vorzunehmen (BGE 139 V 225 E. 5.2; BGer-Urteil 8C_750/2020 vom 23.4.2021 E. 4 mit weiteren Hinweisen). Zudem ist zu beachten, dass behandelnde Arztpersonen mitunter im Hinblick auf ihre auftragsrechtliche Vertrauensstellung in Zweifelsfällen eher zugunsten ihrer Patienten aussagen, weshalb ihre Berichte mit Vorbehalt zu würdigen sind (BGer-Urteil 8C_756/2019 vom 11.2.2020 E. 4.4 mit Hinweis auf BGE 135 V 465 E. 4.5).

2.6.
Sowohl das Verwaltungsverfahren wie auch der kantonale Sozialversicherungsprozess sind vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht (Art. 43 Abs. 1 und Art. 61 lit. c ATSG). Danach haben Verwaltung und Sozialversicherungsgericht den rechtserheblichen Sachverhalt von Amtes wegen festzustellen. Diese Untersuchungspflicht dauert so lange an, bis über die für die Beurteilung des streitigen Anspruchs erforderlichen Tatsachen hinreichende Klarheit besteht (BGer-Urteil 8C_654/2012 vom 21.2.2013 E. 6.3 mit Hinweisen).

2.7.
Zeitliche Grenze der gerichtlichen Überprüfungsbefugnis bildet rechtsprechungsgemäss der Erlass des Einspracheentscheids (vgl. BGE 132 V 215 E. 3.1.1, 131 V 242 E. 2; BGer-Urteil 8C_380/2013 vom 24.9.2013 E. 3 mit Hinweisen). Nachgereichte Arztberichte sind nur in die Beurteilung einzubeziehen, wenn sie sich zum Gesundheitszustand im Zeitpunkt des Einspracheentscheids äussern oder bereits bei den Akten liegende Berichte erläutern und ergänzen (EVG-Urteil I 558/02 vom 24.7.2003 E. 3.3 mit Hinweis).

3.
Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die in Thailand durchgeführten Operationen unbestrittenermassen keine Notfallbehandlungen nach Art. 36 Abs. 2 KVV darstellten. Vielmehr handelte es sich um zeitlich geplante Wahleingriffe. Eine Leistungspflicht aus einer im Ausland erlangten Notfallbehandlung fällt damit ausser Betracht (vgl. BGE 146 V 185).

Es ist somit zu prüfen, ob eine Ausnahme vom Territorialitätsprinzip vorliegt, entweder, weil für die Beschwerdeführerin in der Schweiz keine Behandlungsmöglichkeit bestand oder aber weil diese im Vergleich zur Behandlungsalternative im Ausland für sie erheblich höhere, wesentliche Risiken mit sich gebracht hätte, mithin eine zweckmässige Behandlung in der Schweiz konkret nicht gewährleistet gewesen wäre (vgl. E. 2.4).

(…)

4.
Um zu klären, ob die bei der Beschwerdeführerin in Thailand durchgeführten Behandlungen in der Schweiz nicht hätten erbracht werden können, holte die A.________ das Aktengutachten von Dr. B.________, FMH Chirurgie und Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, praktizierend am Universitätsspital C.________, vom 4. Januar 2022 ein.

4.1.
Die Gutachterin erklärte, bei der Beschwerdeführerin bestehe eine Gender-Dysphorie im Sinn eines Mann-zu-Frau Transsexualismus (ICD-10 F64.0). Gemäss dem angehängten Fragebogen der Klinik D.________, der von der Beschwerdeführerin ausgefüllt worden sei, lägen folgende Nebendiagnosen vor: eine arterielle Hypertonie, die medikamentös behandelt werde; ein lokalisiertes Ekzem der Fingerspitzen II bis V der rechten Hand, das mit einer Kortisoncreme behandelt werde; Rückenschmerzen, die eine tägliche Einnahme von Arthrotec (NSAR) begründeten; eine Hypercholesterinämie, die eine tägliche Einnahme von Atorvastatin notwendig mache; und eine Adipositas (BMI 29).

Laut den vorliegenden Akten habe bei der Beschwerdeführerin klinisch ein kleines männliches Genital ohne Voroperationen bestanden. Bei dieser klinischen Situation sei die Chonburi-Flaps-Methode nach Suporn nicht die einzige in Frage kommende SRS-Operationstechnik. Es würden grob zwei relevante Techniken in der Vulva-/Vaginoplastik unterschieden. Entweder würden die Vulva und die Auskleidung der Vagina mit lokalem Gewebe des ursprünglichen Genitals gebildet oder die Vagina werde mit einem Stück Darm hergestellt. Die Penisinversionstechnik sei die klassische, ursprüngliche Technik mit rein lokalem Gewebe. Aus dieser Technik hätten sich verschiedene Modifikationen entwickelt. Einige Operateure verwendeten mehr Gewebe der Penishaut, um das äussere Genital zu bilden, dafür werde die Vagina mit einem Transplantat der Scrotalhaut ausgekleidet. Andere Operateure nutzten die Vorhaut zur Bildung kleiner Schamlippen. Je nach Operateur werde mehr oder weniger Gewebe der Eichel für die Klitorisbildung verwendet. In der kombinierten Methode, auch bekannt als Methode nach Dr. Schaff, werde die überschüssige Harnröhrenschleimhaut sowohl für Teile des äusseren Genitals als auch zur Auskleidung der Vagina eingesetzt. Diese genannten Techniken hätten gemein, dass sie ausschliesslich lokales Gewebe nutzten. Bei der Suporn-Methode werde die Penishaut praktisch gänzlich für die Vulvabildung verwendet. Dies habe zum Vorteil, dass es keinen Zug auf das Gewebe gebe, wie das oft bei einer klassischen Penisinversion (PI) der Fall sei/gewesen sei. Mit dieser Haut würden auch kleine Schamlippen gebildet, was bei der klassischen PI gefehlt habe. Die Vaginaauskleidung erfolge bei Suporn mit einem gemeshten Hauttransplantat der Scrotalhaut. Diese habe allerdings zum Nachteil, dass sie eine grössere Schrumpfungstendenz habe als eine gestielte Penishaut. Sie sei ausserdem trockener. Bei der kombinierten Methode werde die überschüssige Harnröhrenschleimhaut gestielt für ca. 1/3 der Vaginalauskleidung verwendet. Dies habe zum Vorteil, dass es in der Vagina eine Schleimproduktion gebe, es könne zudem auf einen invasiven Darmeingriff verzichtet werden. Ebenso sei die Schleimproduktion nicht derart übermässig wie bei einer Vagina aus Darmgewebe. Die kleinen Schamlippen würden aus der Vorhaut oder, wenn beschnitten, aus der distalen Schafthaut gebildet. Die übrige Penishaut werde ohne Zug invertiert und bei ungenügender Länge die Vaginaauskleidung analog zur Suporn-Methode mit Scrotalhaut verlängert. Neben den Techniken mit lokalem Gewebe gebe es die Sigmavaginoplastik. Bei dieser bestehe die Vagina aus Darm, einem gestielten Dickdarmstück, dem Sigma. Eine Vagina aus Darm habe den Vorteil, dass sie vollumfänglich aus Schleimhaut bestehe, als Nachteil würden allerdings ein deutlich invasiverer Eingriff sowie eine teilweise übermässige, für die Patientinnen eher unangenehme Schleimproduktion in Kauf genommen.

Dr. B.________ führte weiter aus, bestehe klinisch ein kleines Glied oder sei die Patientin zirkumzidiert worden, was mit einer ungenügenden Länge der Penishaut für eine PI einhergehe, gebe es zwei Möglichkeiten: Entweder man benütze zur Auskleidung der Vagina ein Hauttransplantat der Scrotalhaut, wie es (analog der Suporn-Methode) auch bei einer modifizierten Penisinversionstechnik gemacht werde, oder die Vagina werde aus Darm, einem gestielten Stück des Dickdarms, hergestellt. Die Suporn-Methode (Chonburi-Flaps-Methode) werde in der Schweiz aktuell nicht unverändert angeboten. Es würden aber qualitativ ebenbürtige Techniken mit vergleichbarem Outcome und Komplikationsraten (Preecha-Methode [vgl. dazu E. 4.4.1.1], kombinierte Methode nach Schaff) durchgeführt. Dr. Suporn beschreibe in seiner Publikation seine Technik als Modifikation der PI. Die in der Schweiz angebotenen, modifizierten Techniken ähnelten sehr stark dieser Methode, die Unterschiede seien dabei nicht derart relevant, dass eine Methode klar überlegen wäre. Bei der Beschwerdeführerin könne zudem sehr gut eine Sigmavaginoplastik durchgeführt werden. Diese Methode werde in guter Qualität am Universitätsspital E.________ und am Universitätsspital F.________ angeboten. Die genauen Fallzahlen der Sigmavaginoplastiken seien ihr nicht bekannt. Dr. med. G.________, FMH Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie, sei im Jahr 2015 in Thailand gewesen und habe danach die Preecha-Methode am E.________ etabliert. Sein Nachfolger, Dr. med. H.________ FMH Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie, habe diese Methode in einer über einjährigen Zusammenarbeit erlernt und führe diese Methode am E.________ durch. Diese Technik sei bei der Beschwerdeführerin – unter Umständen auch in Kombination mit einer Sigmavagina – möglich. Die kombinierte Methode könne auch sehr gut angewendet werden, falls die Beschwerdeführerin die invasive Methode nicht wolle. Diese Technik werde am C.________ durchgeführt. Die Fallzahlen beliefen sich in den letzten Jahren auf über 20 Fälle pro Jahr. Auch eine modifizierte PI, bei der die Vagina mit einem Hauttransplantat ausgekleidet werde, könne angewendet werden. Sowohl bei der kombinierten Methode als auch bei der Preecha-Methode werde bei ungenügender Penislänge die Vagina mit einem Hauttransplantat der Scrotalhaut (analog Suporn) gebildet. Dies allerdings nur, wenn wirklich nötig, da ein Hauttransplantat, gemesht oder ungemesht, eine höhere Schrumpfungstendenz aufweise. Als weiterer Grund für die Suporn-Methode werde angegeben, dass die Beschwerdeführerin im Genitalbereich, insbesondere der Glans, an einer Lichen sclerosus leide. Allerdings habe sie im Fragebogen der D.________ diese Erkrankung nicht erwähnt. Zudem wäre die Suporn-Methode, welche genau diesen befallenen Anteil zur Bildung von Teilen der Vulva benutze, in diesem Fall eher ungeeignet.

4.2.
Das Gutachten von Dr. B.________ vom 4. Januar 2022 erfüllt die Anforderungen an eine beweiskräftige Entscheidgrundlage (E. 2.5). Die Ausführungen von Dr. B.________ sind schlüssig, nachvollziehbar begründet, in sich widerspruchsfrei und in Kenntnis der massgebenden medizinischen Akten abgegeben worden. Die Gutachterin verfügt auch über die nötige fachärztliche Qualifikation, um den vorliegenden Fall zu beurteilen.

Gestützt auf das Gutachten ist erstellt, dass in der Schweiz ein Behandlungsangebot für eine SRS für die Beschwerdeführerin bestanden hätte.

Was diese dagegen vorbringt, vermag nicht zu überzeugen, wie im Folgenden zu zeigen ist.

4.3.
(Es folgen Ausführungen zu formellen Rügen.)

4.4.
Weiter sind die materiellen Vorbringen der Beschwerdeführerin zu prüfen:

4.4.1.
Entgegen der Ansicht der Versicherten wird in der Schweiz nicht nur eine Operationstechnik durchgeführt. Ebenfalls kann ihr nicht gefolgt werden, wenn sie vorbringt, die Suporn-Methode sei aufgrund ihrer anatomischen Gegebenheiten die einzige anwendbare Methode.

4.4.1.1.
Wie bereits erwähnt, wird die Suporn-Methode in der Schweiz nicht angeboten. Das bedeutet aber nicht, dass kein genügendes Angebot für eine SRS in der Schweiz besteht. Wie die Gutachterin erklärte, ist bei der Beschwerdeführerin sowohl die modifizierte Penisinversionstechnik, wie sie im E.________ und im Universitätsspital F.________ angeboten wird, als auch die kombinierte Methode, die im C.________ angewendet wird, möglich. Bei beiden Methoden (Preecha-Methode im E.________; kombinierte Methode im C.________) wird analog der Suporn-Methode zur Auskleidung der Vagina ein Hauttransplantat der Scrotalhaut verwendet. Ebenfalls erachtete es die Gutachterin als möglich, bei der Versicherten eine Sigmavaginoplastik durchzuführen. Sie hat bei ihren Ausführungen denn auch ausdrücklich die körperlichen Gegebenheiten der Beschwerdeführerin berücksichtigt (vgl. E. 4.1). Zur Preecha-Methode, die im Gutachten nur am Rand erwähnt wurde, führte Dr. H.________ vom E.________ in einem Interview vom 24. September 2021 aus, dabei handle es sich um eine Variation der penil skin inversion (PSI)-Technik. Sie erziele ein besseres ästhetisches Resultat und betreffe vor allem die Formung der Klitoris, der Harnröhre und der kleineren Schamlippen (https://www.usz.ch/fachbereich/plastische-chirurgie-und-handchirurgie/angebot/geschlechtsangleichung-von-mann-zu-frau-mit-penishaut-technik/). Dr. G.________ bestätigte sodann am 20. Mai 2020, dass es sich bei der Suporn-Methode um ein Derivat der Preecha-Technik handle, da Dr. Suporn ein Schüler von Dr. Preecha gewesen sei. Anschliessend habe er dezente Modifikationen an der Technik vorgenommen, die aber schliesslich auf der Preecha-Technik basierten.

Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, die Suporn-Methode gelte als (evidenzbasierter) Goldstandard, und damit einen Anspruch auf diese Methode ableiten will, kann ihr nicht gefolgt werden. Gemäss Aussage der Gutachterin wird nicht die Suporn-Methode an sich, sondern lediglich die – Teil davon bildende – Klitorisbildung aus einem Anteil der Glans mit dem dorsalen neurovaskulären Bündel als Goldstandard beschrieben, die bei sämtlichen in der Schweiz durchgeführten Techniken auch vorgenommen werde. Es besteht im Übrigen kein Anspruch auf eine bestimmte Vorkehr oder gar die bestmögliche Versorgung im Ausland (BGer-Urteil 9C_615/2021 vom 31.1.2023 E. 7.3).

4.4.1.2.
Im Kostengutsprachegesuch der Versicherten (verfasst von Dr. I.________, FMH Psychiatrie und Psychotherapie) wurde ausgeführt, die Suporn-Technik und ihre Variationen, wie sie etwa auch deutsche Geschlechtschirurgen wie Dr. Schaff praktizierten, würden in der Schweiz nicht angewendet. Das C.________ hat dagegen im Fragebogen vom 22. September 2020 bestätigt, dass dort eine modifizierte Penisinversionstechnik, wie diese auch Dr. Schaff (Anmerkung des Gerichts: "kombinierte Methode") anbiete, durchgeführt werde. Somit scheint die Versicherte resp. Dr. I.________ fälschlicherweise davon auszugehen, die kombinierte Methode werde in der Schweiz nicht angeboten. Ebenfalls unzutreffend ist die Behauptung von Dr. I.________, in der Schweiz könne bei einer SRS eine Eindringtiefe von nur 9 - 11 cm erreicht werden. Die Beschwerdeführerin legte im vorliegenden Verfahren einen Vortrag von Dr. I.________ auf, in welchem ihre Operationsmöglichkeiten erörtert worden sein sollen. Zur kombinierten Methode – welche in der Schweiz angeboten wird – hielt Dr. I.________ aber fest, eine Eindringtiefe von mehr als 15 cm sei möglich.

4.4.1.3.
Soweit sich die Versicherte darauf beruft, Dr. med. J.________, FMH Allgemeine Innere Medizin und Endokrinologie/Diabetologie, habe in einem Bericht vom 23. Mai 2022 bestätigt, die Voraussetzung für die von der Begutachterin selbst angebotene und beschriebene PI sei aufgrund der konkreten Penisanatomie gar nicht erfüllt gewesen, ist anzumerken, dass ein solcher Bericht sich weder in den Akten befindet noch im vorliegenden Verfahren aufgelegt wurde. In den Akten findet sich das ärztliche Zeugnis von Dr. J.________ vom 20. Dezember 2020. Darin wird ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe eine Penisatrophie. Die Penishaut sei nicht ausreichend gross für ein Inversverfahren zur Anlage einer Neovagina. Dr. J.________ verfügt aufgrund seiner Facharzttitel allerdings nicht über den Nachweis der notwendigen Fachkenntnisse, um die sich hier stellende Frage beurteilen zu können. Ebenfalls ist der Erfahrungstatsache Rechnung zu tragen, dass behandelnde Ärzte eher zu Gunsten ihrer Patienten aussagen (E. 2.5). Diese Aussage stellt somit kein konkretes Indiz gegen das Gutachten von Dr. B.________ dar.

4.4.1.4.
Weiter ist der Einwand der Beschwerdeführerin nicht stichhaltig, Dr. I.________ habe klar herausgearbeitet, weshalb sie anatomisch auf die Auslandbehandlung angewiesen sei. Dr. I.________ ist ihre behandelnde Psychiaterin und verfügt über keinen Facharzttitel im somatischen Bereich. Sie äusserte sich diesbezüglich in einem ihr fremden Fachgebiet, weshalb ihre Einschätzung zurückhaltend zu würdigen ist. Dr. I.________ bringt zwar vor, die Suporn-Methode sei vorliegend angezeigt. Eine schlüssige Begründung dazu fehlt jedoch. Ebenfalls ist aus ihren Ausführungen nicht ersichtlich, weshalb andere Methoden (kombinierte Methode, Sigmavaginoplastik) nicht möglich sein sollten. Die Behauptung, die Penisatrophie lasse keine andere Behandlungsmethode zu, hat die Gutachterin schlüssig und nachvollziehbar entkräftet. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass kein Facharzt die Notwendigkeit der Behandlung in Thailand bestätigt hat. Soweit Dr. I.________ resp. die Versicherte überdies ausführt, aufgrund der gesicherten chronisch entzündlichen Lichen sclerosus mit sichtbaren Vernarbungen/Gewebsschrumpfungen an der Eichel und Penishaut sei nur die Suporn-Methode möglich, kann ihr ebenfalls nicht gefolgt werden. Die Gutachterin erklärte diesbezüglich, im Fragebogen der D.________ habe sie diese Diagnose nicht erwähnt. Zudem wäre die Suporn-Methode, die genau diesen befallenen Anteil zur Bildung von Anteilen der Vulva benutze, eher ungeeignet. Diese Einschätzung überzeugt.

4.4.1.5.
Die Beschwerdeführerin bringt weiter vor, bei ihr sei eine Sigmavaginoplastik wegen ihres Alters und ihrer chronischen Darmbeschwerden nie in Frage gekommen. Dr. I.________ habe sie wegen der Möglichkeit dieser Operationstechnik befragt, was sie aber klar abgelehnt habe. Eine Bekannte, die mittels dieser Technik operiert worden sei, müsse jeden zweiten Monat notfallmässig wegen heftiger Bauchschmerzen ins Spital, so etwas brauche sie nicht.

Keinem Arztbericht ist der Hinweis zu entnehmen, dass die Versicherte an chronischen Darmbeschwerden leidet. Weder findet sich eine solche Diagnose in der Auflistung der D.________, noch wird dies von einem Arzt bestätigt, obwohl die A.________ die Beschwerdeführerin am 16. Juni 2021 aufgefordert hatte, ihr sämtliche medizinischen Unterlagen zuzustellen. Ebenso wenig wurde dies beim Gesuch um Kostengutsprache erwähnt. Dr. J.________ erklärte am 20. Dezember 2020 nur, die PI-Technik sei wegen der Penisatrophie nicht möglich. Über mögliche Darmbeschwerden berichtete er nicht. Ob die Versicherte wirklich an solchen Beschwerden leidet, welche eine Sigmavaginoplastik verunmöglichen würden, ist somit fraglich. Zwar gilt im Sozialversicherungsverfahren der Untersuchungsgrundsatz. Dieser wird aber durch die Mitwirkungspflicht der Parteien beschränkt (BGE 125 V 193 E. 2). Dazu gehört in erster Linie die Substantiierungspflicht. Im gesamten Verfahren wurde kein medizinischer Bericht aufgelegt, welcher die Darmbeschwerden belegte. In ihrem Bericht vom 16. März 2021 erklärte die Beschwerdeführerin überdies, eine Bekannte habe schlechte Erfahrungen mit dieser Technik gemacht und dies brauche sie nicht. Die Ablehnung der Sigmavaginoplastik scheint somit nicht in erster Linie somatisch begründet.

Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass die Versicherte auf einen Vortrag von Dr. I.________ verweist, bei welchem angeblich ihre Operationsmöglichkeiten erörtert worden seien. Laut den aufgelegten Unterlagen wird bei ihr die Chonburi-Flaps-Methode als angezeigt angesehen. Die kombinierte Methode sei "eher positiv", wobei als negativer Punkt nur "Ängste wegen fehlender Daten" angegeben wurden. Demnach ist erstellt, dass bei der Beschwerdeführerin selbst nach der – nicht primär entscheidenden – Einschätzung von Dr. I.________ rein medizinisch auch die kombinierte Methode möglich gewesen wäre.

4.4.2.
(…)

4.5.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass aus physischer Sicht für die Beschwerdeführerin ein genügend grosses Behandlungsangebot in der Schweiz bestanden hätte. Die Tatsache, dass in der Schweiz mehrere medizinische Institutionen chirurgische Massnahmen der SRS anbieten, wird weder von der Versicherten selbst noch von der behandelnden Psychiaterin, Dr. I.________, im Grundsatz resp. genügend substantiiert bestritten. Wie die Versicherte selbst vorbringt, ist das Nichtabstellen auf ein versicherungsexternes Gutachten an sehr enge Voraussetzungen geknüpft. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, medizinische Fragen selbst zu interpretieren. Nachdem keine konkreten Indizien gegen die Zuverlässigkeit des Gutachtens von Dr. B.________ vom 4. Januar 2022 vorliegen, ist folglich darauf abzustellen (vgl. E. 2.5). Der Sachverhalt ist diesbezüglich genügend abgeklärt und eine Verletzung von Art. 43 ATSG liegt entgegen der Ansicht der Versicherten nicht vor. Von weiteren Beweisabnahmen, wie einem weiteren Gutachten, sind keine entscheidrelevanten Erkenntnisse zu erwarten, weshalb darauf zu verzichten ist (antizipierte Beweiswürdigung, BGE 134 I 140 E. 5.3). Unter diesen Umständen ist auch nicht zu prüfen, ob die Behandlungen in Thailand überhaupt die "WZW-Kriterien" erfüllten.

4.6.
(Es folgen Ausführungen zum psychischen Gesundheitszustand.)

5.
Eine Lücke im Behandlungsangebot liegt aufgrund des Ausgeführten in der Schweiz nicht vor. Die Kostenübernahme für die in Thailand durchgeführte SRS ist daher grundsätzlich ausgeschlossen, ausser wenn die Operation in der Schweiz im Vergleich zur auswärtigen Behandlungsalternative wesentliche und erheblich höhere Risiken mit sich gebracht hätte (vgl. E. 2.4).

6.
Zu prüfen ist in diesem Zusammenhang namentlich, ob eine in der Schweiz durchgeführte SRS wegen zu geringer Operationsfrequenzen an den schweizerischen Kliniken für die Beschwerdeführerin im Vergleich zu auswärtigen Behandlungsalternativen ein unzumutbares Risiko dargestellt hätte.

Geschlechtsangleichende medizinische Massnahmen stellen sowohl für die Betroffenen als auch für die beteiligten Ärzteteams eine grosse Herausforderung dar. Dabei verfolgt die operative Geschlechtsangleichung von Mann zu Frau das Ziel, die primären und sekundären Geschlechtsmerkmale der Betroffenen hinsichtlich Funktion und Morphologie vom Maskulinen ins Feminine zu transformieren (vgl. BGE 145 V 170 E. 3.1 m.H.). Mithin gehören zu den Operationen von Mann zu Frau primär die Penisentfernung und Bildung einer Vagina sowie der Brustaufbau. Zudem können auch weitere operative Eingriffe, insbesondere gesichtsanpassende Operationen, in Betracht gezogen werden (vgl. Bauquis/Pralong/Stiefel, Operative Geschlechtsumwandlung bei Störungen der Geschlechtsidentität, Schweiz Med Forum 2011 S. 61 f.). Es gilt dabei zunächst darauf hinzuweisen, dass trotz aller Bestrebungen um bestmögliche Qualität der vorgenommenen Eingriffe das Risiko von Komplikationen jeder Operation inhärent ist (vgl. BGE 145 V 170 E. 5.4).

6.1.
Die A.________ stützte sich bei der Beurteilung des innerstaatlichen Operationsrisikos auf die Stellungnahmen des E.________, der Klinik K.________ und des C.________. Ebenso äusserte sich das Gutachten von Dr. B.________ zu dieser Fragestellung.

Die Beschwerdeführerin bringt in diesem Zusammenhang vor, da die A.________ mit Verfügung vom 14. Oktober 2020 die Kostenübernahme für die Auslandbehandlung abgelehnt habe, dürften nur die Erfahrungswerte der Kliniken bis 2020 berücksichtigt werden. Die Stellungnahmen der vorgenannten Einrichtungen datieren indessen vom Jahr 2020. Entgegen der Ansicht der Versicherten hat die A.________ somit nicht auf Angaben bis in den Zeitraum 2022 abgestellt.

6.2.
6.2.1.
Das E.________ erklärte am 21. Juli 2020, pro Jahr würden ca. 25 SRS-Operationen durchgeführt. Die angebotenen Behandlungsmethoden stellten in Bezug auf die Fallzahlen ein echtes alternatives, risikofreies Angebot zur Suporn-Methode in der D.________ in Thailand dar. Das E.________ verzeichne jährlich steigende Fallzahlen. Es bestünden keinerlei Nachteile im Vergleich zu ausländischen Institutionen. Aufgrund der intensiven Vor- und Nachbetreuung könnten durchgehende Erreichbarkeit und die Möglichkeit fachspezifischer Beratung bei Problemen angeboten werden. Die Oberärzte an der Klinik für Plastische Chirurgie besässen einen Facharzttitel FMH für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie und hätten zusätzlich spezielle Schulungen (Amsterdam Gender rounds) und ähnliche Kurse absolviert, um im Bereich der SRS-Behandlung auf höchstem Niveau zu arbeiten. Es lägen keine genauen Angaben zu den Komplikationsraten bei SRS-Operationen vor. Die Anzahl von schweren Komplikationen (jene, die chirurgisch revidiert werden müssten) liege aber unter 3 %.

Die K.________ resp. Dr. G.________ beantwortete ebenfalls den Fragebogen der A.________. In diesem Zusammenhang ist jedoch anzumerken, dass laut Gutachten von Dr. B.________ vom 4. Januar 2022 Dr. G.________ seit seinem Weggang vom E.________ (2019) keine Vagionalplastiken in der Schweiz mehr durchführe, da er dazu in keinem Listenspital für Transgender Operationen angegliedert sei. Diese Information stimmt auch mit den Angaben des Bundesamtes für Statistik (BFS) überein. Demnach werden Vaginoplastiken fast ausschliesslich (99 %) in Universitätsspitälern durchgeführt (vgl. Medienmitteilung vom 26.10.2023, abrufbar unter https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/dienstleistungen/fuer-medienschaffende/medienmitteilungen.assetdetail.26405099.html). Die Angaben von Dr. G.________ zu den Operationszahlen und Komplikationsraten dürften daher die durch die K.________ im Ausland vorgenommenen Operationen umfassen und sind vorliegend nicht entscheidend. Dagegen ist festzuhalten, dass Dr. G.________ am 20. Mai 2020 erklärte, die Mehrheit der Zentren publiziere ihre Daten nicht transparent, weshalb es schwierig sei, die Komplikationsraten zu vergleichen. Im Kollektiv von 63 Patientinnen, die er zwischen 2016 und 2019 operiert habe, sei nur bei einer Patientin eine ernste Komplikation (Fistula) aufgetreten, zwei andere Patientinnen seien reoperiert worden.

Das C.________ erklärte am 22. September 2020, es würden ca. 20 Personen pro Jahr operiert, wobei die Behandlungszahlen exponentiell zunähmen. In der Klinik seien mehrere Patientinnen nachbetreut worden, die in der D.________ behandelt worden seien, und man könne versichern, dass kein relevanter Unterschied zur eigenen Technik bestehe. Man könne somit bestätigen, dass mindestens ein gleichwertiges, risikoarmes Angebot angeboten werde. Die Operation werde ca. 2-wöchentlich durchgeführt. Die Fallzahlen seien genügend hoch, dass von einem Routineeingriff gesprochen werden könne. Die SRS-Operationen hätten keine besseren Erfolgschancen im Ausland. Da es sich um komplexe Operationen mit entsprechender Hospitalisationsdauer handle, welche ebenfalls eine Gewährleistung der Nachbetreuung benötige, liege es auf der Hand, dass die Erfolgschance in der Schweiz sogar höher liege. Zudem würden am Schwerpunkt für Geschlechtervarianz (SPGV) perioperativ mögliche psychosoziale Anpassungsstörungen thematisiert, so dass deren Folgen frühzeitig und komplikationsarm therapiert werden könnten. Die behandelnden Chirurgen seien Träger des Schweizerischen Facharzttitels für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie resp. des Facharzttitels für Urologie. Sie hätten sich schwerpunktmässig auf diese Operationen spezialisiert und nähmen an Hospitationen, internationalen Kongressen und Workshops teil. Die Komplikationsrate sei, soweit aus den Publikationen ersichtlich, vergleichbar mit derjenigen international führender Zentren und liege insgesamt sehr tief.

6.2.2.
Im Gutachten vom 4. Januar 2022 führte Dr. B.________ aus, die Fallzahlen in der Schweiz seien genügend hoch und mit tiefen Komplikationsraten verbunden, sodass die Qualität der angebotenen Operationen ausreichend und somit medizinisch verantwortbar, zumutbar und zweckmässig sei. Die Behandlung in der D.________ sei zweifelsfrei eine ausgezeichnete Therapie. Die publizierten Daten von Dr. Suporn seien allerdings im internationalen Vergleich nicht derart überlegen, dass die Kostenübernahme einer Auslandbehandlung durch die Krankenkasse gerechtfertigt wäre. Die Komplikationsrate sei vergleichbar mit anderen internationalen und nationalen Daten. Auch Dr. Suporn, der bis 2019 operativ tätig gewesen sei, habe in ca. 30 % der Fälle Revisionseingriffe durchgeführt. Dabei seien die heimatnahen Revisionen nicht miteinberechnet. Sie persönlich habe im Jahr 2021 zwei Patientinnen wegen Vaginalstenosen revidiert, welche in der D.________ operiert worden seien.

6.3.
Die Stellungnahmen der Leistungserbringer wie auch das Gutachten von Dr. B.________ weisen übereinstimmend und nachvollziehbar darauf hin, dass die Komplikationsrate der SRS in der Schweiz mit derjenigen im Ausland vergleichbar ist. Insbesondere gilt es vorliegend zu beachten, dass Dr. Suporn erst im Jahr 2019 seine Technik veröffentlichte und sein chirurgisches Outcome beschrieb (Vaginoplasty Modifications to Improve Vulvar Aesthetics, Watanyusakul Suporn, in: Urologic Clinics of North America, 2019, S. 541-554, teilweise abrufbar unter https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0094014319300552?via%3Dihub). Die Gutachterin erklärte unter Bezugnahme auf diese Veröffentlichung, die Komplikationen seien vergleichbar mit anderen internationalen und nationalen Daten. Grund, an der Richtigkeit dieser Aussage zu zweifeln, besteht vorliegend nicht. Dies wird denn auch von der Beschwerdeführerin nicht substantiiert in Frage gestellt. Im Übrigen verweist auch Dr. I.________ auf eine Publikation von Dr. G.________ und Prof. Dr. med. L.________, FMH Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie sowie Handchirurgie, Klinikdirektor der Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie am E.________. In "A Single-Center Study Comparison of Two Different Male-to-Female Penile Skin Inversion Vaginoplasty Techniques and Their 3.5-Year Outcomes" (veröffentlich in: The Journal of Sexual Medicine, 2021, S. 391-399) führten Dr. G.________ und Prof. Dr. L.________, welche in den Jahren 2016 - 2019 am E.________ tätig waren (Dr. G.________ war von 2015-2019 Leiter des geschlechtsangleichenden Programms am E.________, die Daten in der Veröffentlichung stammen von 2016-2019), Folgendes aus: Patientinnen, die sich einer Vaginoplastik wie von Dr. Preecha beschrieben unterzogen hätten, benötigten in 6,4 % der Fälle eine Revisionsoperation. Die Zahlen des E.________ deuten somit nicht auf ein höheres Risiko bei einer Inlandbehandlung hin. Die Daten des C.________ wurden dagegen noch nicht ausgewertet. Allerdings bestätigte auch das C.________, dass das Risiko nicht höher sei als bei einer Auslandbehandlung (E. 6.2.1). Es ist daher nicht ersichtlich, weshalb die Behandlung durch einen entsprechenden Fachspezialisten in der Schweiz mit einem höheren Operationsrisiko verbunden sein sollte als bei einem Eingriff im Ausland. Die Angaben von Dr. Suporn wurden im Übrigen von diesem selbst veröffentlicht und nicht unabhängig überprüft.

6.4.
Es kann als anerkannt gelten, dass zwischen Fallzahlen und Outcome-Qualität ein Zusammenhang besteht (vgl. Art. 58 Abs. 5 lit. c KVV; BGE 145 V 170 E. 6.4; BVGE 2018 V 3 E. 7.6.6; Empfehlungen der GDK zur Spitalplanung; Stand 20.5.2022, Ziff. C7; Pfister, Zusammenhang von Fallzahlen und Behandlungsqualität in Schweizer Akutspitälern, Masterarbeit ZHAW 2017; Zahnd, Mindestfallzahlen im Spital: Stand der Umsetzung in der Schweiz, Eine gesamtschweizerische Analyse betreffend die Umsetzung der GDK-Empfehlungen, 2020). So legen denn auch verschiedene Kantone mit der Spitalplanung als eine Voraussetzung zum Erhalt eines Leistungsauftrags für verschiedene Leistungsgruppen Mindestfallzahlen für das Spital, teilweise aber auch für den Operateur, fest (vgl. Zusammenstellung bei Zahnd, a.a.O., S. 15; Zürcher Spitalliste 2023 Akutsomatik, Version 2023.6, Anhang Generelle Anforderungen an die Listenspitäler [Version 2023.1], Ziff. 51; vgl. auch Übersicht bei Zahnd, a.a.O., S. 11). Dabei fällt auf, dass zum einen die geforderten Mindestfallzahlen tief angesetzt sind (mehrheitlich bei 10 Eingriffen/Jahr, teils bei 20, 30, 50, 100 oder 1'500) und zum anderen in den Bereichen Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie – und zwar gerade auch im Bereich von Eingriffen im Zusammenhang mit Transsexualität (vgl. Leistungsgruppe PLC1, Anhang weitergehende leistungsspezifische Anforderungen Akutsomatik, Version 2019.1 wie auch aktuelle Version 2023.1) – keine Mindestfallzahlen definiert sind. Des Weiteren zählen die SRS nicht zu den Eingriffen der hochspezialisierten Medizin (HSM), weshalb die Kantone diesbezüglich keine gesamtschweizerische Planung vorzunehmen haben (vgl. Art. 39 Abs. 2bis KVG). Trotzdem darf es auch für SRS als erstellt gelten, dass das Komplikationsrisiko mit der Routine des Zentrums resp. des Operateurs, d.h. bei höheren Fallzahlen, geringer ist. Die Rückmeldungen der von der A.________ angefragten Leistungserbringer (E.________ und C.________) zeigen auf, dass im Schnitt pro Monat im Jahr 2020 mehr als eine SRS durchgeführt wurde und die Zahlen seit 2018 steigen (vgl. auch die Medienmitteilung des BFS vom 26.10.2023, Geschlechtsangleichende Operationen in Schweizer Spitälern, 2019-2022, abrufbar unter https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/dienstleistungen/fuer-medienschaffende/medienmitteilungen.gnpdetail.2023-0183.html). Wenn zur Erreichung und zum Erhalt einer geforderten Expertise im Bereich der hochspezialisierten Medizin als absolutes Minimum ein Eingriff pro Monat verlangt wird (vgl. etwa Schlussbericht der Interkantonalen Vereinbarung über die hochspezialisierte Medizin [IVHSM], Excutive Summary, 2014, S. 8), so wurde diese Vorgabe im Jahr 2020 sowohl im E.________ (ca. 25 SRS-Operationen) als auch im C.________ (22 SRS-Operationen) übertroffen. Selbst wenn man berücksichtigt, dass im Bereich der HSM die für eine zuverlässige Qualität geforderte Mindestfallzahl in den für die IVHSM untersuchten Ländern häufig bei 20 Fällen liegt und für die Schweiz Mindestfallzahlen zwischen 15 und 25 als sinnvoll erachtet werden (Schlussbericht IVHSM, Executive Summary, 2014 S. 6, 8), erfüllten das E.________ und das C.________ mit den Fallzahlen von 25 resp. 22 SRS-Operationen dieses Kriterium. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist es nicht notwendig, dass solche Eingriffe täglich oder wenigstens mehrmals wöchentlich durchgeführt werden. Damit ging die A.________ zu Recht davon aus, dass eine SRS-Operation in der Schweiz für die Versicherte im Vergleich zur Behandlungsalternative im Ausland keine erheblich höheren, wesentlichen Risiken mit sich bringt.

Wie denn auch die Beschwerdeführerin selbst anerkannt, ist der Umstand, dass eine spezialisierte Klinik im Ausland über grössere Erfahrung verfügt oder höhere Fallzahlen aufweist, kein Grund, um vom Territorialitätsprinzip abzuweichen. Die eingeholten Einkünfte der A.________ genügen rechtsprechungsgemäss, um die Zumutbarkeit einer Operation zu beurteilen. Im Urteil 9C_615/2021 vom 31. Januar 2023 stützte das Bundesgericht die Vorinstanz, welche die Mindestfallzahl für eine zuverlässige Qualität aufgrund der Rückmeldungen der von der OKP angefragten Zentren als erfüllt beurteilte (vgl. E. 8.1 und 8.2). Die Vorgaben gemäss BGE 145 V 170 wurden mit dem von der A.________ gewählten Vorgehen demnach eingehalten. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist nicht ersichtlich, inwiefern das vorgenannte Urteil 9C_615/2021 vom 31. Januar 2023 ein Fehlurteil darstellen sollte. Soweit sie in diesem Zusammenhang vorbringt, die osteotomischen Mann-zu-Frau (MzF)-Facial Feminization Surgery (FFS)-Kernprozeduren seien als sehr risikoträchtig einzustufen und die beiden Fälle (wohl gemeint der vorliegende und eine MzF-FFS) seien in einem gewissen Sinn aus fachlich-medizinischer Sicht als durchaus analog anzusehen, kann ihr nicht gefolgt werden. Das Bundesgericht hat im Urteil 9C_615/2021 vom 31. Januar 2023 die Kostenübernahmepflicht für eine MzF-FFS im Ausland überdies verneint. Selbst eine analoge Anwendung dieser Fälle führte somit zu einer Ablehnung der Leistungspflicht im vorliegenden Verfahren.

Die A.________ durfte sich aufgrund des Ausgeführten auf die Angaben der Leistungserbringer abstützen und musste sich nicht an den Kriterien der Initiative Qualitätsmedizin (IQM) orientieren, um die rechtsprechungsgemässen Voraussetzungen zur Beurteilung betreffend Operationsrisiko zu erfüllen. Dem Antrag auf Edition weiterer Unterlagen ist daher nicht zu entsprechen. Insbesondere gilt es zu beachten, dass die D.________ keine Studie der Patient Reported Outcome Measures (PROMs) publiziert hat. Ein Vergleich mit den Schweizer Daten (welche teilweise ebenfalls noch nicht publiziert sind) fällt daher ohnehin ausser Betracht. Wie Dr. M.________ , FMH Allgemeine Innere Medizin, in seiner Stellungnahme vom 23. April 2023 nachvollziehbar erklärte, erfüllt die D.________ die von der Beschwerdeführerin geforderten Standards selbst nicht, da sie über kein publiziertes Qualitätsreporting verfüge, nur rudimentäre Angaben zu Fallzahlen/Komplikationen mache und auf konkrete Nachfragen keine Antworten gebe. Selbst wenn die Daten wie in der von der Versicherten gewünschten Form von den Schweizer Kliniken vorlägen, wäre ein Vergleich aufgrund der fehlenden Angaben der D.________ demnach nicht möglich.

6.5.
Weiter sind auch die übrigen Einwände der Beschwerdeführerin unbehelflich:

6.5.1.
Es ist keine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes nach Art. 43 ATSG ersichtlich, wenn die A.________ das Kriterium der Wirksamkeit nach Art. 32 Abs. 1 KVG nicht im Sinn eines fundierten Vergleichs der verschiedenen Operationstechniken geklärt hat. Die Wirksamkeit der in der Schweiz geleisteten ärztlichen Behandlungen wird vermutet (vgl. E. 2.2). Die A.________ hat zudem ein externes Gutachten in Auftrag gegeben, um zu klären, ob die in der Schweiz angebotenen Methoden bei der Beschwerdeführerin angewendet werden könnten resp. ob diese bei ihr wirksam und zweckmässig wären. Wie bereits ausgeführt, hätte die kombinierte Methode zur Verfügung gestanden, je nach dem auch die Methode nach Preecha (vgl. E. 4.4.1). Einen Vergleich zwischen den inländischen und ausländischen Methoden musste die A.________ somit nicht vornehmen, denn es besteht kein Anspruch auf eine bestimmte Vorkehr oder gar die bestmögliche Versorgung (BGer-Urteil 9C_615/2021 vom 31.1.2023 E. 7.3). (…)

6.6.
Die Beschwerdeführerin beruft sich schliesslich auf Art. 6, 8 und 14 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK; SR 0.101; teilweise in Verbindung mit Art. 8 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft [BV; SR 101]).

6.6.1.
Gemäss Art. 8 BV sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich (Abs. 1) und es darf niemand diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung (Abs. 2).

Nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK hat jede Person ein Recht darauf, dass (unter anderem) über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird (Satz 1).

Gemäss Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz.

Laut Art. 14 EMRK ist der Genuss der in dieser Konvention anerkannten Rechte und Freiheiten ohne Diskriminierung insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder eines sonstigen Status zu gewährleisten.

6.6.2.
Die Beschwerdeführerin verweist auf das EGMR-Urteil Nr. 29002/06, Schlumpf Nadine gegen Schweiz. In diesem Urteil stellte der EGMR eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 EMRK fest, da das Eidgenössische Versicherungsgericht Expertenmeinungen nicht zugelassen und eine öffentliche Anhörung nicht durchgeführt hatte. Aufgrund der Verweigerung der Kostenübernahme für eine geschlechtsangleichende Operation durch die OKP mit der Begründung, der von der Rechtsprechung festgelegte Beobachtungszeitraum von zwei Jahren sei nicht eingehalten worden, wurde eine Verletzung von Art. 8 EMRK bejaht.

Die Behauptung der Beschwerdeführerin, die Kliniken hätten die konkreten Fallzahlen nicht bekanntgegeben und deshalb sei ihr Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 6 EMRK verletzt worden, trifft nicht zu. Die angefragten Kliniken haben ihre Fallzahlen gegenüber der A.________ eröffnet und die Beschwerdeführerin hat spätestens mit Einspracheentscheid vom 18. November 2022 davon Kenntnis erhalten. Inwiefern die Begründung der A.________ gegen Art. 6 EMRK verstossen solle, erklärt die Beschwerdeführerin nicht schlüssig und ist auch nicht ersichtlich. Die A.________ hat zur Abklärung ein externes Gutachten eingeholt und sich nicht auf abstrakte Regeln berufen. Die Beschwerdeführerin konnte sich auch zu diesem Gutachten mehrmals äussern.

Ebenfalls ist unklar, inwiefern vorliegend Art. 8 EMRK verletzt sein sollte. Inzwischen ist unbestritten, dass eine geschlechtsangleichende Operation, bei medizinischer Indikation, grundsätzlich von der OKP zu übernehmen ist. Die A.________ verweigerte denn auch nicht die Kostenübernahme im Grundsatz, sondern lediglich in Bezug auf eine Behandlung im Ausland, da in der Schweiz ein zumutbares Therapieangebot bestehe. Eine Einschränkung der Lebensqualität bzw. eine Verletzung des Privat- und Familienlebens ist daraus nicht ersichtlich.

Weiter bringt die Beschwerdeführerin vor, die Ablehnung des Kostengutsprachegesuchs stelle eine Verletzung von Art. 14 EMRK dar. Geschlechterstereotypen würden im Consensus-Papier der Schweizer FFS Chirurgen zum FFS-Indikationskriterium erhoben. Bereits im Jahr 2009 habe der Commissioner for Human Rights des Europarates in seinem Issue Paper die Praxis von Transgenderchirurginnen, sich bei der Indikationsstellung von geschlechtsangleichenden Operationen an Geschlechterstereotypen zu orientieren, als nicht konkordant mit den Menschenrechten eingestuft. Wie die Versicherte dabei selbst anerkennt, sind Stereotypen bei SRS nicht unbedingt ein schlagendes Argument. Es erschliesst sich dem Gericht daher nicht, was sie mit ihren Vorbringen zu bezwecken versucht, zumal unbestrittenermassen keine FFS zu prüfen ist. Ebenfalls kann ihr nicht gefolgt werden, wenn sie vorbringt, die Diskriminierung liege vorliegend darin, dass Transgenderpersonen – konkret durch die A.________ – aufgrund völlig unzureichender medizinischer Abklärungen offensichtlich im Sinn einer Zweiklassenmedizin diskriminiert würden. Sie komme nicht in den Genuss des konkret für sie besten Angebots und müsse eine falsche, für sie nicht geeignete SRS über sich in der Schweiz ergehen lassen, welche sie sogar noch schädige. Aufgrund des Gutachtens von Dr. B.________ vom 4. Januar 2022 ist erstellt, dass in der Schweiz eine Operationsmöglichkeit für die Beschwerdeführerin bestanden hätte. Soweit sie schliesslich sinngemäss moniert, bei anderen Krankheitsbildern lägen aussagekräftigere Daten vor, daher würden Transgenderpersonen rechtsungleich behandelt, ist auch dieser Einwand vorliegend unbehelflich. Selbstredend bestehen bei Krankheitsbildern, die häufiger auftreten, mehr Daten. Es liegen somit sachliche Gründe vor, weshalb je nach Häufigkeit eines Krankheitsbildes die Datenlage unterschiedlich ist. Eine Diskriminierung der Beschwerdeführerin lässt sich daraus nicht ableiten.

6.7.
Zusammenfassend ist erstellt, dass eine in der Schweiz vorgenommene SRS für die Beschwerdeführerin keine erheblich höheren, wesentlichen Risiken im Sinn von Art. 34 Abs. 2 KVG i.V.m. Art. 36 Abs. 1 KVV mit sich gebracht hätte. In der Schweiz hätte mit Blick auf den angestrebten Heilungserfolg eine medizinisch verantwortbare und in zumutbarer Weise durchführbare und somit zweckmässige Behandlung bestanden. Der Sachverhalt ist auch betreffend Risikobeurteilung genügend erstellt und von weiteren Beweismassnahmen, wie dem beantragten Gutachten, sind keine entscheidrelevanten Erkenntnisse zu erwarten, weshalb darauf zu verzichten ist (antizipierte Beweiswürdigung, BGE 134 I 140 E. 5.3).

7.
Nach dem Ausgeführten besteht auch für die in Thailand bereits durchgeführte SRS keine Leistungspflicht der OKP. Der Einspracheentscheid vom 18. November 2022 ist zu bestätigen und die Verwaltungsgerichtsbeschwerde abzuweisen.