| Instanz: | Kantonsgericht |
|---|---|
| Abteilung: | 4. Abteilung |
| Rechtsgebiet: | Ausländerrecht |
| Entscheiddatum: | 03.06.2024 |
| Fallnummer: | 7H 22 122 |
| LGVE: | 2025 IV Nr. 14 |
| Gesetzesartikel: | Art. 5 Anhang I FZA; Art. 97 Abs. 1 AIG, Art. 97 Abs. 3 lit. a AIG, Art. 97 Abs. 3 lit. b AIG, Art. 101 Abs. 1 AIG; Art. 82 Abs. 1 VZAE; Art. 41 Abs. 1 lit. b DSG; § 18 Abs. 1 lit. b KDSG. |
| Leitsatz: | Frage nach der Berücksichtigung geringfügiger Übertretungen bei der Beurteilung, ob von der ausländischen Person eine hinreichend schwere und gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit i.S.v. Art. 5 Anhang I FZA ausgeht, und damit nach der Zulässigkeit, Akten zu solchen Übertretungen im Dossier der Migrationsbehörde zu führen (E. 5). Frage nach dem Anspruch auf Mitteilung der Widerrechtlichkeit der Weiterleitung von Akten durch eine Migrationsbehörde an eine andere Migrationsbehörde zur Beseitigung der Folgen der widerrechtlichen Bearbeitung von Personendaten i.S.v. Art. 41 Abs. 1 lit. b DSG bzw. § 18 Abs. 1 lit. b KDSG (E. 6.3 f.). |
| Rechtskraft: | Dieser Entscheid ist rechtskräftig. |
| Entscheid: | Aus den Erwägungen: 5. 5.1. Der Beschwerdeführer beantragt zunächst die Vernichtung bzw. Löschung der Akten Pos. 11, 12 und 13 des Amts für Migration des Kantons Luzern (nachfolgend: Amt für Migration Luzern). Eventualiter sei die Widerrechtlichkeit der Bearbeitung dieser Personendaten durch das Amt für Migration Luzern festzustellen. 5.2. Die Vorinstanz hielt im angefochtenen Entscheid fest, auch bei den Daten, welche nach Art. 97 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (AIG; SR 142.20) i.V.m. Art. 82 der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE; SR 142.201) den Ausländerbehörden unaufgefordert zu melden sind, sei durch diese eine Verhältnismässigkeitsprüfung vorzunehmen und es seien nur Daten in die Akten aufzunehmen, die von zentraler Bedeutung für die Aufenthaltsregelung seien (vgl. E. 3.4 des angefochtenen Entscheids [mit Hinweis auf die Botschaft zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer vom 8.3.2002, in: BBl 2002 S. 3823 {Botschaft AuG}]). Die Tiefe der Verhältnismässigkeitsprüfung sei aber in dem Sinn zu relativieren, als die Beurteilung des Verhaltens des Ausländers oder der Ausländerin gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung aufgrund einer Gesamtbetrachtung zu erfolgen habe. Eine solche beginne mit dem ersten dokumentierten Vorgang. Entsprechend sei nicht zu beanstanden und handle es sich nicht um eine widerrechtliche Datenbearbeitung, dass das Amt für Migration Luzern die Akten in Zusammenhang mit einer Ausschreibung im RIPOL betreffend eine Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften (Pos. 11: Polizeiakte [LUPOL, Interpol, and. Kantone], S. 22-24) sowie jene betreffend eine weitere Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften (Pos. 12: Polizeiakte [LUPOL, Interpol, and. Kantone], S. 25-28; Pos. 13: Urteil/Strafbefehl, S. 29-32) in ihr Dossier aufgenommen habe und auch weiterhin darin führe. 5.3. Der Beschwerdeführer bringt dagegen im Wesentlichen vor, die Voraussetzungen dafür, was für die Aufenthaltsregelung von "zentraler Bedeutung" sei, ergäben sich vorliegend aufgrund der deutschen Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers grundsätzlich aus dem Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (FZA; SR 0.142.112.681). Die auf Grund des FZA eingeräumten Rechte dürften gemäss Art. 5 Abs. 1 Anhang I FZA nur durch Massnahmen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt seien, eingeschränkt werden. Die Vorinstanz argumentiere im Wesentlichen ausschliesslich auf der Grundlage des AIG und gehe nicht auf die hohen Anforderungen des Art. 5 Anhang I FZA ein, die in Bezug auf die ausländerrechtliche Relevanz der bearbeiteten und weitergegebenen Daten zu beachten seien. So beträfen auch die Urteile des Bundesgerichts, auf welche sich die Vorinstanz in E. 3.3 ihres Entscheids stütze, den Aufenthalt von Personen, die nicht EU-Staatsangehörige und somit nicht vom Anwendungsbereich des FZA erfasst seien. Die Gesamtwürdigung der Umstände durch die zuständige Migrationsbehörde sei stets unter dem Blickwinkel von Art. 5 Anhang I FZA, den hohen Anforderungen der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, vorzunehmen. Bei den Dokumenten Pos. 11, 12 und 13 handle es sich um Übertretungen gegen die Strassenverkehrsvorschriften. Pos. 11 betreffe eine Busse des Kantons C.________ wegen Parkierens ausserhalb von Parkfeldern bis zu zwei Stunden, begangen am 26. August 2015. Pos. 12 und 13 beträfen das Führen eines Motorfahrzeugs mit zwei geringfügig abgefahrenen Reifen, begangen am 24. Mai 2016, wobei weder das Fahrzeug beschlagnahmt noch der Führerschein entzogen worden sei und der Beschwerdeführer habe weiterfahren dürfen. Solche leichten Übertretungen könnten – auch bei einer mehrfachen Begehung – keine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung darstellen, dass dadurch das Grundinteresse der Gesellschaft berührt sein könnte. Das Beibehalten und die Weitergabe von so geringfügigen Übertretungen und das Vornehmen einer "Gesamtbetrachtung" auf solchen sei gemäss FZA unverhältnismässig. Demzufolge sei die Bearbeitung der Akten Pos. 11, 12 und 13 durch das Amt für Migration Luzern rechtswidrig und es seien diese aus den Akten des Amts für Migration Luzern zu entfernen und zu vernichten, eventualiter sei deren rechtswidrige Bearbeitung festzustellen. 5.4. Das 13. Kapitel des AIG enthält Bestimmungen zu den "Aufgaben und Zuständigkeiten der Behörden". Art. 97 AIG trägt den Titel "Amtshilfe und Datenbekanntgabe". Gemäss Art. 97 Abs. 1 AIG unterstützen sich die mit dem Vollzug des AIG betrauten Behörden gegenseitig in der Erfüllung ihrer Aufgaben. Sie erteilen die benötigten Auskünfte und gewähren auf Verlangen Einsicht in amtliche Akten. Nach Art. 97 Abs. 2 AIG sind andere Behörden des Bundes, der Kantone und der Gemeinden verpflichtet, die für den Vollzug dieses Gesetzes notwendigen Daten und Informationen auf Verlangen den Behörden nach Abs. 1 bekannt zu geben. Gemäss Art. 97 Abs. 3 AIG bestimmt der Bundesrat, welche Daten den Behörden nach Abs. 1 u.a. bei der Eröffnung von Strafuntersuchungen (lit. a) und bei zivil- und strafrechtlichen Urteilen (lit. b) gemeldet werden müssen. Dem ist der Bundesrat in Art. 82 VZAE nachgekommen. Nach Art. 82 Abs. 1 VZAE melden die Polizei- und Gerichtsbehörden sowie die Strafuntersuchungsbehörden der kantonalen Migrationsbehörde unaufgefordert die Anhebung und die Einstellung von Strafuntersuchungen, Verhaftungen und Entlassungen, von denen Ausländerinnen und Ausländer betroffen sind, sowie entsprechende zivil- und strafrechtliche Urteile. Das 14. Kapitel des AIG trägt sodann den Titel "Datenbearbeitung und Datenschutz". In Art. 101 AIG ist die Bearbeitung von Personendaten geregelt. Wie bereits dargelegt (vgl. E. 1.2 hiervor), können danach das SEM, die zuständigen Ausländerbehörden der Kantone und, in seinem Zuständigkeitsbereich, das Bundesverwaltungsgericht Personendaten, einschliesslich besonders schützenswerter Personendaten, von Ausländerinnen und Ausländern sowie von an Verfahren nach diesem Gesetz beteiligten Dritten bearbeiten oder bearbeiten lassen, soweit sie diese Daten zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben benötigen. Wie schon ausgeführt, gelten die allgemeinen Bestimmungen des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG; SR 235.1), soweit das AIG nichts anderes vorsieht (vgl. E. 1.2 vorne; vgl. auch Botschaft AuG S. 3825). Entsprechend finden für die Datenbearbeitung im Ausländerbereich sämtliche Grundprinzipien des DSG, wie insbesondere die Verhältnismässigkeit der Datenbearbeitung und die Zweckbindung, Anwendung (Mund, in: Stämpflis Handkomm., Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG), Bern 2010, Art. 101 AuG N 13). 5.5. Vorliegend geht es um die Akten des Amts für Migration Luzern Pos. 11 - 13. Bei Pos. 11 (S. 22-24) handelt es sich um den Erledigungsbericht der Luzerner Polizei vom 27. Mai 2016 hinsichtlich einer Ripolausschreibung des Beschwerdeführers vom 11. April 2016 durch die Staatsanwaltschaft D.________ betreffend eine Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften. Aus dem Bericht geht hervor, dass sich anlässlich einer Verkehrskontrolle vom 24. Mai 2016 herausgestellt habe, dass der Beschwerdeführer im Ripol von der Staatsanwaltschaft D.________ ausgeschrieben gewesen sei. Daraufhin sei ihm am 27. Mai 2016 durch die Luzerner Polizei der Strafbefehl gegen Empfangsbestätigung ausgehändigt worden. Die Busse und die Kosten von insgesamt Fr. 140.-- habe der Beschwerdeführer vor Ort bezahlt. Dem vom Beschwerdeführer aufgelegten Strafbefehl der Staatsanwaltschaft D.________ vom 26. Februar 2016 ist zu entnehmen, dass es bei der besagten Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften um eine einfache Verletzung der Verkehrsregeln (Parkieren ausserhalb von Parkfeldern oder einem deutlich gekennzeichneten Belag bis zwei Stunden), begangen am 26. August 2015 in D.________, ging. Dem Beschwerdeführer wurde eine Busse von Fr. 40.-- und eine Verfahrensgebühr von Fr. 100.-- auferlegt. Pos. 12 (S. 25-28) betrifft die Strafanzeige der Luzerner Polizei vom 27. Mai 2016 betreffend eine Widerhandlung gegen das Strassenverkehrsgesetz (SVG; SR 741.01), konkret Art. 93 Abs. 2 SVG (Führen und Inverkehrhalten eines Personenwagens in nicht betriebssicherem Zustand – zwei abgefahrene Reifen), begangen durch den Beschwerdeführer am 24. Mai 2016. Pos. 13 (S. 29-32) beinhaltet sodann den dazugehörigen Strafbefehl der Staatsanwaltschaft (…) vom 13. Juni 2016 inkl. Adressblatt mit Einzahlungsschein. Mit diesem Strafbefehl wurde der Beschwerdeführer des Führens eines Motorfahrzeugs in nicht vorschriftsgemässem Zustand (Reifen) schuldig gesprochen und mit einer Busse von Fr. 200.-- bestraft. Weiter wurden ihm die amtlichen Kosten in der Höhe von insgesamt Fr. 320.-- auferlegt. 5.6. Da der Beschwerdeführer deutscher Staatsangehöriger ist, gilt für ihn primär das FZA. Das AIG kommt für ihn nur dann zur Anwendung, wenn das FZA keine vom AIG abweichende Regelung enthält (bzw. die Frage nicht geregelt hat) oder das AIG günstiger ist (Art. 2 AIG, Art. 12 FZA; BGer-Urteil 2C_360/2020 vom 26.8.2020 E. 4.3.1; Spescha/Bolzli/de Weck/Priuli, Handbuch zum Migrationsrecht, 4. Aufl. 2020, S. 107). Entsprechend dem dualen System sind auch die Voraussetzungen des Rechtsverlusts bei Drittstaatsangehörigen und EU-/EFTA-Bürgern unterschiedlich. So gelten die diesbezüglichen Artikel des AIG grundsätzlich nur für Drittstaatsangehörige, während für EU-/EFTA-Bürgerinnen und deren Familienangehörige grundsätzlich ein einziger Artikel des FZA massgeblich ist (Spescha/Bolzli/de Weck/Priuli, a.a.O., S. 320). Gemäss Art. 5 Anhang I FZA dürfen die aufgrund des FZA eingeräumten Rechte nur durch Massnahmen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind, eingeschränkt werden. Unter diesem Gesichtspunkt stehen in der Praxis v.a. Straftaten im Vordergrund bzw. die Frage, wann einem straffälligen EU-Bürger oder seinem straffälligen Familienangehörigen das Aufenthaltsrecht verweigert werden kann (Spescha/Bolzli/de Weck/Priuli, a.a.O., S. 334). Nach der an die Praxis des EuGH angeglichenen Rechtsprechung des Bundesgerichts setzen Entfernungs- oder Fernhaltemassnahmen eine hinreichend schwere und gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch den betreffenden Ausländer voraus. Eine strafrechtliche Verurteilung darf dabei nur insofern zum Anlass für eine derartige Massnahme genommen werden, als die ihr zugrunde liegenden Umstände ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt (BGE 136 II 5 E. 4.2). M.a.W. ist eine Schmälerung der Freizügigkeitsrechte auch bei Straffälligen nur zulässig, wenn deren Tat und Verhalten nach der Tat auf eine gegenwärtige und hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung schliessen lässt. Entscheidend sind also – anders als nach schweizerischem Landesrecht – nicht die Deliktsart und die Strafhöhe, sondern das Rückfallrisiko beim Straffälligen. Dieses bestimmt sich nach der Art der Tat, dem Zeitpunkt der Deliktsbegehung, dem Verhalten nach der Tat und den aktuellen Lebensumständen. Ein Rückfall muss hierbei nicht ausgeschlossen werden können. Vielmehr muss der Rückfall hinreichend wahrscheinlich sein, um eine Verweigerung des Aufenthaltsrechts rechtfertigen zu können. Bei der Beurteilung der Rückfallgefahr dürfen Vorstrafen berücksichtigt werden, es darf aber nicht automatisch von der früheren Begehung einer Straftat auf die Gegenwärtigkeit der Gefährdung geschlossen werden. Die hinreichende Schwere ist sodann kein abstraktes Kriterium, sondern ergibt sich immer nur aufgrund des konkreten Einzelfalls unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände. Schliesslich muss die Einschränkung selbst bei Vorliegen einer Gefährdung stets verhältnismässig und mit anderen völkerrechtlichen Vorgaben – insbesondere der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK; SR 0.101) – vereinbar sein. Die öffentlichen Interessen an der Einschränkung müssen die privaten Interessen an der fortwährenden Geltung der freizügigkeitsrechtlichen Ansprüche überwiegen. Das behördliche Ermessen ist in jedem Fall in Berücksichtigung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes auszuüben (Art. 96 AIG; zum Ganzen: Spescha/Bolzli/de Weck/Priuli, a.a.O., S. 334 f. mit Hinweis auf BGE 136 II 5 E. 4.3; Priuli, in: Komm. Migrationsrecht [Hrsg. Spescha/Zünd/Bolzli/Hruschka/de Weck], 5. Aufl. 2019, Art. 5 Anhang I FZA N 4 ff.; vgl. auch BGer-Urteil 2C_237/2015 vom 2.11.2015 E. 2.2.2). Bei niederlassungsberechtigten EU-/EFTA-Bürgerinnen und -Bürgern gilt für den Widerruf der Niederlassungsbewilligung Art. 63 AIG. Ist einer der darin vorgesehenen Widerrufsgründe erfüllt und ist der effektive Widerruf unter den Gesichtspunkten von Art. 96 Abs. 1 AIG und Art. 8 Ziff. 2 EMRK in Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls verhältnismässig, ist in einem nächsten Schritt zu prüfen, inwiefern eine Bewilligungsverweigerung im Lichte des Freizügigkeitsabkommens zulässig ist. Bei Straffälligen wäre hierbei vorausgesetzt, dass die vom Täter ausgehende Rückfallgefahr aktuell und hinreichend schwer erscheint (zum Ganzen: Spescha/Bolzli/de Weck/Priuli, a.a.O., S. 336 mit Hinweis auf BGer-Urteil 2C_611/2013 vom 13.10.2014 E. 2.3, 3.3; vgl. auch BGer-Urteil 2C_483/2018 vom 23.4.2019 E. 3.2 ff.). 5.7. 5.7.1. Im Urteil 2C_74/2016 vom 8. Dezember 2016 hatte das Bundesgericht über die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung eines deutschen Staatsangehörigen aufgrund vieler kleinerer Straftaten zu befinden. Das Bundesgericht hielt fest, der Beschwerdeführer könne sich auf das FZA berufen, weshalb ihm eine Aufenthaltsbewilligung zur Ausübung der Freizügigkeitsrechte nur verweigert werden könne, wenn die dafür in Art. 5 Anhang 1 FZA aufgestellten Voraussetzungen erfüllt seien (E. 2.1 des besagten Urteils). Es führte weiter aus, auch eine Vielzahl kleinerer Straftaten, die für sich genommen nicht geeignet wären, eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu begründen, könnten auf Grund ihrer hohen Anzahl eine Verweigerung des weiteren Aufenthalts nach Art. 5 Anhang I FZA rechtfertigen, sofern eine Rückfallgefahr bestehe. Eine Würdigung des rechtskräftig feststehenden Sachverhalts ergebe – so das Bundesgericht weiter –, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2009 bzw. 2010 und damit kurz nach seiner Einreise in die Schweiz zunächst ohne Haftpflichtversicherung ein Fahrzeug gelenkt habe, in demselben Jahr auch in angetrunkenem Zustand ein Fahrzeug geführt habe sowie wegen einer Übertretung des Bundesgesetzes über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe (BetmG; SR 812.121), Nichtabgabe von Ausweisen und/oder Kontrollschildern, Vergehen gegen das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG; SR 241), unwahren Angaben gegenüber Personalvorsorgeeinrichtungen und Beschäftigung von Personen ohne Bewilligung habe verurteilt werden müssen. Im nachfolgenden Zeitraum von fünf Jahren bis zum Erlass des angefochtenen Urteils fänden sich jedoch lediglich vier Verurteilungen: Zwei Bussen wegen Überschreitens der signalisierten Höchstgeschwindigkeit (einmal Verurteilung zu einer Busse und Kosten von insgesamt Fr. 140.-- und einmal zu einer Busse und Kosten von insgesamt Fr. 120.--), eine wegen Übertretung des SVG (Busse und Kosten von insgesamt Fr. 350.--) sowie eine wegen Ungehorsams im Betreibungsverfahren (Busse und Kosten von insgesamt Fr. 200.--). Die (rechtskräftigen) Verurteilungen des Beschwerdeführers vermittelten somit das Bild eines Dauerdelinquenten, der im Jahr 2010 den Entschluss gefasst habe, sich an die Rechtsordnung zu halten und diesen Entschluss während fünf Jahren grösstenteils auch konsequent umgesetzt habe. Obwohl angesichts der letzten vier Verurteilungen nicht gesagt werden könne, der Beschwerdeführer habe während eines Zeitraums von fünf Jahren deliktfrei gelebt, sei doch ein signifikanter Rückgang seiner kriminellen Energie über einen längeren Zeitraum feststellbar. Entsprechend bestehe keine so hinreichend schwere und gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, dass die aus Art. 5 Anhang 1 FZA fliessenden Anforderungen für eine Beschränkung der abkommensrechtlichen Freizügigkeitsrechte erfüllt wären (zum Ganzen: BGer-Urteil 2C_74/2016 vom 8.12.2016 Sachverhalt A., E. 2.3 und E. 3.2 [bestätigt in BGer-Urteilen 2C_92/2020 vom 10.6.2020 E. 3.2, 2C_360/2020 vom 26.8.2020 E. 4.3.2]). 5.7.2. Auch im BGer-Urteil 2C_483/2018 vom 23. April 2019, in welchem es um den Widerruf der Niederlassungsbewilligung eines italienischen Staatsangehörigen im Anwendungsbereich des FZA ging, werden im Sachverhalt bei der Auflistung der strafrechtlichen Verurteilungen des betroffenen Ausländers u.a. Bussen in Höhe von Fr. 400.-- und in Höhe von Fr. 300.--, je ausgesprochen wegen einfacher Verletzung der Verkehrsregeln, sowie eine weitere Busse in Höhe von Fr. 200.- wegen mehrfachen Ungehorsams im Betreibungs- und Konkursverfahren genannt (Sachverhalt A. des besagten Urteils). Im Rahmen der Verhältnismässigkeitsprüfung (vgl. zum Prüfungsschema E. 5.6 dritter Abschnitt hiervor) führte das Bundesgericht aus, Ausgangspunkt und Massstab für die migrationsrechtliche Interessenabwägung sei die Schwere des Verschuldens, die sich aus der Dauer der verfahrensauslösenden Freiheitsstrafe ergebe. Für das migrationsrechtliche Verschulden sei allerdings nicht nur das für die Anlasstat verhängte Strafmass ausschlaggebend, sondern die Gesamtbetrachtung des deliktischen Verhaltens bis zum angefochtenen Urteil (E. 4.4 des Urteils). Es entspreche der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, bei einer für Drogendelikte ausgesprochenen Strafe von 24 Monaten von einem erheblichen migrationsrechtlichen Verschulden auszugehen. Da der Beschwerdeführer die Drogendelikte in erster Linie aus finanziellen Motiven begangen habe, sei von einer schweren Straftat auszugehen. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer wiederholt straffällig geworden sei. Auch wenn die begangenen Straftaten – abgesehen von den Drogendelikten – nicht besonders schwer wiegten, zeugten sie in ihrer Regelmässigkeit doch von einer andauernden Gleichgültigkeit gegenüber der schweizerischen Rechtsordnung und indizierten eine erhebliche Gefahr, dass der Beschwerdeführer erneut delinquieren werde (E. 4.5 des Urteils). In Zusammenhang mit der Prüfung der Voraussetzungen nach Art. 5 Anhang I FZA hielt das Bundesgericht sodann fest, allein mit seinen Drogendelikten habe der Beschwerdeführer eine hohe Gefahr für die öffentliche Gesundheit geschaffen. Ins Gewicht falle davon abgesehen auch das lange Vorstrafenregister des Beschwerdeführers. Zwar gehe aus dem angefochtenen Urteil hervor, dass er sich während des laufenden ausländerrechtlichen Verfahrens abgesehen von einer Verurteilung wegen mehrfachen Ungehorsams im Betreibungs- und Konkursverfahren scheinbar wohlverhalten habe. Bis dahin sei er jedoch während einer Zeitspanne von mehr als zehn Jahren immer wieder und in gesteigerter Häufigkeit strafrechtlich belangt worden. Damit habe er eine andauernde Gleichgültigkeit gegenüber der hiesigen Rechtsordnung zum Ausdruck gebracht, weshalb von einer erheblichen Rückfallgefahr auszugehen sei. Bei diesen Delikten habe es sich im Übrigen keineswegs ausschliesslich um Bagatelldelikte gehandelt. Bei einer Gesamtbetrachtung erscheine daher eine künftige Gefährdung der öffentlichen Ordnung als wahrscheinlich. Es sei daher mit Art. 5 Anhang I FZA zu vereinbaren, die Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers zu widerrufen (E. 5.2 ff. des Urteils; vgl. auch BGer-Urteil 2C_237/2015 vom 2.11.2015 E. 2.3.2 f.). 5.7.3. Ebenfalls im BGer-Urteil 2C_92/2020 vom 10. Juni 2020, in welchem es um die Verweigerung der Aufenthaltsbewilligung für einen deutschen Staatsangehörigen ging, werden im Sachverhalt bei der Auflistung der strafrechtlichen Verurteilungen neben mehreren Geldstrafen und Freiheitsstrafen auch zwei Bussen – einmal in Höhe von Fr. 400.-- wegen Überschreitens der Höchstgeschwindigkeit innerorts und einmal in Höhe von Fr. 260.-- wegen Missachtens der signalisierten Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn – aufgeführt (Sachverhalt A.b. des besagten Urteils). Das Bundesgericht bestätigte in diesem Urteil zunächst, dass sich der Beschwerdeführer aus migrationsrechtlicher Sicht sein gesamtes deliktisches Verhalten entgegenhalten zu lassen habe. Es führte weiter aus, von Bedeutung seien in diesem Zusammenhang insbesondere die Verurteilungen vom Juni 2008 zu einer Freiheitsstrafe von insgesamt drei Jahren und zehn Monaten u.a. wegen schweren Bandendiebstahls. Diesen Verurteilungen sei im Wesentlichen gleiches Tathandeln wie jener vom Februar 2014 zugrunde gelegen. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2012 erneut vergleichbare Straftaten verübt habe, zeige, dass er sich weder durch diese Verurteilungen noch durch die Freiheitsstrafe habe beeindrucken lassen, sondern weiter delinquiert habe, wobei sein Verhalten nicht ausschliesslich durch seine Spielsucht bedingt gewesen sei. Darüber hinaus habe er weitere Verurteilungen erwirkt, insbesondere wegen Verkehrsdelikten, bei denen keine Anhaltspunkte für einen Zusammenhang mit seiner Spielsucht bestünden. Zwar fielen diese bei der Beurteilung der Rückfallgefahr nicht entscheidend ins Gewicht, doch zeige das gesamte deliktische Verhalten des Beschwerdeführers, dass er grundsätzlich grosse Mühe habe, sich an die Rechtsordnung zu halten (E. 5.2 des Urteils). 5.7.4. Im Sinne der soeben dargelegten Rechtsprechung hielt das Bundesgericht in einem Entscheid betreffend Datenschutz im Ausländerrecht fest, die Anwesenheit einer ausländischen Person begründe regelmässig ein Dauerrechtsverhältnis, in dessen Rahmen künftig weitere Entscheide anstünden (Verlängerung, Widerruf, Erlöschen der Bewilligung, Familiennachzug usw.). Diese könnten nur gestützt auf ein vollständiges Dossier sachgerecht – und gerichtlich überprüfbar – getroffen werden (BGer-Urteil 2C_171/2016 vom 25.8.2016 E. 4.2.6). 5.8. Aus der soeben widergegebenen Rechtsprechung des Bundesgerichts ergibt sich, dass dieses auch im Anwendungsbereich des FZA – und unabhängig davon, ob der Widerruf einer Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung im Raum steht – bei der Beurteilung des Rückfallrisikos bzw. der Frage, ob vom betroffenen Ausländer eine hinreichend schwere und gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgeht, eine Gesamtbetrachtung des deliktischen Verhaltens vornimmt, bei welcher auch geringfügige Übertretungen (z.B. SVG-Übertretungen) in die Gesamtbeurteilung miteinfliessen. Darüber hinaus hat das Bundesgericht klar festgehalten, dass auch im Anwendungsbereich des FZA eine Vielzahl kleinerer Straftaten auf Grund ihrer hohen Anzahl zur Beschränkung der Freizügigkeitsrechte führen kann, sofern eine Rückfallgefahr besteht. In Anbetracht dieser bundesgerichtlichen Rechtsprechung erweist es sich als mit Art. 101 AIG vereinbar und nicht als unverhältnismässig bzw. rechtswidrig, dass das Amt für Migration Luzern die Akten Pos. 11, 12 und 13 in ihre Akten aufnahm bzw. darin beliess. Zwar steht es ausser Frage, dass der Beschwerdeführer aus den begangenen Übertretungen allein keinerlei ausländerrechtliche Sanktionen zu befürchten hat. Für den hypothetischen Fall, dass er in Zukunft gravierendere Straftaten begehen würde, dient die vollständige Dokumentierung seines deliktischen Verhaltens in den Akten den ausländerrechtlichen Behörden aber dazu, ein umfassendes Bild von ihm zu zeichnen, welches in die Gesamtbeurteilung eines allfälligen Rückfallrisikos einfliessen würde. Die Schlussfolgerung der Vorinstanz in E. 3.5 des angefochtenen Entscheids ist damit nicht zu beanstanden und die vorliegende Beschwerde erweist sich diesbezüglich als unbegründet. Die Anträge des Beschwerdeführers auf Vernichtung bzw. Löschung der Akten Pos. 11, 12 und 13 des Amts für Migration Luzern, eventualiter auf Feststellung der Widerrechtlichkeit der Bearbeitung dieser Personendaten durch das Amt für Migration Luzern, sind daher abzuweisen. 6. 6.1. (…) 6.2. (…) 6.3. 6.3.1. Es bleibt darüber zu befinden, ob dem Beschwerdeführer hinsichtlich der Pos. 17, 18 und 19 ein Anspruch auf Mitteilung der Widerrechtlichkeit der Weiterleitung durch das Amt für Migration Luzern an den Migrationsdienst B.________ zukommt. 6.3.2. Die Vorinstanz kam im angefochtenen Entscheid zum Schluss, die Daten zum Vorfall vom 21. Mai 2018 hätten durch das Amt für Migration Luzern seit der Mitteilung der Einstellung des Strafverfahrens nicht mehr bearbeitet werden dürfen, da diese für die Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben nicht mehr erforderlich gewesen seien, und damit die Voraussetzung von Art. 101 AIG nicht mehr erfüllt gewesen sei. Die weitere Aufbewahrung der besagten Akten sei somit seit der Mitteilung der Einstellung des Strafverfahrens widerrechtlich gewesen. Entsprechend seien sämtliche Aktenstücke zum Vorfall vom 21. Mai 2018 – mit Ausnahme der Mitteilung der rechtskräftigen Einstellung des Strafverfahrens –, insbesondere die Akten Pos. 16 (recte 17), 18 und 19, aus dem Dossier des Amts für Migration Luzern betreffend den Beschwerdeführer zu entfernen und zu vernichten (vgl. zum Ganzen E. 3.6 dritter Abschnitt des angefochtenen Entscheids). Die Vorinstanz erachtete die Beschwerde somit in diesem Punkt als begründet und hiess sie insoweit gut. In Bezug auf den Antrag auf Mitteilung der Widerrechtlichkeit der Weiterleitung an den Migrationsdienst B.________ hielt die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid sodann zunächst fest, dass zum Zeitpunkt der Gewährung der Akteneinsicht am 6. Februar 2020 das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer bezüglich des Vorfalls vom 21. Mai 2018 noch nicht rechtskräftig eingestellt gewesen sei. Folglich habe es sich bei den Akten, in welche Einsicht gewährt worden sei, vorerst durchwegs um rechtmässig erhobene und aufbewahrte Akten gehandelt. Weiter führte die Vorinstanz aus, mit der Entfernung der Akten Pos. 16 (recte 17), 18 und 19 aus dem Dossier des Beschwerdeführers und deren Vernichtung falle dessen schutzwürdiges Interesse an einer Feststellung der Widerrechtlichkeit dahin, weshalb er sich hinsichtlich seines Antrags auf Mitteilung nicht auf § 18 Abs. 2 lit. b des Kantonalen Gesetzes über den Schutz von Personendaten (KDSG; SRL Nr. 38) stützen könne. Es stelle sich aber die Frage, ob dem Migrationsdienst B.________ die Einstellung des Strafverfahrens gleichwohl hätte mitgeteilt werden müssen. Zum Zeitpunkt der Mitteilung der Einstellung des Strafverfahrens durch die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern an das Amt für Migration Luzern am 6. Oktober 2020 habe der Beschwerdeführer bereits im Kanton B.________ gewohnt. Mit der "kantonalen Migrationsbehörde", an welche nach Art. 82 Abs. 1 VZAE unaufgefordert die Anhebung oder Einstellung von Strafuntersuchungen zu melden ist, könne nur die Migrationsbehörde am jeweiligen Wohnsitz der Person, konkret also die Migrationsbehörde des Kantons B.________, gemeint sein. Stattdessen habe die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern die Einstellung des Strafverfahrens jedoch dem Amt für Migration Luzern mitgeteilt. Eine Kopie der Mitteilung sei jedoch dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers zugestellt worden. Dieser hätte somit problemlos die Mitteilung wiederum an die Migrationsbehörden des Kantons B.________ weiterleiten können. Die Beschwerde erweise sich somit in diesem Punkt als unbegründet (vgl. zum Ganzen E. 3.7 und E. 4 des angefochtenen Entscheids). 6.3.3. Der Beschwerdeführer weist in diesem Zusammenhang zunächst darauf hin, dass das Strafverfahren bezüglich des Vorfalls vom 21. Mai 2018 bereits seit mindestens acht Monaten rechtskräftig eingestellt gewesen sei, als das Amt für Migration Luzern die Akten an den Migrationsdienst B.________ weitergeleitet habe. Das besagte Verfahren sei mit Verfügung vom 3. April 2019 eingestellt worden und die Einstellungsverfügung mangels dagegen erhobener Rechtsmittel spätestens am 30. April 2019 in Rechtskraft erwachsen. Dementsprechend hätten die personenbezogenen Daten zum Vorfall vom 21. Mai 2018 mit dem Zeitpunkt der Einstellung des Strafverfahrens nicht mehr bearbeitet – und somit weder gespeichert noch weitergeleitet – werden dürfen. Nichts an der Widerrechtlichkeit der Weiterleitung ändere, wenn das Amt für Migration Luzern im Zeitpunkt der Weiterleitung die Einstellungsverfügung noch nicht zugestellt erhalten haben sollte. Eine zeitnahe Information der zuständigen Behörde sei eine amtliche Pflicht nach Art. 97 AIG i.V.m. Art. 82 VZAE und ihm dürften keine Nachteile – wie vorliegend eine rechtswidrige Datenbearbeitung – aus deren Verletzung erwachsen. Im Gegenteil wäre es Aufgabe des Amts für Migration Luzern gewesen, spätestens im Zeitpunkt des Erhalts der Mitteilung über die Verfahrenseinstellung den Migrationsdienst B.________ über die widerrechtliche Weiterleitung zu informieren. Selbst dies sei nicht geschehen. Dass seinem Rechtsvertreter die Mitteilung der Einstellung des Strafverfahrens an das Amt für Migration Luzern – die richtigerweise an den Migrationsdienst B.________ hätte erfolgen müssen – in Kopie zugestellt worden sei, vermöge schliesslich an der gesetzlich umschriebenen Meldepflicht der Luzerner Behörden nach Art. 97 AIG i.V.m. Art. 82 VZAE nichts zu ändern. Das Argument der Vorinstanz, durch die Mitteilung an den Rechtsvertreter in Kopie hätte die Weiterleitung an die zuständige kantonale Migrationsbehörde ohne weiteres durch diesen erfolgen können, schlage fehl. 6.3.4. 6.3.4.1. Mit Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft (…) vom 3. April 2019 (…) wurden die Strafuntersuchungen gegen den Beschwerdeführer wegen einfacher Körperverletzung, wiederholter Tätlichkeiten und Drohung (Vorfall vom 21.5.2018 […]) sowie wegen Drohung (Vorfall zu unbekanntem Zeitpunkt und Ort via WhatsApp-Nachricht) in Anwendung von Art. 319 Abs. 1 lit. e der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO; SR 312.0) i.V.m. Art. 55a des Schweizerischen Strafgesetzbuchs (StGB; SR 311.0) definitiv eingestellt. Gemäss Ziff. 3 der Einstellungsverfügung wurden dem Beschwerdeführer die Verfahrenskosten und Auslagen auferlegt. Die Staatsanwaltschaft stützte diese Kostenauflage zu Lasten des Beschwerdeführers in ihrer Begründung auf Art. 426 Abs. 2 StPO. Gegen die Einstellungsverfügung reichte der Beschwerdeführer am 18. April 2019 Kostenbeschwerde beim Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung, ein (Verfahren 2N 19 56). Er beantragte, Ziff. 3 der Einstellungsverfügung sei aufzuheben; eventualiter sei die Einstellungsverfügung im Sinne der Erwägungen zum neuen Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen; unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Vorinstanz (Verfügung des Kantonsgerichts Luzern 2N 19 56 vom 6.8.2019 E. 1.2). Das Kantonsgericht hielt in seiner Verfügung fest, der Beschuldigte bzw. Beschwerdeführer beantrage die Aufhebung von Ziff. 3 der Einstellungsverfügung. Nicht angefochten würden somit die anderen Ziffern, weshalb insbesondere Ziff. 4, wonach der Beschuldigte seine eigenen Parteikosten selber zu tragen habe, in Rechtskraft erwachsen sei (Verfügung des Kantonsgerichts Luzern 2N 19 56 vom 6.8.2019 E. 3). 6.3.4.2. Vor Kantonsgericht waren ausschliesslich wirtschaftliche Nebenfolgen des vorinstanzlichen Entscheids strittig. Die Einstellungsverfügung bzw. die ausländerrechtlich relevanten Ziff. 1 und 2 der Einstellungsverfügung sind daher bereits per 3. April 2019 – und damit vor der Gewährung der Akteneinsicht durch das Amt für Migration Luzern an den Migrationsdienst B.________ am 6. Februar 2020 – in Rechtskraft erwachsen (Art. 437 Abs. 2 StPO; vgl. BGer-Urteil 6B_225/2017 vom 11.12.2017 E. 1.2.1). 6.3.4.3. Die Aufbewahrung der Akten Pos. 17, 18 und 19 nach Einstellung des Strafverfahrens durch das Amt für Migration Luzern und die Weiterleitung dieser Akten am 6. Februar 2020 an den Migrationsdienst B.________ waren somit widerrechtlich, denn mit der rechtskräftigen Einstellung wurden die entsprechenden Daten zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der kantonalen Migrationsbehörden nicht mehr benötigt (vgl. Art. 101 AIG, vgl. auch Art. 6 Abs. 3 und 4 DSG; vgl. ferner BGer-Urteil 2C_171/2016 vom 25.8.2016 E. 3.1). An der Widerrechtlichkeit der Datenbearbeitung – und damit vorliegend insbesondere der Weiterleitung der entsprechenden Daten am 6. Februar 2020 – ändert sodann nichts, wenn das Amt für Migration Luzern erst am 6. bzw. 8. Oktober 2020 von der zuständigen Strafverfolgungsbehörde über die rechtskräftige Verfahrenseinstellung informiert worden sein sollte. Entscheidend ist, dass das entsprechende Strafverfahren im Zeitpunkt der Weiterleitung der Akten materiell bzw. in den Hauptpunkten und damit in den ausländerrechtlich relevanten Punkten bereits rechtskräftig eingestellt war, unabhängig davon, ob das Amt für Migration Luzern davon bereits Kenntnis hatte oder nicht. 6.3.5. 6.3.5.1. Wie bereits ausgeführt, gelten die Datenschutzbestimmungen des AIG auch für die zuständigen Ausländerbehörden der Kantone bzw. gehen die spezialgesetzlichen Vorschriften des Bundes im Ausländerrecht den kantonalen (Datenschutz-)Bestimmungen vor. Soweit die bereichsspezifischen besonderen Datenschutzbestimmungen keine Abweichungen zum DSG vorsehen, gelten dessen allgemeine Prinzipien, die ihrerseits in zahlreiche kantonale Datenschutzgesetze eingeflossen sind (vgl. E. 1.2 und E. 5.4 hiervor). Das gilt insbesondere etwa hinsichtlich des Rechts auf Einsicht, auf Berichtigung und auf Löschung der Daten (BGer-Urteil 2C_171/2016 vom 25.8.2016 E. 3.1). 6.3.5.2. Nach Art. 41 Abs. 1 DSG kann, wer ein schutzwürdiges Interesse hat, vom verantwortlichen Bundesorgan u.a. verlangen, dass es die Folgen einer widerrechtlichen Bearbeitung beseitigt (lit. b). Nach Abs. 2 derselben Bestimmung kann die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller insbesondere verlangen, dass das Bundesorgan (a.) die betreffenden Personendaten berichtigt, löscht oder vernichtet; (b.) seinen Entscheid, namentlich über die Berichtigung, Löschung oder Vernichtung, den Widerspruch gegen die Bekanntgabe nach Art. 37 DSG oder den Bestreitungsvermerk nach Art. 41 Abs. 4 DSG Dritten mitteilt oder veröffentlicht. Analog zu Art. 41 Abs. 1 lit. b DSG sieht auch § 18 Abs. 1 lit. b KDSG vor, dass jede Person vom verantwortlichen Organ verlangen kann, dass unbefugt bearbeitete Personendaten gelöscht oder vernichtet oder die Folgen sonst wie beseitigt werden. 6.3.5.3. Voraussetzung für Ansprüche nach Art. 41 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 DSG sind in materieller Hinsicht zunächst eine bereits erfolgte widerrechtliche Bearbeitung von Personendaten durch das verantwortliche Bundesorgan sowie ein schutzwürdiges Interesse der betroffenen Person, welches nach den allgemeinen verwaltungsrechtlichen Kriterien zu beurteilen ist, und ein aktuelles, rechtliches oder tatsächliches Interesse am Ausgang des angestrengten Verfahrens erfordert, d.h. für die gesuchstellende Person einen unmittelbaren praktischen Nutzen nach sich ziehen kann (Fanger, DSG Kommentar [Hrsg. Bieri/Powell], OFK, Zürich/Basel 2023, Art. 41 DSG N 2, 5 a.z.F.). Sofern sich der Anspruch auf die Bearbeitung der Personendaten auf den Gesuchsteller bezieht, ist dessen schutzwürdiges Interesse in der Regel gegeben, da jede Bearbeitung seiner Personendaten einen Eingriff in sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung darstellt, und er daher stets ein aktuelles rechtliches Interesse daran hat, ungerechtfertigte Eingriffe abzuwehren. Für den Beseitigungsanspruch des Gesuchstellers wird verlangt, dass seine Personendaten widerrechtlich bearbeitet wurden und dies zu nachteiligen Folgen für ihn geführt hat, die nun durch geeignete und verhältnismässige Massnahmen real zu beseitigen und vermindern sind (Fanger, a.a.O., Art. 41 DSG N 7). Voraussetzung der Berichtigung, Löschung oder Vernichtung von Personendaten nach Art. 41 Abs. 2 lit. a DSG ist, dass diese vom verantwortlichen Organ nicht oder nicht mehr bearbeitet werden dürfen; mithin besteht die Widerrechtlichkeit bereits in der Bearbeitung der Daten an sich, so wenn die Personendaten ohne ausreichende gesetzliche Grundlage bearbeitet werden oder die entsprechende Grundlage inzwischen weggefallen ist, wenn die Bearbeitung zur Erfüllung der Aufgaben des verantwortlichen Bundesorgans nicht erforderlich ist oder einen unverhältnismässigen Eingriff in die Privatsphäre des Betroffenen darstellt, wenn sich die Daten als unrichtig herausgestellt haben oder wenn die Daten auf widerrechtliche Art und Weise beschafft wurden. Mit der in Art. 41 Abs. 2 lit. b DSG vorgesehenen Mitteilung eines Entscheids über die Berichtigung, Löschung oder Vernichtung von Personendaten, einen Widerspruch oder Bestreitungsvermerk gegenüber Dritten, denen sie bekanntgegeben worden waren, wird diesen die Gelegenheit geboten, solche Daten ihrerseits zu berichtigen, löschen oder vernichten; dabei liegt die Umsetzung in der Verantwortung des Empfängers, kann aber natürlich durch den Gesuchsteller wiederum gegenüber diesem Dritten durchgesetzt werden (zum Ganzen: Fanger, a.a.O., Art. 41 DSG N 10 f.). 6.3.5.4. Wie bereits festgestellt, hätten sich die Akten Pos. 17, 18 und 19 nach Einstellung des Strafverfahrens nicht mehr in den Akten des Amts für Migration Luzern befinden und hätten folglich am 6. Februar 2020 auch nicht von diesem an den Migrationsdienst B.________ zugestellt werden dürfen. Die Weiterleitung der Akten Pos. 17, 18 und 19 war widerrechtlich (vgl. E. 6.3.4 hiervor). Die Voraussetzung der bereits erfolgten widerrechtlichen Bearbeitung von Personendaten durch die verantwortliche Behörde ist damit gegeben. Auch das schutzwürdige Interesse des Beschwerdeführers ist zu bejahen, geht es vorliegend doch um die (widerrechtliche) Bearbeitung eigener Personendaten. Die widerrechtliche Bearbeitung hat sodann zu nachteiligen Folgen für den Beschwerdeführer geführt, da die besagten Aktenstücke dadurch in die Akten des Migrationsdiensts B.________ gelangt sind, welcher – seitdem der Beschwerdeführer Anfang 2020 seinen Wohnsitz in den Kanton B.________ verlegt hat – für die Regelung dessen Aufenthalts zuständig ist. Die Mitteilung der Widerrechtlichkeit der Weiterleitung kann schliesslich als geeignete und verhältnismässige Massnahme zur Beseitigung bzw. Verminderung der nachteiligen Folgen gewertet werden. Gleich wie bei der Mitteilung nach Art. 41 Abs. 2 lit. b DSG wird damit dem Dritten – vorliegend dem Migrationsdienst B.________ – die Gelegenheit geboten, die entsprechenden Daten seinerseits aus seinen Akten zu löschen bzw. zu vernichten, wobei die Umsetzung in der Verantwortung des Migrationsdiensts B.________ liegt, und vom Beschwerdeführer gegebenenfalls wiederum separat durchgesetzt werden müsste (vgl. dazu E. 6.3.5.3 zweiter Abschnitt hiervor). Die Voraussetzungen nach Art. 41 Abs. 1 lit. b DSG bzw. § 18 Abs. 1 lit. b KDSG sind damit vorliegend erfüllt. 6.3.6. Zusammenfassend hat der Beschwerdeführer somit hinsichtlich der Akten Pos. 17, 18 und 19 gestützt auf Art. 41 Abs. 1 lit. b DSG/§ 18 Abs. 1 lit. b KDSG einen Anspruch auf Beseitigung der Folgen der widerrechtlichen Bearbeitung seiner Personendaten durch das Amt für Migration Luzern und damit auf Mitteilung der Widerrechtlichkeit der Weiterleitung durch das Amt für Migration Luzern an den Migrationsdienst B.________. Bei diesem Ergebnis kann offen bleiben, ob die Mitteilung der Einstellung des Strafverfahrens durch das Amt für Migration Luzern an den Migrationsdienst B.________ auch gestützt auf eine andere Rechtsgrundlage hätte erfolgen müssen. Das Argument der Vorinstanz, der Beschwerdeführer hätte die Mitteilung der Staatsanwaltschaft, welche dieser bzw. sein Rechtsvertreter ebenfalls in Kopie erhalten habe, selbst an die Behörden des Kantons B.________ weiterleiten können, verfängt jedenfalls so oder anders nicht. 6.4. Nach dem Gesagten ist der Antrag auf Mitteilung der Widerrechtlichkeit der Weiterleitung durch das Amt für Migration Luzern an den Migrationsdienst B.________ in Bezug auf die Akten Pos. 17, 18 und 19 gutzuheissen. |