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Rechtsprechung Luzern


Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:4. Abteilung
Rechtsgebiet:Verkehrsanordnung
Entscheiddatum:25.05.2021
Fallnummer:7H 20 178/7H 20 185
LGVE:
Gesetzesartikel:Art. 107 Abs. 1 SSV; Art. 107 Abs. 1 VRG.
Leitsatz:Die Überprüfungsbefugnis der Rechtsmittelbehörde kann sich in der nachträglichen Verwaltungsrechtspflege nur auf das beziehen, was auch Gegenstand des angefochtenen Entscheids war oder bei richtiger Rechtsanwendung hätte sein müssen (E. 3.3.1).

Dem Verfahren vor dem Kantonsgericht als Einparteienverfahren gegen eine Verkehrsanordnung kommt einzig kassatorische Funktion zu (E. 3.3.2).

Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Entscheid:Sachverhalt (gekürzt):

A.
Im Rahmen einer Ortsplanungsrevision verabschiedete die Gemeinde E.________ im Mai 2010 ein räumliches Entwicklungskonzept, welches in der Folge weiter konkretisiert wurde. Nach ersten Abklärungen wurde im Herbst 2014 die Höchstgeschwindigkeit auf der F.________strasse zwischen G.________ und H.________ für ein Jahr versuchsweise auf 30 km/h herabgesetzt. Zudem wurden auf diesem Streckenabschnitt in den Jahren 2011 bis 2015 verschiedene Geschwindigkeitserhebungen vorgenommen. Ein Gutachten gelangte zum Schluss, die Einführung einer Tempo-30-Zone auf besagtem Strassenabschnitt sei denkbar. Parallel dazu wurde ein Lärmsanierungsprojekt erarbeitet, welches die Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit auf Tempo 30 in Kombination mit einem lärmarmen Strassenbelag als Sanierungsmassnahme vorschlug.

In der Folge ersuchte die Gemeinde E.________ die Dienststelle Verkehr und Infrastruktur des Kantons Luzern (vif) mit Schreiben vom 9. Juli 2020 um Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit auf der F.________strasse, Abschnitt G.________ - H.________, durch Einführung einer Tempo-30-Zone.

Zudem reichte die Abteilung Bau und Infrastruktur der Gemeinde E.________ das Baugesuch vom 9. Juli 2020 ein und beantragte eine Bewilligung der für die in Zusammenhang mit der Umsetzung von Tempo 30 auf der F.________strasse geplanten baulichen Massnahmen (Strassenbauprojekt).

B.
Die Planauflage zum Strassenbauprojekt "Verkehrsberuhigende Massnahmen F.________strasse, Abschnitt G.________ bis H.________" erfolgte vom ________ bis ________. Ebenfalls in diesem Zeitraum erfolgte eine öffentliche Auflage des LSP für denselben Strassenabschnitt sowie der dazu eingereichten Erleichterungsgesuche.

Die Dienststelle vif verfügte am 22. Juli 2020 auf dem Gemeindegebiet von E.________ zudem folgende Verkehrsanordnung.

"I.
In der Gemeinde E.________ im Bereich der F.________strasse «Abschnitt G.________ – H.________» wird die Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h beschränkt. Die Signalisation erfolgt mit dem Zonensignal 2.59.1 an folgenden Zoneneingängen:
– G.________
– H.________

Der Plan Nr. 19­085­05 vom 24. Juni 2020, Massstab 1: 500, von I.________AG ist in Bezug auf die Erschliessung der Tempo-­30-Zone «F.________strasse» integrierter Bestandteil dieser Verfügung. Er kann während der Beschwerdezeit bei der Dienststelle Verkehr und Infrastruktur, Realisierung Strassen, Team Verkehrsmassnahmen, und bei der Gemeinde E.________ eingesehen werden.

II.
Die Verfügung tritt in Kraft, sobald die Signale aufgestellt sind."

C.
Gegen diese Verkehrsanordnung reichten A.________ und B.________ am 28. August 2020 eine Beschwerde ein (Verfahren 7H 20 178) und beantragten die Aufhebung der Verkehrsanordnung vom 22. Juli 2020 betreffend den "Abschnitt G.________ - H.________" auf der F.________strasse in E.________.

Die Dienststelle vif schloss auf Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde und Aufhebung der Tempo-30-Zone in Zone in der Gemeinde E.________ im Bereich F.________strasse "Abschnitt G.________ - H.________".

Die Gemeinde E.________ verlangte in ihrer Stellungnahme die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, soweit überhaupt darauf einzutreten sei, sowie die Bestätigung der Verkehrsanordnung der Tempo-30-Zone im Bereich der F.________strasse "Abschnitt G.________ - H.________".

Mit Replik vom 29. März 2021 erneuerten A.________ und B.________ ihre Anträge und bekräftigten ihren Standpunkt.

D.
Ferner erhoben auch C.________ sowie D.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde (Verfahren 7H 20 185) und stellten folgende Rechtsbegehren:

1. Die Verfügung der Dienststelle Verkehr und Infrastruktur des Kantons Luzern vom 22. Juli 2020 betreffend Signalisation T 30 im Bereich der F.________strasse «Abschnitt G.________-H.________» sei aufzuheben.
2. Die zwei geplanten Querungshilfen (12 Meter lange Schwellen) seien ohne zusätzliche Massnahmen aus dem Projekt zu entfernen und der Fussgängerstreifen im Bereich M.________ sei beizubehalten.
3. Es sei ein Lärmgutachten unter Berücksichtigung der Querungshilfen zu erstellen.
4. Eventualiter sei die Streitsache an die Dienststelle Verkehr und Infrastruktur des Kantons Luzern zurückzuweisen, damit sie, nach Überarbeitung des Projekts (unter Weglassung der zwei Querungshilfen, Beibehaltung des Fussgängerstreifens im Bereich M.________) und nach Erstellung eines Lärmgutachtens, neu verfüge.

Die Dienststelle vif schloss auch in diesem Verfahren auf Aufhebung der Tempo-30-Zone in der Gemeinde E.________ im Bereich F.________strasse "Abschnitt G.________ - H.________" und die Rückweisung der Streitsache an sie. Der Antrag auf Erstellung eines Lärmgutachtens unter Berücksichtigung der Querungshilfen sei gutzuheissen, auf den Beschwerdeantrag Ziffer 2 sei nicht einzutreten.

Die Gemeinde E.________ ersuchte in ihrer Stellungnahme um Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, soweit überhaupt darauf einzutreten sei sowie um Bestätigung der Verkehrsanordnung der Tempo-30-Zone im Bereich der F.________strasse "Abschnitt G.________ - H.________".


Aus den Erwägungen:

1.
Angefochten ist die Verfügung der Dienststelle vif vom 22. Juli 2020, mit welcher auf dem Gemeindegebiet von E.________ die im Sachverhalt zitierte Verkehrsanordnung erlassen wurde. (…)

2.
2.1.
Nach Art. 82 Abs. 1 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV; SR 101) erlässt der Bund Vorschriften über den Strassenverkehr. Von dieser Kompetenz hat er mit Erlass des Strassenverkehrsgesetzes (SVG; SR 741.01) Gebrauch gemacht. Dieses behält in Art. 3 Abs. 1 die Strassenhoheit der Kantone ausdrücklich vor und räumt in den folgenden Absätzen den Kantonen Kompetenzen ein für örtlich und/oder zeitlich beschränkte Fahrverbote, Verkehrsbeschränkungen, sonstige Verkehrsregelungen sowie für "andere Beschränkungen und Anordnungen", insbesondere zum Schutz von Anwohnern und sonstigen Betroffenen. Letztere stellen die sogenannten "funktionellen Verkehrsanordnungen" dar (vgl. BGer-Urteil 1C_206/2008 vom 9.10.2008 E. 2.1 mit Hinweisen; Schaffhauser, Grundriss des schweizerischen Strassenverkehrsrechts, Bd. I, 2. Aufl. 2002, N 37 ff.). Ihre Zulässigkeit wird durch Art. 3 Abs. 4 SVG an besondere sachliche Voraussetzungen geknüpft. Die Kantone können diese Befugnisse den Gemeinden übertragen unter Vorbehalt der Beschwerde an eine kantonale Behörde (Art. 3 Abs. 2 Satz 2 SVG).

2.2.
Bei der vorliegend angefochtenen Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h auf der F.________strasse "Abschnitt G.________ - H.________" in E.________ handelt es sich um eine funktionelle Verkehrsanordnung, welche gestützt auf Art. 3 Abs. 4 SVG getroffen werden kann (vgl. BGE 136 II 539 E. 2.2). Sie stellt eine Allgemeinverfügung dar, die sich einerseits an einen unbestimmten Personenkreis richtet, andererseits einen konkreten Sachverhalt regelt (vgl. BGE 134 II 272 E. 3.2, 126 II 300 E. 1a, 125 I 313 E. 2a und 2b; Tschannen/Zimmerli/Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2014, § 28 N 50; Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 2016, N 933; LGVE 2009 II Nr. 29 E. 1). Allgemeinverfügungen sind in der Regel gleich wie individuell-konkrete Hoheitsakte, d.h. Individualverfügungen, anfechtbar. Dementsprechend richten sich die Anfechtbarkeit und Überprüfung der im vorliegenden Fall umstrittenen Verkehrsanordnung grundsätzlich nach den Prinzipien, die für die Anfechtung einer "normalen" Verfügung gelten (vgl. Häfelin/Müller/Uhlmann, a.a.O., N 944; Tschannen/Zimmerli/Müller, a.a.O., § 28 N 51; vgl. zum Ganzen auch: Schaffhauser, Instanzenzug und Beschwerdelegitimation bei Verkehrsanordnungen nach Art. 3 SVG, in: Jahrbuch zum Strassenverkehrsrecht 2009, St. Gallen 2009, S. 496).

2.3.
Art. 107 Abs. 1 der Signalisationsverordnung (SSV; SR 741.21) sieht vor, dass örtliche Verkehrsanordnungen im Sinn von Art. 3 Abs. 3 und 4 SVG, die durch Vorschrifts- oder Vortrittssignale oder durch andere Signale mit Vorschriftscharakter angezeigt werden, von der zuständigen Behörde zu verfügen sind. Mit Inkrafttreten des revidierten § 17 Abs. 1 der Verordnung zum Gesetz über die Verkehrsabgaben und den Vollzug des eidgenössischen Strassenverkehrsrechtes (Strassenverkehrsverordnung; SRL Nr. 777) per 1. Januar 2020 ist die Dienststelle vif für Verkehrsanordnungen auf Kantonsstrassen und Gemeindestrassen 1. Klasse zuständig. Bei der F.________strasse in E.________ handelt es sich um eine Gemeindestrasse 1. Klasse, die Verkehrsanordnung vom 22. Juli 2020 wurde daher von der sachlich zuständigen Behörde erlassen.

(…)

3.
Das Kantonsgericht prüft von Amtes wegen, ob die Voraussetzungen für einen Sachentscheid erfüllt sind (§ 107 Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege [VRG; SRL Nr. 40]). Ein Sachentscheid setzt insbesondere die Zuständigkeit der angerufenen Behörde (§ 107 Abs. 2 lit. a VRG) sowie die Befugnis zur Rechtsvorkehr (§107 Abs. 2 lit. d VRG) voraus.

3.1.
Gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide, die Verkehrsanordnungen betreffen, steht auf Bundesebene die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht offen (vgl. Art. 3 Abs. 3 und 4 SVG in Verbindung mit [i.V.m.] Art. 82 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht [BGG; SR 173.110]). Daraus folgt, dass nach kantonaler Rechtsmittelordnung die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Kantonsgericht gegeben ist (§ 148 lit. a VRG; vgl. auch LGVE 2003 II Nr. 41 E. 2b). Dies ergibt sich im Übrigen auch aus § 26a Abs. 1 Strassenverkehrsverordnung, gemäss welchem Verkehrsanordnungen und Einspracheentscheide beim Kantonsgericht angefochten werden können (vgl. LGVE 2019 IV Nr. 5 E. 1.2). Das Kantonsgericht ist demnach für die Beurteilung der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen die Verkehrsanordnung vom 22. Juli 2020 zuständig.

(…)

3.3.
3.3.1.
Die Überprüfungsbefugnis der Rechtsmittelbehörde kann sich in der nachträglichen Verwaltungsrechtspflege nur auf das beziehen, was auch Gegenstand des angefochtenen Entscheids war oder bei richtiger Rechtsanwendung hätte sein müssen (Wirthlin, Luzerner Verwaltungsrechtspflege, Bern 2011, N 27.1). Der Streitgegenstand, d.h. der Umfang, in dem das mit der angefochtenen Verfügung geregelte Rechtsverhältnis umstritten ist, kann zwar durch die Beschwerdeanträge eingegrenzt werden, darf jedoch nicht über das hinausgehen, was im Anfechtungsgegenstand geregelt ist (vgl. BGE 123 II 359 E. 6b/aa). Aspekte, über die in der angefochtenen Allgemeinverfügung nicht befunden wurde, fallen von vornherein nicht in die Zuständigkeit des Kantonsgerichts, welchem nur die Funktion der Rechtsmittelbehörde zukommt (BGE 133 II 30 E. 2, 131 II 200 E. 3.2; Rhinow/Koller/Kiss/Thurnherr/Brühl-Moser, Öffentliches Prozessrecht, 3. Aufl. 2014, N 988; Kiener/Rütsche/Kuhn, Öffentliches Verfahrensrecht, 2. Aufl. 2015, N 1280; Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 3. Aufl. 2013, N 687; Bertschi, in: Komm. zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich [Hrsg. Griffel], 3. Aufl. 2014, Vorbemerkungen zu §§ 19-28a VRG N 45).

3.3.2.
Vorauszuschicken ist weiter, dass dem Gerichtsverfahren als Einparteienverfahren gegen eine Verkehrsanordnung einzig kassatorische Funktion zukommt. Ein reformatorischer Entscheid kann nicht erlassen werden. Das Gericht hat einzig zu prüfen, ob die öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Allgemeinverfügung erfüllt sind (Urteil des Kantonsgerichts
Luzern 7H 20 6 vom 30.4.2020 E. 3.2).

3.3.3.
Anfechtungsobjekt bildet im vorliegenden Fall die durch Verkehrsanordnung verfügte Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h auf 30 km/h, signalisiert mit dem Zonensignal 2.59.1 an den beiden Zoneneingängen auf der F.________strasse E.________ zwischen den Zoneneingängen G.________ und H.________. Wie erwähnt darf der Streitgegenstand nicht über das hinausgehen, was die Dienstelle vif verfügt hat (vgl. LGVE 2000 II Nr. 50 E. 2a).

3.3.4.
3.3.4.1.
Die Beschwerdeführer 1 und 2 beantragen die Aufhebung der Verfügung vom 22. Juli 2020. Sie kritisieren dabei die Lage und Gestaltung des verfügten Zoneneingangs G.________. Sie halten dafür, dass die Ziele der Verkehrsanordnung (Erhöhung der Sicherheit für den Langsamverkehr, Erhöhung der Verkehrssicherheit aller Verkehrsteilnehmer, Reduktion der Lärmbelastung, weniger Brems- und Beschleunigungsvorgänge) mit einer Anordnung des Zoneneingangs vor dem Kreisel G.________ auch im Bereich der Liegenschaften F.________strasse sowie O.________strasse erreicht werden könnten, was mit der geplanten Anordnung nicht der Fall sei. Bei einem Zoneneingang vor dem Kreisel könnte auf den Vertikalversatz im Bereich der Liegenschaft F.________strasse verzichtet werden und damit zusätzliche Lärmemissionen reduziert werden. Grundsätzlich befürworten sie Tempo 30 auf der F.________strasse jedoch.

Die Begründung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zielt damit auf eine räumliche Erweiterung der Tempo-30-Zone ab, und zwar auf der F.________strasse in Richtung P.________. Gegen die vorgesehene Geschwindigkeitsbeschränkung an sich bringen die Beschwerdeführer 1 und 2 keine konkreten Beanstandungen vor. Vielmehr möchten sie diese Massnahme auch auf einen weiteren Streckenabschnitt der F.________strasse ausgeweitet wissen. Dies unterstreicht die von den Beschwerdeführern 1 und 2 eingereichte Replik vom 29. März 2021, in der sie mehrfach auf die "beantragte" Ausdehnung der Tempo-30-Zone Bezug nehmen (Verfahren 7H 20 178). Aus der Begründung der Beschwerde ergibt sich somit, dass, auch wenn der gestellte Antrag formell auf Aufhebung der Verfügung lautet, eine reformatorische Entscheidung verlangt wird, die dem Kantonsgericht aber – wie dargelegt
(E. 3.3.2) – verwehrt ist. Deshalb ist auf ihre Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 28. August 2020 (Verfahren 7H 20 178) nicht einzutreten.
(…)

3.3.5.
Soweit die Gemeinde E.________ der Ansicht ist, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Beschwerdeführer 3 und 4 würde sich ausschliesslich gegen das geplante Lärmsanierungsprojekt mit Gewährung von Erleichterungen und nicht gegen die Verkehrsmassnahme richten, weshalb vorliegend nicht darauf einzutreten sei, greift dies zu kurz. In der Begründung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde bringen die Beschwerdeführer 3 und 4 unter anderem vor, die angeordnete Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit auf der F.________strasse von 50 km/h auf 30 km/h erfülle die von Art. 108 SSV verlangten Anforderungen, insbesondere jene der Verhältnismässigkeit der Massnahme, nicht. Dieser Begründung wie auch den Anträgen kann entnommen werden, dass die Beschwerdeführer 3 und 4 der Allgemeinverfügung vom 22. Juli 2020 opponieren und deren Aufhebung verlangen. Damit nehmen die Beschwerdeführer Bezug auf den Anfechtungsgegenstand dieses Verfahrens, weshalb auf ihre Verwaltungsgerichtsbeschwerde einzutreten ist.

4.
4.1.
Ob eine Verkehrsanordnung zulässig ist, prüft das Kantonsgericht als einzige kantonale Rechtsmittelinstanz mit freier Kognition (§ 161a VRG sowie § 156 Abs. 2 i.V.m. §§ 144-147 VRG). Verkehrsbeschränkungen sind indes regelmässig mit komplexen Interessenabwägungen verbunden. Die zuständigen Behörden besitzen dabei einen erheblichen Gestaltungsspielraum (BGE 136 II 539 E. 3.2 mit Hinweis; BGer-Urteile 1C_117/2017, 1C_118/2017 vom 20.3.2018 E. 3.3, 1C_11/2017 vom 2.3.2018 E. 2.4 mit Hinweis). Trotz unbeschränkter Überprüfungsbefugnis hält sich das Kantonsgericht praxisgemäss zurück, soweit es administrative Entscheidungsspielräume zu wahren gilt. Denn das Kantonsgericht ist aufgrund der ihm zugedachten Funktion nicht befugt, sein Ermessen anstelle desjenigen der Vorinstanz zu setzen (vgl. LGVE 2019 IV Nr. 5 E. 1.4 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 127 II 238 E. 3b/aa). Dasselbe gilt bei der Beurteilung technischer Fragen, deren Beantwortung den vorrangig für den Vollzug des Lärmschutzrechts verantwortlichen Behörden überlassen sein muss (vgl. auch BGE 115 Ib 131 E. 3; BGer-Urteil 1C_434/2017 vom 27.11.2017 E. 4.3). In solchen Bereichen kommt einer zuständigen behördlichen Fachstelle fachliche Kompetenz zu, sodass von deren sachkundiger Beurteilung nach Lehre und Rechtsprechung – trotz freier Beweiswürdigung – nur aus triftigen Gründen abzuweichen ist (BGE 139 II 185 E. 9.2, 119 Ib 254 E. 8a; Gerber/Seiler, Verwaltungsrichter und Technologie, in: ZBl 1999 S. 298).