Hat ein volljähriges Kind Anspruch auf Unterhalt von seinen Eltern?
In der Regel endet die Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber ihren Kindern mit deren Volljährigkeit. Hat das Kind bei Erreichen des 18. Altersjahrs jedoch noch keine angemessene Ausbildung, die den Eintritt in das Erwerbsleben ermöglicht, sind die Eltern unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet, ihr volljähriges Kind weiterhin bis zum ordentlichen Abschluss der geplanten Ausbildung finanziell zu unterstützen (Art. 277 ZGB).
Voraussetzungen
Der zusammen mit den Eltern erarbeitete Ausbildungs- bzw. berufliche Lebensplan ist bei Erreichen der Volljährigkeit noch nicht abgeschlossen, so dass das Kind nicht in das Erwerbsleben eintreten kann.
Die Unterstützung der Eltern gegenüber ihrem volljährigen Kind muss zumutbar sein. Das heisst insbesondere:
- Die finanziellen Verhältnisse der Eltern erlauben es, das volljährige Kind weiterhin zu unterstützen. Hierzu sind die Einkommen (inkl. Einkommensersatz wie Arbeitslosentaggelder, Stipendien oder zumutbare Naturalleistungen) und das Vermögen sowohl der Eltern als auch des volljährigen Kindes zu berücksichtigen.
- Die Unterstützung ist den Eltern auch unter dem Gesichtspunkt der persönlichen Beziehung zumutbar. Ein unbegründeter Kontaktabbruch durch das Kind kann dazu führen, dass kein Unterhalt geschuldet ist.
- Das volljährige Kind muss für die beabsichtigte Ausbildung geeignet sein und diese ernsthaft und zielstrebig verfolgen.
Die Eltern und das volljährige Kind können sich einigen
Eltern und ihr volljähriges Kind können eine Vereinbarung über den Unterhalt treffen. Es braucht dazu keine Genehmigung einer Behörde. Das volljährige Kind kann selbstständig, d.h. ohne Vertretung handeln.
Die Eltern und das volljährige Kind können sich nicht einigen
Können sich die Eltern oder ein Elternteil und das volljährige Kind nicht einigen, kann das Kind auf Leistung des Unterhalts klagen. Die Unterhaltsklage richtet sich gegen den Vater oder die Mutter oder gegen beide Elternteile. Der Unterhalt kann für die Zukunft und für ein Jahr vor Klageanhebung (Schlichtungsbegehren) gefordert werden. Es kommt das vereinfachte Verfahren zur Anwendung.
Vorgehensweise
- Schlichtungsbegehren an das Gericht einreichen
- Blieb der Schlichtungsversuch erfolglos, hat das volljährige Kind innert drei Monaten seit dem Schlichtungsversuch die Unterhaltsklage einzureichen
Zuständigkeit
Das volljährige Kind kann das Schlichtungsbegehren und die Unterhaltsklage am Gericht seines Wohnsitzes oder am Gericht des Wohnsitzes des beklagten Elternteils einreichen. Sachlich zuständig ist der Einzelrichter.
Kosten der Unterhaltsklage vor Gericht
(siehe auch Kosten im Zivilprozess)
Die Kosten vor Gericht richten sich nach der Verordnung über die Kosten in Zivil-, Straf- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren (Justiz-Kostenverordnung). Die Justiz-Kostenverordnung gibt einen Kostenrahmen vor. Innerhalb dieses Kostenrahmens werden die tatsächlichen Kosten festgesetzt. Nach Eingang des Schlichtungsgesuchs und der Unterhaltsklage wird zunächst je ein Gerichtskostenvorschuss verlangt.
Sind nicht genügend finanzielle Mittel vorhanden, um für die Prozesskosten aufzukommen, kann ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege eingereicht werden.