Instanz: | Obergericht |
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Abteilung: | II. Kammer |
Rechtsgebiet: | Familienrecht |
Entscheiddatum: | 18.08.2006 |
Fallnummer: | 22 06 6 |
LGVE: | 2006 I Nr. 7 |
Leitsatz: | Art. 277 Abs. 2 und 285 Abs. 1 ZGB. Mündigenunterhalt zwischen dem 18. und 20. Altersjahr; der Ausnahmecharakter der Unterhaltspflicht ist zu relativieren. |
Rechtskraft: | Diese Entscheidung ist rechtskräftig. |
Entscheid: | Art. 277 Abs. 2 und 285 Abs. 1 ZGB. Mündigenunterhalt zwischen dem 18. und 20. Altersjahr; der Ausnahmecharakter der Unterhaltspflicht ist zu relativieren. ====================================================================== Der Unterhaltsbeitrag an ein Kind soll seinen Bedürfnissen sowie der Lebensstellung und der Leistungsfähigkeit der Eltern entsprechen und dessen eigene Leistungsfähigkeit berücksichtigen (Art. 285 Abs. 1 ZGB). Soweit es ihnen nach den gesamten Umständen zugemutet werden kann, haben Vater und Mutter im Verhältnis ihrer Kräfte auch nach Erreichen der Mündigkeit für ihr Kind aufzukommen (Art. 277 Abs. 2 ZGB). Erst eine Würdigung der gesamten Umstände erlaubt die Beurteilung des Unterhaltsanspruchs und schliesst auch eine nur teilweise Unterstützung des mündigen Kindes ein. Während die Eltern mit dem unmündigen Kind all ihre Mittel zu teilen haben, sind sie gegenüber dem mündigen Kind nur leistungspflichtig, soweit sie dazu in der Lage sind. Die neuere Rechtsprechung hat im Anschluss an die Herabsetzung des Mündigkeitsalters den Ausnahmecharakter des Mündigenunterhalts relativiert (BGE 127 I 208 E. 3f). Ob sich die geänderte Betrachtungsweise bloss auf die Pflicht zum Unterhalt bezieht und diese im Ergebnis erweitert oder ob der Pflichtige seine Lebenshaltung einschränken muss und stärker zum Unterhalt seines mündigen Kindes beitragen muss, wurde allerdings damit noch nicht entschieden (Urteil des Bundesgerichts 5P.280/2002 vom 7.10.2002 E. 2.3). Immerhin ist von der grundsätzlichen Regel auszugehen, wonach dem Pflichtigen in wirtschaftlicher Hinsicht Leistungen nur dann zumutbar sind, wenn ihm ein den erweiterten Notbedarf um mehr als 20 % übersteigendes Einkommen bleibt. Dieser Prozentsatz kann allerdings bei nur kurzer Unterhaltsdauer unterschritten werden (BGE 118 II 99 f. E. 4b/aa und bb). Das Obergericht ist zusätzlich der Auffassung, dass mit der Herabsetzung des Mündigkeitsalters nur mit Zurückhaltung vom Ausnahmecharakter des Mündigenunterhalts zwischen dem 18. und 20. Altersjahr auszugehen ist. Die Tatsache, dass in diesem Alter ein Kind in aller Regel in der Ausbildung steht, gebietet diese Betrachtungsweise und damit eine gewisse Milderung der erwähnten 20 %-Regel. II. Kammer, 18. August 2006 (22 06 6) |