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Rechtsprechung Luzern


Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:3. Abteilung
Rechtsgebiet:Krankenversicherung
Entscheiddatum:18.06.2024
Fallnummer:5V 24 102
LGVE:2024 III Nr. 9
Gesetzesartikel:§ 129 Abs. 2 VRG; Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG, Art. 111 Abs. 2 BGG; Art. 1 BGBM, Art. 2 Abs. 1 BGBM, Art. 2 Abs. 2 BGBM, Art. 2 Abs. 6 BGBM, Art. 3 BGBM, Art. 4 Abs. 1 BGBM, Art. 9 Abs. 2bis BGBM; Art. 36a Abs. 1 KVG; Art. 38 Abs. 1 KVG, Art. 45 KVG; Art. 58g KVV; Art. 12 Abs. 3 GesBG; § 2 Abs. 1 lit. a VZL, Art. 3 Abs. 1 VZL, Art. 3 Abs. 2 VZL; Art. 27 BV, Art. 95 Abs. 2 BV, Art. 117 BV.
Leitsatz:Beschwerdelegitimation der Wettbewerbskommission (WEKO) gegen die Auferlegung von Gebühren für die (kantonale) Zulassung zur Tätigkeit zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP; E. 2).



Keine Anwendbarkeit des Bundesgesetzes über den Binnenmarkt (Binnenmarktgesetz [BGBM]) bei der erstmaligen Prüfung der Voraussetzungen für die Zulassung zur Tätigkeit zulasten der OKP, da dadurch weder die Gleichwertigkeit kantonaler Marktzugangsregelungen tangiert ist noch ein uneinheitlicher kantonaler Vollzug von materiell vereinheitlichtem Bundesrecht infrage steht (E. 6.1).



Mit Art. 35 ff. KVG wird bewusst von den Grundsätzen des BGBM abgewichen und sie bilden insofern lex specialis zu diesem (E. 6.2).

Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Entscheid:
Sachverhalt (zusammengefasst)

A.________ ist ausgebildete Hebamme und als solche in den Kantonen B.________ und C.________ zur Berufsausübung zugelassen. Nachdem sie am 25. Oktober 2022 auch für den Kanton Luzern ein Gesuch um Erteilung einer Bewilligung zur fachlich eigenverantwortlichen Berufsausübung eingereicht hatte, wurde ihr diese von der Dienststelle Gesundheit und Sport (DIGE) erteilt. Dafür stellte ihr die DIGE pauschal Fr. 500.-- in Rechnung. In der Folge erhielt A.________ ausserdem (gebührenfrei) eine Berufsausübungsbewilligung als Hebamme im Kanton D.________. Gleichzeitig mit dem Gesuch um Erteilung einer Bewilligung zur fachlich eigenverantwortlichen Berufsausübung im Kanton Luzern hatte A.________ bei der DIGE um Zulassung zur Tätigkeit zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) nachgesucht. Auch hierfür wurde sie zugelassen, was mit Gebühren von pauschal Fr. 300.-- verbunden war. Gegen die Auferlegung der Pauschalgebühren in Höhe von Fr. 500.-- für die Erteilung der Berufsausübungsbewilligung erhoben A.________ sowie die Wettbewerbskommission (WEKO) Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragten deren Aufhebung, worauf die 4. Abteilung des Kantonsgerichts in Anwendung von § 42 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (VRG; SRL Nr. 40) die beiden Verfahren 7H 22 305 und 7H 22 315 vereinigte. Die WEKO richtete sich zusätzlich gegen die verlangten Gebühren für die Zulassung zur Tätigkeit zulasten der OKP im Betrag von Fr. 300.-- (altes Verfahren 7H 22 316). Die 4. Abteilung des Kantonsgerichts überwies die Beschwerde im Verfahren (alt) 7H 22 316 zur weiteren Behandlung zuständigkeitshalber intern an die 3. Abteilung des Kantonsgerichts. Letztere orientierte die Parteien dahingehend, das Verfahren (alt) 7H 22 316 werde an der 3. Abteilung unter der Fall-Nummer 5V 24 102 geführt.

Aus den Erwägungen:


2.
2.1.
Von Amtes wegen zu prüfen ist sodann die Beschwerdelegitimation nach § 107 Abs. 2 lit. d VRG.

2.2.
Zur Erhebung einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist befugt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat, durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und an dessen Änderung oder Aufhebung ein schutzwürdiges Interesse hat (§ 129 Abs. 1 VRG). Zur Einreichung eines Rechtsmittels sind auch andere Personen, Organisationen und Behörden befugt, welche die Rechtsordnung dazu ermächtigt (§ 129 Abs. 2 VRG).

2.3.
Die DIGE beantragt Nichteintreten auf die Beschwerde der WEKO, soweit diese die Frage der Zulassung zur Tätigkeit zulasten der OKP betrifft, weil das Bundesgesetz über den Binnenmarkt (BGBM; SR 943.02) im vorliegenden Fall nicht anwendbar sei. Dementsprechend fehle es der WEKO auch an der Beschwerdelegitimation nach Art. 9 Abs. 2bis BGBM. Diese hält replizierend daran fest, zur Beschwerdeerhebung legitimiert zu sein. Das BGBM bezwecke die Schaffung eines einheitlichen Marktes für Waren, Dienst- sowie Arbeitsleistungen und richte sich gegen Beschränkungen des Marktzugangs im öffentlichen Recht der Kantone und der Gemeinden. Falle ein zu beurteilender Sachverhalt in den Geltungsbereich des BGBM, komme der WEKO unabhängig davon, ob dieses dann auch anwendbar sei oder ob allenfalls eine Regelung eines Spezialgesetzes dessen Anwendung einschränke, ein Beschwerderecht zu. Die Frage der Legitimation müsse dabei losgelöst von der materiell-rechtlichen Beurteilung beantwortet werden. In ihrer Duplik verweist die DIGE ergänzend auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu den doppelrelevanten Sachverhalten, wonach die WEKO zumindest hätte glaubhaft machen müssen, dass das BGBM zur Anwendung komme, was sie jedoch nicht getan habe. Vielmehr habe sie pauschal auf BGE 130 I 26 E. 7.2.1 verwiesen, die Anwendbarkeit des BGBM aber nicht glaubhaft gemacht. Die Beschwerdelegitimation sei daher nicht gegeben.

2.4.
Gemäss Art. 9 Abs. 2bis BGBM kann die WEKO Beschwerde erheben um feststellen zu lassen, ob ein Entscheid den Zugang zum Markt in unzulässiger Weise beschränkt. Nach Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG sind Behörden, denen ein Bundesgesetz ein Beschwerderecht einräumt, zur Beschwerde in öffentlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht legitimiert. Art. 9 Abs. 2bis BGBM stellt folglich eine derartige spezialgesetzliche Ermächtigung dar (vgl. BGer-Urteil 2D_35/2022 vom 22.6.2023 E. 2.1 mit Hinweis auf BGE 141 II 113 E. 1.5). Art. 111 Abs. 2 BGG sieht vor, dass Bundesbehörden, die zur Beschwerde ans Bundesgericht berechtigt sind, auch die Rechtsmittel des kantonalen Rechts ergreifen und sich vor jeder kantonalen Instanz am Verfahren beteiligen können. Die WEKO kann somit gegen kantonale KVG-Zulassungsverfügungen direkt Beschwerde vor den kantonalen Instanzen führen. Dabei ist es unerheblich, dass die betroffene Private, A.________, ihrerseits keine Beschwerde erhoben hat, steht der WEKO dieses Beschwerderecht doch unabhängig davon zu (Waldmann, Basler Komm., 3. Aufl. 2018, Art. 89 BGG N 65 ff.).

Laut Art. 9 Abs. 2bis BGBM kann die WEKO dabei lediglich die Feststellung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verfügung wegen unzulässiger Verletzung des Zugangs zum Markt, nicht jedoch einen kassatorischen oder einen reformatorischen Beschwerdeentscheid erwirken. Diese Beschwerdebefugnis bedingt somit, dass das BGBM auf den zu beurteilenden Sachverhalt anwendbar ist. Ebendiese Frage ist gleichzeitig Gegenstand des konkreten Rechtsstreits. Sofern Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeit eine Tatsache darstellt, der auch materiell-rechtlich entscheidende Bedeutung zukommt – eine sogenannte doppelrelevante Tatsache –, ist darüber ausnahmsweise nicht im Rahmen der Eintretensfrage, sondern des Sachentscheids (Begründetheit des Rechtsmittels) zu befinden. Für die Anerkennung der Zuständigkeit genügt es, wenn die vorgebrachten Tatsachen, welche sowohl für die Zulässigkeit der Beschwerde als auch für deren materielle Begründetheit erheblich (doppelrelevant) sind, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vorliegen. Diese im Zivilprozess entwickelten Grundsätze finden nach der Rechtsprechung auch auf den Sozialversicherungsprozess Anwendung (BGE 135 V 373 E. 3.2 mit Hinweisen; vgl. auch BGer-Urteil 2C_1054/2016 vom 15.12.2017 E. 2.2.3, unveröffentlicht in BGE 144 II 147). Entgegen der Ansicht der DIGE hat die WEKO die Anwendbarkeit des BGBM ohne Weiteres glaubhaft gemacht, wenn sie vorbringt, mit der verfügungsweise erhobenen Gebühr von Fr. 300.-- für die Zulassung von A.________ als Leistungserbringerin zur Tätigkeit zulasten der OKP habe die Beschwerdegegnerin in unzulässiger Weise den Zugang zum Markt beschränkt; weiter mit dem Vorbringen, über eine solche sei gemäss Art. 3 Abs. 4 BGBM in einem kostenlosen Verfahren zu entscheiden, weshalb die auferlegten Gebühren auch mangels Vorliegens eines Ausnahmetatbestands eine Verletzung des BGBM darstellten. Ob tatsächlich eine diesbezügliche Zugangsbeschränkung vorliegt, ist wie erwähnt im Rahmen der materiellen Prüfung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, auf die zufolge Erfüllung auch der übrigen Sachurteilsvoraussetzungen gemäss § 107 Abs. 2 VRG einzutreten ist, zu beurteilen.

3.
3.1.
Die WEKO macht beschwerdeweise geltend, das Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) und die Verordnung über die Krankenversicherung (KVV; SR 832.102) enthielten Marktzugangsvorschriften, welche als bundesrechtliche Vorschriften parallel zum BGBM anwendbar seien, während letzteres allfälligen kantonalen Regelungen, welche die Auflage von Gebühren vorsähen, in Anwendung von Art. 49 Abs. 1 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV; SR 101) vorgehe. Stehe ein spezielleres Bundesgesetz dem BGBM gegenüber, sei in einer Gesamtschau sowie in Bezug auf einzelne Bestimmungen unter Berücksichtigung des Willens des Bundesgesetzgebers zu prüfen, ob das BGBM parallel zum Spezialgesetz anzuwenden sei. Auch wenn speziellere Marktzugangsbestimmungen der Bundesgesetze die Anwendbarkeit des BGBM grundsätzlich auszuschliessen vermöchten, wenn diese abschliessende einheitliche Marktzugangsregeln aufstellten, die für das ganze Gebiet der Schweiz gälten, komme gleichwohl stets Art. 3 Abs. 4 BGBM zur Anwendung. Während die Botschaft zum Bundesgesetz über die Gesundheitsberufe (Gesundheitsberufegesetz, GesBG; SR 811.21) ausdrücklich auf Art. 3 Abs. 4 BGBM verweise, welche Bestimmung auf das Verfahren Anwendung finden solle, und auch die Empfehlung der WEKO vom 27. Mai 2019 betreffend binnenmarkt-rechtskonformen Vollzug des GesBG (Rz. 13, publ. in: RPW 2019/4, S. 1228 ff., abrufbar unter https://www.weko.admin.ch/weko/de/home/praxis/recht-und-politik-des-wettbewerbs--rpw-.html oder direkt über https://www.weko.admin.ch/weko/de/home/praxis/praxis_binnenmarktgesetz/marktzugang/weko.html, besucht am 18.6.2024) festhalte, dass jene im gesamten Zulassungsverfahren zu beachten sei, müsse gleiches auch für die Marktzugangsbeschränkungen nach dem KVG gelten. Daran vermöge die Meinungsäusserung des Bundesamts für Gesundheit (BAG; Antwort 1.1e zu "Häufig gestellte Fragen [FAQ] zur Umsetzung der KVG-Änderung Zulassung von Leistungserbringern", vom 1.12.2021, Stand 21.6.2022 [insofern unveränderte Version, Stand 25.8.2023, abrufbar unter: https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/versicherungen/krankenversicherung/leistungserbringer.html, besucht am 18.6.2024]) nichts zu ändern. Der vorerwähnten Bestimmung zufolge sei über allfällige Beschränkungen des freien Zugangs zum Markt in einem einfachen, raschen und kostenlosen Verfahren zu entscheiden. Verlange ein Kanton von ortsfremden Anbieterinnen für den Zugang zum Markt eine Gebühr, stelle dies eine typische Beschränkung dar. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts erfasse die Verpflichtung zur Durchführung eines einfachen, raschen und kostenlosen Verfahrens das Zulassungsverfahren als solches und beschränke sich nicht auf Fälle, in denen Marktzugangsbeschränkungen in Erwägung gezogen oder gar auferlegt würden. Eine Abweichung von Art. 3 Abs. 4 BGBM könne in gewissen Ausnahmefällen gerechtfertigt sein, etwa bei rechtsmissbräuchlichem Handeln des Gesuchsstellers bzw. der Gesuchsstellerin oder wegen Verursachung unnötiger Kosten bei mangelhafter Mitwirkung. Weil beides vorliegend nicht der Fall sei, verletze die Erhebung einer Gebühr von Fr. 300.-- für die OKP-Zulassungsverfügung Art. 3 Abs. 4 BGBM.

3.2.
Die DIGE vertritt demgegenüber vernehmlassend den Standpunkt, das BGBM komme hinsichtlich der Frage der Zulassung zur Tätigkeit zulasten der OKP nicht zur Anwendung. Dies ergebe sich einerseits aus der Auslegungshilfe des BAG (vgl. vorstehende E. 3.1), wonach eine solche Zulassung in einem neuen, autonomen Prüfungsverfahren erteilt werde und nicht in einem vereinfachten Verfahren gemäss BGBM. Weil das BAG bei der Ausarbeitung der neuen Zulassungsnormen, die per 1. Januar 2022 in Kraft getreten seien, federführend gewesen sei und entsprechende Auslegungshilfen ausgearbeitet habe, sei dieses zur Vernehmlassung einzuladen. Anderseits halte die entsprechende Botschaft (des Bundesrats zur Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung [Zulassung von Leistungserbringern]) diesbezüglich fest, mit Art. 36 KVG solle der Grundsatz festgelegt werden, dass in Zukunft Leistungserbringer nur dann zulasten der OKP tätig sein dürften, wenn sie formell von demjenigen Kanton zugelassen seien, auf dessen Gebiet die Tätigkeit ausgeübt werde. Die Zulassung erfolge somit nicht mehr automatisch, sondern erst nach der Überprüfung der jeweiligen Zulassungsvoraussetzungen durch den Kanton. Mit dem Erlass von Art. 36 KVG habe der Bundesgesetzgeber eine vom wesentlich älteren BGBM abweichende und speziellere Regelung festlegen wollen. Entgegen der Botschaft zum GesBG sei nie die Rede von einer Anwendbarkeit des BGBM gewesen, weder in den Materialien des Bundesrats noch in den parlamentarischen Debatten. Ausserdem wies die DIGE der Vollständigkeit halber darauf hin, A.________ habe zum Zeitpunkt der Zulassung zur Tätigkeit zulasten der OKP noch über keine entsprechende Zulassung nach Art. 36 KVG eines andern Kantons verfügt, weshalb es ohnehin nicht möglich gewesen wäre, gestützt auf das BGBM eine bereits bestehende kantonale Verfügung anzuerkennen und basierend darauf die Zulassung zu verfügen.

3.3.
Die WEKO beantragt in ihrer Replik, auf die Einholung einer Vernehmlassung des BAG – deren Einschätzung gestützt auf deren Meinungsäusserung (vgl. vorstehende E. 3.1) hinlänglich bekannt sei –, könne verzichtet werden, weil dieses keine Rechtsfragen beurteile, sondern für die Gesundheitspolitik zuständig sei. Zudem sei die WEKO vom Bundesgesetzgeber für die Überwachung der Bestimmungen des BGBM vorgesehen. In sachverhaltlicher Hinsicht verweist die Beschwerdeführerin auf den Umstand, dass A.________ seit dem 23. Mai 2016 im Kanton B.________ als Leistungserbringerin zulasten der OKP zugelassen sei. Damit erwiesen sich die Ausführungen der DIGE, wonach A.________ bis zur erteilten Bewilligung über keine entsprechende Zulassung verfügt habe, als nicht zutreffend. Des Weiteren enthielten sowohl das KVG als auch die KVV keine eigenen Bestimmungen zu Gebühren im Zusammenhang mit Marktzugangsvorschriften. Damit komme Art. 3 Abs. 4 BGBM zur Anwendung, welche Bestimmung durch die Erhebung einer Gebühr verletzt worden sei.

3.4.
In ihrer Duplik hält die DIGE an ihren Anträgen fest und führt ergänzend aus, Abs. 2 der Übergangsbestimmung zur Änderung vom 19. Juni 2020 des KVG sehe vor, dass Leistungserbringer, die nach bisherigem Recht zur Tätigkeit zulasten der OKP zugelassen gewesen seien, nach Art. 36 des neuen Rechts nur von demjenigen Kanton als zugelassen gälten, auf dessen Gebiet sie die Tätigkeit beim Inkrafttreten dieses Artikels ausgeübt hätten. Für die übrigen Kantone seien solche altrechtlichen Zulassungen deshalb unbeachtlich. Sodann sei mit der Zuweisung der Zulassungsbefugnis an die Kantone und damit einhergehend deren Verpflichtung zur Prüfung der entsprechenden Voraussetzungen im KVG bewusst eine von Art. 95 Abs. 2 BV bzw. von der binnenmarktbezogenen Komponente der Wirtschaftsfreiheit abweichende Regelung geschaffen worden, das BGBM sei deshalb im konkreten Fall nicht anwendbar.

4.
Vorliegend ist streitig, ob die DIGE für den Erlass der OKP-Zulassungsverfügung pauschale Gebühren erheben durfte oder ob sie damit Art. 3 Abs. 4 BGBM verletzte.

5.
5.1.
5.1.1.
Das BGBM gewährleistet, dass Personen mit Niederlassung oder Sitz in der Schweiz für die Ausübung ihrer Erwerbstätigkeit auf dem gesamten Gebiet der Schweiz freien und gleichberechtigten Zugang zum Markt haben (Art. 1 Abs. 1 BGBM). Es soll insbesondere die berufliche Mobilität und den Wirtschaftsverkehr innerhalb der Schweiz erleichtern (Abs. 2 lit. a), die Bestrebungen der Kantone zur Harmonisierung der Marktzulassungsbedingungen unterstützen (lit. b), die Wettbewerbsfähigkeit der schweizerischen Volkswirtschaft stärken (lit. c) und den wirtschaftlichen Zusammenhalt der Schweiz festigen (lit. d). Als Erwerbstätigkeit im Sinn dieses Gesetzes gilt jede nicht hoheitliche, auf Erwerb gerichtete Tätigkeit (Abs. 3). Der Zweck des als Rahmenerlass konzipierten BGBM besteht mit andern Worten in der Schaffung eines einheitlichen Marktes für Waren, Dienst- und Arbeitsleistungen (vgl. Botschaft zu einem Bundesgesetz über den Binnenmarkt vom 23.11.1994, in: BBl 1995 1213 ff., S. 1263). Dabei hat jede Person das Recht, Waren, Dienstleistungen und Arbeitsleistungen auf dem gesamten Gebiet der Schweiz anzubieten, soweit die Ausübung der betreffenden Erwerbstätigkeit im Kanton oder der Gemeinde ihrer Niederlassung oder ihres Sitzes zulässig ist (Art. 2 Abs. 1 BGBM). Wirtschaftsbeteiligte können sich auf einen freien und diskriminierungsfreien Marktzugang berufen, um ihre Tätigkeit auszuüben, wenn sie am Herkunftsort zu deren Ausübung berechtigt sind. Das Tätigwerden in einem anderen Kanton ist grundsätzlich voraussetzungslos, ohne jegliche Formalitäten oder vorgängige Bewilligung möglich; zulässig ist einzig eine eventuelle Meldung im Sinn einer "Eingangskontrolle" (Oesch/Renfer, BGBM, in: Komm. Wettbewerbsrecht II [Hrsg. Oesch/Weber/Zäch], 2. Aufl. 2021, S. 891 ff., Art. 2 BGBM Rz. 2). Bund, Kantone und Gemeinden sowie andere Träger öffentlicher Aufgaben stellen sicher, dass ihre Vorschriften und Verfügungen über die Ausübung der Erwerbstätigkeit die Rechte nach Absatz 1 wahren (Art. 2 Abs. 2). Hat eine zuständige kantonale Vollzugsbehörde festgestellt, dass der Marktzugang für eine Ware, Dienstleistung oder Arbeitsleistung mit dem Bundesrecht übereinstimmt, oder hat sie den Marktzugang bewilligt, so gilt dieser Entscheid für die ganze Schweiz (Abs. 6 erster Satz). Dies soll verhindern, dass es durch einen uneinheitlichen kantonalen Vollzug von materiell vereinheitlichtem Bundesrecht zu einer Beschränkung des freien Marktzugangs kommt. Aufgrund dieser Bestimmung ist eine Rücküberprüfung der Bundesrechtskonformität höchstens dann angebracht, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein Anbieter die bundesrechtlichen Voraussetzungen aufgrund von neuen Entwicklungen nicht mehr erfüllt, oder wenn die Behörde am Ort der Erstzulassung das Bundesrecht offensichtlich und krass falsch angewendet hat (Oesch/Renfer, a.a.O., Art. 2 BGBM Rz. 5).

5.1.2.
Ortsfremden Anbieterinnen und Anbietern darf gemäss Art. 3 Abs. 1 BGBM der freie Zugang zum Markt nicht verweigert werden. Beschränkungen sind in Form von Auflagen oder Bedingungen auszugestalten und nur zulässig, wenn sie gleichermassen auch für ortsansässige Personen gelten (lit. a), zur Wahrung überwiegender öffentlicher Interessen unerlässlich (lit. b) und verhältnismässig sind (lit. c). Das BGBM enthält allerdings keine Definition, was als Beschränkung im Sinn von Art. 3 BGBM anzusehen ist. Mit Blick auf Art. 2 und Art. 3 Abs. 3 BGBM gilt aber jegliche Art der Einschränkung des freien Marktzugangs als Beschränkung. Über solche ist in einem einfachen, raschen und kostenlosen Verfahren zu entscheiden (Art. 3 Abs. 4 BGBM). Diese Bestimmung bezweckt den Schutz ortsfremder Anbieterinnen und Anbieter vor bürokratischen Hindernissen bei der behördlichen Überprüfung ihrer Marktzugangsrechte, d.h. des freien Zugangs zum Markt. Der Anspruch auf ein einfaches, rasches und kostenloses Verfahren geht über den Wortlaut der Bestimmung hinaus. Er erfasst das Prüfungsverfahren als solches und beschränkt sich nicht auf Fälle, in denen tatsächlich Marktzugangsbeschränkungen ins Auge gefasst werden (Oesch/Renfer, a.a.O., Art. 3 BGBM Rz. 7).

5.2.
Als Rahmengesetz stellt sich regelmässig die Frage des Verhältnisses des BGBM zu andern Erlassen. In Bezug auf das kantonale Recht geht das BGBM als Bundesrecht vor (Art. 49 Abs. 1 BV). Auf Stufe Bundesrecht können spezialgesetzliche oder jüngere Erlasse bestehen, die wie das BGBM auch Marktzugangsvorschriften enthalten. In diesen Fällen ist für die einzelnen Normen durch Auslegung zu ermitteln, ob eine parallele Anwendbarkeit oder eine ausschliessliche Anwendung des Spezialgesetzes erfolgt (vgl. dazu Urteil des Kantonsgerichts Luzern 7H 22 305/7H 22 315 vom 16.5.2024 E. 5.1 mit Hinweisen). Im Fall eines Vollzugs des Bundesrechts durch kantonale Behörden sind die Vorgaben von Art. 2 Abs. 6 Satz 1 BGBM zu beachten, der wie die übrigen in Art. 2 enthaltenen Grundsätze für den freien Marktzugang der Um- und Durchsetzung des Zwecks des BGBM dient (Oesch/Renfer, a.a.O., Art. 2 BGBM Rz. 1).

5.3.
Während es sich bei der Berufsausübungsbewilligung um eine klassische gesundheitspolizeiliche Berechtigung zur jeweiligen (medizinischen) Tätigkeit handelt (vgl. dazu Urteil des Kantonsgerichts Luzern 7H 22 305/7H 22 315 a.a.O. E. 6.2.1), geht es bei der OKP-Zulassung um eine sozialversicherungsrechtliche, welche die erstere aber zwingend voraussetzt (Botschaft zur Änderung des KVG [Zulassung von Leistungserbringern] vom 9.5.2018, in: BBl 2018 3125 ff., S. 3144, nachfolgend Botschaft). Wer über letztere verfügt, ist berechtigt, Leistungen zulasten der OKP zu erbringen. Eine Nichtzulassung schliesst lediglich diesen Anspruch aus, nicht hingegen das Recht auf gewerbliche Betätigung (BGE 132 V 6 E. 2.5.2, auch für das Nachfolgende). Die Frage der Zulassung als Leistungserbringer zulasten der OKP bleibt der Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV) weitgehend entzogen, weil der Bund im Bereich der sozialen Krankenversicherung gestützt auf Art. 117 BV über ein mittelbar rechtliches Monopol verfügt, das ihm die Kompetenz zu einer einschränkenden Normierung über den Zugang zu einer Tätigkeit zuweist und als solches bereits eine Beschränkung der Wirtschaftsfreiheit zur Folge hat (Vasella, Basler Komm., Basel 2020, Art. 35 KVG N 3). In diesem Zusammenhang ist ausserdem beachtlich, dass die Wirtschaftsfreiheit nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung keinen Anspruch auf Finanzierung von Leistungen durch den Staat bzw. die Sozialversicherung vermittelt (vgl. auch BGE 130 I 26 E. 6.3.4.5). Durch die Nichtzulassung als Leistungserbringer wird ebenfalls die privatwirtschaftliche Tätigkeit tangiert. In einer solchen Beschränkung oder Erschwerung der Berufsausübung kann ausnahmsweise ein Grundrechtseingriff liegen, wenn die entsprechenden Auswirkungen die Betroffenen im Ergebnis in ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit gleich beeinträchtigen wie die Einschränkung einer rechtlichen Befugnis. Wie bei den Ärzten wird ein grosser Teil der Leistungen von Hebammen über die OKP abgerechnet. Durch die Nichtzulassung würde den betroffenen Hebammen zwar nicht rechtlich, aber doch faktisch die Führung einer eigenen Praxis wesentlich erschwert. Sofern sie dennoch eine solche eröffneten, erlitten sie durch die Nichtzulassung einen erheblichen Wettbewerbsnachteil, weshalb sie sich gegenüber den bereits zugelassenen auf die Rechtsgleichheit und auf den in der Wirtschaftsfreiheit verankerten Grundsatz der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen berufen können (vgl. BGE 130 I 26 E. 4.4 mit Hinweisen).

Nach Art. 95 Abs. 2 Satz 2 BV gewährleistet der Bund grundsätzlich, dass Personen mit einer wissenschaftlichen Ausbildung oder einem eidgenössischen, kantonalen oder kantonal anerkannten Ausbildungsabschluss ihren Beruf in der ganzen Schweiz ausüben können (Art. 4 Abs. 1 BGBM). Nach der Rechtsprechung wird dadurch nicht nur die Anerkennung von Diplomen garantiert, sondern in allgemeiner Weise der gleiche Zugang zur Berufsausübung und das Verbot einer übermässigen, sachlich ungerechtfertigten Erschwerung der Berufsausübung, wie sie sich aus unterschiedlichen kantonalen Regelungen ergibt (BGE 130 I 26 E. 7.1, 125 II 56 E. 3a, 123 I 259 E. 2b). Wie bereits erwähnt, soll das BGBM auch verhindern, dass es durch einen uneinheitlichen kantonalen Vollzug von materiell vereinheitlichtem Bundesrecht zu einer Beschränkung des freien Marktzugangs kommt (vgl. vorstehende E. 5.1.1).

5.4.
5.4.1.
Bis zum Inkrafttreten der neugefassten Art. 35 ff. KVG (vgl. dazu nachfolgende E. 5.4.2) per 1. Januar 2022 (AS 2021 413) existierte für die Medizinalpersonen keine staatliche Steuerung der Zulassung, sondern eine "automatische Zulassung" bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen (Ausbildungs- und Erfahrungsprofile). Ein förmliches Zulassungsverfahren war nicht vorgesehen, sondern lediglich eine Prüfungs- und Registrierungspflicht der Krankenkassen (Vasella, a.a.O., Art. 35 KVG Rz. 28).

5.4.2.
Die neuen Art. 35 ff. KVG traten wie erwähnt per 1. Januar 2022 in Kraft. Gemäss Art. 36 KVG dürfen Leistungserbringer nach Art. 35 Abs. 2 lit. a - g, m und n KVG – wozu auch Hebammen zählen (lit. d) – nur dann zulasten der OKP tätig sein, wenn sie vom Kanton zugelassen sind, auf dessen Gebiet die Tätigkeit ausgeübt wird. Art. 36a Abs. 1 KVG überträgt dem Bundesrat, die Zulassungsvoraussetzungen festzulegen, welche die soeben genannten Leistungserbringer erfüllen müssen. Er hat diese für die Hebammen in Art. 45 KVV geregelt. Danach haben diese nebst einer kantonalen Berufsausübungsbewilligung als Hebamme eine mindestens zweijährige praktische Tätigkeit und die Erfüllung der Qualitätsanforderungen gemäss Art. 58g KVV zu belegen. Ausserdem hat jeder Kanton eine Behörde zu bezeichnen, welche die Leistungserbringer beaufsichtigt sowie die in Art. 38 Abs. 2 KVG bezeichneten Massnahmen trifft, die für die Einhaltung der Zulassungsvoraussetzungen nach den Art. 36a und 37 nötig sind (Art. 38 Abs. 1 KVG).

Der Kanton Luzern hat insbesondere gestützt auf Art. 36 sowie Art. 38 Abs. 1 und 2 KVG am 30. November 2021 die Verordnung über die Zulassung von Leistungserbringern zur Tätigkeit zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (Kantonale Zulassungsverordnung, VZL; SRL Nr. 865c) erlassen, die ebenfalls am 1. Januar 2022 in Kraft getreten ist. Danach erteilt die DIGE u.a. die Zulassung, wenn die geltenden Voraussetzungen gemäss dem Krankenversicherungsrecht des Bundes erfüllt sind (§ 2 Abs. 1 lit. a und § 3 Abs. 1 VZL). Vorbehalten bleibt die Beschränkung der Anzahl Ärztinnen und Ärzte im ambulanten Bereich (§ 3 Abs. 2 VZL).

5.4.3.
Die Neuregelung der Zulassung von Leistungserbringern hinsichtlich der Abrechnung von Leistungen gegenüber der OKP hat insbesondere zum Ziel, die Anforderungen an die Leistungserbringer im ambulanten Bereich in zweifacher Hinsicht zu erhöhen: Indem ein formelles Zulassungsverfahren eingeführt wird und indem die Tätigkeit zulasten der OKP mit Auflagen verbunden wird (Botschaft, S. 3136, auch für das Nachfolgende). Der Bundesrat legt die Zulassungsvoraussetzungen so fest, dass eine qualitativ hochstehende und zweckmässige Leistungserbringung gewährleistet werden kann. Damit werden die Leistungserbringer nach Art. 35 Abs. 2 lit. a - g, m und n KVG nicht mehr automatisch zur Tätigkeit zulasten der OKP zugelassen, vielmehr benötigen sie eine formelle Zulassung durch den Kanton, in dem sie ihre Tätigkeit ausüben möchten. Der Kanton muss mit andern Worten überprüfen, ob die jeweiligen Zulassungsvoraussetzungen nach den Art. 36a Abs. 1 und 2 (und bei Arztpersonen zusätzlich Art. 37) erfüllt sind (Botschaft, S. 3144 und 3154). Leistungserbringer, die nach erfolgter Zulassung ihre Tätigkeit zulasten der OKP in einem andern Kanton ausüben wollen, müssen für den neuen Standort erneut eine Zulassung beantragen (Botschaft, S. 3155). Der Bundesrat verbindet die Tätigkeit der Leistungserbringer überdies mit Auflagen, namentlich betreffend Qualität und Wirtschaftlichkeit, deren Einhaltung von den Kantonen überprüft werden muss (Botschaft, S. 3138 und 3162).

6.
6.1.
Vorliegend ist die OKP-Zulassung von A.________ nicht strittig. Diese wurde ihr am 16. November 2022 ohne spezifische Auflagen bzw. (lediglich) mit dem Hinweis auf die Verpflichtung zur Einhaltung der Regeln zur Qualitätsentwicklung gemäss dem vom Bundesrat genehmigten Qualitätsvertrag im Sinn von Art. 58a KVG oder – beim Fehlen eines Qualitätsvertrags – den vom Bundesrat festgelegten Regeln erteilt.

Die DIGE hat hierfür eine Gebühr von Fr. 300.-- gestützt unter anderem auf § 2 Abs. 1 Ziff. 1 der Verordnung "Gebührentarif und Kostenverordnung für die Staatsverwaltung" (SRL Nr. 681) belastet, wonach für einen Entscheid eines Departements oder einer Dienststelle eine Spruchgebühr von mindestens Fr. 200.-- bezogen werden kann. Zu prüfen ist nach dem vorstehend Ausgeführten, ob dieser Gebührenbezug mit der nationalen Binnenmarktgesetzgebung vereinbar ist.

Art. 3 Abs. 4 BGBM sieht insbesondere ein kostenloses Verfahren vor, wenn über Beschränkungen des freien Zugangs zum Markt zu entscheiden ist, weshalb nach Ansicht der WEKO die Gebührenerhebung nicht zulässig gewesen sei. Relevant ist deshalb, ob hier eine Konstellation zu beurteilen ist, die eine (mögliche) Zugangsbeschränkung zum Gegenstand hat, mithin ob das BGBM anwendbar ist. Dies ist vorliegend zu verneinen. Analog zur mit Urteil des Kantonsgerichts Luzern 7H 22 305/7H 22 315 vom 16. Mai 2024 beurteilten Situation einer erstmals gestützt auf das GesBG erteilten Berufsausübungsbewilligung war auch im Zusammenhang mit der OKP-Zulassung erstmals über die bundesrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen zu entscheiden, nachdem jene bis anhin automatisch erteilt worden war (vgl. vorstehende E. 5.4.1 f.). Es handelt sich hier somit weder um eine Situation, in der die Gleichwertigkeit kantonaler Marktzugangsregelungen tangiert ist, noch um eine solche, die einen allenfalls uneinheitlichen kantonalen Vollzug von materiell vereinheitlichtem Bundesrecht zum Gegenstand hat. Vielmehr hatte die DIGE die Zulassungsvoraussetzungen originär zu beurteilen, was im Fall einer Hebamme nicht bloss die Überprüfung der Anforderungen des GesBG bedeutet, sondern jeweils auch der in Betracht kommenden Auflagen des Krankenversicherungsrechts. Letztere sind überdies in der Folge vom Kanton hinsichtlich ihrer Einhaltung zu überprüfen. Aus diesem Grund findet das BGBM keine Anwendung.

Auch wenn bereits die Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen grundsätzlich geeignet wäre, eine formale Marktzutrittsschranke darzustellen (Oesch/Renfer, a.a.O., Art. 3 BGBM Rz. 7), ist insbesondere Art. 2 Abs. 6 BGBM schon deshalb nicht einschlägig, weil zuvor gerade noch keine zuständige kantonale Vollzugsbehörde die Übereinstimmung mit dem anwendbaren Bundesrecht festgestellt oder die OKP-Zulassung bewilligt hatte. Demzufolge liegt hier – wie bereits im Zusammenhang mit der Berufsausübungsbewilligung – ebenfalls kein binnenmarktlicher Sachverhalt vor (vgl. dazu E. 7.3.1 des vorerwähnten Urteils 7H 22 305/7H 22 315 a.a.O.).

6.2.
Abgesehen vom Fehlen einer binnenmarktlichen Konstellation beinhaltet die Zulassungsregelung gemäss Art. 35 ff. KVG gerade die gegenteilige Intention im Vergleich zum mit dem BGBM verfolgten Ziel. Während letzteres Marktzugangsschranken eliminieren bzw. einen freien Zugang zum Markt garantieren möchte, stellt die bundesrechtlich geregelte OKP-Zulassung ein bewusstes Abweichen von den Grundsätzen des BGBM dar und bildet insofern lex specialis zu diesem, wovon zu Recht auch die DIGE ausgeht. Besonders deutlich zeigt sich dies in Art. 55a KVG, auf den die Beschwerdegegnerin ebenfalls hingewiesen hat und der den Kantonen ermöglicht, die Anzahl Ärzte und Ärztinnen, die im ambulanten Bereich Leistungen erbringen, zu beschränken. Dies bedingt zwangsläufig, dass Zulassungsentscheide nur eine auf den betreffenden Kanton beschränkte Wirkung zeitigen können, ansonsten der gesetzgeberische Wille, die Zulassung jeweils den einzelnen Kantonen vorzubehalten, von vornherein illusorisch würde. Leistungserbringer einer Kategorie, die in einem Kanton über eine Zulassung verfügen, könnten in einem anderen Kanton, in dem ein Kontingent der entsprechenden Kategorie bereits ausgeschöpft ist, unter Berufung auf das Binnenmarktgesetz auf eine Zulassung bestehen, womit die entsprechenden kantonalen Regelungen beliebig umgangen würden, was nicht Sinn und Zweck von Art. 55a KVG entspricht (vgl. auch BGE 130 I 26 E. 7.2.1). Auch wenn aktuell (noch) keine zahlenmässigen Beschränkungen für Hebammen gelten, rechtfertigt sich dieses Vorgehen nicht bloss für Ärzte und Ärztinnen, sondern für sämtliche Leistungserbringer nach Art. 35 Abs. 2 lit. a - g, m und n KVG (Botschaft, S. 3154 f. und 3162). Ziel der Neuregelung ist, die Entwicklung der Kosten für Leistungen zulasten der OKP einzudämmen und auf diese Weise den Anstieg der von den Versicherten bezahlten Prämien zu begrenzen (Botschaft, S. 3161), wobei die Ärzteschaft selbstredend nicht der einzige Berufsstand ist, der für die Kostenentwicklung im Gesundheitswesen verantwortlich ist. Dies stimmt ebenfalls mit den Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 19. Juni 2020 (AS 2021 413) überein, deren Abs. 2 zufolge Leistungserbringer nach Art. 35 Abs. 2 lit. a - g, m und n KVG, die nach bisherigem Recht zur Tätigkeit zulasten der OKP zugelassen waren, als nach Art. 36 KVG des neuen Rechts vom Kanton zugelassen gelten, auf dessen Gebiet sie die Tätigkeit beim Inkrafttreten dieses Artikels ausgeübt haben. Dabei handelt es sich (ausschliesslich) um eine Regelung der Besitzstandsgarantie. Die OKP-Zulassung von A.________ wurde am 18. Juli 2016 von der E.________ AG mit einem Mutationsauszug aus dem Zahlstellenregister per 23. Mai 2016 für den Kanton B.________ bestätigt. Infolgedessen kann sie sich als Hebamme bei ihrer Zulassung zur Tätigkeit zulasten der OKP im Kanton B.________ nach dem Inkrafttreten der neuen KVG-Bestimmungen am 1. Januar 2022 auf den Bestandesschutz gemäss Abs. 2 der Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 19. Juni 2020 berufen (Botschaft S. 3161). Diese Bestandesgarantie bezieht sich aufgrund des klaren Wortlauts der Bestimmung ausschliesslich auf denjenigen Kanton, in welchem eine Zulassung zur Tätigkeit zulasten der OKP bereits vor dem 1. Januar 2022 vorlag, das heisst im vorliegenden Fall einzig auf den Kanton B.________ und nicht auf andere Kantone. Im Kanton Luzern könnte sich A.________ somit auch nicht auf die Bestandesgarantie berufen.

6.3.
Vorstehende Ausführungen weisen in die Richtung, dass selbst dann, wenn bereits eine OKP-Zulassung gestützt auf die seit 1. Januar 2022 geltenden KVG-Bestimmungen einer kantonalen Vollzugsbehörde vorläge, ein zusätzliches Gesuch in einem weiteren Kanton im gleichen Rahmen zu prüfen und zu bewilligen wäre, was – je nach kantonaler Gebührenregelung – auch Kosten nach sich ziehen kann. Für diese Annahme spricht das Fehlen einer Art. 12 Abs. 3 GesBG entsprechenden Bestimmung im KVG. Während dort ausdrücklich und im Einklang mit dem BGBM festgehalten wird, wer über eine Berufsausübungsbewilligung nach diesem Gesetz (gemeint ist das GesBG) verfüge, erfülle grundsätzlich die Bewilligungsvoraussetzungen in einem anderen Kanton, drängt sich insbesondere aufgrund der Erläuterungen in der Botschaft für das KVG der gegenteilige Schluss auf. Indem anstelle eines einfachen, raschen und kostenlosen explizit ein formelles Zulassungsverfahren gefordert wird, das im Fall einer Hebamme nicht bloss die Überprüfung der Anforderungen des GesBG verlangt, sondern wie bereits erwähnt jeweils auch der in Betracht kommenden Auflagen mitsamt der Überprüfung ihrer Einhaltung, ist nicht davon auszugehen, dass damit lediglich die Abschaffung der automatischen OKP-Zulassung betont werden sollte. Vielmehr ist anzunehmen, dass eine umfassende Prüfung sämtlicher Zulassungsvoraussetzungen sowie der erforderlichen Auflagen und die Beachtung eines allfälligen Kontingents verlangt wird. Dies geht so ebenfalls aus der Meinungsäusserung des BAG hervor (vgl. vorstehende E. 3.1), das sich gegen ein vereinfachtes Verfahren gemäss BGBM ausspricht, wenn ein Leistungserbringer, der in einem Kanton bereits über eine OKP-Zulassung verfügt, in einem weiteren Kanton zugelassen werden möchte. Wie schon mehrfach erwähnt, geht es vorliegend jedoch um die Konstellation der erstmaligen OKP-Zulassungsprüfung durch eine kantonale Vollzugsbehörde, die bereits deshalb in einem umfassenden Bewilligungsverfahren zu erfolgen hat. Das BAG macht diesbezüglich keinen Unterschied. Weil vorliegend indessen die Zulassungsvoraussetzungen zum ersten Mal zu prüfen waren, muss diese Frage aber nicht abschliessend beantwortet werden. Aus diesem Grund erübrigt sich auch die Einholung einer von der Beschwerdegegnerin beantragten Stellungnahme des BAG.

6.4.
Was die von der WEKO angeführte bundesgerichtliche Rechtsprechung anbelangt, führt diese zu keinem anderen Ergebnis. Im Urteil des Kantonsgerichts Luzern 7H 22 305/7H 22 315 a.a.O. E. 7.6 wurde bereits ausführlich begründet, weshalb die zitierten Urteile, die weitgehend föderalistisch unterschiedlich geregelte Bewilligungsvoraussetzungen zum Gegenstand hatten, nicht geeignet sind, den Standpunkt der Beschwerdeführerin zu untermauern. Da es vorliegend ebenfalls an einem binnenmarktrechtlichen Sachverhalt fehlt – und die Regelung in den Art. 35 ff. KVG ein bewusstes Abweichen vom grundsätzlich freien Marktzugang darstellt –, kann an dieser Stelle auf die entsprechenden Ausführungen verwiesen werden.

6.5.
Des Weiteren hat das Fehlen von Bestimmungen im KVG oder in der KVV zu Gebühren im Zusammenhang mit Marktzugangsvorschriften nicht zur Folge, dass deshalb Art. 3 Abs. 4 BGBM anzuwenden wäre. Wie vorstehend ausgeführt, sind das BGBM und insbesondere dessen Regelung der Verfahrensmodalitäten in der vorliegend zu beurteilenden Konstellation nicht einschlägig. Die Auflage der Gebühren für die OKP-Zulassung findet wie erwähnt (vgl. vorstehende E. 6.1) ihre Grundlage vielmehr im kantonalen Gebührentarif, der sich seinerseits auf das Gebührengesetz (SRL Nr. 680) stützt und in den Weisungen betreffend Gebühren für gesundheits-polizeiliche Bewilligungen, Zulassungsentscheide und Dienstleistungen für die DIGE (abrufbar unter https://gesundheit.lu.ch/-/media/Gesundheit/Dokumente/Bewilligungen_und_Merkblaetter/Weisungen/Gebuehrenweisung.pdf?rev=268c28be2ee44b9b82138626e4ef3c07, besucht am 18.6.2024) konkretisiert worden ist. Was die Bemessung mit Fr. 300.-- für die OKP-Zulassung anbelangt, wurde diese betragsmässig in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht beanstandet, weshalb sich Weiterungen dazu erübrigen.

7.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass hier keine Situation vorliegt, in der es um die Gleichwertigkeit kantonaler Marktzugangsregelungen geht. Es handelt sich auch nicht um eine solche, die einen allenfalls uneinheitlichen kantonalen Vollzug von materiell vereinheitlichtem Bundesrecht zum Gegenstand hat. Vielmehr hatte die DIGE die OKP-Zulassungsvoraussetzungen erstmals bzw. originär zu beurteilen. Weil noch keine zuständige kantonale Vollzugsbehörde die Übereinstimmung mit dem ab 1. Januar 2022 geltenden Bundesrecht festgestellt oder die OKP-Zulassung bewilligt hatte, liegt hier – wie bereits im Zusammenhang mit der Berufsausübungsbewilligung – kein binnenmarktlicher Sachverhalt vor. Damit ist kein freizügigkeitsrelevanter Aspekt zu erkennen. Weil überdies die Art. 35 ff. KVG als lex specialis bewusst eine vom Zweck des BGBM abweichende Regelung getroffen haben, sind dieses und insbesondere dessen Art. 3 Abs. 4 – der ein einfaches, rasches und kostenloses Verfahren vorsieht –, hier nicht anwendbar. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit abzuweisen.