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Rechtsprechung Luzern


Instanz:Gesundheits- und Sozialdepartement
Abteilung:-
Rechtsgebiet:Verschiedenes
Entscheiddatum:09.07.2025
Fallnummer:GSD 2025 1
LGVE:2025 VI Nr. 2
Gesetzesartikel:§ 29 Abs. 2 SEG, § 32a SEG, § 18 SEV
Leitsatz:Die Abgeltung von Leistungen nach dem SEG knüpft am zivilrechtlichen Wohnsitz der betreuungsbedürftigen Person an. Die Abgeltung von Leistungen eines ausserkantonalen Dienstleistungsanbieters in der Familienpflege kann gestützt auf § 29 Abs. 2 SEG in Verbindung mit § 32a SEG jedoch im Einzelfall erfolgen, wenn sich der zivilrechtliche Wohnsitz des Kindes in einem anderen Kanton, der Unterstützungswohnsitz sich jedoch in einer Luzerner Gemeinde befindet.
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Entscheid:Die Geschwister A und B sind seit März 2017 in der Pflegefamilie F in der Gemeinde Z im Kanton Luzern platziert, in welcher die Kinder schon zuvor mit ihren Eltern gewohnt hatten. Diese Pflegefamilie wird in der Familienpflege von der Organisation C, einem ausserkantonalen (Berner) Dienstleistungsanbieter, begleitet und unterstützt. Nach der Trennung der Eltern zog die Mutter im August 2017 in den Kanton Bern, womit sich auch der zivilrechtliche Wohnsitz der beiden Geschwister in den Kanton Bern verschob. Ihr Unterstützungswohnsitz im Sinn des Bundesgesetzes über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger (Zuständigkeitsgesetz, ZUG; SR Nr. 851.1) blieb jedoch weiterhin in der Luzerner Gemeinde Z. Im Oktober 2023 wies die Dienststelle Soziales und Gesellschaft (Disg) die erneut gestellten Gesuche der Geschwister um Kostenübernahmegarantien ab. Dagegen erhob die Gemeinde Z beim Gesundheits- und Sozialdepartement Verwaltungsbeschwerde.

Aus den Erwägungen:

3.2
3.2.1
Das Gesetz über soziale Einrichtungen vom 19. März 2007 (SEG; SRL Nr. 894) regelt die Planung, Steuerung, Anerkennung und Finanzierung von stationären und ambulanten Leistungen von sozialen Einrichtungen (§ 1 Abs. 1 SEG). Gemäss § 12 SEG werden für Leistungen der anerkannten sozialen Einrichtungen in der Regel indikationsabhängige Vollkostenpauschalen je Leistungseinheit vereinbart und nach §§ 27 ff. SEG mit Leistungspauschalen, Kostenbeteiligungen und allfälligen Leistungen Dritter abgegolten.

Gemäss § 23 Abs. 1 SEG muss vor dem Eintritt oder der Einweisung einer betreuungsbedürftigen Person in eine soziale Einrichtung bei der zuständigen Behörde eine Kostenübernahmegarantie eingeholt werden, es sei denn, dies sei aus Zeitnot nicht möglich (vgl. § 23 Abs. 2 SEG). Erfolgt der Eintritt ohne Kostenübernahmegarantie, sind der Kanton und die Gemeinden zu keinen Leistungen nach dem SEG verpflichtet (§ 24 SEG). Zuständig für die Erteilung von Kostenübernahmegarantien für Aufenthalte in inner- sowie ausserkantonalen sozialen Einrichtungen ist die Disg (§ 11 Abs. 1d und e Verordnung zum Gesetz über soziale Einrichtungen [SEV] vom 7.1.2020; SRL Nr. 894b). Die Leistungsabgeltung erfolgt auf Basis von vorher mit den sozialen Einrichtungen vereinbarten Vollkostenpauschalen, welche dem jeweiligen Angebot angepasst sind (Botschaft B 171 zur Weiterentwicklung bedarfsgerechter Angebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit besonderem Betreuungsbedarf und dem Entwurf Teilrevision des Gesetzes über soziale Einrichtungen [SEG] vom 28.5.2019, S. 63; nachfolgend: Botschaft B 171). Diese Pauschalen werden rechnerisch auf Basis des Gesamtaufwandes und der zu erwartenden Abrechnungseinheiten der einzelnen sozialen Einrichtungen bestimmt (§ 20 f. SEV; Botschaft B 171, S. 19). Die Leistungspauschalen werden vom Kanton und von den Gemeinden gemeinsam getragen (§ 28 Abs. 1 Bst. a und Abs. 2 SEG). Die Vorinstanz entscheidet nach Prüfung der formellen und fachlichen Voraussetzungen über die Gesuche um Kostenübernahmegarantie, zahlt die Leistungspauschale aus und stellt die Hälfte der SEG-Kosten der Gesamtheit der Gemeinden in Rechnung. Der Anteil der einzelnen Gemeinden berechnet sich nach Massgabe der ständigen Wohnbevölkerung (§ 28 SEG). Kostenbeteiligung sowie die individuellen Nebenkosten sind Kosten des Unterhalts und stellen gemäss § 31 SEG einen Beitrag an die Kosten für die Verpflegung und die Unterkunft der betreuungsbedürftigen Person dar. Diese Positionen sind von der betreuten Person bzw. den unterhaltspflichtigen Eltern, den unterstützungspflichtigen Verwandten und subsidiär vom unterstützungspflichtigen Gemeinwesen zu übernehmen (vgl. § 31 SEG). Tritt Letzteres ein, so handelt es sich um wirtschaftliche Sozialhilfe (§§ 27 ff. des Sozialhilfegesetzes, SHG; SRL Nr. 892).

Wenn die Voraussetzungen nach SEG nicht erfüllt sind, besteht kein Anspruch auf eine Leistungsabgeltung nach diesem Gesetz. Es wird folglich keine Kostenübernahmegarantie erteilt und somit keine Leistungspauschale vergütet. Die Kosten sind in diesem Fall vollumfänglich als Lebensunterhaltskosten zu qualifizieren und im Fall von Bedürftigkeit der betreffenden Person vom unterstützungspflichtigen Gemeinwesen im Rahmen der Sozialhilfe zu übernehmen. In interkantonalen Konstellationen bestimmt sich die Zuständigkeit des Kantons, der für die wirtschaftliche Sozialhilfe aufzukommen hat, nach dem ZUG.

3.2.2
Gemäss § 29 Abs. 1 SEG richtet sich die Abgeltung der Leistungen von ausserkantonalen sozialen Einrichtungen nach interkantonalem Recht. Die Interkantonale Vereinbarung für soziale Einrichtungen (IVSE) vom 20. September 2002/14. September 2007/23. November 2018 (SRL Nr. 896) regelt, wer für die Kosten aufzukommen hat, wenn Kinder, Jugendliche und Erwachsene in einer IVSE-anerkannten sozialen Einrichtung ausserhalb ihres Wohnkantons leben: Gemäss Art. 19 IVSE sichert der Wohnkanton der Einrichtung des Standortkantons mittels Kostenübernahmegarantie die Leistungsabgeltung zugunsten der Person für die zu garantierende Periode zu. (…)

Seit dem Jahr 2017 sind Dienstleistungsanbieter in der Familienpflege mit deren Streichung von der IVSE-Liste vom Geltungsbereich der IVSE ausgenommen. Somit gehören ausserkantonale Dienstleistungsanbieter in der Familienpflege nicht mehr zu den sozialen Einrichtungen, deren Abgeltung sich gemäss § 29 Abs. 1 SEG nach interkantonalem Recht richtet.

3.3
3.3.1
Vor diesem Hintergrund wurde im Kanton Luzern per 1. Januar 2020 die neue Bestimmung von § 32a im SEG eingeführt. Gemäss dieser Bestimmung richtet sich die Abgeltung von im Kanton Luzern anerkannten Dienstleistungsanbietern in der Familienpflege bei inner- oder ausserkantonalen Platzierungen nach den Regeln des Gesetzes über soziale Einrichtungen des Kantons Luzern, wenn der Unterstützungswohnsitz der betreuungsbedürftigen Person gemäss dem ZUG in einer Gemeinde des Kantons Luzern liegt. Der Regierungsrat führte dazu in seiner Botschaft an den Kantonsrat aus, dass mit dieser Bestimmung eine Wohnsitzproblematik geregelt werden solle, die sich in einigen Fällen ergeben könne. Die Leistungen nach dem SEG würden grundsätzlich an den zivilrechtlichen Wohnsitz anknüpfen und somit nur ausgerichtet, wenn die betreuungsbedürftige Person diesen im Kanton Luzern hat. Dies entspreche der Regelung, wie sie in anderen Kantonen mehrheitlich üblich und auch in der IVSE im Grundsatz so vorgesehen ist. Die Anknüpfung an den zivilrechtlichen Wohnsitz würde auch gelten, wenn Leistungen nach dem SEG für Pflegefamilienplatzierungen von Minderjährigen entrichtet werden sollen. Da solche Leistungen für Pflegefamilien jedoch nicht subventionierte Kosten seien, würden diese unter das ZUG fallen, das als Bundesrecht dem kantonalen Gesetz über soziale Einrichtungen vorgehe. Für die Kostentragung gelte daher die Zuständigkeitsregelung nach ZUG, die nicht an den zivilrechtlichen Wohnsitz, sondern an den Unterstützungswohnsitz anknüpfe. Weiter ist in der Botschaft ausgeführt, dass es zu Konstellationen kommen könne, in denen die beiden Wohnsitze nicht identisch seien. Dies werde dann zu einem Problem, wenn der eine Wohnsitz im Kanton Luzern liege und der andere in einem anderen Kanton. Es könne beispielsweise vorkommen, dass ein Kind bei einer Pflegefamilie im Kanton Luzern untergebracht werde, der zivilrechtliche Wohnsitz des Kindes durch den Wegzug des allein sorgeberechtigten Elternteils jedoch ausserkantonal liege. Der Unterstützungswohnsitz bleibe in diesem Fall in Luzern. Das Gesetz über soziale Einrichtungen wäre nicht anwendbar, die Unterstützungsgemeinde im Kanton Luzern müsste gemäss dem ZUG für die Kosten aufkommen. In der Botschaft wird darauf hingewiesen, dass es weitere Konstellationen gebe, in denen die Kosten für Pflegefamilien nicht nach dem SEG, sondern nach dem ZUG von einer Luzerner Gemeinde zu tragen seien und letztlich dem angestrebten System zuwiderlaufen würden. Eine Teillösung könne dadurch erreicht werden, dass die Anwendbarkeit des SEG im Bereich der Dienstleistungsanbieter in der Familienpflege nicht nur für Minderjährige mit zivilrechtlichem Wohnsitz im Kanton Luzern gelte, sondern auch für Fälle, in denen der zivilrechtliche Wohnsitz ausserkantonal sei, der Unterstützungswohnsitz nach dem ZUG jedoch bei einer Gemeinde im Kanton Luzern. Damit werde der Zuständigkeitsregelung des ZUG entsprochen (vgl. zum Ganzen Botschaft B 171, S. 64 f.). Mit der Regelung von § 32a SEG wird somit eine einheitliche Anknüpfung an den Unterstützungswohnsitz im ganzen Bereich der Pflegefamilien (mit oder ohne Dienstleistungsanbieter in der Familienpflege) bezweckt. Damit sollen die Luzerner Unterstützungsgemeinden finanziell entlastet werden, da damit grundsätzlich unabhängig vom zivilrechtlichen Wohnsitz die Kostenregelung gemäss §§ 27 ff. SEG zur Anwendung kommt. Demnach tragen Kanton und Gemeinden gemeinsam die Kosten für Dienstleistungsanbieter in der Familienpflege sowohl bei inner- als auch ausserkantonalen Platzierungen, sofern der Unterstützungswohnsitz des Kindes im Kanton Luzern liegt (Botschaft B 171, S. 69).

3.3.2
Nach dem Gesagten knüpft die Ausnahmebestimmung von § 32a SEG betreffend die Abgeltung von Dienstleistungsanbietern in der Familienpflege bei inner- oder ausserkantonalen Platzierungen am Unterstützungswohnsitz der betreuungsbedürftigen Person an. Voraussetzung ist jedoch grundsätzlich, dass der entsprechende Dienstleistungsanbieter in der Familienpflege im Kanton Luzern anerkannt ist.

Es ist vorliegend unbestritten, dass sich der zivilrechtliche Wohnsitz der Geschwister im Juni 2017 infolge Umzugs der sorgeberechtigten Mutter von der Gemeinde Z in die Gemeinde Y im Kanton Bern verlagerte. Ebenfalls unbestritten ist, dass der Unterstützungswohnsitz der Kinder im Sinn von § 32a SEG weiterhin in Z und damit in einer Gemeinde des Kantons Luzern liegt (Art. 7 ZUG). Auch befindet sich der Wohnsitz der Pflegefamilie F, wo die Geschwister platziert sind, in der Gemeinde Z. Die Pflegefamilie F verfügt über eine entsprechende Bewilligung der Gemeinde Z gemäss Art. 4 ff. der Verordnung über die Aufnahme von Pflegekindern vom 19. Oktober 1977 (Pflegekinderverordnung, PAVO; SR 211.222.338) in Verbindung mit § 1 der kantonalen Verordnung über die Aufnahme von Pflegekindern vom 25. September 2001 (SRL Nr. 204). Der Standort der Organisation C, welche die Platzierungen bei der Pflegefamilie F vermittelte und das Pflegeverhältnis begleitet, befindet sich jedoch im Kanton Bern und verfügt über eine Anerkennung des Kantonalen Jugendamtes des Kantons Bern. Sie untersteht somit im Kanton Bern der öffentlichen Aufsicht und erbringt nach den Bestimmungen des Kantons Bern anerkannte Dienste.

(…)

3.4
3.4.1
Gestützt auf § 29 Abs. 2 SEG können im Einzelfall auch Leistungen von ausserkantonalen Einrichtungen und damit auch von Dienstleistungsanbietern in der Familienpflege abgegolten werden, die nicht dem interkantonalen Recht unterstehen. Auch diese Bestimmung wurde mit der per 1. Januar 2020 in Kraft getretenen Teilrevision des SEG neu eingeführt. In der Botschaft B 171 führte der Regierungsrat dazu aus, dass er mit der neuen Bestimmung in § 29 Abs. 2 SEG zielführende Lösungen aufgrund der besonderen Situation von Einzelfällen ermöglichen wolle. Es handle sich um Ausnahmesituationen für Platzierungen in besonders geeigneten ausserkantonalen Einrichtungen, die im Standortkanton einer entsprechenden Aufsicht unterstellt seien und für die es keine IVSE-anerkannte Alternative gebe. Dies könne beispielsweise die Aufnahme von Kindern in Pflegefamilien, die nicht mehr IVSE-anerkannt sind, betreffen. So seien in der Praxis rund 30 Prozent der Luzerner Kinder in ausserkantonalen Pflegefamilien untergebracht (Botschaft B 171, S. 63).

In der Verordnung hat der Regierungsrat sodann die Voraussetzungen festgelegt, unter denen die Leistungen für soziale Einrichtungen gemäss § 29 Abs. 2 SEG, welche nicht dem interkantonalen Recht unterstehen, abgegolten werden können. Sofern die Einrichtung einer öffentlichen Aufsicht untersteht, nach den Bestimmungen des Standortkantons anerkannte Dienste erbringt, im Kanton Luzern keine vergleichbaren Leistungen angeboten werden und keine passende IVSE-Einrichtung besteht sowie die Eignung, die Notwendigkeit und die Angemessenheit der Massnahme nachgewiesen sind, ist gemäss § 18 SEV eine Abgeltung von ausserkantonalen Einrichtungen gemäss SEG möglich. Mit dieser Bestimmung soll verhindert werden, dass die Platzierungskosten einer ausserkantonalen Einrichtung übernommen werden, wenn die betroffene Person ebenso gut in einer innerkantonalen Einrichtung untergebracht werden könnte. Dabei dürfen nicht Kostenüberlegungen im Vordergrund stehen. Vielmehr gilt es, die Interessen der betreuungsbedürftigen Person und insbesondere das Kindeswohl zu wahren (vgl. § 21 SEG). Zur Sicherstellung der Finanzierung und Gewährleistung der Rechtssicherheit ist die Kostenübernahmegarantie, wie oben bereits aufgezeigt, in der Regel vor dem Eintritt oder der Einweisung der betreuungsbedürftigen Person bei der Vorinstanz einzuholen (vgl. Erwägung 3.2.1.). Wird diese nicht erteilt, obliegt es den verantwortlichen Personen und Stellen, eine alternative Platzierung zu prüfen.

3.4.2
Ob § 29 Abs. 2 SEG einzig auf den zivilrechtlichen Wohnsitz der betreuungsbedürftigen Person abstellt, oder auch auf deren Unterstützungswohnsitz abstellen kann, ist mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung unter Einbezug der historischen, der systematischen und der teleologischen Auslegungsmethoden zu bestimmen. § 29 Abs. 2 SEG und § 32a SEG wurden bei der letzten Gesetzesrevision als Ausnahmebestimmungen eingeführt, um eine bedarfsgerechte Platzierung und sachgerechte Finanzierung zu ermöglichen. Dies führt zum Ergebnis, dass im Fall einer Platzierung in einer ausserkantonalen Pflegefamilie, welche einem ausserkantonalen Dienstleistungsanbieter in der Familienpflege angeschlossen ist, die Bestimmungen des § 29 Abs. 2 SEG und des § 32a SEG in Verbindung miteinander auszulegen und anzuwenden sind. Wie oben dargelegt, soll mit dem neu eingeführten § 32a SEG hinsichtlich der Abgeltung der Leistungen im gesamten Bereich der Pflegefamilien auf den Unterstützungswohnsitz abgestellt werden. Ziel dieser Regelung ist es, zu gewährleisten, dass eine Gemeinde nicht allein aufgrund der Tatsache, dass die Abgeltung dieser Leistungen nicht der IVSE untersteht, für die hohen Kosten der Platzierung mittels wirtschaftlicher Sozialhilfe aufkommen muss, sondern dass der Kanton und die Gemeinden diese Kosten gemäss §§ 27 ff. SEG gemeinsam tragen. Gleichzeitig wurde § 29 Abs. 2 SEG geschaffen, um in Ausnahmefällen zum Wohl der betreuungsbedürftigen Person die Platzierung in einer besonders geeigneten ausserkantonalen Einrichtung zu ermöglichen, welche nicht der IVSE, jedoch der Aufsicht eines anderen Kantons untersteht (vgl. Kantonsratsprotokoll vom 9. September 2019 zu B 171, S. 4).

Es entspricht demnach der Zielsetzung dieser Bestimmungen, dass im Einzelfall zur Sicherstellung einer bedarfsgerechten Platzierung und letztlich im Sinn des Kindeswohls die Abgeltung von ausserkantonalen Platzierungen gemäss den Grundsätzen des SEG erfolgen soll. Es erscheint daher sachlich naheliegend, dass in diesem Zusammenhang auch auf den Unterstützungswohnsitz abzustellen ist. Nur so kann das mit § 32a SEG anvisierte Ziel einer einheitlichen Anwendung des Unterstützungswohnsitzes im ganzen Bereich der Pflegefamilien (mit oder ohne Dienstleistungsanbieter in der Familienpflege) umgesetzt und die Unterstützungsgemeinde aufgrund der hälftigen Kostenteilung in diesem Bereich finanziell entlastet werden.

3.5
3.5.1
Nach dem Gesagten ist festzuhalten, dass bei der Beurteilung der Anwendbarkeit von § 29 Abs. 2 in Verbindung mit § 32a SEG stets den spezifischen Umständen des Einzelfalls Rechnung zu tragen ist.

(…)

3.5.2
Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass die Geschwister zum Zeitpunkt der erstmaligen Gewährung der Kostenübernahmegarantie und entsprechenden Platzierungen im Jahr 2017 ihren zivilrechtlichen Wohnsitz in der Gemeinde Z hatten. Die Organisation C, welche als Dienstleistungsanbieterin in der Familienpflege agiert, hat ihren Sitz im Kanton Bern, vermittelt jedoch Platzierungen in Pflegefamilien im Kanton Luzern. Die Geschwister wurden damals in ihrer Wohngemeinde bei der Pflegefamilie F platziert, um ihnen möglichst geringe Veränderungen zuzumuten. Dadurch war es ihnen möglich, weiterhin denselben Kindergarten zu besuchen und die Wochenenden bei ihren Eltern zu verbringen. Zum Zeitpunkt der Platzierungen lag eine bedarfsgerechte Unterbringung bei einer Familie vor, welche durch eine ausserkantonale Dienstleistungsanbieterin in der Familienpflege vermittelt wurde. Es ist hervorzuheben, dass die Pflegefamilie F über eine entsprechende Bewilligung der Gemeinde Z gemäss Art. 4 ff. PAVO in Verbindung mit § 1 der kantonalen Verordnung über die Aufnahme von Pflegekindern verfügt und somit einzig die Organisation C als ausserkantonale Einrichtung mit Sitz im Kanton Bern zu qualifizieren ist.

Mittlerweile sind die Geschwister seit acht Jahren bei der Pflegefamilie F platziert. Eine Umplatzierung wurde aufgrund der bedarfsgerechten Unterbringung und zum Schutz des Kindeswohls auch dann nicht angestrebt, als die Gemeinde Z von 2017 bis 2019 die Kosten der Platzierungen allein übernahm. In dieser Zeit wurden die beiden Ausnahmebestimmungen § 29 Abs. 2 sowie § 32a SEG im Rahmen der Gesetzesrevision von 2019 eingeführt. Die Sicherstellung einer bedarfsgerechten Platzierung durch ausserkantonale Dienstleistungsanbieter in der Familienpflege sowie die Entlastung der Unterstützungsgemeinden wurden im Zuge der Beratungen der Gesetzesvorlage mehrfach thematisiert, wobei die Organisation C namentlich erwähnt wurde.

Unbestritten ist, dass vorliegend die für die Leistungsabgeltung ausserkantonaler Einrichtungen erforderliche Eignung, Notwendigkeit und Angemessenheit der Platzierung gemäss § 18 SEV erfüllt sind. Wie bereits ausgeführt, unterstehen die Dienstleistungsanbieter in der Familienpflege nicht (mehr) der IVSE. Ebenso steht fest, dass die Vermittlung dieser Platzierungen ausschliesslich durch die Organisation C, einen ausserkantonalen Dienstleistungsanbieter in der Familienpflege, gewährleistet werden kann. Die Geschwister sind seit 2017 in der Pflegefamilie F platziert und die Vorinstanz hatte vor diesen Platzierungen die entsprechende Kostenübernahmegarantie erteilt. Es ist unbestritten, dass eine Änderung des Betreuungsverhältnisses bzw. eine Umplatzierung dem Schutz des Kindeswohls zuwiderlaufen würde. Folglich kommt eine andere Platzierung der Geschwister als jene in der Pflegefamilie F, welche ausschliesslich von der ausserkantonalen Organisation C begleitet wird, aktuell nicht in Frage. Somit ist auch die Voraussetzung gemäss § 18 SEV, dass keine vom Kanton Luzern anerkannte soziale Einrichtung eine vergleichbare Leistung erbringt, vorliegend sinngemäss als erfüllt zu betrachten. (…)

Vor diesem Hintergrund ist auf den Unterstützungswohnsitz der Geschwister abzustellen, welcher sich in der Gemeinde Z im Kanton Luzern befindet. Folglich hat die Abgeltung der Leistungen der ausserkantonalen Organisation C gestützt auf § 29 Abs. 2 SEG nach den Regeln des SEG zu erfolgen. (…)